Nachdem der Landtag den Tätigkeitsbericht in der Drs. 6/4048 sowie die Stellungnahme der Landesregierung hierzu in der Drs. 6/4688 zur Kenntnis genommen hat, haben wir nunmehr über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport in der Drs. 7/1290 zu befinden.
Zu dieser Beschlussempfehlung gibt es allerdings einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/1341. Deswegen kommt der zuerst zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist erwartungsgemäß die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der AfD. Ich frage trotzdem: Gibt es Stimmenthaltungen? - Gibt es nicht.
dafür ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Die Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Beschlussempfehlung mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 11 beenden.
Vollständige und nachhaltige Sanierung der „Bohrschlammdeponie Brüchau“ durch den Betreiber ENGIE E&P Deutschland GmbH
Bevor ich dem Einbringer für den Antrag der AfDFraktion das Wort geben, begrüße ich ganz herzlich auf unserer Besuchertribüne - so ist es mir jedenfalls signalisiert worden - die Bürgerinitiative aus Brüchau. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Stimme ist deswegen belegt, weil ich jedes Jahr zwischen Ostern und Ende Mai eine Pollenallergie habe. Damit muss man also noch einen Monat leben. Dann wird das wahrscheinlich wieder vorbei sein.
So, meine Damen und Herren, das vorausgeschickt, sage ich jetzt Folgendes. Es ist ein sehr ernstes Thema, das wir heute besprechen. Es geht um die vollständige und nachhaltige Sanierung der Bohrschlammdeponie Brüchau, die durch die Engie E&P Deutschland GmbH betrieben wird. Heute waren vor unserer Tür, vor dem Eingang des Landtages, Vertreter der Bürgerinitiative aus Brüchau und aus Kakerbeck und haben ihr Anliegen dort noch einmal deutlich vorgetragen. Ich habe sie gefragt: Was ist denn, wenn ihr das kurz zusammenfassen würdet, das Wichtigste, worum es geht?
Das Wichtigste ist nach deren Auffassung, dass jetzt ein tatsächlicher Stilllegungsbeschluss und eine Auskofferung der gesamten Giftstoffe und eine Verbringung an einen Ort erfolgen müssen, wo sie für Menschen nicht mehr gefährlich sind. Erst dann kann eine Renaturierung erfolgen.
Das Zweite, was sie mir gesagt haben, was für die Menschen sehr wichtig ist, ist die Frage nach den Gesundheitsschäden, die darauf zurückzuführen sind, dass es eine Bohrschlammdeponie ist. Es ist so, dass Quecksilber, radioaktive Stoffe und andere Stoffe in das Grundwasser gelangen und auch in der Vergangenheit häufig in die Luft gelangt sind und Menschen mit solchen extrem gesundheitsgefährdenden Stoffen in der Zeit zu tun hatten, in der sie dort beschäftigt waren.
In der DDR war das eine ziemlich lange Zeit. Ich habe es hier in meinem Redekonzept. Ich spreche aber frei. Das war von 1972 bis 2012. Das waren Quecksilber und radioaktiv belasteter Bohrschlamm zu Zeiten der DDR-Erdöl- und Erdgasförderung. Aber in die Deponie wurden auch Pflanzenschutzmittel, Galvanikschlämme, Teer- und Farbreste und Hausmüll usw. eingebracht. Es ist also ein richtiges Giftmüll-Sammelsurium, das die Gesundheit der Menschen angreift.
Ganz schlimm war die Tatsache, dass wir bei einer Begehung von unseren Leuten, die im Umweltausschuss als Fachleute tätig sind - die sind dorthin gefahren und haben mit Anwohnern gesprochen; Herr Lieschke wird nachher auch noch etwas dazu sagen -, eine Familie getroffen haben, in der eigentlich alle irgendwie Krebs hatten und auch die Nachbarn von Krebs betroffen sind. Deswegen ist es auch ein Anliegen der Leute, dass klar festgestellt wird: Es handelt sich letztlich um berufsbedingte Krankheiten bzw. um Krankheiten, die mit der erhöhten Ausbringung solcher Giftstoffe in die Atmosphäre und auch in das Grundwasser zusammenhängen. Daraus abgeleitet muss man sich natürlich auch darum kümmern, was jetzt mit ihnen geschieht.
Das Dritte, was sie gesagt haben: Es kann nicht wieder so weitergehen, dass Jahrzehnte vergehen, ehe wirklich etwas passiert. Es muss sofort etwas passieren. Das war die Botschaft, die ich dort mitgenommen habe. Deswegen trage ich meine eigentliche Rede hier nicht vor. Ich begründe noch einmal unseren Antrag, weil dieser Antrag schon in der vergangenen Woche nach einer intensiven Diskussion in unserem umweltpolitischen Arbeitskreis entstanden ist. Da hatten wir das Thema Deponie.
