Protokoll der Sitzung vom 20.06.2017

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 7/1517

(Erste Beratung in der 26. Sitzung des Landtages am 04.05.2017)

Der Berichterstatter ist der Abg. Herr Erben. Herr Erben, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Drs. 7/1318 überwies der Landtag in der 26. Sitzung am 4. Mai 2017 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport.

Nach der aktuellen Rechtslage gilt ein Zweckverband nach seiner Auflösung als fortbestehend, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert. Nach der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt umfasst die Abwicklung sämtliche Handlungen, die zur Beendigung der laufenden Geschäfte einschließlich des Einzugs von Forderungen notwendig sind, so auch die Durchsetzung der vor der Auflösung bereits entstandenen Abgabeansprüche.

In der kommunalen Praxis resultiert hieraus ein teilweise sehr langer Abwicklungsprozess mit entsprechend hohen laufenden Abwicklungskosten. Durch die Neuregelung in § 14 Abs. 4 GKG soll eine zeitnahe Abwicklung eines aufgelösten Zweckverbandes erreicht werden.

Dies soll dergestalt erfolgen, dass der aufgelöste, nach § 14 Abs. 4 Satz 1 dieses Gesetzes als fortbestehend geltende Zweckverband noch bestehende Forderungen auf den Einzelrechtsnachfolger bzw. auf einen anderen Aufgabenträger, der die Aufgabe des aufzulösenden Zweckverbandes übernommen hat und nunmehr für das Gebiet des aufzulösenden Zweckverbandes zuständig ist, überträgt.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der 11. Sitzung am 8. Juni 2017 mit dem Gesetzentwurf und beschloss mit 10 : 0 : 2 Stim

men die Ihnen in der Drs. 7/1517 vorliegende Beschlussempfehlung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Erben. - Da es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir gleich in das Abstimmungsverfahren einsteigen. Ich würde vorschlagen, dass wir über die Gesetzesüberschrift und das Gesetz in Gänze gemeinsam abstimmen.

Wenn es keine Einwände gibt, dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit“, vorliegend in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport in der Drs. 7/1517. Diejenigen, die für das Gesetzesvorhaben sind, bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Koalition und die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Das ist die AfD-Fraktion. Damit ist dieses Gesetz angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 17 ist somit erledigt.

Wir kommen dann zum

Tagesordnungspunkt 18

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes SachsenAnhalt

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1535

Der Einbringer ist der Abg. Herr Lippmann. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! SachsenAnhalt hat seit den grundlegenderen Änderungen des Personalvertretungsgesetzes unter der letzten schwarz-gelben Landesregierung im Jahr 2004 ein insgesamt rückständiges Personalvertretungsrecht für die Beschäftigten in seinem öffentlichen Dienst. Es steht nicht nur deutlich hinter den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes zurück, sondern auch hinter vielen Personalvertretungsgesetzen anderer Bundesländer.

Nun ist diese Erkenntnis nicht neu, und wir in der LINKEN sind auch nicht die Einzigen, die neben den Betroffenen zu dieser Erkenntnis gekommen

sind. Völlig zu Recht hatte sich deshalb die schwarz-rote Koalition bereits im Jahr 2011 in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Modernisierung des Personalvertretungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt bekannt. Dass daraus dann fünf Jahre lang nichts geworden ist, war für die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen ein zusätzliches Indiz für die Geringschätzung ihrer Leistung durch die Landesregierung und das fehlende Verantwortungsbewusstsein als Arbeitgeber und Dienstherr.

(Zustimmung von der LINKEN)

Diese jahrelange Blockade des Gesetzesvorhabens seitens der Landesregierung war allerdings auf eine gewisse Weise folgerichtig und auch zu erwarten. In die anhaltende Phase eines von jeder Aufgabenanalyse entkoppelten rigiden Personalabbaus passte natürlich keine Diskussion über ein modernes Vertretungsrecht für die Beschäftigten. Einer Politik der permanenten Arbeitsverdichtung, massiver Umstrukturierungen und Privatisierungen hätten effiziente Personalratsstrukturen nur im Wege stehen können.

Es gab ja Gründe, dass die Zuständigkeit für das Personalvertretungsrecht gegen jede fachliche Vernunft dem Innenministerium entzogen und dem Superministerium des damaligen Finanzministers zugeschlagen wurde. Über diese Gründe muss man auch nicht lange spekulieren.

Ich habe die jahrelangen Kämpfe zwischen dem früheren Finanzminister und seiner SPD-Fraktion um die Erarbeitung eines Gesetzentwurfes seinerzeit aus anderer Perspektive intensiv verfolgen können. Ich nehme jetzt wahr, dass sich an der Ausgangssituation offenbar nichts geändert hat, mit Ausnahme der Parteizugehörigkeit des Finanzministers. Das Personalvertretungsrecht, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört aber nicht in die Hand des Finanzministers. Das sage ich hier ganz deutlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte der Landesregierung auch insgesamt - -

(Unruhe auf der Regierungsbank)

- Ich investiere meine Redezeit gern, weil ich mich gleich an die Regierungsbank wenden will.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Wir haben Sie gerade kommentiert!)

- Nein, alles gut. Ich möchte der Landesregierung auch insgesamt nahelegen, sich aus diesem speziellen Gesetzgebungsprozess weitgehend herauszuhalten und die Fraktionen arbeiten zu lassen; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank, mit dem Personalvertretungsgesetz werden die Mitbestimmungsrechte der Be

schäftigten bei der Ausgestaltung der Verwaltungen und der individuellen Arbeitsverhältnisse in der dienstlichen Auseinandersetzung mit den öffentlichen Arbeitgebern geregelt.

