Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Okay. Ich sehe aus den anderen Fraktionen keine weiteren Fragen. - Damit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Das ist der Abg. Herr Gebhardt von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank! - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Schöne ist, dass wir unsere medienpolitische Debatte vorgestern hier geführt haben. Ich glaube, dass wir gemeinsam einen sehr guten Beschluss gefasst haben, indem wir uns dafür ausgesprochen haben, dass der MDR-Staatsvertrag novelliert und nicht abgeschafft wird. Damit hat sich das Ansinnen der AfD eigentlich schon erledigt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich möchte dennoch einen Satz vom Freitag an dieser Stelle gern wiederholen: Ja, eine lebendige Demokratie braucht auch einen lebendigen und modernen öffentlich-rechtlich verfassten Rundfunk. Wer ihn abschaffen will, der will nicht mehr oder weniger als ein Wesensmerkmal der Demokratie beseitigen. - So viel zum Grundsätzlichen.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Herr Poggenburg sprach den Akzeptanzverlust des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an und begründete dies mit einer Umfrage, die durchgeführt wurde. Dazu will ich nur sagen: Ja, wenn man die Leute fragt: „Seid ihr dafür, dass der Rundfunkbeitrag abgeschafft wird?“, bekommt man mit Sicherheit ordentlich Applaus. Das wissen wir auch. Aber wenn man die Frage nach der Konsequenz stellt, wird der Applaus mit Sicherheit deutlich geringer. Man könnte stattdessen fragen: Was halten Sie davon, wenn es in Mitteldeutschland keinen MDR mehr gibt? Man kann einmal die jungen Eltern fragen, was sie davon halten würden, wenn es keinen werbefreien Kinderkanal mehr gäbe usw. usf.

Meine Herren von der AfD, das ist mit uns ausdrücklich nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Poggenburg, zum Thema Ungenauigkeit. Sie haben in Ihrem Antrag formuliert: Der MDRStaatsvertrag soll bei der Ministerpräsidentenkonferenz gekündigt werden. - Das geht so gar nicht. Die Kündigung muss an Thüringen und an Sachsen gehen. Sonst wäre sie gar nicht wirksam. - So viel Mühe sollten Sie sich bei Ihren Anträgen geben.

Was ich auch interessant fand: Letzte Woche Freitag gab es eine Sitzung des Ausschusses für

Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien, in der der 20. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der Deutschlandradio-Staatsvertrag, aufgerufen wurde. Der Ausschussvorsitzende hat gefragt, ob es dazu eine Stellungnahme des Ausschusses geben soll oder ob er unverändert vom Ministerpräsidenten unterzeichnet werden soll. Siehe da: Einstimmig, mit den Stimmen der AfDFraktion,

(Heiterkeit bei der LINKEN)

wurde im Ausschuss beschlossen, dass dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag so unterzeichnet werden soll.

Meine Herren von der AfD, Sie müssen sich schon entscheiden zwischen dem, was in Ihrem Antrag steht, und dem, was Sie im Ausschuss machen. Dazwischen ist ein eklatanter Widerspruch zu erkennen.

(Beifall bei der LINKEN - Swen Knöchel, DIE LINKE: Da haben sie wieder gepennt! - Zuruf von der AfD)

Eine letzte Bemerkung. Als Begründung für Ihren Antrag - so haben Sie eben Ihren Redebeitrag begonnen, Herr Poggenburg, und in der Pressemitteilung vom 6. Dezember haben Sie Ihren Antrag auch so begründet - haben Sie festgestellt, es gibt im Land Sachsen-Anhalt soundso viel Beitragsschuldner und deshalb müsste man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen.

Das ist eine interessante Logik. Vielleicht finden wir irgendwann einmal heraus, dass es Leute gibt, die Steuerschulden haben. Dann schaffen wir die Steuern ab. Oder es gibt Leute, die ihre Müllgebühren nicht bezahlt haben. Dann schaffen wir die Müllentsorgung ab. Ihre Logik ist blanker Unsinn und blanken Unsinn werden wir hier ablehnen.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Gebhardt. - Bevor ich der nächsten Debattenrednerin Frau Frederking von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren der städtischen Volkshochschule in Magdeburg recht herzlich bei uns im Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrte Kollegin Frederking, Sie dürfen jetzt das Wort ergreifen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, aufgrund des längeren Redebeitrags von Herrn Robra haben wir jetzt auch eine längere Redezeit?

