Herr Poggenburg, ich bewerte nicht dpa-Meldungen, sondern ich bewerte das, was Sie hier gesagt haben. Dann werden wir uns nachher einmal
die Niederschrift angucken und dann werden wir sehen, dass Sie schön kräftig zwischen Hunderttausenden und Millionen hin und her jongliert haben. Das werden wir sehen, ganz sicher.
Habe ich so nicht gesagt! Stimmt nicht! - um es dann doch scheibchenweise einzuräumen. - Herzlichen Dank.
Herr Erben, ich habe erst einmal eine Frage: Warum möchten Sie es befristen auf den 31. Juli? Ist der Grund in der Landtagswahl in Bayern zu sehen, dass man danach den Familiennachzug vollkommen freigibt?
- Es hat etwas mit Bayern zu tun, weil sich die CSU letztlich vor ihren Wählern rechtfertigen muss für das,
was sie jetzt im Koalitionsvertrag festlegt. Das ist meine Frage: Warum die Befristung auf den 31. Juli?
Dann möchte ich Ihnen sagen, warum die AfD so gegen den Familiennachzug ist. Wir möchten einfach nicht, dass die Menschen, die jetzt zu uns gekommen sind, sich so tief bei uns verwurzeln, dass sie gar keine Lust mehr verspüren, nach Hause zu kommen.
Sie werden mir recht geben, wenn die ganze Familie da ist, wenn man die Attraktivität des deutschen Sozialsystems kennengelernt hat, dann sinkt auch die Rückkehrwilligkeit, und genau daran scheitern dann die Rückführung und die freiwillige Rückkehr der Leute, die zu uns gekommen sind, selbst wenn in deren Ländern Frieden ist.
Bevor Sie mir jetzt antworten, wie das der Innenminister vorhin dargestellt hat, dass das alles etwas mit dem Aufenthaltsstatuts derjenigen Personen, die diesen hat und ihre Familie zu uns
geholt hat, will ich Ihnen gleich sagen, nach drei bis vier Jahren wird den Menschen eine ausreichende Integration unterstellt.
Damit bekommen sie dann ihren Daueraufenthaltsstatus. So ist das bisher immer gelaufen, und dagegen sprechen wir uns vehement aus.
Sie haben jetzt zwar nach meinem Gefühl deutlich länger als zwei Minuten geredet. Aber eine Frage haben Sie nicht gestellt.
- Ja, weil bisher auch befristet ausgesetzt ist. Ich bin in Bayern nicht so verwurzelt, aber der Kollege Borgwardt war so hilfreich und hat mir zugerufen, dass in Bayern die Landtagswahl erst im Oktober ist.
Wenn das, was Sie vorhin hier erzählt haben, tatsächlich eine Frage gewesen ist, dann kann ich den Sinn der Frage zumindest nicht erkennen. Aber Sie wissen auf die Weise jetzt vielleicht, wann in Bayern gewählt wird.
Wir kommen jetzt zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Gallert. Herr Gallert, Sie haben das Wort.
Danke, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Natürlich ist das, was die AfD beantragt - das ist ja auch volle Absicht - etwas, was tief an die moralischen Grundwerte einer Gesellschaft, wie wir sie definieren, wie wir sie im Grundgesetz definiert haben, rütteln soll. Es soll die Dinge infrage stellen, auf die wir uns auch in der sogenannten abendländischen Tradition verständigt haben, Fragen von Solidarität, von Menschlichkeit, von Grundrechten, ja, und auch von Familie. Daran soll gerüttelt werden und diese Werte sollen zerstört werden.
Wenn jemand noch irgendwie Zweifel daran hatte, dass mit dieser Debatte genau dieses Ziel verfolgt werden sollte, der dürfte spätestens mit der Rede des Fraktionsvorsitzenden Herrn Poggenburg vom Gegenteil überzeugt sein.
Deswegen lassen Sie mich bei diesem Diskussionsbeitrag einmal nicht mit Paragrafen und auch nicht mit Zahlen anfangen. Lassen Sie mich anfangen mit einem für mich ziemlich erschreckenden Eindruck von dieser Debatte, jenseits der AfD, die inzwischen so weit ist - wenn ich Herrn Poggenburg richtig verstanden habe -, dass jeder, der für Familiennachzug ist, in diesem Fall Bruder des Geistes des Nationalsozialismus ist. So ähnlich hatte er es ausgedrückt.
Lassen Sie mich die Debatte einmal jenseits der AfD führen und lassen Sie mich einmal auf einen Twitteraccount zurückkommen, auf dem am 28. Dezember auf meiner Timeline - die meisten von Ihnen wissen, was das ist; nicht alle, die lassen sich es bitte von ihren Kollegen erklären - zwei Meldungen hintereinander kamen. Die erste Meldung am 28. Dezember:
„Unicef warnt. Kinder im Irak, Syrien und Jemen werden immer mehr als menschliche Schutzschilder im Krieg verwendet. Sie werden getötet, verstümmelt, zwangsverheiratet. Sie werden verschleppt und versklavt.“
Der nächste Tweet darauf war ein Hinweis auf einen Artikel aus der „Welt“. Der Entwicklungsminister der CSU, Müller, - beide Artikel waren hintereinander -:
Syrien zusammenzuführen. Kinder wären mit ihren Familien dort besser aufgehoben. Hier fehlen schließlich die Wohnungen.“
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Beide Dinge zeitgleich, hintereinander. Wie viel Zynismus und wie viel Scheinheiligkeit hat eigentlich die gesellschaftliche Debatte in Deutschland hervorgebracht?
Jetzt kommen wir - - Sie sind Ausdruck dieses Zynismus. Darüber müssen wir hier nicht mehr lange reden, liebe Kollegen von der AfD.