Protokoll der Sitzung vom 25.05.2018

So lassen die konkreten Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2015 gleichfalls erkennen, dass seit dem Jahr 2000 die Abfallentsorgungsanlagen unseres Landes stetig mehr Abfälle aus anderen Bundesländern erhalten.

Ich hoffe, Sie haben die Kausalität begriffen, in die Sie sich laviert haben, und positionieren sich heute mit konkreten Strategien, um dieses Abfallszenario zu beenden.

Weiterhin haben die Berechnungen im Abfallwirtschaftsplan 2017 zu den Deponiekapazitäten ergeben, dass die Entsorgungssicherheit in Sachsen-Anhalt für den Prognosezeitraum bis zum Jahr 2025 gewährleistet ist. Danach besteht für die Neuausweisung von Deponien laut Planaussage kein Bedarf.

Die Vertreter der Abfallwirtschaft kommen durch eigene Prognoseberechnungen zu einer anderen Einschätzung. Danach sind weitere Deponiekapazitäten für Sachsen-Anhalt zu schaffen und ein Deponiebedarf auszuweisen.

Die Entsorgungswirtschaft begründet ihr Ergebnis im Wesentlichen mit der positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Landes und mit den langen Zulassungszeiträumen für Deponien. Außerdem sei die tatsächlich verfügbare Deponiekapazität kleiner als das genehmigte Deponievolumen. Sollte es aus diesen Gründen zu Engpässen bei den Deponiekapazitäten und deshalb zu Müllexporten in den nächsten Jahren kommen, führe dies zu höheren Entsorgungskosten für unsere Bürger und für die Wirtschaft.

Meine Damen und Herren! Wie sind die steigenden Müllimportzahlen und die Prognosen der Entsorgungswirtschaft für den Deponiebedarf zu erklären?

Das Land Sachsen-Anhalt hat die Entsorgungswirtschaft im Jahr 1990 privatisiert. Für die Entsorgungsunternehmer stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund.

Die in Sachsen-Anhalt überdimensioniert konzipierten Müllverbrennungsanlagen müssen aus unternehmerischer Sicht ausgelastet werden. Wer hat es damals beschlossen? Wieso hat SachsenAnhalt fünf Müllverbrennungsanlagen? Dies

schafft künstlich einen realen Mehrbedarf.

Das Gleiche gilt für die Schaffung neuer Deponien, welche die benötigten Kapazitäten unseres Landes übersteigen. Diese lassen den Müllimport gleichfalls wieder anwachsen.

Werte Kollegen Abgeordneten vor allem der SPD! Was sollten wir aus der hier zur Debatte stehenden Großen Anfrage und aus deren Beantwortung schlussfolgern und, vor allem, welche Maßnahmen sind zu ergreifen? Es wäre erforderlich, dass Sie es anschließend detailliert darstellen.

Unter dem Stichpunkt der kommunalen Selbstverwaltung betrachtet, kann es doch nicht sein, dass unsere Kommunen in den Planfeststellungsverfahren für die Deponieausweisung noch immer kein Mitspracherecht besitzen. Sie sind schließlich die Hauptleidtragenden und werden in ihrer künftigen Entwicklung durch die Mülleinlagerung in ihrem Siedlungsumfeld direkt beeinträchtigt. Das muss umgehend geändert werden.

(Zustimmung bei der AfD)

Die Einrichtung einer echten Teilnahme der Kommunen an der Planfeststellung und der Möglichkeit, ein beachtetes, gewichtiges Mitspracherecht geltend zu machen, käme meinem Demokratieverständnis entgegen und führte auch zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist der personelle und materielle Ausbau der die private Abfallwirtschaft kontrollierenden Landesbehörden. Ziel muss es sein, die Ämter in die Lage zu versetzen, dass sie ihre Kontrollfunktion künftig allumfassend und bei Verdacht sofort ausüben können. Nur dann wer

den sich die Kontrollbehörden in Ausübung ihrer Pflicht auch künftig noch gegenüber der wirtschaftlich erfolgreichen Entsorgungsindustrie durchsetzen können.

Die Aussage der Landesregierung, dass der Abfallwirtschaftsplan kein statisches Instrument sei und dass die Planaussage „kein Deponiebedarf“ der Schaffung weiteren Deponievolumens nicht grundsätzlich entgegenstehe, lässt leider an der Ernsthaftigkeit des Willens der Landesregierung zweifeln, die Müllimporte nach Sachsen-Anhalt deutlich zu reduzieren.

Diese Wortspielerei ist letztlich symptomatisch für alle Debatten, die wir hier bisher zu den Themen Müllimporte, Deponie und Abfall geführt haben. Abgesehen von der Kündigung italienischer Asbestimporte, die mit Solidarität nicht begründbar waren, fehlen statistisch signifikante Reduzierungen von Müll und Abfall und vor allem klare Positionen und Restriktionen gegenüber denen, die sich an die gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit Abfall und Müll nicht halten wollen, und es fehlt in diesem Zusammenhang auch noch die vollumfängliche Aufklärung des Versagens der Kontrolle in großem Maßstab.

Wo stehen wir? Welche Fortschritte gibt es in Bezug auf Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung? Es muss gelingen, die Abfallmenge in Gänze zu reduzieren.

Die AfD-Fraktion fordert eine Abfallentsorgung in Sachsen-Anhalt im Interesse der Bürger und unserer Firmen. Die Gewinnerzielungsabsicht der Entsorgungsfirmen muss nachrangig sein und trotz Privatisierung der Entsorgungswirtschaft stets einer intensiven staatlichen Kontrolle unterliegen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Herr Olenicak, gestatten Sie eine Nachfrage?

Ja, sehr gern.

