Protokoll der Sitzung vom 25.05.2018

(Beifall bei der LINKEN)

Die Patientinnen und Patienten dürfen nicht die begründete Befürchtung haben, dass ihre Behandlung von ökonomischen Motiven abhängig ist. Allein medizinische Erwägungen sollten für Diagnose- und Therapieentscheidungen maßgeblich sein. Meine Damen und Herren! Gesundheit ist nun einmal keine Ware.

(Beifall bei der LINKEN)

Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und für die Selbstbestimmung jeder und jedes Einzelnen. Gesundheit ist ein existenzielles Gut, das nicht den Spielregeln des Marktes unterworfen werden darf. Deshalb brauchen wir ein sozial gerechtes Gesundheits- und Pflegesystem.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auch die Krankenhausfinanzierung insgesamt ist ungenügend. Krankenhäuser müssen bedarfsgerecht und solide finanziert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir auch eine öffentlich organisierte, von Krankenkassen, Ländern sowie vom Bund gemeinsam und solide finanzierte Krankenhausversorgung. Durch eine sozial gerechte Steuerpolitik des Bundes müssen die Länder und die Kommunen in die Lage versetzt werden, ihren Investitionsverpflichtungen nachzukommen. Weitere Krankenhausprivatisierungen gilt es zu verhindern. Im Gegenteil: Krankenhäuser müssen wieder rekommunalisiert werden.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Seit vielen Jahren gibt die Politik einen Kurs vor, der dazu führt, dass kommunale Kliniken es schwer haben. Das Ergebnis dieser Politik ist, dass es bundesweit mittlerweile mehr Kliniken in privater als in öffentlicher Trägerschaft gibt. Für private Träger ist die gute Versorgung der Bevölkerung jedoch bestenfalls Mittel zum Zweck. Profitsteigerung ist das wichtigste Ziel jedes Privatunternehmens. Das bedeutet letztendlich immer weitere Einschnitte bei den Beschäftigten und auch die Schließung von unrentablen Bereichen.

Übrigens hat vor den negativen Auswirkungen auf die Kranken der damalige Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, bereits im Jahr 2005 gewarnt - ich zitiere -: Bisher durfte jeder in ein Krankenhaus aufgenommene Patient darauf vertrauen, so lange medizinisch betreut zu werden, bis er sich im Alltag wieder selbst helfen konnte. So viel Mildtätigkeit kann sich heute aber kaum ein Krankenhaus mehr leisten. Der Patient droht zu einer rein ökonomischen Bezugsgröße

zu werden. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Herr Höppner, es gibt eine Anfrage. - Sie möchten sie beantworten? - Herr Abg. Gürth, bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege! Selbstverständlich ist in der medizinischen Versorgungslandschaft nicht alles rosig.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht)

Es ist überhaupt keine Frage, dass es an vielen Stellen punktuell sogar dringenden Verbesserungsbedarf gibt. Aber ich muss mich schon sehr wundern, wenn Sie wie der Hugo Chávez von Magdeburg

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ach, ver- suchen Sie es mal so!)

der Verkommunalisierung und Verstaatlichung des Gesundheitswesens das Wort reden nach dem Motto: Da ist pauschal immer alles gut und besser und privat ist alles schlecht.

(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Ist Ihnen bekannt, dass im Salzlandkreis gerade auch mit großer Unterstützung und Zustimmung der LINKEN im Kreistag

(Zuruf von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

die Privatisierung der Kreiskliniken stattgefunden hat?

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Das ist falsch! - Daniel Roi, AfD, lacht: Ja, natürlich ist das falsch!)

- Das ist richtig. Ihre ehemalige Kollegin Dirlich sitzt nämlich im Kreistag und ist jetzt im AmeosBeirat.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Richtig!)

Ist Ihnen außerdem bekannt, dass ein in Bezug auf Gebäude- und Geräteausstattung sehr modernes und neues Klinikum in kommunaler Trägerschaft in Staßfurt schließen musste, aber durch den neuen privaten Träger wieder eröffnen konnte und erst somit die medizinische Versorgung stationärer Art in Staßfurt wieder möglich wurde?

Insofern ist weder das eine pauschal gut noch das andere pauschal schlecht. Es hilft niemanden, wenn Sie pauschal einseitig alles niederreden; denn so schlecht ist die Situation in Sachsen-Anhalt auch nicht.

Herr Höppner, bitte.

Danke für die Fragen. Zur ersten Frage kann ich Ihnen sagen: Ja, es ist richtig; letztlich hat DIE LINKE des Kreises ihre Zustimmung gegeben. Aber man muss natürlich die Vorgeschichte kennen; diese habe ich hier auch erwähnt. Es war nämlich nicht so, dass DIE LINKE von Anfang an gesagt hat: Wir wollen das Krankenhaus verkaufen und privatisieren. Im Gegenteil. Es gab lange Debatten und wir haben uns grundsätzlich dagegen ausgesprochen.

(Tobias Rausch, AfD: Grundsätzlich da- gegen, aber dafür gestimmt!)

Das Problem war zum Schluss, dass nur noch die Entscheidung zu treffen und zu beeinflussen war - lassen Sie mich bitte ausreden -, an wen das Krankenhaus verkauft wird: an Ameos oder an einen anderen Konzern. An dieser Stelle hat sich DIE LINKE natürlich eingebracht und hat gesagt, es soll an Ameos verkauf werden. Das ist die Antwort auf Ihre erste Frage.

(Zuruf von der AfD: Wie viel gab es dafür?)

