Die Reduzierung von Flächenversiegelung und Bodenverdichtung gehört ebenso dazu wie die Berücksichtigung von Hochwasserrisikogebieten bei der Ausweisung von Bebauungsgebieten; denn Letztere machen in Sachsen-Anhalt immerhin 17 % der Landesfläche aus.
Einen wunden Punkt sehen wir noch bei Vorhaben im Bereich des natürlichen Hochwasserschutzes. Hierbei ist noch sehr viel Luft nach oben. Sicherlich eint uns dieses Interesse mit einer grünen Ministerin, auch wenn wir wissen, dass es für sie mit einem Koalitionspartner nicht immer ganz leicht ist.
Bei all dem Genannten bedürfen Hochwasser- und Artenschutzmaßnahmen einer gesellschaftlichen Akzeptanz. Das gelingt, wenn die Öffentlichkeit und die Verbände frühzeitig informiert und beteiligt werden, wenn Verfahren ergebnisoffen und transparent geführt werden und wenn - das wurde schon gesagt - Wissen und Erfahrungen vor Ort einfließen und genutzt werden.
Es ist sicher, dass die nächsten Unwetter kommen werden, wir können jedoch nicht voraussagen, wann. Lassen Sie uns schnellstmöglich
und gemeinsam alles für einen ganzheitlichen und ökologischen Hochwasser- und damit Artenschutz unternehmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Dr. Grube. Sie haben das Wort, Herr Dr. Grube.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben heute hier eine Aktuelle Debatte zu einem Thema, das eigentlich schon in der gestrigen Regierungserklärung der Ministerin breiten Raum eingenommen hat. Darüber kann man sich wundern, muss man aber nicht.
Denn eines bleibt wahr: Über Hochwasserschutz kann man nicht oft genug reden, zum einen weil es erst kürzlich Überschwemmungen im Harz gegeben hat und diese allen noch im Gedächtnis sind und zum anderen weil für die Gebiete, die im Jahr 2013 vom Hochwasser heimgesucht worden sind, gilt: Hochwasserschutz ist und bleibt eine langfristige Aufgabe. Diese ist immer wichtig, weil der Hochwasserschutz dem elementaren Schutz von Leben und dem Schutz von Existenzen dient und weil die wahrgenommene Bedeutung des Hochwasserschutzes zunehmend geringer wird, je weiter die eigene Betroffenheit in der Vergangenheit verschwindet.
Wir als Regierungskoalition sind in der Verantwortung, nicht nur die wahrgenommene Bedeutung zu berücksichtigen, sondern die tatsächliche Bedeutung hochzuhalten und die Hochwasserschutzkonzeption zuverlässig abzuarbeiten. Diese Verantwortung nehmen wir wahr und wir werden sie auch in Zukunft wahrnehmen.
Herr Loth, Sie haben recht - ganz kurz, es dauert nicht lange -, das ist ein Marathon, keine Frage. Aber das ist nicht, wie Sie es in Ihrer Zwischenfrage gerade angedeutet haben, der erste Schritt. Wir sind schon ganz weit. Wir sind mindestens bei Kilometer 20.
Ich würde sagen, wir machen einfach weiter, anstatt auf Sie zu warten. Das ist für alle Beteiligten besser.
Ufern der Flüsse entlanggeht, das zeigt auch ein Blick in die Bücher des Finanzministers. Das Land hat in den letzten Jahren Mittel in Höhe von mehr als 800 Millionen € investiert. Mit der Umsetzung der Hochwasserschutzkonzeption 2020 sollen es insgesamt Mittel in Höhe von mehr als 1 Milliarde € sein. Für uns, meine Damen und Herren, ist das gut angelegtes Geld. - Das war die quantitative Seite des Hochwasserschutzes.
Jetzt kommen wir zur qualitativen Seite, also zu dem Wie. Wie gestalten wir den Hochwasserschutz aus? - Für uns als SPD muss ein effektiver und nachhaltiger Hochwasserschutz eine vernünftige und ausgewogene Mischung aus baulichem Hochwasserschutz und der Schaffung von Poldern und Retentionsflächen sein.