Herr Hövelmann, bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Ich habe zwei Fragen, die sich bei mir ergeben haben aus dem, was Sie vorgetragen haben. Zum einen haben Sie kritisiert, dass wir in Sachsen-Anhalt deutlich überdimensionierte Müllverbrennungsanlagen haben, die dem Bedarf nicht entsprechen würden. Zum anderen haben Sie kritisiert, dass wir zu viel Müll importierten. Beides nehme ich als Feststellung Ihrerseits zur Kenntnis. Daraus ergeben sich allerdings für mich zwei Fragen.

Erstens. Mit welchen Instrumenten wollen Sie denn die Importe von Abfall nach Sachsen-Anhalt begrenzen oder reduzieren?

Zweitens. Welche Müllverbrennungsanlage halten Sie denn für überflüssig und überdimensioniert, die wir in Sachsen-Anhalt nicht brauchen, die Sie demzufolge schließen würden?

Sehr geehrter Herr Hövelmann, ich habe die Kapazität bzw. die Anzahl der Anlagen kritisiert, und zwar bevor sie gebaut wurden. Ob wir in Sachsen-Anhalt fünf Anlagen gebraucht hätten, das war meine Kritik, dass man schon bei der Einreichung des Vorhabens eventuell korrigierend hätte eingreifen können.

Ich habe nicht gefordert, dass irgendeine Anlage, die jetzt besteht - ich habe mir auch schon eine angeguckt, die meiner Ansicht nach wirklich vorbildlich geführt wird -, geschlossen werden soll. Diesbezüglich ist sicher bei Ihnen der falsche Eindruck entstanden.

Ich habe lediglich gesagt, dass man im Prinzip, bevor so etwas geplant wird bzw. wenn das Planfeststellungsverfahren läuft, vielleicht einmal gucken sollte, habe ich denn überhaupt Kapazitäten, um die Anlage dann mit ausreichend Müll zu versorgen, damit sie auch ökonomisch betrieben werden kann.

Das zweite Thema sind die Müllimporte. Ja, gegebenenfalls müssen die gesetzlichen Bedingungen geändert werden, dass wir im Prinzip regulierend eingreifen können; denn wenn wir noch mehr Deponiekapazitäten schaffen, dann werden die Anreize für die Entsorgungswirtschaft für Müllimporte natürlich weiter sehr hoch bleiben.

Ich kann jedes Unternehmen verstehen, das versucht, so viel Gewinn wie möglich zu machen.

(Zuruf von Lydia Funke, AfD)

Dies kann aber nicht zulasten unserer Bürger stattfinden. Wir wollen einfach für die Kommunen ein gewichtiges Mitspracherecht bei der Genehmigung von Deponien. -Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich dem Abg. Olenicak für die Rede. - Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Herr Thomas. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Unser geschätzter Koalitionspartner, die SPD-Fraktion, hat heute eine Große Anfrage zur Abfallentsorgung in Sachsen-Anhalt auf die Ta

gesordnung gesetzt. Ich will es vorwegnehmen, Kollege Grube, auch wir teilen Ihre Sorgen.

Außer dem Teilen Ihrer Sorgen gibt uns die Debatte heute auch die Gelegenheit, noch etwas grundsätzlicher über das Thema Abfallentsorgung und Abfallwirtschaft zu reden; denn, meine Damen und Herren, eine funktionierende Abfall- und Kreislaufwirtschaft gehört für uns zur Daseinsvorsorge.

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

Deutschland hat eine aktive Kreislaufwirtschaft nach dem Grundsatz vermeiden, verwerten, beseitigen entwickelt.

Meine Damen und Herren! Lange Zeit galt Recycling als ein Nischenbereich. Wiederverwertung war unpopulär. Es hat dann auch lange gedauert, bis wir den Wert des Abfalls als Rohstofflieferant erkannt haben; denn vieles von dem, was früher auf den Mülldeponien landete, kann heute wiederverwendet werden. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern macht Deutschland auch unabhängiger von Rohstoffimporten.

Insbesondere die Verwertung von Elektroschrott minimiert die Einfuhren von seltenen Erden oder Edelmetallen, die oft aus politisch instabilen Regionen der Welt stammen.

Recycling ist heute fachgerechte und ökologische Entsorgung, vor allem aber Verwertung und Wiedergewinnung. Deswegen, meine Damen und Herren, ist Müll heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Deswegen reden wir über Müll heute anders als noch vor 15 Jahren.

Im Jahr 2015 generierten knapp 15 000 abfallwirtschaftliche Anlagen in Deutschland mit rund 250 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 70 Milliarden €.

Meine Damen und Herren! Kein Land in Europa und vermutlich sogar weltweit ist technisch dazu in der Lage, Müll so gut zu separieren und aufzubereiten, wie Deutschland.

Wir haben hierzulande eine außergewöhnlich leistungsfähige Entsorgungswirtschaft, die auch für unsere europäischen Partner vorbildhaft ist und daher zu Recht intensiv genutzt wird.

Meine Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen dies? Niemand will, dass sich unser Bundesland in eine einzige Großmülldeponie verwandelt. Ich denke, es herrscht auch fraktionsübergreifend Konsens, erst recht nach den kriminellen Vorfällen, die wir zum Beispiel im Jerichower Land erlebt haben.

Wenn man es in Europa mit dem Umwelt- und Klimaschutz ernst meint, dann muss man auch akzeptieren, dass Müll exportiert und importiert wird. Das ist auch gut so; denn Sachsen-Anhalt ist

Teil des deutschen hoch spezialisierten Entsorgungsnetzwerkes.

Lassen wir uns nichts einreden. Unser Ziel muss es schließlich sein, das Abfallaufkommen so gering wie möglich zu halten und so unschädlich wie möglich aufzubereiten.