Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt keine Anfragen. - Jetzt steigen wir in die Dreiminutendebatte ein. Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum LSBTTI-Aktionsplan ist in den vergangenen Debatten alles gesagt worden. Ich will deshalb die Gelegenheit nutzen und näher auf zwei Begriffe eingehen, die derartigen Aktionsplänen zugrunde liegen, auf den Begriff der Diskriminierung und den Begriff der Vielfalt.

Wenn ein Bewerber auf eine Stelle im Finanzamt nicht genommen wird, weil er schwul ist, haben wir es mit echter Diskriminierung zu tun, und selbstverständlich lehnt die AfD diese echte Diskriminierung ab.

Wenn aber ein Bewerber nicht genommen wird, weil er unter einer Rechenschwäche leidet, stellt das keine Diskriminierung dar. Denn in diesem Fall lässt sich ein gewisser Bezug zur Tätigkeit im Finanzamt nicht abstreiten.

Aus dem gleichen Prinzip ist es auch keine Diskriminierung, wenn zum Beispiel homosexuelle Partnerschaften nicht in jedem Punkt mit der Familie gleichgestellt werden. Denn nur aus der Familie können Kinder hervorgehen. Nur die Familie ist damit für den Fortbestand unseres Volkes unverzichtbar und nur die Familie steht deshalb zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates.

(Beifall bei der AfD)

Indem Sie die Familie mit allen Formen des Zusammenlebens auf eine Stufe stellen, bekämpfen Sie keine echte Diskriminierung, sondern betreiben einfach nur eine kopflose, radikale Gleichmacherei, und das läuft dann bei Ihnen unter Vielfalt.

Echte Vielfalt ist durchaus etwas Erhaltenswertes. Die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten etwa. Die Vielfalt der politischen Meinungen. Die Vielfalt der Völker dieser Erde, die nach ihren ganz eigenen Kulturen und Gesetzen leben. Das alles ist echte Vielfalt. Zu dieser Vielfalt bekennen wir uns.

(Beifall bei der AfD)

Diese Vielfalt ist historisch gewachsen. Sie ist authentisch, sie hat Würde und Stil. Wenn Sie aber von Vielfalt sprechen, dann meinen Sie etwas ganz anderes. Dann meinen Sie Multikulti und Gender. Sie meinen also gerade die Aufhebung aller kulturellen und geschlechtlichen Identitäten und aller tradierten Normen. Wenn Sie von Vielfalt sprechen, dann meinen Sie - so Kleine-Hartlage in seinem Standardwerk über die Sprache der BRD -

„einen engen Meinungskorridor, gesäumt von stereotypen Phrasen und bewacht von einer ganzen Armee offizieller und inoffizieller Meinungszensoren, die mit leidenschaftlichem Denunziantenehrgeiz darüber wachen, dass Vielfalt und Toleranz hinreichend gepriesen werden.“

Ich gebe Ihnen die Garantie: Ich werde Ihre Vielfalt niemals preisen. Im Gegenteil gestehe ich offen: Ich kann dieses süßliche falsche Gerede von Vielfalt und Toleranz und das ganze Regenbogentralala nicht mehr hören und sehen.

(Beifall bei der AfD)

Wissen Sie was, mehr als 270 000 Bürgern ging es bei der letzten Landtagswahl genauso und deshalb haben sie ihr Kreuz an der richtigen Stelle gemacht.

(Beifall bei der AfD)

47 % der Wähler in Österreich ging es genauso und sie haben ihr Kreuz an der richtigen Stelle gemacht. All denen, die Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt haben, ging es genauso. Die linksliberale Vielfaltsideologie hat ihren Zenit überschritten. Ich sage Ihnen, Sie sind weltweit auf dem Rückzug. Sie sind von gestern, wir aber sind von morgen, und das ist auch gut so.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Nachfragen, Herr Tillschneider. - Der nächste Debattenredner ist für die CDUFraktion Herr Kolze. Bitte, Herr Abg. Kolze, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorgelegte Beschlussempfehlung spiegelt den zwischen den Koalitionsfraktionen gefundenen Kompromiss wider. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag:

„Frauen, Lesben, Schwule, bisexuelle,

trans- und interidente Menschen müssen vor jeder Form von Gewalt geschützt und ihre Rechte strukturell verankert werden. Wir treten für die Freiheit unterschiedlicher Lebensentwürfe und die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ein.“

Wir haben uns deshalb darauf verständigt, den Landesaktionsplan für Akzeptanz von Lesben und Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen weiter umzusetzen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Themen wie die Gleichstellung von Mann und Frau und auch die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Lebensweisen stehen dabei im

Mittelpunkt. Der Umsetzungsstand des Aktionsplans soll transparent sein und für die Öffentlichkeit zugänglich und nachvollziehbar sein.

Aus diesem Grund sehen wir es für sinnvoll an, dass das zuständige Ministerium für Justiz und Gleichstellung bereits im ersten Quartal des nächsten Jahres im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung über den Stand der Umsetzung des Aktionsplans berichtet.

