Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Wir haben dann weiterhin beschlossen, dass wir in diesem Land vier Polizeiinspektionen brauchen - die werden wir einführen - und dass wir eine weitere Polizeiinspektion brauchen, um solche Dinge zu zentralisieren. Das ist auch in dieser neuen Legislaturperiode konsequent fortgeführt worden.

Wenn Sie sagen, die Polizei wisse überhaupt nicht, was passiert sei, dann weiß ich nicht, woher Sie dieses Wissen haben. In dieser Lenkungsgruppe arbeiten die Interessenvertretungen der Polizei vollumfänglich mit. Das heißt, die Polizei ist eingebunden.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass wir Ihnen in zwei Wochen - das ist manchmal der Vorteil einer Regierung und der regierungstragenden Fraktionen; Sie können ja nicht alles wissen - das Modell, das wir abschließend machen, vorstellen werden. Damit werden wir auch in den Innenausschuss gehen und dann werden wir dieses Modell vernünftigerweise zu Ende bringen.

Mit Blick auf die Fachhochschule sollten wir uns davor hüten, immer alles schlechtzureden und damit auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen an der Stelle mittelbar zu beeinflussen.

Ich habe mittlerweile Folgendes erlebt: Wenn wir sagen, wir stellen 700 neue Polizeibeamtinnen und -beamte ein, dann konnte man uns nicht mehr dafür kritisieren, dass wir nicht einstellen. Jetzt brauchte man etwas Neues. Wir haben sechs oder sieben Monate mit Ihnen darüber reden müssen, dass wir es nicht schaffen. Das heißt, wir haben nicht darüber geredet, was wir machen, sondern Sie hatten eine Hoffnung - und auch andere - der selbsterfüllenden Prophezeiung, dass wir es nicht schaffen, um am Ende den Innenminister, wie man neudeutsch sagt, bashen zu können.

Das heißt, wir haben uns die Probleme in der Kommunikation selber gemacht, weil wir gesagt haben, das, was wir uns vornehmen, schaffen wir nicht und das wurde medial abgebildet.

In Bezug auf die Fachhochschule haben wir uns auch damit beschäftigt, dass wir es nicht schaffen, weil wir nicht genug Räume haben und die Container nicht bekommen. Damit waren wochenlang die Zeitungen voll und der geneigte Leser sagt, eigentlich können die es nicht. Wir waren aber noch gar nicht an dem Punkt, sondern wir haben vorher schon gesagt, wir machen es, aber andere haben gesagt, wir schaffen es nicht.

Durch diese Art der politischen Auseinandersetzung schaden wir dem Ansehen unseres Bundeslandes und unserer Polizei.

(Beifall bei der CDU)

Am Ende ist doch das Ergebnis - das müssen Sie schlicht und ergreifend feststellen -, dass wir 700 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt haben und die Fachhochschule die Räumlichkeiten und die Voraussetzungen geschaffen hat und somit für diese Dinge gewappnet ist.

Mein Dank gilt denjenigen, die diese Einstellungen überhaupt möglich gemacht haben; denn es war eine Menge Arbeit. Wir haben an dieser Stelle ein gutes Erfolgsmodell.

Wenn Sie sagen, wir haben einen Beförderungsstau, dann sage ich, selbstverständlich ist ein Beförderungsstau vorhanden, aber er stammt nicht aus dem Jahr 2011, sondern wir haben ihn vorgefunden. Das ist kein Vorwurf, ich habe Ihnen ja die Rahmenbedingungen erklärt.

Der Ministerpräsident und ich haben im Jahr 2012 ein Sonderbeförderungsbudget in Höhe von 3 Millionen € eingerichtet und haben alle Beamten in der Besoldungsgruppe A 7 auf A 8 befördert. Der Finanzminister und ich sind uns darin einig, dass wir den Beförderungsstau, der bei ungefähr 6 Millionen € liegt, im nächsten Doppelhaushalt mit den Beförderungsmitteln ganz signifikant abbauen werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Diesbezüglich sind wir in den Gesprächen. Das werden wir vernünftigerweise tun und dann werden wir auch diese Situation gelöst haben.

Am Ende werden wir im Jahr 2020 eine Polizei haben, die über eine hochmoderne Struktur mit vier Inspektionen - über die Einzelheiten reden wir -, mit Regionalbereichsbeamten, mit interaktiven Funkwagen und mit einer Personalstärke von 6 500 Polizeibeamtinnen und -beamten verfügt. Wir werden dann den Vergleich mit den anderen Bundesländern nicht scheuen müssen, weil wir dann wirklich gut aufgestellt sind.