Erstens. Die Landesregierung soll umgehend eine Entscheidung zur Stilllegung und Sanierung der Bohrschlammdeponie Brüchau treffen, die als Zielsetzung den vollständigen Rückbau der Deponie mit anschließender Renaturierung des Deponiestandortes beinhaltet.
Zweitens. Die Landesregierung soll außerdem eine finanzielle Zuständigkeit des Betreibers Engie E&P Deutschland GmbH für eine Übernahme
der Sanierungskosten prüfen. Dazu ist zu sagen, dass Presseartikeln schon in der Vergangenheit zu entnehmen war, dass der gleiche Konzern in Niedersachsen, also in unserem Nachbarland. eine solche Bohrschlammdeponie auf eigene Kosten saniert. Das muss man wissen, wenn man so diskutiert, die AfD fordert hier etwas, was sehr viel Geld kostet. In Rede stehen zwischen 3 und 20 Millionen €. Aber da muss man die Frage stellen, inwieweit der Verursacher, der einen Teil des Verursacherproblems darstellt, auch mit zur Kasse gebeten werden muss.
Es kann nicht sein, dass man Millionen-Profite mit einer Anlage oder mit der Gasgewinnung usw. macht - ich würde einmal sagen, es waren nicht nur Millionen, es werden Hunderte Millionen gewesen sein - und dann am Ende das Geld nicht da ist, um die gesundheitsschädlichen Folgen der Sache zu bekämpfen und zu verhindern, dass auch künftige Generationen dort verseucht und betroffen sind. Also, da muss das Verursacherprinzip konsequent durchgesetzt werden. Es muss nicht unbedingt das Land Geld kosten.
Drittens. Die Landesregierung möge umgehend mit einem Gesundheitsmonitoring der Bevölkerung der Ortschaften Kakerbeck und Brüchau beginnen und dieses über einen repräsentativen Zeitraum so lange fortführen, bis ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen in der ansässigen Bevölkerung signifikant und zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann.
Das ist das Mindeste, was man tun muss: ständig beobachten bei den Menschen, bei denen die Krebsrate signifikant erhöht ist. Die Leute aus der Bürgerinitiative haben uns vor zwei Stunden deutlich gesagt, sie schätzen, dass etwa 15 bis 20 % der Menschen in den Ortschaften Brüchau und Kakerbeck Krebs haben. Das ist also eine signifikant erhöhte Krebsrate im Vergleich zur gesamten Umgehung.
Viertens. Die Landesregierung möge außerdem ein Monitoringprogramm zu den bisher in der Bohrschlammdeponie festgestellten Schadstoffen aufbauen, das sowohl kurz- als auch langfristig standardisierte Messdaten über den möglichen Schadstoffgehalt im Grundwasser und in den an die Bohrschlammdeponie angrenzenden Landschaftsbestandteilen liefert. Diese Erhebungen sollen so lange fortgeführt werden, bis eine Anreicherung von Schadstoffen in den untersuchten Landschaftsbestandteilen definitiv ausgeschlossen werden kann und keinerlei Schädigungen des Ökosystems und der ortsansässigen Bevölkerung zu befürchten sind.
Ich habe das so ausführlich darstellt, weil das die Probleme sind, die wir als Landtag tatsächlich zu lösen haben. Das erwarten die Menschen von
In der Bohrschlammdeponie Brüchau wurden von 1972 bis 2012 mehrere Hunderttausend Kubikmeter an quecksilberhaltigen Bohrschlämmen und Flüssigkeiten aus der Erdgasförderung der Altmark eingelagert. Nach Recherchen des WDR vom 20. April 2016 wusste die Betreiberfirma Engie E&P, damals GDF Suez, seit Mitte 2000, dass Schadstoffe aus der Deponie, darunter radioaktives Radium 226 mit einer Halbwertszeit von 1 600 Jahren sowie Salze und Quecksilber, in das Grundwasser gelangen.
Ich führe auch das noch einmal an, weil man nicht große weitere Gutachten machen muss, um festzustellen, dass diese Schadstoffe in dieser Deponie nicht durch diese Geschiebemergel-Schicht vom Grundwasser weggehalten werden, sondern diese Schadstoffe tatsächlich in der Vergangenheit schon ausgetreten und in das Grundwasser gelangt sind.
