Protokoll der Sitzung vom 29.09.2017

Sie sind ein Meister darin, die Zahlen zu bemühen. Ich habe es aufgeben, zu zählen, wie viel Zahlen Sie heute bemüht haben. Ich werde mir

nachher Ihre Rede ansehen. Ich möchte eine Botschaft deutlich machen, Kollege Lippmann: Wir können uns immer irgendwelche Stichtage heraussuchen und können uns immer wieder einen Erkenntnisgewinn zumuten, in dem es heißt, ich hätte recht oder, wie Sie es genannt haben, von der ganzen oder der wirklichen Wahrheit reden.

Respekt, Herr Lippmann, dass Sie für sich in Anspruch nehmen können, die ganze und die wirkliche Wahrheit in diesem Lande erkannt zu haben. Dann sind es also Sie; wir haben lange nach dem Hüter der Wahrheit gesucht. Dafür großen Respekt. Ich maße mir das nicht an. Ich kann nur sagen, was wir gemacht haben.

Deswegen möchte ich zum Antragstext kommen. Ja, wir haben Einstellungen vorgenommen. Jede Stelle, die wir im letzten Jahr besetzen konnten, haben wir besetzt. Im Sommer waren 100 Stellen nicht besetzt. Die letzte Ausschreibungsrunde endet heute. Ich bin sehr optimistisch, dass wir zum Jahresende alle Stellen besetzt haben werden. Trotzdem haben diese Maßnahmen nicht gereicht, um eine Unterrichtsversorgung von 100 % plus, also den Status quo haltend, zu ermöglichen.

Deswegen haben wir Maßnahmen durchgeführt. Ja, ich habe Maßnahmen durchgeführt. Sie bezeichnen diese Maßnahmen als bedarfsmindernd oder die Schullandschaft ins Rutschen bringend. Ich habe Maßnahmen durchgeführt, die die Unterrichtsversorgung abgesichert haben. Dieses Schuljahr war bestmöglich vorbereitet. Die Zahlen sind hinlänglich in den Statistiken aufgeführt und bekannt.

Diese Maßnahmen hatten Folgendes zum Grund: Erlass zur Unterrichtsorganisation der Grundschule, Absenkung des schülerzahlbezogenen Faktors zur Zuweisung von Lehrerwochenstunden um 0,1, Erlasse zur Unterrichtsorganisation der Schulformen Sekundarschule und Gemeinschaftsschule, Absenkung der schülerzahlbezogenen Faktoren in der Schulform Sekundarschule von 1,48 auf 1,42 und in der Schulform Gemeinschaftsschule von 1,51 auf ebenfalls 1,42.

Wir haben in der Vierten Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung für ein Lehramt im Land Sachsen-Anhalt einen früheren Beginn des eigenverantwortlichen Unterrichts und eine Erhöhung der Stundenumfänge des eigenverantwortlichen Unterrichts geregelt.

Das habe ich ausdrücklich nicht gemacht, um Leute zu demotivieren, zu versklaven oder irgendwie in den Abgrund von was auch immer zu schicken. Das waren Maßnahmen, die dazu beigetragen haben, die Unterrichtsversorgung in diesem Land zu stabilisieren, meine Damen und

Herren. Das lasse ich mir auch nicht kaputtreden von irgendwelchen Auguren, die die absolute, die ganze und die wirkliche Wahrheit haben. Sondern es waren notwendige Maßnahmen, damit wir in diesem Schuljahr eine halbwegs vernünftige Unterrichtsversorgung erreichen können.

Wir wissen alle und wir lesen täglich in der Zeitung, wo in den Schulen wieder hier und da Probleme auftauchen, die das Landesschulamt beständig in einem immerwährenden Prozess über Abordnungen, Einstellungen und andere Maßnahmen löst.

Aber uns einreden zu wollen, dass wir gar nichts machen können und die Welt dann besser wäre, werden Sie mit mir nicht erleben. Ich handle im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler und unserer Lehrerinnen und Lehrer, damit der Unterricht halbwegs stattfinden kann. Das ist meine Verantwortung und zu der stehe ich. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine Fragen. Ich danke Minister Tullner für die Ausführungen. Er hat zwar seine Redezeit um drei Minuten überzogen, aber dennoch fahren wir fort. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Professor, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller Differenzierung zeigen die beiden eben gehörten Reden über die Situation an unseren Schulen auf, wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist - Schein und Wirklichkeit.