Wenn man eine solche Struktur umsteuern will und muss, weil sich die Sicherheitslage verändert hat - darauf komme ich gleich -, dann braucht man, egal wer dann Minister oder Ministerin ist, einfach ein paar Jahre, weil das nicht von heute

auf morgen geht. Wir reden hierbei über einen Zeitkorridor einschließlich der Diskussionen von sechs, sieben oder acht Jahren, bis es am Ende sichtbar ist.

Ich bin dankbar dafür, dass ich bis zum Jahr 2021 Minister sein kann und darf, weil ich dann am Ende das, was ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen gesät habe, noch gemeinsam mit ihnen für unser Land ernten werde. Das ist der Vorteil, wenn man diesen Job länger machen darf.

Mit Blick auf die Sicherheitslage möchte ich zwei Punkte ansprechen. Wir haben eine Veränderung - darin haben Sie recht, Frau Quade - durch den Migrationszugang gehabt. Wir haben auch die Migranten vor Aggressionen schützen müssen, darin gebe ich Ihnen recht. Das war etwas, was so nicht vorhersehbar war. Darüber hinaus haben wir unsere Bürger in Teilen aufgrund eines anderen Kriminalitätsverhaltens auch vor Migranten schützen müssen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Robert Farle, AfD)

Es ist ein Wechselspiel. Wir haben Demonstrationen absichern müssen, weil sich einige nicht an das halten, was in der Verfassung steht. Darin steht: friedlich, ohne Waffen, unter freiem Himmel. Wenn alle Beteiligten - das gilt für rechts und links gleichermaßen - friedlich und ohne Waffen demonstrieren würden und sich daran halten würden, dann würde maximal eine Einsatzhundertschaft zur Regelung des Verkehrs reichen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Frau Quade, wenn Sie von dem rassistischen Mob sprechen, dann weiß ich, was Sie meinen. Ich weiß nur nicht, wie ich dann bewerten soll, dass in Hamburg - daran waren unsere Kolleginnen und Kollegen auch beteiligt - mittlerweile 20 000 Polizeibeamtinnen und -beamte benötigt werden, um ein Treffen von Regierungschefs zu sichern. Ich frage mich an dieser Stelle, in welcher Republik wir mittlerweile eigentlich leben.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Insofern wäre es schön - das sage ich seit dem Jahr 2011, insofern bin ich weg von jedem Verdacht, irgendwelche alten Debatten, die medial abgebildet worden sind, aufleben zu lassen -, wenn wir uns dem Rechtsextremismus widmen - das tun wir gemeinsam lange genug und intensiv -, aber genauso entschieden dem Linksextremismus. Der Linksextremismus ist ein genauso großes Problem und bindet genauso viele Kräfte und weist genauso viel Gewaltbereitschaft auf wie der Rechtsextremismus. Auch das gehört dazu.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Wenn es uns gelingen würde, diese Erscheinungsformen zu verändern, dann bräuchten wir auch weniger Polizei.

Womit wir uns auch auseinandersetzen müssen, ist die Häufigkeit der Kriminalität. Wir werden diesbezüglich ein Gutachten in Auftrag geben. Wir haben im Rahmen der Strukturreform bereits untersucht, woran das liegen kann. Das hängt unter anderem mit Häufigkeitszahlen von Intensivtätern zusammen. Das muss man mit der Justiz - darin bin ich mir mit Frau Keding relativ einig - anders bündeln. Wir sind am Ende auf einem guten Weg.

Eine Große Anfrage - dafür bin ich Ihnen dankbar - ist immer ein Befund zu einem Ist-Zustand, der natürlich politischen Interpretation gegenüber offen ist. Das gehört zum Geschäft. Aber gehen Sie davon aus, dass wir einen klaren Plan haben, wohin wir wollen, dass wir einen klaren Plan zur Beförderungssituation haben, dass wir einen klaren Plan mit Blick auf die Sachausstattung haben.

Das Ziel ist es - das werde ich am Ende mit den regierungstragenden Fraktionen einhalten -, dass im Jahr 2020 in Sachsen-Anhalt eine Polizei existent sein wird, die auf dem Stand des 21. Jahrhunderts ist, die hochmodern, jung und hoch motiviert ist. Wir werden am Ende stolz auf das sein, was wir gemeinsam erreicht haben.

Zum Schluss möchte ich sagen, weil Sie die Schwierigkeiten angesprochen haben, dass es eines besonderen Dankes von uns an diejenigen bedarf, die für die Sicherheit unserer Menschen unter diesen schwierigen Bedingungen den Rücken hinhalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Erben.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Dank an die Fragesteller für den Fleiß und auch für die Akribie bei der Ausarbeitung der Großen Anfrage. Ich muss aber sagen, dass so richtig viel Neues weder in den Fragen noch in den Antworten steht. Die Redezeitstruktur „D“ lässt mir genau vier Minuten. Insofern kann ich allenfalls ein paar Dinge punktuell herauspicken.