Damit ist der Informationsfluss gewährleistet und alle Beteiligten sind in den gleichen Wissensstand versetzt. Zugleich bietet das Vorgehen den Vorteil, dass auf Nachfrage zu einzelnen Maßnahmen Stellung bezogen werden kann. Dadurch kann auch aufgezeigt werden, ob sich die Erwartungshaltung an den Landesaktionsplan mit all seinen Maßnahmen erfüllen lässt.

Weiterhin haben wir uns auf eine unabhängige Landeskoordinierungsstelle zur LSBTTI-Thematik unter Weiterentwicklung bestehender Strukturen und Akteure verständigt. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag:

„Wir werden uns - vorzugsweise unter Weiterentwicklung vorhandener Verbandsstrukturen wie des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland, Landesverband Sachsen-Anhalt (LSVD) - für eine unabhängige Landeskoordinierungsstelle zur

LSBTTI-Thematik einsetzen. Sie soll eine Netzwerkfunktion übernehmen und eine kontinuierliche Zusammenarbeit der Landesregierung mit Nichtregierungsorganisationen sichern, die sich mit den Problemen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, transidenten und intersexuellen Mitmenschen beschäftigen. Ziel ist, den fachlichen Austausch zu verbessern, gesamtgesellschaftliche Defizite zu analysieren und Ansätze zur Verbesserung der Lebenssituation von LSBTTI zu entwickeln und umzusetzen.“

Das wollen die Koalitionspartner nunmehr gemeinsam angehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landesaktionsplan trägt dazu bei, die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen zu verbessern, wenngleich meine Fraktion in diesen bekanntermaßen nicht das Allheilmittel sieht. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Als nächste Debattenrednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Lüddemann an der Reihe. Sie haben das Wort, Frau Lüddemann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es gibt tatsächlich einen Satz in der Rede des Kollegen Tillschneider, den ich vollumfänglich teilen kann, nämlich dass alles zu diesem Thema gesagt wurde.

(Hannes Loth, AfD: Ein Anfang ist gemacht! - André Poggenburg, AfD: Wird noch!)

Wir konnten in mehreren Debatten feststellen, dass es eine Fraktion in diesem Hohen Hause gibt, die noch im 19., vielleicht, wenn man gutwillig ist, im 20. Jahrhundert verhaftet ist und homophob auftritt, und dass es vier Fraktionen gibt, die eine moderne und offene Gesellschaft gestalten wollen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Mit Islam!)

Daher bin ich froh, dass wir uns heute erneut voller Mut, Offenheit und Miteinander in diesem Hohen Hause mehrheitlich dazu bekennen, dass die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und interidenten Menschen zur Kultur dieses Hohen Hauses, zur Kultur von Sachsen-Anhalt gehört.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Dazu bekennen sich der Ausschuss und auch der Landtag in der Mehrheit. Ich freue mich darüber, dass es so ist. Uns in Sachsen-Anhalt wird im gegenwärtigen Prozess besonders deutlich, wie wichtig es ist, für die Anerkennung und Gleichberechtigung von Menschen in all ihrer Vielfalt einzustehen.

Vielfältige Lebensentwürfe müssen egalitär bestehen können, ohne Ausgrenzung und Diskriminierung. Um dies zu erreichen, gilt es vor allem, einen toleranten und gesellschaftlichen Rahmen zu schaffen, und genau das tun wir.

Einem offenen und sozial gerechten Land Sachsen-Anhalt, so wie es auch im Koalitionsvertrag steht, können wir nur näherkommen, wenn wir dafür Sorge tragen, dass wir diese Vereinbarung auch umsetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Das ist eine Binsenweisheit. Eine Kanzlerin macht noch keine Gleichstellung. Das erleben wir, wenn wir mit offenen Augen durch dieses Land gehen, Tag für Tag.

(Eva Feußner, CDU: Schade!)

Ein Hitzlsperger macht noch keine Gleichstellung im Sport. Ein schwuler Familienvater wie Elton John macht noch keine Ehe für alle. Auch ein Koalitionsvertrag, wie ihn Schwarz-Rot-Grün in Sachsen-Anhalt vorgelegt hat, macht noch keine

Gleichstellung von Anfang an. Wir - das darf ich versprechen - werden uns diesem Ziel aber Schritt für Schritt mit Konstanz nähern.

Politik und Gesellschaft brauchen Mut, Offenheit und gleichberechtigtes Miteinander. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Vielen Dank. Es gibt eine Nachfrage, Frau Lüddemann. Möchten Sie diese beantworten? - Herr Schmidt, Sie haben das Wort. Bitte.

Finden Sie nicht, dass Ihr Koalitionsvertrag schon Homosexuelle etc. benachteiligt bzw. diskriminiert, da Sie auf eine geschlechtergerechte Sprache verzichten?

Bitte, Frau Lüddemann.