Protokoll der Sitzung vom 20.06.2017

Daher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sieht meine Fraktion keinen Verstoß gegen das Bundesrecht.

Zum Schluss möchte ich noch einige Worte zur Finanzierung und zu dem Personalaufwuchs sagen. Ich hatte eingangs vom politischen Willen gesprochen. Keiner von Ihnen wird abstreiten wollen, dass Kinder unsere Zukunft sind. Wir haben das heute Morgen von den jungen Leuten auch gehört.

Das heißt auch, dass wir alle Anstrengungen unternehmen sollten, um schon sehr zeitig in die frühkindliche Bildung zu investieren und allen Kindern optimale Startchancen zu gewähren. Da auch wir wissen, dass nicht alles auf einmal finanziert werden kann und dass auch nicht auf einmal alle benötigten Fachkräfte da sind, lassen wir uns mit der Umsetzung fünf Jahre Zeit - Zeit, die wir nutzen sollten und auch müssen.

Ebenfalls wird bundesweit seit Jahren über beitragsfreie Kinderbetreuung debattiert. Auch Herr Schulz, der Spitzenkandidat der SPD, hat dies zu seinem Wahlkampfmotto gemacht.

(Guido Heuer, CDU: Unter 21 %!)

Meine Damen und Herren! Das Geld ist da. Die Zeiten waren nie günstiger, nun endlich eine wichtige Entscheidung für eine bessere und beitragsfreie Kinderbetreuung zu treffen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Hohmann. - Erstens möchten wir ganz herzlich Damen und Herren der Landesseniorengruppe Harz auf der Besuchertribüne begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass das Knacken in der Anlage offensichtlich etwas mit unserer Lautsprecheranlage zu tun hat. Wir haben bisher noch keinen Hinweis auf die Ursache. Wir

würden versuchen, trotzdem weiterzumachen. Dies erfordert ein bisschen mehr Konzentration bei den Zuhörerinnen. Aber wir sind noch am Anfang der Plenarsitzung und deswegen dürfte das für niemanden eine Schwierigkeit sein.

Wir fahren fort in unserer Fünfminutendebatte. Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Grimm-Benne. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Präsident, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich die Redezeit von fünf Minuten nicht einhalten werde. Ich werde gegebenenfalls länger sprechen. Ich bitte darum, dass das berücksichtigt wird.

Mit dem Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung und dem gleichen Zugang zu Bildung für alle Kinder von Anfang an sind bei uns in SachsenAnhalt gute und im Vergleich zu anderen Bundesländern exzellente Grundlagen geschaffen worden, um Bildungsgerechtigkeit zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Wir haben ein flächendeckend gut ausgebautes Netz von Kindertagesstätten. Das wollen und werden wir erhalten. Das ist nicht umsonst in der Koalitionsvereinbarung explizit festgelegt.

Der Zugang zu frühkindlicher Bildung stellt in entscheidendem Maße die Weichen für den Bildungserfolg von Kindern. Wir haben die Landespauschalen im vergangenen Jahr angepasst, damit Erzieherinnen und Erzieher für ihre anspruchsvolle und wichtige Arbeit angemessen tariflich entlohnt werden. Wir werden das Kinderförderungsgesetz auf der Grundlage der Evaluierung und unter Berücksichtigung der aktuellen Ergebnisse der Prüfung durch unseren Landesrechnungshof novellieren.

Am Ende wird eine transparente, nachvollziehbare und umfassende Finanzierungssystematik stehen. Wir streben eine Verbesserung der tatsächlichen Fachkraft-Kind-Relation in den Einrichtungen vor Ort an. All das steht im Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Fraktion DIE LINKE fordert gute Startchancen für alle Kinder, unabhängig von Status und Herkunft der Eltern. Dazu kann ich nur sagen: Das wollen wir auch, das wollen wir alle und das lösen wir schon heute umfänglich ein.

(Beifall bei der SPD - Siegfried Borgwardt, CDU: Genauso ist das!)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben eine gute Kinderbetreuung. Wir haben

eine Kinderbetreuung, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weit besser möglich macht, als es in vielen anderen Bundesländern der Fall ist. Wir haben sehr lange Öffnungszeiten. Wir haben sehr gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher.

Und wir haben uns mit allen Ministerinnen und Ministern der Länder in Quedlinburg darauf verständigt, dass die Qualität in der frühkindlichen Bildung bundesweit noch weiter verbessert werden muss. Der Bund wird sich hierfür auch finanziell engagieren.

Wir brauchen neue transparente Finanzierungsregelungen. Das ist der Hintergrund, vor dem die Novelle des Kinderförderungsgesetzes ansteht. Dazu haben wir eine Schrittfolge vereinbart. Die Schrittfolge heißt: evaluieren, auswerten, Schlüsse ziehen. Denn bevor wir einen Gesetzentwurf vorlegen, wollen wir wissen, wo welches Geld veranschlagt wird. Nur dann können wir klären, wie wir es besser und transparenter einsetzen können. Wir sind mitten in diesem Prozess. Wir warten auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und auf die Ergebnisse der Prüfung des Landesrechnungshofes.

