Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 49. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode.
- Ich dachte wirklich, man könnte zumindest morgens darauf verzichten, die Glocke zu betätigen; aber ich habe den Eindruck, Sie warten darauf, weil Sie dann erkennen: Jetzt geht es los.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir setzen nunmehr die 23. Sitzungsperiode fort und beginnen die heutige Beratung mit der Aktuellen Debatte unter dem Tagesordnungspunkt 9. Bevor wir beginnen, erinnere ich daran, dass für heute Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff ab 16 Uhr und Herr Minister Schröder ganztägig entschuldigt sind.
Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, CDU, AfD, GRÜNE, SPD. Zunächst hat die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, das Wort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Höppner.
Wie gestern bereits erwähnt, werde ich immer dann das Wort erteilen, wenn Sie das Rednerpult in Ihrer Höhe eingestellt haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundespolitik setzt die Krankenhäuser, die Gesundheitsvorsorge und vor allem die Krankenhauspflege seit mehr als 20 Jahren einem ungeheuren Druck aus. Es herrscht dort sozusagen Notstand. Hauptprobleme sind dabei der ökonomische Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern, das Fallpauschalensystem und der dauernde und zunehmende Privatisierungsdruck in der gesamten Kliniklandschaft.
Billiger, besser und näher an den Bürgerinnen und Bürgern - das waren die Verheißungen, mit denen Krankenhäuser und viele andere öffentliche Einrichtungen privatisiert wurden. Hunderte Städte, Gemeinden und Landkreise haben das geglaubt oder haben leider keinen anderen Ausweg gesehen, um ihre Haushalte kurzfristig zu entlasten, weil ihnen immer mehr weggekürzt wurde.
Mittlerweile wissen wir aber, was von den Verheißungen zu halten ist bzw. was durch diese Privatisierungen in der Praxis an Negativem entstanden ist. Beispielhaft dafür sind die letzten Berichte aus den Ameos-Kliniken in Sachsen-Anhalt. In der Kritik steht dabei aktuell vor allem Ameos im Salzlandkreis. Regelmäßig kommt es dort zum Beispiel zur Abmeldung von medizinischen Stationen, etwa der Notfallstationen oder auch der inneren Klinik, der Intensivstation. Das heißt, dass zu diesen Stationen im Einsatz kein Rettungsfahrzeug mehr fahren soll bzw. dass dorthin keine Patienten mehr gebracht werden sollen. Besorgniserregend ist vor allem die hohe Zahl der Abmeldungen. Kritisiert wird aber auch die unzureichende Einhaltung der Hilfsfristen.
Beschäftigte berichten aus den einzelnen Häusern aber auch ganz klar: Wir sind unterbesetzt und am Limit; die Patienten können von uns nicht mehr versorgt werden; die Personalbesetzung ist eine Katastrophe. Ebenso ist die Rede von Kündigungen, von schlechten oder verschlechterten Konditionen sowie von der Abwanderung von Auszubildenden und Fachkräften.
Das Personal ist so stark überfordert, dass zum Beispiel, wie die Medien berichteten, Angehörige erst zwei Tage nach einem Todesfall informiert wurden. Auch berichten immer mehr Angehörige und Patienten über ihre eigenen Negativerfahrungen, wie zum Beispiel über stundenlanges Warten in der Notaufnahme oder darüber, dass sie gleich weggeschickt werden, weil man sich dort für nicht
Krankenschwestern und Betriebsräte berichten, dass beim Personal immer weiter gekürzt wurde und dass zum Beispiel nachts nur noch eine Krankenschwester für 33 Patienten zuständig ist.
