Protokoll der Sitzung vom 03.02.2017

Hier stehen wir hinter dem, was unsere Regierung schon vorgeschlagen hat.

Ansonsten sehen wir wenig Anlass, die Gesetzeslage gravierend zu verändern. Wir sehen den Alternativantrag der Koalitionsparteien als einen Schritt in die richtige Richtung an. Wir werden diesem Alternativantrag zustimmen. Den Antrag der LINKEN lehnen wir ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Fragen. Dann bitte ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Lüddemann nach vorn. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In der Tat hat uns das Bestattungsgesetz in der letzten Legislaturperiode sehr beschäftigt. Ich will daran erinnern, dass damals ein Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ein Antrag der LINKEN vorlagen. Das ist bereits ausgeführt worden. Das hat zu hoher Aufmerksamkeit und zur

Zuspitzung bei einigen Fragen geführt. Das hat uns inhaltlich, glaube ich, weitergebracht. Das hat uns zumindest so weit gebracht, dass wesentliche Teile der Debatte Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Das ist von den Kollegen, von der Frau Ministerin und vom Kollegen Krull, ausgeführt worden.

Ich will auf zentrale Punkte nichtsdestotrotz noch einmal kurz eingehen. Erstens komme ich zur Ermöglichung einer Bestattung im Leichentuch als Verwirklichung einer multireligiösen Gesellschaft. Meine Fraktion und ich sind fest davon überzeugt, dass es einer weltoffenen und pluralistischen Gesellschaft gut zu Gesicht steht, hier in Deutschland auch im Bereich der Bestattung verschiedene religiöse Traditionen zu ermöglichen und eben nicht eine Bestattungsleitkultur vorzuschreiben. Gerade jetzt wäre dies ein nötiges und wichtiges Signal der Landespolitik gegen die Feinde der offenen Gesellschaft, gegen die Wiedergänger eines völkischen Denkens;

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

denn wir Bündnisgrünen wollen Zugewanderten, Geflüchteten und erst recht Muslimen in zweiter und dritter Generation Sachsen-Anhalt zur Heimat machen, über den Tod hinaus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens komme ich zur Bestattung der Urne außerhalb von Friedhöfen nach klaren Regelungen für öffentliche und private Grundstücke, also zur Lockerung des Friedhofszwangs. Dies erscheint mir nach wie vor geboten. Es geht also auch um die Setzung eines postmortalen Verfügungsrechts über den eigenen Körper, wie es das überaus fundierte Rechtsgutachten - darüber haben wir in der letzten Legislaturperiode auch sehr intensiv diskutiert - von Prof. Dr. Schefold fordert.

Der formuliert nämlich auch die Umfrageergebnisse, die darauf aufmerksam machen - erstaunlicherweise hat die AfD darauf Bezug genommen -, dass mehr als 10 % der Bevölkerung einen Beisetzungsort außerhalb des Friedhofes wünschen. Das zeigt ganz deutlich, dass wir hier Handlungsbedarf haben. Ich weiß, dass das kein Bestandteil unseres Alternativantrags ist. Aber für meine Fraktion ist unser Gesetz aus der letzten Legislaturperiode eben immer noch ein Verhandlungsgegenstand, und wir werden in der Debatte, wenn wir den Gesetzentwurf einbringen, sicherlich auch darüber reden müssen.

Im Zusammenhang mit der Lockerung des Friedhofszwangs steht auch die Forderung nach sogenannten Ruheforsten oder Friedwäldern. Dazu kann ich sagen, dass es in Sachsen-Anhalt - die Frage, ob die ausreichend sind, kann ich gar nicht beantworten - eine hohe Zahl an solchen Friedwäldern gibt. Das hat meine Kleine Anfrage erge

ben. In der Antwort kann man nachlesen, dass es in Dessau, Schönebeck, Sangerhausen, Freyburg, Harbke und Falkenstein solche Bestattungsorte gibt und dass auch noch weitere beantragt sind. Insofern besteht aus unserer Sicht hier kein weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf, zumindest nicht, was die generelle Möglichkeit der Schaffung eines solchen Bestattungsortes angeht.