Ja. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr schön! Endlich!

(Heiterkeit bei den GRÜNEN, bei der LIN- KEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Die Basis für unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde im Jahr 1945 durch die Westalliierten gelegt. Ihr Ziel war es, über den Rundfunk die Menschen zu erreichen, um sie für die Demokratie zu gewinnen und die braune Ideologie aus ihren Köpfen zu vertreiben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Angesichts der jüngsten Entwicklungen muss man sagen, dass dieser Auftrag nach wie vor aktuell ist.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Die Rundfunkstaatsverträge sichern die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Antrag der AfD-Fraktion, diese Verträge zu kündigen, ist ein Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch wenn in der Begründung des Antrags steht, das Ziel sei nicht die sofortige Abschaffung, so belegen die vorgebrachten Argumente, dass es der AfD genau um die Abschaffung geht.

(André Poggenburg, AfD: Nein! - Zuruf: Doch!)

Sie schreiben ja „nicht die sofortige Abschaffung“. Es geht nicht um sofort, aber es geht um die Abschaffung. Die Kündigung der Verträge, um eine umfassende Neuordnung, oder, wie Herr Poggenburg sagt, eine Umgestaltung zu erreichen, ist völlig unschlüssig. Ich kündige doch auch nicht meinen Mietvertrag, wenn ich meine gemietete Wohnung renovieren will

(André Poggenburg, AfD: Sanieren!)

oder sanieren will.

(André Poggenburg, AfD: Dann kann der Vertrag geändert werden! - Dr. Katja Pähle, SPD: Aber nicht gekündigt!)

Wenn ich meine Wohnung renovieren will, dann bleibe ich in ihr wohnen, und wenn ich den Mietvertrag gekündigt habe, dann ziehe ich aus und das Verhältnis ist beendet.

(André Poggenburg, AfD: Änderungsver- trag!)

Stellenweise erinnert die Begründung an die Propaganda des „Schwarzen Kanals“, mit der die westdeutschen Medien diskreditiert wurden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD - Oliver Kirchner, AfD: Da müssen Sie dort hinüber gucken! Da sitzen sie! - Markus Kurze, CDU: Den „Schwarzen Kanal“ kennen Sie doch nicht wirklich!)

Gleich am Anfang der Begründung wird suggeriert - doch, Herr Kurze -, Deutschland hätte den teuersten Rundfunk. Fakt ist aber: In Dänemark gibt es den Rundfunk für 333 € pro Jahr und Haushalt und in der Schweiz für 408 €.

(André Poggenburg, AfD: Da gibt es aber kein Staatsfernsehen!)

Deutschland liegt mit 210 € im europäischen Mittelfeld. Wer angesichts dieser Fakten vom teuersten Rundfunk der Welt spricht, der will keine sachliche Diskussion für die Finanzierung, der will Stimmung machen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

In einer Pressemitteilung vom 6. Dezember 2016 behauptet die AfD - - Ich komme jetzt mit meinen Blättern nicht klar. - Sie wissen ja selber, was Sie behauptet haben.

(Lachen bei der AfD - Swen Knöchel, DIE LINKE: Nein, das wissen die eben nicht! Sie hauen was raus und dann vergessen sie es! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist eine gewagte These!)

Sie behaupten, dass die Bevölkerung die Finanzierung - Sie sprechen von Zwangsgebühren - des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ablehnt. Sie belegen diese steile These mit der Tatsache, dass es Menschen gibt, die die Rundfunkbeiträge tatsächlich nicht zahlen.

Nun, Menschen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, gibt es in jedem Bereich. Herr Gebhardt hat einige aufgezählt. Sollten wir die Krankenversicherungspflicht abschaffen, weil einige ihre Beiträge nicht zahlen? Oder sollten wir vielleicht die AfD abschaffen,

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

weil einige ihrer Abgeordneten ihre Mandatsabgabe nicht zahlen? Ist das Ihre Schlussfolgerung?

(André Poggenburg, AfD: Polemik pur! - Dr. Katja Pähle, SPD: Ja! - Lachen bei den GRÜNEN und bei der SPD)