Protokoll der Sitzung vom 19.12.2017

(Unruhe bei allen Fraktionen)

Ich will die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass es in diesem Fall gerade der ungewöhnliche Weg und das ungewöhnliche Vorgehen ist, dass man sich über mehrfache Große und Kleine Anfragen durch das Thema „Statistische Grundlagen der Unterrichtsversorgung“ hangeln muss, weil es schon seit jeher trotz aller Bemühungen bisher nicht möglich ist, früher das Kultusministerium und heute das Bildungsministerium dazu zu veranlassen - so wie das in anderen Ministerien üblich ist -, dem Parlament regelmäßig von sich aus umfassend die Daten aus dem Schulsystem vorzulegen. Im Gegenteil, man muss feststellen, dass über die Jahre hinweg unglaublich viel Kraft darin investiert wird, genau diese Daten nicht herauszugeben.

Ich sage das hier noch einmal mit aller Deutlichkeit; ich habe es an verschiedenen Stellen auch schon gesagt: Das Parlament war und ist nicht darüber im Bilde, was in den Schulen tatsächlich los ist. Deswegen haben wir die Hatz in der Öffentlichkeit um die Zahlen, und deswegen kommen auch hier im Parlament - wenn ich an die letzte Legislaturperiode denke - immer wieder Debatten darüber auf, warum das alles immer noch nicht stimmt und man habe doch schon und man würde doch eigentlich und es sei doch vorgetragen worden.

Es gibt diese Daten aber. Und man kann Klarheit haben. Ich sage etwas zur Genese dieses Antrages, weil das hoffentlich das Umfeld ausreichend erhellt und die Motivation erzeugt, dass wir mit diesem erneuten Anlauf anders umgehen, sowohl im Ausschuss als auch im Parlament.

Ich habe in anderer Funktion schon vor über zehn Jahren an Herrn Ministerpräsident Böhmer damals einen Brief geschrieben und gesagt: Wir brauchen einen Landesbildungsbericht, der auch einen statistischen Teil hat; denn Schule ist eine öffentliche Veranstaltung. Ich habe gesagt, dass das Parlament Daten braucht, die regelmäßig erhoben werden, nämlich jährlich, jeweils sechs Wochen nach Schuljahresbeginn. Das ist eine ganz regelmäßige Geschichte, die ständig wiederholt wird und die man gerade deswegen nicht ständig mit Großen oder Kleinen Anfragen behandelt, was wir im Moment aber machen, sondern dass uns regelmäßig etwas vorgelegt wird, was fortgeschrieben wird, wo es Reihen gibt usw.

Im Mai 2014 hat es hier schon einmal einen ähnlich gearteten Antrag mit einem ähnlichen Ansinnen gegeben. Dieser Antrag ist damals zehn Tage

später hier im Parlament offensichtlich in direkter Abstimmung, also ohne Ausschussbehandlung, beschlossen und dabei wieder so weit heruntergekocht worden, dass am Ende nichts mehr drin stand und man mit dem Bericht nichts anfangen konnte.

Das sieht man schon daran, dass zwei Monate später die CDU, die damals in der Koalition saß, aber nicht den Minister gestellt hat, mit einer zehnseitigen, aus 50 Fragen bestehenden Großen Anfrage das Thema bearbeitet hat. In der Tat ist ein nicht unerheblicher Teil dessen, was jetzt aufgeschrieben worden ist, aus dieser Großen Anfrage gekommen.

Das heißt, da ist völlig offenkundig, dass man mit diesem Bericht, den wir jeweils Ende Januar im Ausschuss bekommen - inzwischen zum dritten Mal, das war sowohl 2015, 2016 als auch 2017 der Fall -, nichts anfangen kann, dass aber verständlicherweise das Bedürfnis besteht - nicht nur bei mir, sondern hoffentlich auch bei vielen anderen, zumindest den Bildungspolitikern -, zu wissen, was beim Schulpersonal, was bei den Schülerinnen und Schülern, was mit den Schulstandorten los ist. Es kann nicht sein, dass das Herrschaftswissen ist, über das nur das Bildungsministerium verfügt und wir für dumm verkauft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen nun zu diesen Konditionen eine regelmäßige, sprich jährliche Berichterstattung zu einem festen Zeitpunkt bekommen, zu einem festen Kurrikulum. Damit Klarheit darüber besteht, dass es Daten hierüber gibt: Diese Daten müssen nicht erst erhoben werden, sondern es sind Daten, die bereits erhoben werden, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem nicht schon das ganze Schuljahr vorüber ist. Erhoben werden die Daten sechs Wochen nach Schuljahresbeginn. Dies braucht dann eine gewisse Zeit der Auswertung. Es sind auch nicht mehr die 50 Fragen, die die CDU damals aufgeschrieben hat, sondern es sind nur noch etwa 25 Fragen, und diese entsprechen im Wesentlichen dem, was im Moment in den letzten zwei Jahren auch durch mehrere Kleine Anfragen immer wieder herauszufinden versucht wurde.