Fakt ist doch das eine und das ist auch keine neue Erkenntnis: Mit einer Zahl von weniger als 6 000 aktiven Polizeivollzugsbeamten - ich arbeite mich jetzt überhaupt nicht an den Statistiken ab; denn tatsächlich haben wir weniger als 6 000 aktive Polizeivollzugsbeamte - ist in Sachsen-Anhalt Polizeiarbeit nicht zu leisten. Da kann man organisieren, wie man will und Organisations

reformen machen, wie man will, dann kann man das so nicht leisten.

Das hat auch dazu geführt, dass wir - ich würde das durchaus deutlicher formulieren wollen als der Herr Minister - schon ein deutliches Umsteuern, man kann auch sagen, ein radikales Umsteuern bei der Personalentwicklung in der Polizei zu Beginn dieser Wahlperiode vorgenommen haben, nämlich indem wir uns das nicht unrealistische Ziel gestellt haben, einen Aufwuchs auf 7 000 Beamte zu erreichen.

Dies ist ein langfristiges Ziel. Man hätte natürlich auch 7 000 Beamte vereinbaren können, aber jeder, der mit der Materie zu tun hat, weiß, wie schwierig und wie langwierig ein solcher Aufwuchs ist, und er weiß auch, wie schwierig es war, in diesem Jahr 700 Einstellungen zu realisieren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt unser Ziel von 6 300 zum Ende der Wahlperiode erreichen.

Wir haben die Anwärterzahlen drastisch erhöht und schreiben sie in den nächsten Jahren fort. Wir versuchen, die Delle, die in den Jahren jetzt tatsächlich und unvermeidbar entsteht, durch eine Entlastung, nämlich durch die befristet eingesetzte Wachpolizei, auszugleichen.

Wir haben im Koalitionsvertrag zudem vereinbart, dass die Altersgrenze freiwillig erhöht werden kann. Das, liebe Landesregierung - damit meine ich vor allem den nicht anwesenden Finanzminister -, ist eine Vorgabe des Koalitionsvertrages, die bisher nicht umgesetzt worden ist.

Ich will meine letzten wenigen Sekunden nutzen, um noch einige Vorschläge zu unterbreiten. Ich glaube, es wäre des Schweißes der Edlen Wert, sich ernsthaft um zu übernehmende Zeitsoldaten der Bundeswehr - damit meine ich vor allem Feldjäger - zu bemühen. In Brandenburg sind es mittlerweile 50 Soldaten, die von der Bundeswehr zur Polizei gewechselt sind. 50 Beamte, die nach einer verkürzten Ausbildung in den Dienst eintreten können, sind mehr als gar nichts. Ich wäre froh, wenn wir in ähnlicher Weise verfahren können.

Für den nächsten Doppelhaushalt ist zu prüfen, ob es nicht Sinn macht, zuzulassen, dass freie Stellen im Bereich der Vollzugsbeamten zeitweise durch die Polizeiverwaltung besetzt werden können, damit an der Stelle der Polizeivollzug entlastet werden kann.

Schwerpunkt muss natürlich in den nächsten Jahren die Verbesserung der Liegenschaftssituation sein. Das gibt mir die Gelegenheit, an zwei besonders wichtige Vorhaben, die noch nicht begonnen wurden, zu erinnern, nämlich die Sanierung des Polizeireviers Burgenlandkreis in Weißenfels und an das Revier in Haldensleben. An beiden Stellen

herrschen gegenwärtig nicht zumutbare Bedingungen für die Beamtinnen und -beamten. Diese Liegenschaften müssen in dieser Wahlperiode noch angegangen werden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sehe keine Fragen. Für die AfD-Fraktion spricht Abg. Herr Lehmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen des Landtages! Wie oft habe ich mich in den zurückliegenden 27 Jahren gefragt: Ist unsere Polizei in den nächsten Jahren ihren Aufgaben gewachsen? Aus welcher Sicht habe ich mich das gefragt? Aus der Sicht des Vollzugsbeamten, der sich diese Frage am Tage nach einem Ladendiebstahl oder in einer Nachtschicht nachts um 3 Uhr, nach einem Einsatz oder nach einer Festnahme, nach einer Vernehmung, nach Dutzenden Überstunden oder nach gestrichenen Wochenenden gestellt hat.

In Zeiten solchen Grübelns kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass unbedingt Korrekturbedarf besteht. Man beobachtet die zurückliegenden Jahre und stellt fest, dass es für den Beamten auf der Straße durch die Politik mit jedem Jahr immer, immer unterirdischer geworden ist.

Dann überlegt man, wer in den zurückliegenden Jahren das Arbeitsumfeld der Männer und Frauen auf der Straße gestaltet hat. Mir fielen seit dem 3. Oktober 1990 immer nur die SPD und die CDU im Wechsel ein.