Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

Meine Damen und Herren! Schulen sind zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet.

(Zuruf von der AfD: Genau! - Zustimmung bei der AfD)

Gleichzeitig sind Schulen aber auch kein unpolitischer Raum. Genau deswegen ist es ja so verwerflich, dass Sie in den Schulen an die äußerste Grenze dessen gehen, was gerade noch erlaubt ist, und dort anfangen, zu indoktrinieren, weil Sie genau das wollen, was Sie hier mit einem höhnischen Klatschen versehen, meine Damen und Herren. Das werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wer den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz und die Aufforderung zur Zivilcourage als politische Indoktrinierung bezeichnet, der entlarvt sich selbst, meine Damen und Herren.

Das Ziel von „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ ist eine Aufgabe für alle Demokratinnen und Demokraten. Es ist eine Aufgabe, die von der Mehrheit dieses Parlaments seit Jahren engagiert unterstützt wird.

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung empfiehlt, den Antrag der Fraktion der AfD klar abzulehnen und dieses wichtige Netzwerk auch weiterhin zu unterstützen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es gibt zwei Fragestellungen seitens der AfDFraktion. - Als Erster spricht Herr Dr. Tillschneider. Sie haben das Wort.

Herr Tullner, erstens. Wenn sich die Aktivisten dieses Programm vor die Schule stellen würden und für Ideen werben würden, dann hätten wir überhaupt nichts dagegen.

Zweitens. Sie kennen sicherlich den Unterschied zwischen Meinung und Argument. Ich erwarte vom Vortrag eines Ministers ein Argument und nicht einfach eine Meinungsäußerung.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben am Anfang gesagt, meine Rede entlarve ein ganz fürchterliches Weltbild. Sie haben nicht einmal gesagt, welches Weltbild Sie meinen, und dafür auch keinen Beweis erbracht.

Ich würde Sie gern fragen, welches schlimme Weltbild meine Rede entlarvt und welches Argument Sie dafür aus meinem Vortrag ziehen.

Die letzte Frage. Ihren Ausführungen zufolge bietet dieses Programm nichts als eine praktische Verfassungslehre, eine Umsetzung unserer Verfassung. Ist es denn durch die Verfassung geboten, gegen rechte - nicht rechtsextremistische - Parolen vorzugehen? Sie mögen einem nicht gefallen, aber ist es ein Verfassungsgebot, Schüler zu indoktrinieren und sie zu trainieren, gegen rechte Parolen zu argumentieren?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Dr. Tillschneider, ich wiederhole: Es mag sein, dass ich das nicht klar genug ausgedrückt habe. Dieses Netzwerk ist ein Netzwerk, in dem Engagement gefördert wird, und zwar ein Engagement für die Verfassungstreue in diesem Land und für einen Diskurs für den Kampf gegen Extremismus jeder Art. Das wissen Sie genau und müssen keine künstlichen Dinge anführen.

Ich will Ihnen eines sagen: Welches Weltbild ich in Ihrer Rede gesehen habe, das ist mir klar. Soweit ich es verstanden habe - es ist nicht immer ganz einfach, Ihren Ausführungen zu folgen -, haben Sie die Fiktion einer Gesellschaft, die ethnisch homogen ist, durch autoritäre Strukturen verbunden ist und einem Weltbild frönt, das mit Untertanengeist und Kadavergehorsam einhergeht.

(Tobias Rausch, AfD: Rein spekulativ! - Weitere Zurufe von der AfD)

Diese Zeiten haben wir Gott sei Dank überwunden. Wir wollen eine demokratisch verfasste Gesellschaft, die im offenen Diskurs um die beste Meinung streitet und keine ideologisch vorgefertigten Standardlösungen hervorbringt, die Sie in fernen Jahrhunderten wähnen. Aber selbst in jenen Zeiten - ich erinnere an Friedrich den Großen - ist Ihre Scheinwelt schnell in sich zusammengefallen, wie die Fakten zeigen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Minister, Herr Büttner hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Herr Minister, in Ihrem Vortrag ist für mich eines deutlich geworden: Sie haben keine Kenntnis von der Wirklichkeit. Leider. Das muss ich deutlich sagen. Mir sind Fälle bekannt - ich frage Sie, ob Ihnen diese Fälle auch bekannt sind und wie Sie diese bewerten -, in denen Schüler - Sie sprachen in Ihrem Vortrag gerade davon, dass es darum gehe, gegen Diskriminierung vorzugehen, das Grundrecht zu wahren und niemanden auszuschließen - vom Unterricht ausgeschlossen werden und von ihren Eltern abgeholt werden müssen, weil sie Kleidung tragen, die der Schule nicht zusagt. Die Kleidung ist nicht verboten, sie ist frei verkäuflich. Es handelt sich lediglich um Kleidung, die dem Lehrer nicht passt. Aus diesem Grund wird der Schüler ausgeschlossen.