Zur nächsten Frage: Natürlich gibt es auch einige Dinge, die besser gelaufen sind; das ist unstrittig und das habe ich auch erwähnt. Ich habe Ihnen aber auch klar dargelegt, an welchen Stellen es nicht funktioniert hat, an denen große Verschlechterungen eingetreten sind. Das betrifft das Ausgliedern von Stationsbereichen bzw. von Bereichen des Klinikums. Das betrifft die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen. Das betrifft gerade die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten und natürlich auch die Bedingungen für die Patientinnen und Patienten, die in Notfallversorgungssystemen nicht mehr angenommen werden oder zum Teil nicht mehr angenommen werden.

Das sind Dinge, die man klar benennen muss. Das gab es vorher in der Zeit nicht so drastisch. Das betrifft auch nicht nur ein Klinikum. Ich möchte nicht nur auf Ameos abstellen, sondern das ist ein Problem in vielen privaten Bereichen. Beispielsweise werden auch Entbindungsstationen gestrichen. All diese Dinge sind zu betrachten.

(Zuruf von Detlef Gürth, CDU)

Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Anfragen. - Bevor wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen, hat für die Landesregierung die Ministerin Frau Grimm-Benne das Wort. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Gesundheit, Pflege, Versorgung im Alter - das sind Themen, die die Menschen auch in unserem Land bewegen.

Der Sachsen-Anhalt-Monitor hat uns das diese Woche noch einmal deutlich gezeigt. Rente, Altersversorgung, Pflege, Gesundheit, Zukunftssicherung - das sind Felder, auf denen die Menschen die Entwicklung mit Sorge betrachten. Sie wollen Sicherheit, Zukunftsfestigkeit, Verlässlichkeit.

Gesundheit ist ein hohes Gut. Wer krank ist, will die Sicherheit haben, dass ihm geholfen wird, ganz besonders im Notfall. Damit das funktioniert, braucht es Rahmenbedingungen.

Aber ich sage auch ganz deutlich und gerade auch in Richtung der LINKEN: Notfallversorgung ist kein Thema für Panikmache. Sachsen-Anhalt hat ein gutes Gesundheitssystem. Wir haben eine funktionierende Krankenhauslandschaft mit einem engen Netz an Häusern der Grundversorgung und mit guten Spezial- und Facheinrichtungen.

Ich verwahre mich dagegen, wenn versucht wird, die Situation schlechtzureden und Ängste zu schüren,

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

als sei die Versorgung nicht gesichert oder es sei dort grundsätzlich schlechter, wo sich ein Krankenhaus in privater Trägerschaft befindet.

Meine Damen und Herren! Die Wahrheit trifft das nicht. Dass sich Bereiche für einen gewissen Zeitraum von der ärztlichen Versorgung in Fachbereichen abmelden, ist etwas Alltägliches. Das hat auch die Abfrage noch einmal belegt, die das Innenministerium jüngst bei den Landkreisen durchgeführt hat. Wenn zum Beispiel ein Herzinfarktpatient ins Krankenhaus eingeliefert wird, dann sollte der Linksherzkathetermessplatz auch besetzt sein. Wenn Personalnotstand aufgrund von Grippe herrscht, dann muss das bekannt sein. Wenn kein Beatmungsplatz frei ist, gilt das Gleiche. Abmeldungen helfen also, Qualität zu sichern.

Es darf allerdings nicht sein, dass sich die komplette Notaufnahme abmeldet. Im Notfall muss der Fahrer des Rettungswagens wissen, in welcher Klinik am schnellsten und wo am besten geholfen werden kann. Es geht um die Chance der Einzelfallabwägung. Was ist besser: den Patienten in das nächstgelegene Krankenhaus zu bringen, das nach eigenen Angaben aktuell nicht in der Lage ist, ihn optimal zu versorgen, oder ihn in ein ande

res Krankenhaus zu fahren, obwohl das länger dauert?

Nicht die Abmeldungen sind also das Problem; das Problem ist das Management dahinter. Wer meldet ab? Wann wird abgemeldet? Warum wird abgemeldet? Wie ist das gesteuert? Wie wird das auch landkreisübergreifend vernetzt? Wir müssen Vielsprachigkeit verhindern. Wir müssen verhindern, dass dadurch im Notfall wichtige Minuten verlorengehen.

Für den Salzlandkreis, der heute als Beispiel steht, bin ich froh, dass dort die Verantwortlichen auf ihrer Ebene den Gesprächsfaden wiedergefunden haben und konkrete Maßnahmen vor Ort vereinbaren. Denn gerade dieser Einzelfall zeigt, dass der Streit auch darum geht, wer abgemeldet hat und welche Folgen das hatte. Aber letztlich ist es unerheblich, ob der Einzelfall als Beispiel taugt oder eigentlich nicht. Die Debatte, die wir führen, muss geführt werden.

Ja, wir müssen über Regeln reden, und zwar vor Ort; denn dort gehört es zuallererst hin. Denn der Sicherstellungsauftrag liegt nicht beim Land, sondern aus gutem Grund beim Landkreis; das ist fast überall in der Republik der Fall. Der Landkreis ist in Sachsen-Anhalt zuständig für die Krankenhäuser und für den Rettungsdienst. Beides sind Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis.

Auch die Landesebene sehe ich in der Pflicht. Wir sollten das Rettungsdienst- und das Krankenhausgesetz, das ohnehin zur Novellierung ansteht, auf die Frage hin überprüfen, ob wir neue Regelungen brauchen.