Wenn ich das richtig behalten habe - - Das weiß ich aber nur von dem, was die Menschen vorhin erzählt haben. Die haben klar darauf hingewiesen, die Fließrichtung des Grundwassers geht, glaube ich, von Brüchau in Richtung Kakerbeck. Da werden solche Stoffe in die Umgebung transportiert. Das ist eine Sache, Leute, dazu kann ich nur sagen, das geht gar nicht. Wo das Leben und die Gesundheit der Menschen betroffen sind, können wir als Landtag nicht untätig bleiben.
Der Altmarkkreis ist mit der aktuellen Position des Landes zur Sanierung der Bohrschlammdeponie nicht einverstanden. Er lehnt eine Abdeckung ab, da ein Eintrag der dort gelagerten Stoffe in das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden kann. Deshalb fordert der Altmarkkreis eine komplette Entsorgung. Diese Meinung wird auch von den Einwohnern der Gemeinde Kakerbeck mit dem Ortsteil Brüchau voll umfänglich unterstützt. Diese fordern seit 30 Jahren einen Rückbau der Bohrschlammdeponie und warten diesbezüglich auf eine Entscheidung des Landes Sachsen-Anhalt.
So, meine Damen und Herren, es gibt hier im Landtag einen weiteren Antrag. Der ist von den GRÜNEN gestellt worden. - Er ist von den LINKEN gestellt worden.
- Nein, das wäre zu viel der Ehre, weil das, was ich heute von den GRÜNEN gehört habe, nichts Besonderes war. Aber die DIE LINKE hat hier einen Antrag gemacht. Dieser Antrag deckt sich im Grunde genommen in seinem Anliegen vollständig mit unserem. Er ist also auch konsequent.
Er sagt in Punkt 1: Der Landtag präferiert den Rückbau der Deponie einschließlich ihrer Renaturierung.
In Punkt 2 sagt er: Der Entscheidung sollen ausschließlich Sachargumente und das Wohl von Mensch und Umwelt zugrunde gelegt werden. Finanzielle Aspekte sind nachrangig. - Das ist in dem Fall wirklich richtig.
Drittens. Die Landesregierung soll beauftragt werden, Berichten über vermehrte Krebserkrankungen in der Bevölkerung vor Ort nachzugehen. Das ist für uns mehr als Gerüchte. Sondern aufgrund dessen, dass wir ganze Familien - -
- Berichte, ja, gut. Berichte. In Ordnung. - Also, alle drei Punkte, die hier aufgeführt sind, sind in Ordnung. Mit denen stimmen wir überein. Das ist also der Antrag, den die LINKEN gestellt haben. Wir haben da überhaupt keine Barriere und Scheu, das mit zu teilen.
Ich muss aber auch noch drei Minuten lang zu dem Antrag des Regierungsbündnisses sprechen. Dieser Antrag ist aus meiner Sicht völlig unzureichend. Und zwar lautet er in Punkt 1 wie folgt: Der Landtag unterstützt die Bemühungen und Anstrengungen der Landesregierung für eine sachgerechte Lösung zur abschließenden Stilllegung der Deponie Brüchau und begrüßt die Einbindung aller vor Ort Beteiligten. Ziel des öffentlichen Beteiligungsprozesses muss es sein, dass an dessen Ende unter Offenlegung und Beantwortung aller ungeklärten Aspekte eine nachvollziehbare und belastbare technische Variante präsentiert wird.
Es wird aber nicht klar gesagt, dass die Lösung nur darin bestehen kann, auszukoffern, die Giftstoffe wegzubringen und aus dem Gefahrenbereich zu entsorgen. Das steht genau nicht darin.
In der Philosophie von Habermas habe ich mich immer darüber aufgeregt, dass der gute Mann alles auf Verfahrensfragen reduziert hat und zur eigentlichen Sache in seiner Philosophie nie etwas gesagt hat. Wenn ich den Absatz hier nehme, dann sehe ich, dass das eine wunderbare Formulierung ist und dass man mit Verfahrensfragen an der Sache vorbei redet, um die es eigentlich geht. Das wollen wir nicht.
Wir wollen, dass hier Fakten geschaffen werden. Diese Deponie muss ausgekoffert und weggebracht werden.
Zweitens. Der Landtag erwartet ein ordnungsgemäßes Verfahren zur abschließenden Stilllegung der Deponie Brüchau - das ist ja wohl
selbstverständlich -, eingeschlossen die Frage der Belastungen. Er geht davon aus, dass im Zuge der Aufstellung des Abschlussbetriebsplanes die möglichen Varianten der Stilllegung - jetzt hört, hört! - ergebnisoffen geprüft werden. Das heißt, hier werden möglicherweise schon die Weichen für eine Scheinlösung gestellt. Aber eine Scheinlösung ist das, was die Leute überhaupt nicht gebrauchen können.