Ich beginne mit dem letzten Punkt. Diesbezüglich ist viel passiert und es ist viel in Planung. Ich denke hierbei an Schopsdorf, Buro, Sandau, Altjeßnitz, Raguhn, Priorau, Möst oder auch an die Flutungspolder, die es ermöglichen, bei einem Hochwasser gezielt die Spitzen zu senken. Auch hierfür haben wir mit Axien-Mauken, Rösa und Zielitz Projekte in der Hochwasserschutzkonzeption, für die Mittel in Höhe von mehr als 100 Millionen € veranschlagt sind.
Meine Damen und Herren! Ein ganz kleiner Hinweis sei mir an den nicht mehr ganz so neuen Koalitionspartner DIE GRÜNEN gestattet. Wir haben uns als Land bereits unter der Vorgängerregierung hinsichtlich des Hochwasserschutzes ganz ehrgeizige Ziele gesetzt, aus zwei Gründen: weil es notwendig war und weil die Menschen es verdienen. Wir gönnen es den GRÜNEN natürlich, dass sie sich jetzt ein bisschen mitfeiern lassen, aber gewusst haben wir das auch ohne sie und gehandelt haben wir vorher auch.
Was wir wissen, ist, dass die Sanierung und Anpassung von Deichanlagen - damit komme ich zum zweiten Teil - im Hochwasserschutz auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen wird. Menschen müssen wirksam geschützt werden. Wenn wirklich Wasser kommt, muss es aufgehalten werden. Ohne leistungsfähige Deiche geht das nicht.
Deswegen unterstützen wir als SPD ganz ausdrücklich das, was die Ministerin gestern in der Regierungserklärung ausgeführt hat, nämlich die DIN-gerechte Sanierung aller Deiche nach dem jetzt gültigen Schutzziel. Um es anders auszudrücken: Wo Menschen am Fluss wohnen, oft seit Generationen, müssen sie darauf vertrauen können, dass die Deiche halten und dass sie hoch genug sind. Das gilt ohne Wenn und Aber.
Damit komme ich zum zweiten Teil des ersten Themas der heutigen Aktuellen Debatte, zum Artenschutz. Im Idealfall bedeuten Hochwasserschutzmaßnahmen eine Win-win-Situation auch für den Artenschutz. Wenn den Flüssen wie im Lödderitzer Forst wieder mehr Raum gegeben wird, haben wir eine solche Win-win-Situation.
Im Lödderitzer Forst bekommt die Elbe durch die Deichrückverlegung 600 ha ihrer ursprünglichen Überflutungsfläche im Hochwasserfall zurück. Der Hochwasserscheitel kann durch diese Maßnahme in der Region um ca. 28 cm gesenkt werden. Was das bedeutet, kann jeder ermessen, der noch die Bilder aus dem Jahr 2013 im Hinterkopf hat. Gleichzeitig werden dort naturnahe Auenwälder entwickelt, die für die biologische Vielfalt von Bedeutung sind.
Ein zweites Projekt - das habe ich an dieser Stelle schon erwähnt - ist die Revitalisierung der Alten Elbe bei Dornburg südlich von Magdeburg, ein erfolgreiches Projekt, ein Koprojekt zwischen dem Land, der Stadt Magdeburg, dem Salzlandkreis, der Stadt Schönebeck und dem BUND, übrigens unter Mitwirkung der evangelischen Kirche und ihres Umweltbeauftragten.
Die zentralen Ziele sind: Entschlammung der Dornburger Alten Elbe, Wiederherstellung der Durchgängigkeit über sage und schreibe 15 km, Erhaltung und Entwicklung gewässer- und auentypischer Lebensräume, Anlage und Entwicklung eines Gewässerrandstreifens, Schaffung von Naturerlebnispunkten für die Naherholung und touristische Inwertsetzung. Das Ganze geschieht übrigens in einem Planungs- und Umsetzungszeitraum von zehn Jahren - so viel zum Marathon.
Das waren zwei Idealfälle, in denen es mit dem Artenschutz und dem Umweltschutz klappt. Aber diese idealtypischen Situationen haben wir nicht überall und wahrscheinlich haben wir sie nicht einmal überwiegend.
Schwierig ist es - hierbei bin ich für Offenheit in der Debatte -, wenn Hochwasserschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel die Errichtung von Spundwänden oder sonstige Barrieren, negative Auswirkungen auf den Arten- oder den Naturschutz haben, übrigens gelegentlich auch auf den Denkmalschutz.