Eine gute Zusammenfassung zu den genannten Vorgängen findet man in einem Beitrag der „Mitteldeutschen Zeitung“ am 24. April 2018. Ich zitiere:
„Vor sechs Jahren wurden wir an Ameos verkauft - im wahrsten Sinne des Wortes. Als wir übernommen wurden, hatten wir eine gut laufende Einrichtung, wo verschiedene medizinische Bereiche Hand in Hand miteinander gearbeitet haben. Heute sieht man frustrierte, gestresste Mitarbeiter, traurige Patienten und genervte Angehörige.“
„Es wurden Kollegen, die durch Rente, Krankheit und Weggang das Haus verlassen haben, nicht mehr oder nur kurzzeitig ersetzt.“
Übrigens lässt sich die Personalreduzierung bzw. die Nichtanpassung der Personalquote bei massiv gesteigertem Umsatz und Gewinn, also bei mehr Fallzahlen, auch anhand der öffentlichen Bilanzen, die Sie einsehen können, ganz gut belegen, zum Beispiel bei der Ameos-Klinikum Schönebeck GmbH. Die Umsatzerlöse beliefen sich dort im Jahr 2015 noch auf rund 39 Millionen €; im Jahr 2016 waren es dann bereits mehr als 50 Millionen €. Auch der Gewinn stieg um 30 %. Gleichzeitig aber sank in dem gleichen Zeitraum die Personalaufwandsquote von 57,5 % auf 44,1 %. Das heißt letztendlich: Das Mehr an Umsatz, also auch das Mehr an zu behandelnden Fällen, wurde zulasten des Personals vorgenommen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Ameos-Klinikum Bernburg GmbH. Die Umsatzerlöse dort beliefen sich im Jahr 2016 auf 47 Millionen €; im Vorjahr waren es 37 Millionen €. Die Personalaufwandsquote sank von 61 % auf rund 48 % des Gesamtaufwandes.
Meine Damen und Herren! Ich sage es ganz deutlich: Hier werden im Wettbewerb Kosten zulasten der Beschäftigten, insbesondere des Pflegepersonals, gesenkt. Das ist der falsche Weg.
Der Pflegebereich wird damit häufig zur Stellschraube, um Krankenhäuser vor einem Defizit zu bewahren oder um dem Träger eine höhere Rendite einzubringen.
Die zweite wichtige Stellschraube ist die Erhöhung der Zahl der Patientinnen und Patienten. Krankenhäuser bemühen sich um lukrative, aber häufig auch medizinisch unnötige Eingriffe. Die Versorgung in den Krankenhäusern befindet sich oft am Rande von - ich nenne das einmal so - gefährlicher Pflege.
Privatisierung bedeutet hier, kurz gesagt: schlechterer Service, weniger bis gar keine demokratische Kontrolle mehr sowie prekäre bzw. sich verschlechternde Arbeitsverhältnisse und Ausgliederungen von Bereichen wie Labor, Küche, Fahrservice usw.
Die verbliebenen Arbeitsplätze werden zum Teil schlechter entlohnt und sind unsicherer, der soziale Standard sinkt. Ebenso haben sich die Qualität und die Sicherheit der Versorgung verschlechtert. Die Privatisierung der Kliniken hat eindeutig erhebliche Nachteile für Beschäftigte und Patienten gebracht. Hauptsache, alles ist privatisiert! Eine solche Politik, meine Damen und Herren, muss endlich aufhören.
Privatisierungen müssen endlich und endgültig gestoppt werden. Es braucht einen leistungsfähigen öffentlichen Sektor. Angesichts der schlechten Leistungsbilanz privatisierter Unternehmen sollte man doch endlich von dem Dogma wegkommen, privat sei stets und ständig besser als öffentlich.
Das ist ein absoluter Irrglaube und ein Irrweg, wie wir immer wieder erkennen können bzw. in der Praxis leidvoll erfahren müssen.
Eigentlich sind die Grundforderungen doch sehr verständlich. Versicherte wollen eine gerechtere Finanzierung, Patientinnen und Patienten eine optimale Versorgung und Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen und natürlich auch gute Bezahlung.
Meine Damen und Herren! Auch die derzeitige Vergütung über Fallpauschalen ist unvereinbar mit dem Sinn und Zweck von Krankenhäusern. Ein wettbewerbliches Entgeltsystem ist nicht geeignet, den Patientinnen und Patienten die optimale Therapie bereitzustellen und die Krankenhäuser finanziell in die Lage zu versetzen, als Einrichtungen der Daseinsvorsorge entsprechende Angebote vorzuhalten.
Die Finanzierung der Gesundheitsversorgung müsste sich auch im stationären Bereich konsequent an dem medizinischen Bedarf der Patien