Die Landesregierung ist hier als öffentlicher Arbeitgeber und Dienstherr also selbst Partei und beeinflusst somit Regelungen, denen sie anschließend selbst unterworfen ist. Das sollte für das nötige Maß an Zurückhaltung bei der Landesregierung sorgen. Hier müssen die Abgeordneten in den Fraktionen als Gesetzgeber ihre volle Verantwortung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst wahrnehmen, um zu ausgewogenen Regelungen zu kommen.

Lieber Herr Haseloff, Sie kommen ja aus der Arbeitsverwaltung und Sie haben bekanntermaßen ein konstruktives Verhältnis zu den Gewerkschaften. Sie sind quasi ein Stückchen vom Fach

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Wir sind ja auch eine Arbeiterpartei!)

und kennen sich in der Materie aus. Ich bitte Sie also, im Kabinett dafür Sorge zu tragen, dass den Fraktionen vonseiten der Landesregierung keine Steine in den Weg gelegt werden und sie zügig und zielorientiert an dem Gesetz arbeiten können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unser zentrales Anliegen, das Personalvertretungsrecht unseres Landes nach 13 Jahren Stillstand und Rückschritten wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen.

(Zuruf: Oh!)

Dazu haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren der Arbeit an unserem Gesetzentwurf einen intensiven Diskussionsprozess mit den Betroffenen, also den Personalräten und den Gewerkschaften, organisiert.

Es ist sehr viel Praxiserfahrung, sehr viel Expertise und Analyse eingeflossen. Die Mehrzahl unserer Vorschläge lehnt sich dabei an die Personalvertretungsgesetze in anderen Ländern und teilweise an das Betriebsverfassungsgesetz an. Wir haben also das Rad nicht neu erfunden. Wir haben aber sehr viele gute Komponenten zusammengestellt, um das verrostete Gefährt wieder flott zu bekommen.

Im Zentrum unserer Änderungen steht die Stärkung der Mitbestimmung. Das betrifft vor allem die verschiedenen Kataloge der mitbestimmungspflichtigen Tatbestände in den §§ 65 bis 69, die umfassend überarbeitet wurden, aber auch die Rückkehr zur echten Mitbestimmung in den sozialen Angelegenheiten, also hier zur Letztentscheidung durch die Einigungsstelle.

Außerdem wird der Kreis der Beschäftigten, deren Angelegenheiten der Mitbestimmung durch die

Personalräte unterliegen, erweitert. So werden künftig Staatsanwältinnen und Staatsanwälte

ebenso wie Mitarbeiter an Hochschulen mit Ausnahme von Professoren und Hochschuldozenten nicht mehr von der Mitbestimmung ausgenommen, und arbeitnehmerähnliche Personen nach § 12a des Tarifvertragsgesetzes werden zusätzlich als zu vertretende Beschäftigte aufgenommen.

Darüber hinaus war es inzwischen längst überfällig, auf die schrumpfenden Größen und Freistellungskontingente der Personalräte mit einer Absenkung der dafür maßgeblichen Beschäftigtenzahlen zu reagieren. Es muss berücksichtigt werden, dass sich die Aufgaben der Personalräte nicht in dem Maße reduziert haben, wie in den letzten 13 Jahren in diesem Land Personal abgebaut wurde.

Die Arbeitsfähigkeit der Personalräte und damit die umfassende Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz sind inzwischen zunehmend gefährdet oder zum Teil schon nicht mehr gegeben. Wir wollen mit den hierzu vorgeschlagenen Korrekturen verhindern, dass die Vertretung der Beschäftigten dadurch weiter unterlaufen und ausgehöhlt wird, dass die Personalräte schlicht zu klein und mit der Aufgabenfülle überlastet sind.

Zudem wollen wir ausdrücklich stärkere Mitbestimmungsrechte für unsere Personalräte. Auch deshalb ist die moderate Anhebung der Freistellungskontingente schlichtweg geboten.

Weiterhin wollen wir die Rahmenbedingungen für gute Personalratsarbeit verbessern. Die Schaffung einer ebenenübergreifenden Personalräteversammlung sowie die Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte erleichtern die Beratung gemeinsamer Anliegen und schaffen rechtssichere Regelungen für teilweise heute schon Praktiziertes.

Diese und weitere Detailregelungen sind wichtige Beiträge, um Personalräten in öffentlichen Einrichtungen endlich zur gleichen Augenhöhe mit den öffentlichen Arbeitgebern zu verhelfen. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir ein Niveau der Personalvertretung in Sachsen-Anhalt erreichen, das nicht als Feigenblatt dient, sondern eine ehrliche Beteiligung der Beschäftigten gewährleistet.

Letztlich fordern wir mit unserem Gesetzentwurf, die Interessen der jungen Nachwuchskräfte stärker zu berücksichtigen. Die bisherigen Regelungen haben die Jugend- und Auszubildendenvertretungen gegenüber den anderen Personalvertretungen über die Maßen benachteiligt. Das wollen wir ändern. Wir wollen junge Leute in unseren öffentlichen Einrichtungen motivieren, sich zu engagieren und gestaltend mitzuwirken und sie nicht schon am Beginn eines solchen Engagements unnötig frustrieren.