Wir hatten die Debatte im Bildungsausschuss geführt. Der Minister selbst hatte angesprochen, dass es ärgerlich ist, dass es stressig ist, dass es ein Windhundrennen ist, wenn man immer die gleichen Kleinen Anfragen bekommt. Er selber hatte das Angebot gemacht, ob man sich darüber nicht verständigen kann. Dazu waren wir bereit; aber es ist nicht dazu gekommen.

Auch der Minister hätte also dafür sorgen können, dass wir uns hier mit diesem Antrag jetzt nicht

befassen, wenn er das, was er zugesagt hatte, schon vor Monaten - es ist schon fast ein Jahr her - gemacht und die Daten im Ausschuss auf den Tisch gelegt hätte.

Das funktioniert bisher alles nicht. Wir bekommen einfach keinen Fuß auf den Boden. Deswegen wollen wir mit der nötigen Fachlichkeit und mit viel Erfahrung das erfragen, was an Daten vorhanden ist, was man an Daten braucht, was man fortschreiben kann, damit sich alle ein Bild machen können. Das alles haben wir nun in unserem Antrag zum Ausdruck gebracht.

Ich hoffe, dass es diesmal gelingt, sich im Ausschuss auf dieses Kompendium zu verständigen. Diese Eckdaten kann man noch anreichern. Aber ich denke, das ist mit diesen 25 Fragen eine ganz ordentliche Geschichte.

Wenn es wieder nicht gelingt, dann wollen diejenigen, die es hier nicht zum Beschluss bringen, dies auch nicht wissen. Dann wollen sie auch nicht wissen, was in den Schulen los ist. Das muss ich dann zur Kenntnis nehmen. Dann müssen wir unsere Anfragen weiter betreiben. Das ist aber für alle Seiten anstrengend. Es ist nervend, es ist unbefriedigend. Man kann es auch nicht akzeptieren. Es kann nicht sein, dass die Botschaft herausgeht: Wir bekommen es nicht hin, das Bildungsministerium zu einer ganz normalen Berichterstattung zu veranlassen.

Kolleginnen und Kollegen! Da appelliere ich einfach auch nach dieser langen Genese an die Koalition, sich das in aller Ruhe anzusehen, sich ihre eigenen Anfragen anzusehen, das mit uns im Ausschuss fachlich noch einmal durchzugehen, damit wir alle auf dem gleichen Level sind. Es sollte keinesfalls wieder alles herausgenommen werden, sodass wieder nur ein Bericht übrig bleibt, der nichts taugt. Vielmehr müssen wir endlich eine Grundlage an die Hand bekommen, mit der alle etwas anfangen können. Dann können wir uns über die Interpretation und die Folgen streiten, aber nicht mehr über die Zahlen.

Das ist meine Bitte und mein Appell. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir uns nicht mehr über das Zahlenwerk streiten, sondern darüber, was wir mit dem Zahlenwerk machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Herrn Lippmann für die Ausführungen. - In der Debatte sind drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Tullner. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Am Ende unseres Trios an bildungspolitischen Themen im breiten Reigen der inhaltlichen Dimensionen steht jetzt ein eher übersichtliches Thema, was aber hochkomplex ist. Mit Blick auf die Zeitressourcen erspare ich Ihnen jetzt Repliken auf den Kollegen Lippmann, sondern werde meinen sehr kurzen Bericht hier abhalten.

Ich möchte aber zuvor meiner Freude Ausdruck verleihen, dass uns die Bundespolitik heute hier mit bildungspolitischen Debatten beehrt. Der Kollege Höhn hat offenbar Sehnsucht nach uns und sitzt dort oben auf der Tribüne. Ich freue mich, dass Sie bei diesem wichtigen Thema heute hier anwesend sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die regelmäßige Berichterstattung des Ministeriums für Bildung zur Unterrichtsversorgung und zur Personalausstattung erfolgt bereits umfänglich auf der Grundlage des unter Nr. 1 genannten Beschlusses. Der Bericht zum laufenden Schuljahr 2017/18 wird derzeit vorbereitet. Es ist geplant, diesen wie üblich und leistbar Ende Januar 2018 an den zuständigen Fachausschuss weiterzuleiten.

Wie Sie wissen - ich denke, die Kollegen Kurze und Harms freuen sich schon auf den Bericht -, bin ich gern bereit, über eine Erweiterung des bisherigen Berichts zu diskutieren. Das geschieht bereits in verschiedenen Rahmen. Allerdings müssen Sachverhalte, über die berichtet wird, auch auf belastbaren Zahlen beruhen.