In dieser Situation legt die LINKE ihren Entwurf vor. Sie versucht damit ganz offensichtlich den Eindruck zu erwecken, man könne Eltern und Erzieherinnen rundheraus glücklich machen,

wenn man nur bereit ist, genug Geld in die Hand zu nehmen. Verehrte Damen und Herren Abgeordnete, das ist unredlich.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Ich habe Sie noch nie in der ganzen Zeit, in der ich auch parlamentarisch tätig war, so populistisch erlebt wie heute.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der AfD)

Ja, es gibt Handlungsbedarf; das ist unbenommen. Aber es gibt keine Situation, in der, wie die LINKE es behauptet, die Elternbeiträge landauf und landab in enormer Höhe ansteigen.

Wir haben im Rahmen der Evaluierung alle KitaBeitragssatzungen der Gemeinden, Verbandsgemeinden und kreisfreien Städte aufgenommen und analysiert. Was sieht man daran? - Man sieht, dass in deutlich mehr als der Hälfte der Kitas für eine zehnstündige Krippenbetreuung ein Elternbeitrag von weniger als 200 € zu bezahlen ist. Bei achtstündiger Krippenbetreuung liegt er sogar nach mehr als 80 % aller Satzungen unter dem Betrag des Kindergeldes.

Es galoppieren keine Elternbeiträge. Ganz offenbar legen sich vielmehr die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sehr ins Zeug, um moderate

Elternbeiträge halten zu können. Es sind wenige Gemeinden - ich betone, es sind weniger als zehn Gemeinden -, in denen die Kosten deutlich gestiegen sind. Gleichwohl bestimmen diese Fälle die öffentliche Wahrnehmung. Man muss in diesem Zusammenhang auch fragen, woran das im Einzelfall liegt.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist das! - Zu- ruf von Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE)

Sie versprechen Beitragsfreiheit. Ich sage, ohne den Bund werden wir das nicht schaffen.

(Minister André Schröder: So ist es!)

Denn wir wollen - Sie wollen das auch - für viele Bereiche Geld haben, und zwar für gute Bildung, für gute frühkindliche Bildung. Für all das braucht man Geld.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Mehr Kultur!)

Aber ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum Sie im Bereich Personal einen solchen Weg gehen.

Damit komme ich zum nächsten Punkt. Es gibt keine Situation in unserem Land, in der tausende Erzieherinnen und Erzieher vor der Tür stünden, um die Quoten zu erfüllen, die Sie hier heute ansetzen. Wir bräuchten schon angesichts der demografischen Entwicklung in fünf Jahren 3 000 Erzieherinnen und Erzieher mehr, um die durch diesen Gesetzentwurf neu entstehenden Bedarfe zu decken. Fünf Jahre, das ist die Zeit, die die Ausbildung einer Erzieherin dauert. Jede und jeder Einzelne müsste seine Ausbildung jetzt im Sommer beginnen. - So viel zur Realisierbarkeit. Das ist nicht realisierbar.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Dazu kommt - das haben wir auch in unserer Evaluierung mitbekommen -, dass demnächst nahezu 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das System verlassen, weil sie in Rente gehen. Das habe ich auch gerade dem MDR gesagt. Jede zweite Erzieherin ist 50 Jahre alt und älter. Wir müssen schon heute alles tun, damit wir die bestehende Fachkraft-Kind-Relation, die jetzt im Gesetz steht, einhalten können.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Darüber reden wir schon seit zehn Jahren! - Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Die Fraktion DIE LINKE wirbt mit dem Satz „Qualität rauf, Elternbeiträge raus!“. Sie verspricht eine Vereinfachung der Finanzierungsströme und eine transparente Finanzierung.

(Guido Heuer, CDU: Acht Jahre geduldet!)

Sie löst dieses Versprechen aber nicht ein. Vielmehr gehen hier die Anteile hoch und dort her

unter. Das bringt keine Vereinfachung von Verwaltungsvorgängen. Selbst die Annahmen, die Sie zugrunde legen, sind nicht auf dem neuesten Stand. Sie hätten wirklich die Evaluierung abwarten sollen. Das bringt enormen Mehraufwand.

(Zustimmung von Tobias Rausch, AfD)

Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen, um deutlich zu machen, was ich ein meine. Erstens soll die Finanzierung umgestellt werden. Das Land soll sich mit steigenden Quoten an den Personalkosten für die Erzieherinnen beteiligen. Das ist im Übrigen keine neue Idee.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Genau!)

Die GEW wirbt seit Jahren für diesen Weg. Wir haben darüber bereits bei der letzten Novellierung debattiert. Ich muss sagen, dass ich durchaus Sympathien für diesen Ansatz habe, aber mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf kann ich leider doch nur sagen, gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wenn Sie eine weitere Fokussierung auf die Personalkosten wollen, dann braucht das Zeit.