Wie können Sie das erklären, wenn Sie gegen Diskriminierung und Ausschluss sind und für die Grundrechte eintreten?

(Daniel Roi, AfD: Können wir eine Liste ha- ben? - Robert Farle, AfD: Alles eine Lüge! - Weitere Zurufe von der AfD)

Herr Minister, Sie haben das Wort. Sie können antworten.

Wissen Sie, Herr Büttner, ich bin zur Schule gegangen und habe 1985 meinen POS-Abschluss und 1987 meinen EOS-Abschluss erworben.

(Zuruf von der AfD: Es geht um heute!)

In der 9. Klasse war ich stolzer Besitzer einer Plastiktüte mit einer Langnese-Werbung. Diese habe ich schon wohlweislich umgedreht - damals trug man stolz Plastiktüten in die Schule - und wurde vom Lehrer trotzdem energisch ermahnt, diese Plastiktüte nicht mehr mitzubringen, weil darauf verbotene Westwerbung abgebildet sei.

Warum führe ich dieses banale Beispiel an? - Es mag sein, dass es solche Fälle gibt, aber nennen Sie mir bitte Ross und Reiter. Dann gehen wir dem auch nach.

(Zuruf von Mario Lehmann, AfD)

Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft. Es gibt keine Einheitsschulkleidung. Ich weiß nicht, um welchen Fall es sich handelt. Diesen jedoch als Beleg dafür anzuführen, dass dieses Netzwerk

abgeschafft werden müsse, kann ich mir nicht logisch erschließen.

(Oliver Kirchner, AfD: Weil es Hunderte Fäl- le davon gibt!)

Herr Minister, Herr Büttner hat noch eine Nachfrage. - Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Das ist keine Nachfrage, es ist eine Antwort auf die Frage des Ministers. - Das Beispiel, das Sie angeführt haben, ist mehr als unpassend. Denn 1985 haben wir in der SED-Diktatur gelebt. Diese mit der heutigen Zeit zu vergleichen, sagt viel aus.

Ihre Frage, um welche Schule es sich handelt, kann ich genau beantworten. Es handelt sich um die Sekundarschule „Hermann Kasten“ in Staßfurt-Nord. Vielleicht sollten Sie sich einmal darum kümmern. Gerade wurde auch die Sekundarschule in Gernrode genannt, sodass ich denke, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt.

Ich bitte Sie, sich darum zu kümmern. Vielleicht erhalten Sie dadurch ein besseres Bild von der Realität, sodass Sie in Zukunft hier keine mehr Reden halten, die in meinen Augen völlig unpassend sind. - Danke.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ja- wohl!)

Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Ich bedauere, dass sich die Zielgruppe der AfD-Fraktion nicht für meinen Redebeitrag erwärmen konnte. Das nehme ich selbstkritisch zur Kenntnis. Ob ich das verändern will, weiß ich noch nicht.

(Daniel Roi, AfD: Sie haben aber Beifall von der LINKEN bekommen! Das sagt doch al- les!)

Ich weise darauf hin, dass wir uns dringend darum bemühen sollten, einen demokratischen Konsens in diesem Lande aufrechtzuerhalten, von dem Sie im Übrigen auch profitieren - entgegen Ihrer Fama, die Sie gelegentlich verbreiten, Sie seien die Entrechteten, Enterbten oder Ausgegrenzten.

Sie profitieren von dem demokratischen Diskurs. Sie sind durch Wähler legitimiert. Wir arbeiten mit Nachdruck daran, dass es deutlich weniger Wähler werden. Die letzten Umfragen belegen, dass

wir dabei nicht ganz erfolglos sind. Ihre Fama der Entrechteten und Ausgegrenzten glaubt Ihnen keiner mehr.

(Matthias Büttner, AfD: Es geht um Schü- ler! - Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Ich werde Einzelfällen gerne nachgehen. Ich weise jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die Verfassung die Grundlage für all das ist, was wir hier tun. Diese Landesregierung wird sich trefflich daran halten.

(André Poggenburg, AfD: Wenn die Verfas- sung nur links ausgelegt wird, ist das klar.)

Ich sehe, dass es keine weiteren Fragen gibt. Ich danke dem Minister Tullner für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die SPD spricht die Abg. Frau Prof. Dr. KolbJanssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, auch ich habe mich gefragt, ob man sich überhaupt zu diesem Antrag äußern soll.

(Zustimmung bei der LINKEN)