Mit den sogenannten Effizienz steigernden Maßnahmen hat der Bildungsminister scheinbar nur an kleinen Stellschrauben gedreht. Er hat den Faktor für die schülerbezogene Stundenzuweisung für die Grundschulen um gerade einmal 0,1 verringert und für die Sekundarstufe von 1,48 auf 1,42.

Die bisherige Orientierung an einer mittleren Klassenfrequenz von 22 Schülern bleibt scheinbar unangetastet und die Klassenbildung obliegt natürlich wie bisher der Schulleitung.

Aber was bedeutet eine solche minimale Veränderung für unsere Schulen? - Richtig ist, dass größere Schulen bessere Möglichkeiten haben, diese Dinge zu kompensieren. Aber in SachsenAnhalt gibt es eben viele kleine und mittelgroße Schulen.

Welche Möglichkeit der Klassenbildung hat beispielsweise eine Grundschule mit 60 Schülerinnen und Schülern? - Eine Klasse muss mindes

tens 22 Schüler umfassen. Der Schulleiter hat also die Möglichkeit, maximal drei Klassen zu bilden. In der Regel werden dann die 1. und die 2. Klasse zusammengelegt und es findet ein jahrgangsübergreifender Unterricht statt.

Jahrgangsübergreifender Unterricht ist nicht

per se schlecht und führt nicht unbedingt zu einer Verschlechterung der Qualität. Jahrgangsübergreifender Unterricht ist immer dann gut, wenn man entsprechende Ressourcen hat, um die Möglichkeiten, die der Pädagogik zur Verfügung stehen, auszunutzen.

Das heißt, in der Regel findet jahrgangsübergreifender Unterricht nicht nur mit einer Lehrkraft, sondern mit einer Lehrkraft und einer pädagogischen Mitarbeiterin oder einer anderen Unterstützung statt. Jahrgangsübergreifender Unterricht ist also in der Regel nicht Effizienz steigernd, und er ist vor allen Dingen keine personaleinsparende Maßnahme.

Aber - dafür bin ich dem Minister ausdrücklich dankbar; das hat er ausdrücklich gesagt - diese Effizienz steigernden Maßnahmen waren notwendig, um die Unterrichtsversorgung zu sichern; denn ansonsten wäre möglicherweise die Situation in den Schulen noch schwieriger, als sie im Moment ohnehin schon ist; denn wir lesen im Moment an kaum einem Tag nicht in der Zeitung von Unterrichtsausfall, Notfahrplan und Kindern, die nach Hause geschickt werden.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Ich glaube, alle sind froh darüber, dass ab der nächsten Woche Herbstferien sind und sie sich in den zwei Wochen ein bisschen erholen können.

Ich weiß auch nicht, wie oft wir in den letzten Monaten über Bildungspolitik diskutiert haben, beispielsweise über Sprachlehrer, Lehrerbedarfe, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aus meiner Sicht haben wir darüber eigentlich in jeder Landtagssitzung diskutiert und die Bilanz ist ernüchternd. Das muss ich feststellen. Die Situation an den Schulen hat sich bisher jedenfalls nicht verbessert.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf verzichten, aufzuzählen, welche Vorschläge meine Fraktion gemacht hat, sondern ich will ausdrücklich konsensorientiert appellieren: Wir sind uns doch eigentlich darin einig, dass wir mehr Lehrerinnen und mehr Lehrer brauchen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir haben im Koalitionsvertrag ausdrücklich festgelegt, eine Unterrichtsversorgung von 103 % erreichen zu wollen. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass wir das ohne Effizienz steigernde Maßnahmen erreichen.

Unser Ziel ist es, dass sich die Situation an den Schulen nicht nur scheinbar, sondern eben tatsächlich verbessert. Deshalb finde ich, wir brauchen jetzt ein klares Signal an die Schulen, aber eben auch an die Schülerinnen und Schüler im Land und an die Eltern, dass wir gemeinsam die Probleme anpacken. Wir bieten dem Minister ausdrücklich unsere Unterstützung an, wenn er mir zuhören würde.

Einige Teile, die zu einer Verbesserung beitragen, ergeben sich jetzt aus der vorgelegten Schulgesetznovelle. Die Regelungen zu Seiten- und Quereinsteigern sind ein guter Anfang. Deshalb lassen Sie uns ins Gespräch kommen, ins Gespräch über gute Bildung in unserem Land im Zusammenhang mit dem Schulgesetz, aber auch darüber hinaus.