Ich bleibe einmal in meinem Wahlkreis. Im Herrenkrugpark, ein Stück nördlich von hier, können Sie, wenn Sie spazieren gehen, sehen, dass als Vorbereitungsmaßnahme für die Deicherhöhung zahlreiche Bäume gefällt werden mussten, zum Teil übrigens sehr alte und sehr schöne, die man natürlich grundsätzlich gern behalten hätte. Der Grund dafür ist ziemlich einfach: Höhere Deiche brauchen eine breitere Basis, das heißt mehr
Das sind Entscheidungen, die man treffen muss, die man im Einzelfall natürlich im Rahmen des Planungsrechts und der Ausgleichsmaßnahmen usw. treffen muss. Aber ich denke, es ist wichtig, diese Entscheidungen zu treffen, und es ist auch richtig, sich für den Hochwasserschutz zu entscheiden.
Ich will ein Thema streifen - der Kollege Gürth wird nicht ganz zufrieden sein mit der Tiefe der Ausführungen -, und zwar die Hochwasserschutzsituation im Harz. Dabei unterstützen wir die Ministerin in dem Moderationsprozess; denn das ist vor Ort in der Tat durchaus umstritten, weil es dort verschiedene Interessen gibt. Wir sind auf das Ergebnis gespannt. Wir wünschen Ihnen aber in jedem Fall viel Erfolg.
Lassen Sie mich zum Schluss zu einem Thema kommen, das hier schon angerissen worden ist, nämlich zur Frage der Versicherung. Hochwasserschutz bedeutet eben nicht nur Schutz der rein physischen Existenz, sondern er bedeutet auch Schutz der wirtschaftlichen Existenz. Deshalb müssen wir das Thema Versicherung noch einmal aufgreifen und ordentlich darüber diskutieren.
Es kann nicht sein, dass Menschen, die in der Nähe von Flüssen leben, keine Versicherung bekommen oder wenn doch, dann nur zu horrenden Beiträgen. Und es kann nicht sein, dass es nach dem Motto geht: Wenn kein Wasser kommt, frisst dich die Versicherung, und wenn das Wasser kommt, frisst dich die Flut. Das muss anders werden.
- Ja, das war ich auch, ganz, ganz doll. - Ich finde es immer richtig, unbürokratische Hilfe zu fordern. Das wünschen wir uns alle, weil wir alle in den jeweiligen Regionen, in denen wir wirken, auch mit Betroffenen zu tun haben, denen wir in die Augen blicken müssen und denen wir sagen: Wir wollen euch helfen. Natürlich soll und muss das immer unbürokratisch erfolgen.
Dann aber im gleichen Atemzug dem Ministerpräsidenten vorzuwerfen, dass er das tut, das finde ich persönlich ein bisschen schwierig.
Kollegen im Finanzausschuss und im Rechnungsprüfungsausschuss sprechen. Denn gerade die LINKEN sind immer die, die als Erste schreien, wenn man die Fördermittel am Ende nicht ordentlich ausgereicht und nicht bis auf den letzten Cent ordentlich abgerechnet hat. Dann ist das Geschrei wieder groß. Sich dann hier hinzustellen und zu sagen: Wir machen das alles unbürokratisch und ohne Fördermittelanträge - - Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn das so kommt, werden wir Sie daran erinnern. - Vielen Dank.
Vielen Dank. Ich sehe keine Nachfragen. - Somit kommt, wie vereinbart, jetzt die Rede der Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Sie haben das Wort. Bitte.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einige wenige Punkte zu dem ersten Thema der Aktuellen Debatte eingehen.
Erster Punkt - es waberte ja so ein bisschen durch den Raum -: Wie ist es denn mit dem Klima, der Klimakrise und dem Klimawandel? Und: Ist denn das alles so ernst?
Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist ernst. Das ist auch bei uns im Land ernst. Die Natur zeigt es uns ja. Wir können den Klimawandel mit Händen greifen, wenn die Jahrhunderte im Lande zwei Jahre dauern. Ich lebe in Halle. Dort lagen die letzten Jahrhunderthochwasser zwei Jahre auseinander.