Um aber dem Ansinnen einer naturnahen Bestattung umfassend zu entsprechen, bedarf es noch der Ermöglichung der Ausbringung der Asche ohne Urne, zumindest in Friedwäldern. Aus meiner Sicht gibt es auch kein realistisches Argument, das wirklich dagegen spricht. Hier können wir uns eine Lockerung sehr gut vorstellen, um dem Willen der Bevölkerung an dieser Stelle nachzukommen.

Drittens. Das ist auch schon ausgeführt worden. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine Regelung zum Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Erweiterung um Grabplatten, Gehwegplatten und so etwas wäre natürlich sehr wünschenswert. Da gibt es in NRW eine Regelung über eine Zertifizierungsstelle, die verlässlich die Produktion von Steinen ohne ausbeuterische Kinderarbeit in einer Positivliste deutlich macht.

Es ist natürlich für ein kleines Bundesland wie Sachsen-Anhalt keine leichte Aufgabe, eine solche Zertifizierungsanstalt zu etablieren, damit das einschlägige Übereinkommen Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation umgesetzt werden kann. Aber da muss man sich vielleicht auch noch einmal im Konzert mit den anderen Bundesländern darüber verständigen, ob es nicht doch - da gibt es auch ein langen Diskussionsvorlauf - eine Möglichkeit geben kann, um gemeinsam tätig zu werden.

Die damalige Beschlussempfehlung des Landtages - es wurde schon auf die Debatte von vor 14 Monaten abgestellt - wie auch der heute in Rede stehende Antrag der LINKEN sehen darüber hinaus eine Neuregelung im Umgang mit sogenannten Sternenkindern vor. Hier geht es darum, die Praxis sozusagen aktuell im Gesetz abzubilden. Ich meine zu sehen, dass es hier eine hohe Einigkeit gibt.

Die kulturelle Öffnung erscheint zweimal im Koalitionsvertrag, nämlich im Kapitel Innenpolitik und im Sozialabschnitt. Es ist also insofern etwas, was wir uns ganz klar auf die Fahnen geschrieben haben und was auf jeden Fall auch kommen wird. Wir haben auch festgeschrieben, wann wir den Gesetzentwurf vorlegen werden, und genauso werden wir verfahren. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt auch hier keine Fragen. Dann fahren wir fort. Für die SPD spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.

Danke. - Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist manchmal nicht einfach, die letzte Rednerin zu sein. Aber auf der anderen Seite gibt es mir die die Möglichkeit, mich recht kurz zu fassen. Das ist sicherlich auch in Ihrem Sinne.

(André Poggenburg, AfD: Ja!)

Der Antrag der LINKEN greift also die Reformbedürftigkeit des Bestattungsgesetzes auf und damit einen weiteren Aspekt aus dem Koalitionsvertrag. Demzufolge ist das Ansinnen berechtigt.

Allerdings ist es ein Antrag der LINKEN, wie wir ihn kennen, nämlich allumfassend mit allen Facetten, die in der Diskussion in den letzten Jahren aufgetaucht sind.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das haben wir das letzte Mal schon machen können!)

Das bedeutet für uns - Entschuldigung -, dass keineswegs alle Punkte Ihres Antrages für uns zustimmungsfähig sind bzw. noch notwendig sind. In Punkt 1 beschreiben Sie die Notwendigkeit der Überarbeitung. Das ist keine Frage.

In Punkt 2 nehmen Sie Bezug auf den Beschluss, der im Dezember 2015 gefasst wurde und auch hier schon mehrfach erwähnt wurde. Wir stehen zu dem Beschluss. Wir erweitern ihn so, wie es im Koalitionsvertrag und im Alternativantrag steht.

In Punkt 3 listen Sie einzelne Punkt auf, die zu überprüfen seien. Das geschieht sehr weitreichend; das habe ich bereits erwähnt. Sie fordern die Lockerung des Friedhofszwangs und die Möglichkeit der Schaffung von Friedwäldern. Da es fast der Antrag von damals ist, ist bereits gesagt worden, dass es in Sachsen-Anhalt bereits jetzt schon fünf Friedwälder gibt.

Diese werden alle durch private GmbHs, Herr Krull, betrieben. Das heißt also, das, was Sie als Befürchtung formuliert haben, steht schon im Raum. Es sind die Friedwald GmbH in Griesheim und die Ruheforst GmbH in Hilchenbach. Das bedeutet also, dass der Kreis derer, die Friedhöfe anlegen und unterhalten können, bereits jetzt schon über den von Ihnen aufgelisteten Kreis der Betreiber erweitert worden ist.

