Protokoll der Sitzung vom 09.03.2018

Würden Sie vom Konsum von Cannabis vielleicht sogar völlig abraten?

Herr Kollege Gürth, zu Bezugswegen in Aschersleben kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Das liegt außerhalb meiner Expertise.

(Heiterkeit)

Ich sage Ihnen aber sehr deutlich: Wir als GRÜNE möchten einen kontrollierten Cannabismarkt haben, damit Sie Cannabis, wenn Sie daran einmal Interesse haben sollten, in einem zertifizierten Geschäft erwerben können.

Ich verstehe das grüne Cannabiskontrollgesetz so, dass es auch sicherstellt, dass Sie an dieser Stelle Beratung bekommen, dass Sie zum Beispiel erfahren, mit welchen Produkten Sie Cannabis in keinem Fall kombinieren sollten, welche Dosierung angemessen ist etc., also eine tatsächliche Kontrolle von Cannabis.

Die zweite Frage, die Sie gestellt haben, bezieht sich auf die Erfahrungen. Diesbezüglich ist, glaube ich, ganz wichtig: Es gibt nicht Dinge, die sich verallgemeinern lassen. Das ist bei Alkohol ebenso wie bei anderen Drogen auch der Fall. Sie werden unterschiedliche Erfahrungen machen. Deswegen kann ich jedem nur raten, so etwas nur nach einer sehr bewussten Entscheidung, nur in einer kontrollierten Umgebung und nur nach dem Abwägen aller Gefahren und Risiken zu tun.

Der Umgang mit Drogen ist nichts, was irgendwie zu verharmlosen ist; das will ich sehr deutlich sagen. Aber ich meine, erwachsenen Menschen sollte die Möglichkeit gegeben werden, verantwortlich Drogen zu konsumieren, wenn sie wissen, was sie tun, und das unter einer sehr vernünftigen Beratung.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Eine kurze Nachfrage, Herr Gürth.

Vielen Dank. - Kollege Striegel, ich teile Ihre Auffassung, dass man mit Drogen nicht leichtfertig umgehen sollte. Mir ist aber noch nicht die Frage beantwortet worden: Wie sind Sie denn an das Cannabis herangekommen, und wie komme ich legal daran, wenn ich es denn wollte?

(Henriette Quade, DIE LINKE: In Holland!)

Ich glaube, es ist ausreichend deutlich geworden, dass im Land Sachsen-Anhalt, in der Bundesrepublik Deutschland derzeit nicht die Möglichkeit besteht, legal an Cannabis zu kommen. Ich glaube, genau das ist das Problem. Wir sollten Menschen, die Cannabis konsumieren wollen, nicht in die Situation bringen, dass sie auf illegalen Wegen, beispielsweise bei Dealern, etwas kaufen müssen oder auf illegalem Wege Anbau betreiben müssen. Genau hier setzt das grüne Cannabiskontrollgesetz an.

Ich sage sehr deutlich: Wir wollen Menschen, die das wünschen, einen verantwortlichen Drogenkonsum ermöglichen.

(Zuruf von der AfD: Wo haben Sie es denn her?)

Es gibt noch mehrere Wortmeldungen, und zwar zunächst eine von Herrn Roi von der AfD-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident, danke. - Herr Striegel, ich stelle fest, Sie haben die Frage von Herrn Gürth, obwohl er sie zwei Mal gestellt hat, nicht beantwortet, woher Sie ganz konkret das Cannabis hatten. Sie haben ausweichend geantwortet und gesagt, Sie hätten keine Erkenntnisse über die Bezugswege in Aschersleben.

Ich kann Ihnen einmal etwas zu den Bezugswegen in Bitterfeld sagen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Interessant!)

Das war nämlich neulich Thema im Stadtrat. Dort war es ein linker Stadtrat, der die Bezugswege genau beschrieben hat. Das will ich hier einmal zum Besten geben, damit Sie das wissen. Sie haben ja Ihr Büro in Bitterfeld nicht mehr.

Er sprach davon, dass man am Bitterfelder Bahnhof nicht nur Cannabis kaufen kann, sondern auch so weißes Pulver, von dem vorhin auch schon die Rede war. Es sind vornehmlich Schwarzafrikaner, die das dort laut der Aussage

des linken Stadtrates verkaufen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, Herr Striegel.

Herr Kollege Roi, ich glaube, das macht sehr deutlich, warum wir GRÜNE für ein Cannabiskontrollgesetz streiten.

(Olaf Meister, GRÜNE: Das ist wahr! - Zu- stimmung von Henriette Quade, DIE LIN- KE, und von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

Sie haben die beste Begründung dafür geliefert, warum es ein Cannabiskontrollgesetz braucht. Wir wollen diesen illegalen Markt trockenlegen, ganz egal, von wem er betrieben wird.

(Lydia Funke, AfD: Aber wo haben Sie es denn her!)

Zu der Frage, wo ich Cannabis in meinem Leben gekauft habe, verweise ich erstens auf die Strafprozessordnung. Niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten.

(Lachen bei der AfD)

- Dass Sie über rechtsstaatliche Verfahren lachen, meine Damen und Herren von der AfD, wundert mich nicht.

(Unruhe bei der AfD)

Zweitens will ich Ihnen das Proseminar-Beispiel aus der Juristerei zum Nachdenken geben. Die einzige Möglichkeit, in Deutschland legal Cannabis zu konsumieren, ist der dressierte Affe. Der dressierte Affe, der den Joint an Sie weiterreicht, kann strafrechtlich nicht belangt werden, und Sie können nicht ausschließen, dass ich mit einem dressierten Affen zusammen Cannabis geraucht habe. - Vielen herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Daniel Roi, AfD: Das glaube ich Ihnen sogar!)