Lassen Sie uns eine Art Allianz für Bildung gründen. Lassen Sie alle Beteiligten, die gute Ideen haben, die Anregungen haben, die Wünsche haben, an einen Tisch holen, um gemeinsam mit ihnen zu diskutieren. Dann erreichen wir nicht nur, dass wir ein Schulgesetz gemeinsam auf den Weg bringen können, das tatsächlich die aktuellen Probleme aufgreift und Lösungen anbietet, sondern dann erreichen wir auch eine Stimmung in den Schulen, dass sich die Betroffenen in ihren Problemlagen ernst genommen fühlen und dass sie merken, dass wir die Probleme nicht nur ansprechen, sondern dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen, um diese Probleme zu lösen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Ich danke Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. Es gibt keine Fragen. - Wir fahren fort. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Schmidt. Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Ihrem Antrag fordern Sie, dass die Landesregierung bestimmte Eingriffe in die Unterrichtsversorgung zurücknimmt. Sie beziehen sich unter anderem auf die geänderten Parameter der Stundenzuweisung, in der Sie eine Gefahr für die Unterrichtsqualität sehen. Schließlich werfen Sie der Landesregierung eine gezielte Vertuschungspolitik vor.

Als ich das las, habe ich mich köstlich amüsiert. Sie, die seit Jahren standhaft für die Verblödung unseres Landes kämpfen, sehen sich in der Position, anderen ihre Fehler vorwerfen zu können. An dieser Stelle muss ich mich unwillkürlich an das berühmte Sprichwort erinnern: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN, sitzen in einem gewaltig großen Glashaus. Sie werfen der Landesregierung vor, die schlechte Unterrichtsversorgung durch Zahlenspielereien zu vertuschen und die Krise sogar noch zu befördern. Dabei sind Sie selbst doch die glühendsten Vertreter jener verantwortungslosen Ideologie, die uns erst in diese missliche Lage gebracht hat.

Sie wollen alles und jeden inkludieren. Sie wollen Flüchtlingskinder an deutschen Schulen. Sie wollen eine weich gespülte Kuschelpädagogik, die alle personellen Ressourcen frisst.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Herr Tillschnei- der trägt das überzeugender vor! - Heiter- keit bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Deshalb gibt es auch Klassen, in denen zwei oder drei Lehrer gleichzeitig unterrichten. Das sind zwei Lehrer zu viel, die man auch woanders einsetzen könnte. Das Ganze nennt sich dann Doppelbesetzung. So ein Unsinn ist nur nötig, weil es die von Ihnen geforderte Inklusion verlangt. Dann muss man sich nicht wundern, dass es an anderen Stellen an Lehrern fehlt und dass die Regierung an ihren Parametern dreht.

Das Gleiche gilt für den gemeinsamen Unterricht von Flüchtlingen und deutschen Kindern. Man könnte personelle Kräfte freisetzen, die leider gebunden sind und sich derzeit noch mit linken Bildungsexperimenten herumschlagen müssen.

Wenn es Ihnen wirklich darum ginge, die Unterrichtssituation zu verbessern, dann würden Sie mit uns an einem Strang ziehen

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Nein! Nie- mals! - Dr. Katja Pähle, SPD: Nein!)

und an solchen Stellen ansetzen. Aber genau das wollen Sie nicht. Wir von der AfD bleiben deshalb dabei, dass die LINKEN nicht Teil der Lösung sind, sondern Teil des Problems.

(Beifall bei der AfD)

Ich will die Landesregierung natürlich nicht in Schutz nehmen; im Gegenteil. Durch vorausschauendes Planen hätte man die drohende Mangelversorgung schon vor Jahren erkennen und bekämpfen müssen. Bekämpfen heißt aber nicht, durch Erlasse an den Symptomen herumzudoktern, sondern das Problem an der Wurzel anzupacken.

Ich kann die Position unserer Fraktion nur wiederholen: Schluss mit Finanzierungsvorbehalten, Schluss mit Inklusion, Schluss mit Doppelbesetzung, Schluss mit Flüchtlingskindern an deutschen Schulen, Schluss mit dem ganzen linksalternativen Irrsinn.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Genau!)

Aus diesen Gründen wird die AfD-Fraktion den Antrag natürlich ablehnen.

Eines möchte ich noch erwähnen. Auch in der Kommasetzung und Grammatik ist dieser Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema Bildungspolitik wirklich sehr zweifelhaft. Sie haben einige Fehler darin. Ich kann Ihnen das gern einmal zukommen lassen.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)