In Anbetracht der Vielfalt der Friedhofsträger ist die Forderung nach umfassender barrierefreier Gestaltung, so sehr ich sie auch inhaltlich begrüße, schwerlich gesetzlich anzuordnen. Sie wissen von den Schwierigkeiten der Friedhofsträ

ger - auch das wurde schon erwähnt -, egal ob kommunal oder kirchlich, die von den Verantwortlichen vor Ort zu lösen sind. Es geht um zu große Flächen, um zu hohe Unterhaltungskosten usw. Das heißt, wir werden uns in dem Gesetz auch mit Fragen des Satzungsrechts vor Ort zu beschäftigen haben.

Ich schließe mich vielen Punkten meiner Vorredner an, ohne sie zu wiederholen, und bitte Sie um Zustimmung zu dem Alternativantrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt keine weiteren Fragen. Dann bitte ich für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau Zoschke nach vorn. Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zuerst feststellen, dass offensichtlich im Haus eine Menge Einigkeit auch zum Stand der Ergebnisse der sechsten Legislaturperiode vorherrscht, und ich danke Ihnen allen auch für die relativ konstruktive Diskussion.

Allerdings muss ich dazu sagen: Unabhängig von dem Einigungsprozess in der sechsten Legislaturperiode sind wir jetzt in der Pflicht, endlich auch etwas zu liefern. Bei allen Bedenken, die wir gehört haben und die sicherlich auch in Rede stehen, müssen wir Lösungen anbieten und nicht nur Bedenken äußern.

Drittens würde ich Ihnen gern Folgendes sagen wollen. Ich finde, das Schlüsselwort „respektvoll“ ist wichtig und richtig. Aber das fängt bei der Akzeptanz des Willens des Verstorbenen an. Da müssen wir uns auf die Vielfalt einstellen, die heute schon von mehreren beschrieben worden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei all dem, über das wir diskutieren, will ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass das, was wir in Gesetzen festlegen, selbstverständlich Auswirkungen auf die kommunale Ebene hat. Ich kann Ihnen versichern und diejenigen von Ihnen, die auch in der Kommunalpolitik tätig sind, werden bestätigen können, dass Debatten über den Kostendeckungsgrad der Gebührensatzung zur

Friedhofssatzung jedes Mal wahre Sternstunden der Kommunalpolitik sind. Das alles geschieht immer unter dem Blick, den ich teile, nämlich ohne sozial unverträgliche Gebühren zu erheben.

Der nächste Punkt. Auch darauf müssen wir eine Antwort geben. Durch das veränderte Bestattungsverhalten entsteht bei den Kommunen natürlich eine sehr relevante Größe an Flächenüberhängen.

Auch da müssen wir den Kommunen unter die Arme greifen. Bei all dem, was wir tun, bitte ich zu bedenken, dass wir mit unseren Gesetzen Lösungen schaffen sollten, die es den Kommunen ermöglichen, mit all diesen Problemlagen fertig zu werden und unter anderem auch eine Kultur der Friedhofsentwicklungsplanung zu entwickeln und zu ermöglichen.

Eines ist heute noch gar nicht angesprochen worden, es ist aber genauso wichtig: Wir müssen uns darum kümmern, dass wir Bestatter ordentlich ausbilden, und zwar einheitlich.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Um Herrn Backhaus nicht ganz ohne Antwort nach Hause gehen zu lassen, was die Familienvielfalt betrifft: Herr Backhaus, Sie haben sich ja toll vorbereitet. Aber es wäre vielleicht auch einmal gut gewesen zu gucken, wer denn in der Bestattungspflicht ist.

Ehepartner sind gegenseitig bestattungspflichtig. Aber Leute, die zum Beispiel 30, 40 oder 50 Jahre ohne Trauschein zusammenleben, haben da schon Schwierigkeiten. Deswegen wollen wir die Familienvielfalt berücksichtigen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es gibt auch hier keine Fragen. Dann ist die Debatte beendet und wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Eine Frage: Wurde die Überweisung in einen Ausschuss beantragt? - Das gab es nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.