Es gibt noch eine Wortmeldung von Herrn Harms. Diese würde ich noch zulassen.

Herr Präsident, ich hatte mich bereits früh für eine Frage gemeldet und den Eindruck, dass mein Fragewunsch registriert worden war. Wenn es möglich ist, würde ich meine Frage gern stellen.

Sie können Ihre Frage stellen. Aber Herr Striegel ist nicht verpflichtet, sie zu beantworten. Aber Sie sind jetzt an der Reihe.

Herr Striegel, ich muss gestehen, diese Debatte geht ein wenig über meinen Horizont hinaus.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Das glaube ich Ihnen sofort, Herr Harms! - Unruhe)

Weil Sie darauf verwiesen haben, dass Sie selbst über gewisse Erfahrungen verfügen, möchte ich Sie fragen: Wie oft sollte man denn probiert haben, bevor man mitreden kann?

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Kollege Harms, ich glaube, man kann auch dann über Dinge reden, wenn man sie selbst nicht ausprobiert hat. Sonst müssten wir im Parlament zu ganz vielen Gegebenheiten in dieser Gesellschaft schweigen. Insofern sehe ich dafür keine Zahl nach dem Motto: Sie müssen drei Mal gekifft haben, erst dann dürfen Sie mitreden. Ich glaube, Sie können auch aus der Position des Nichtnutzers heraus eine verantwortliche Drogenpolitik betreiben. Das ist nicht mein Punkt.

Mir geht es darum, dass wir miteinander eine Drogenpolitik entwickeln, die von der Prämisse ausgeht, eine Gesellschaft ohne Drogen wird es nicht geben - die hat es in keinem Zeitalter der menschlichen Geschichte gegeben -, und dann fragt, wie kann man als Gesellschaft im Umgang mit Drogen ein gutes Maß finden, wie können wir Menschen davon abhalten, problematische Drogen zu gebrauchen, wie können wir sie gut beraten und wie können wir illegale Märkte austrocknen. Das ist der Ansatz des grünen Cannabiskontrollgesetzes.

Uns geht es nicht darum, jeden mit Erfahrungen zu versehen, Drogen nehmen zu müssen, sondern uns geht es darum, dass die Menschen, die es in einer Gesellschaft offensichtlich immer wieder gibt, die Drogen konsumieren wollen, die Möglichkeit haben, dies unter kontrollierten Bedingungen, reguliert und staatlich reglementiert tun zu können.

(Frank Bommersbach, CDU, meldet sich zu Wort)

Herr Bommersbach, wir haben folgendes Problem: Wir haben erstens eine Fünfminutendebatte vereinbart. Zweitens. Wir haben bereits jetzt eine erhebliche Verzögerung in unserem Zeitplan. Sie kennen meine Regel: Bei einer Fünfminutendebatte lasse ich zwei Nachfragen pro Fraktion zu. Diese sind bei der CDU und der AfD erschöpft, weshalb ich aus diesen Fraktionen keine Fragen mehr zulasse. Aus den anderen Fraktionen sehe ich keine Nachfragen mehr. Deswegen

ist der Beitrag des Kollegen Striegel an dieser Stelle beendet.

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Steppuhn. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zunächst sagen, dass mich die Debatte heute Vormittag nicht davon überzeugt hat, dass wir als Gesetzgeber unbedingt sofort handeln müssen. Dennoch werden wir in den zuständigen Ausschüssen darüber reden.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir dieses Thema auf der Tagesordnung haben. Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir uns mit einem diesbezüglichen Antrag der LINKEN beschäftigt. Zudem war das Thema vor Kurzem erst im Deutschen Bundestag aktuell.

Sicherlich ist es an der Zeit, über das Thema Entkriminalisierung und Liberalisierung zu reden. Dazu gibt es in meiner Partei sehr unterschiedliche Auffassungen. Aber alles, was man an dieser Stelle tut, darf nicht dazu führen, dass wir Gefahren schönreden, dass wir gegebenenfalls Missbrauch fördern oder dass wir Straftaten bagatellisieren.

Es gab im Jahr 2014 bereits eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Cannabiskonsum. Der Sozialausschuss hat sich hierzu positioniert. In einem Beschluss, der im Dezember 2015 gefasst worden ist, haben wir uns zur medizinischen Nutzung von Cannabis positioniert, was, so glaube ich, richtig war.

Richtig ist auch, dass sich die Welt weiterentwickelt hat. Cannabis als medizinisches Heilmittel für schwerstkranke Menschen in kontrollierter Abgabe ist mittlerweile medizinisch und wissenschaftlich anerkannt. Die Kosten werden von den Krankenkassen auf Antrag übernommen. Das ist eine gute und richtige Entscheidung, wie ich finde.

Der Bundestag hat im Januar 2017 ein rechtsgültiges Gesetz zur regulären Abgabe von Cannabis als Medizin beschlossen. Wir wissen aber auch, dass Cannabis nach wie vor die am häufigsten konsumierte und illegal gehandelte Droge ist. Viele illegale Plantagen, die ausgehoben werden, zeugen davon. Es gibt immer wieder Menschen, die meinen mit der Zucht von Cannabispflanzen Geschäfte machen zu müssen. Ich glaube nicht, Herr Kollege Striegel, dass wir dieses Problem der Illegalität damit lösen, dass wir zu einer Entkriminalisierung ohne Grenzen kommen.