Darüber hinaus - das weiß die antragstellende Fraktion in besonderem Maße - sehen wir uns einem hohen Erkenntnisinteresse seitens des Parlamentes gegenüber, dem wir natürlich serviceorientiert gern und intensiv nachkommen. Gleichzeitig verursacht dieses Interesse aber einen spürbaren Aufwand für unsere Fachabteilungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Daten, die von der Landesregierung vorgelegt werden, müssen in allen Fällen geprüft sein und im gegenseitigen Verständnis einer sachbezogenen Debatte vor allen Dingen verlässlich sein. Niemand kann ein Interesse an oberflächlichen - ich denke, Kollegin Dr. Pähle und Kollege Borgwardt stimmen mit mir überein -

(Dr. Katja Pähle, SPD: Aber natürlich!)

oder gar fehlerhaften Datengrundlagen haben.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Um Gottes Wil- len!)

Besonders in Zeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, in denen oftmals Daten bewusst missinterpretiert oder aus dem Kontext gerissen werden, brauchen wir verlässliche Grundlagen.

(Zustimmung von Chris Schulenburg, CDU)

Deshalb ist die Vorlage eines so umfänglichen Berichtes bereits acht Wochen nach dem Stichtag auf der Grundlage des Verfahrens der Datenerhebung, -plausibilisierung und -auswertung nicht zu leisten. Eine Verwendung ungeprüfter Rohdaten direkt aus der Erhebung und allein aus dem Interesse an einer frühen Information ist keine Alternative.

Ganz allgemein kann die Landesregierung Daten erst dann vorlegen, wenn sie ihr selbst vorliegen - eine Banalität, bei der es aber umso wichtiger ist, hier noch einmal betont zu werden.

Das ist aus den genannten Gründen in der im Antrag gewünschten Frist nicht der Fall. Die Daten aus der Unterrichtsstatistik, lieber Kollege Kolze, werden daher in dem zeitlichen Rahmen kommuniziert, in dem sie validiert vorliegen und im Rahmen der vorhandenen Ressourcen bereitgestellt werden können.

(Beifall bei der CDU - Hardy Peter Güssau, CDU: So ist es! Genau so!)

Das ist zum Beispiel bezüglich des etablierten Berichtswesens der Fall.

Ich sehe mit Interesse den weiteren Diskussionen im Bildungsausschuss entgegen, die sich hier schon Bahn gebrochen haben, und freue mich, dass Sie mir so aufmerksam gelauscht haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Dann danke ich Herrn Minister Tullner für die Ausführungen. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE hat aus der Sicht der SPD-Fraktion ein durchaus berechtigtes Anliegen; denn wir können nur dann fundierte politische Entscheidungen treffen, wenn wir dazu die notwendigen Zahlen vorliegen haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich bin zwar Juristin und habe einmal gelernt „Judex non calculat“, aber ich habe in meiner politischen Laufbahn relativ schnell gelernt, wie wichtig Zahlen insbesondere dann sind, wenn man den Finanzminister überzeugen muss, dass

sich bestimmte Rahmenbedingungen verändert haben.

Wir haben das konkret im letzten Jahr festgestellt, und zwar im Zusammenhang mit den Sprachlehrkräften. Ich erinnere mich diesbezüglich an die Antwort auf eine Kleine Anfrage, in der ausgeführt wurde, dass es keine Zahlen für die Kinder in der Sprachförderung gebe, und das Landesschulamt festgestellt hat, dass die Entwicklung eben nicht wie prognostiziert nach unten, sondern nach oben ging. Da hat man uns gesagt: Ups, das war dann eben so. Das konnte man nicht voraussehen. - Das zeigt mir, wie wichtig es ist, Zahlen so zu erheben, dass man daraus auch prognostisch richtige politische Entscheidungen treffen kann.

Herr Minister, ich habe jetzt zur Kenntnis genommen, dass Sie den Abgeordneten „serviceorientiert“ das erwünschte und aus meiner Sicht notwendige Zahlenwerk zur Verfügung stellen. Wir streiten uns dabei auch nicht über den Zeitpunkt, an dem die Daten zur Verfügung gestellt werden sollten. Ob das jetzt acht Wochen sind oder zwölf Wochen: Sie sollen die Zeit haben, die notwendig ist, um zu prüfen, dass die Daten zuverlässig und echt sind. Wir brauchen diese verlässliche Datengrundlage, und wir werden auch nicht nachlassen, diese einzufordern.

Wir wissen, dass die Daten erhoben werden. Sicherlich ist das nicht immer zum gleichen Stichtag. Aber man kann die Verwaltung, wenn man es wirklich möchte, auch dazu bringen, dass sie ihr Berichtswesen so umstellt, dass es möglich ist, diese Daten zu einem bestimmten Stichtag zu erheben und zusammenzustellen. Sicherlich ist es auch möglich, dass uns die Daten in einer Übersicht - über deren konkrete Gestaltung wir im Ausschuss noch diskutieren können - als Grundlage für unsere Arbeit in dem besonders wichtigen Bereich der Bildungspolitik zugänglich gemacht werden.

Ich bin optimistisch, dass uns das gelingt; denn letzten Endes wollen wir damit auch unseren Minister bei seinem Anliegen unterstützen, die notwendigen Ressourcen - besonders die Stellen, die wir brauchen - finanziell zu untersetzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sehe hierzu auch keine Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Tillschneider. Bitte, Sie haben das Wort.