Protokoll der Sitzung vom 02.06.2016

Frau Hampel, es gibt noch eine Frage oder eine Intervention von Herrn Poggenburg. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.

Frau Hampel, Sie haben gerade noch einmal auf den Rassismus-Begriff abgestellt und gesagt, dass dies in unserem Antrag eindeutig rassistisch sei. Jetzt noch einmal ganz kurz zum Verständnis, vielleicht reden wir auch aneinander vorbei: Rassismus ist ja eine Auswahl nach biologischen Merkmalen und natürlich eine Benachteiligung - nicht nach einer Region.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ersparen Sie uns doch Ihre Rassentheorie!)

Jetzt frage ich Sie: Wo haben wir in der Begründung zu unserem Antrag eine Auswahl nach biologischen Merkmalen? - Denn nirgendwo auf der Welt ist Rassismus eine Auswahl nach einer Region. Vielleicht habe ich das übersehen und Sie können es genauer begründen. - Danke.

In Ihrer jetzige Frage und in Ihren vorherigen Ausführungen sehe ich schon einen absoluten Widerspruch. Einmal reden Sie von biologischen Merkmalen, dann reden Sie von Regionen. Aber sei es drum.

Eben nicht.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Dazwischen gab es Wikipedia!)

Genau. Wir sind auch durch Herrn Tillschneider schon lang und breit aufgeklärt worden, wie er den Rassismus-Begriff sieht und definiert. Ich denke, das ist auch Ihre Auffassung dazu.

Rassismus und Biologie.

Ich vertrete mit meiner Fraktion eine andere. Deswegen lasse ich das jetzt offen, denn es würde zu weit führen. Im Übrigen haben wir das, glaube ich, schon lang und breit diskutiert. Es kommt auch noch der Antrag von Ihnen, über den wir heute oder morgen - ich weiß es nicht genau - noch mal zum Thema Rassismus debattieren werden. Dann gebe ich Ihnen vielleicht noch eine Antwort.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Danke. - Es gibt noch eine Wortmeldung vom Abg. Lehmann. Bitte, Sie haben das Wort.

Ich verstehe diese ideologische Diskussion hier nicht, sehr geehrte Frau Abgeordnete. Wenn amtliche Stellen, Abschiebestellen und das Bundesamt für Migration von einer gegenwärtigen Bleibequote von 1,4 %, also 98,6 % Rückführung, sprechen und eine Partei aus der Politik sich dieses Problems annimmt - 98,6 % Rückführung und 1,4 % Bleiberecht nach dem gegenwärtigen Artikel 16a des Grundgesetzes -, dann verstehe ich die ganze Diskussion nicht, warum man diese Partei und diese politische Strömung als Rassisten hinstellt.

Sie jetzt?

Das ist die Frage. Das verstehe ich nicht. Wir haben Zahlen und Fakten: 1,4 % Bleiberecht bei den gegenwärtigen Regelungen des Asylverfahrensgesetzes und 98,6 % Rückführungen. Das versteht kein Wähler mehr.

(Rüdiger Erben, SPD: Hätten Sie das mal in Ihre Begründung geschrieben!)

Wir dürfen damit so langsam bei den 120 Sekunden angelangt sein. Frau Hampel, Sie haben das Wort.

Ich glaube, ich habe das am Anfang meiner Ausführungen schon gesagt: Es geht mir, wie vielen anderen meiner Kollegen auch, darum, wie Sie Ihren Antrag begründen: sehr pauschal. Sie sagen pauschal, dass die, die aus Nordafrika kommen - Tunesier, Marokkaner und Algerier -, für Sie

Asylschmarotzer sind. So haben Sie es in Ihrem Antrag geschrieben.

(Zurufe von André Poggenburg, AfD, und Mario Lehmann, AfD)

- Nein. Sie haben in Ihrem Antrag nicht auf irgendwelche amtlichen Zahlen verwiesen, sondern Sie haben ganz pauschal ausgeführt. Das ist das, was von uns kritisiert wird.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

- Nein, nein! Allein - -

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Lass dich auf keine Diskussion mehr ein! - Zurufe von der AfD)

Das zeigt, wie unterschiedlich wir in unserer Auffassung sind, was die Definition von Rassismus anbelangt.

(Beifall bei der SPD)

Wer amtliche Zahlen verwendet, ist ein Rassist?

Danke. - Dann können wir in der Debatte fortfahren. Es hat nun das Wort für die CDU-Fraktion Herr Abg. Borchert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich versuche einmal, ein wenig Ruhe in die Diskussion zu bringen, weil ich die Sache von einer anderen Seite betrachten möchte.

Ich weiß, dass die AfD-Fraktion mit großer Spannung die Ausführungen der CDU erwartet. Unsere Fraktion ist diejenige, wie meine Vorredner es schon gesagt haben, die mit der SPD-Fraktion der Meinung ist - wir sind nicht nur der Meinung, sondern wir wollen das auch -, dass in wenigen Tagen im Bundesrat diese drei Länder als sicher entschieden werden.

Ich glaube, alle meine Vorredner haben sich zu diesem Thema schon sehr intensiv geäußert. Vor allem unser Innenminister hat - das kann ich nur wiederholen - rechtssicher erläutert, welche rechtliche Bedeutung Ihr Antrag hat. Das ist, denke ich, sehr wichtig.

Marokko, Tunesien, Algerien sind Länder, in denen es zwischenzeitlich sehr unruhig war und jetzt - Gott sei Dank - wieder ruhiger zugeht, so ruhig, dass viele Menschen wieder dorthin in den Urlaub fahren, auch viele Deutsche. Das muss einen Grund haben.

(Beifall bei der AfD)

Schon deshalb ist es positiv, dass der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung diese drei Länder zu sicheren Herkunftsländern zuordnen möchte. - So weit, so gut.

Wenn Sie, liebe Kollegen der AfD, das genauso formuliert hätten und uns vor die Aufgabe gestellt hätten, dem als Land in wenigen Tagen zuzustimmen, ich glaube, dann hätten wir ein kleines Problem, weil dagegen erst einmal nichts zu sagen ist.

Sie wissen aber, dass es einen Koalitionsvertrag gibt, der denjenigen, die ihn geschlossen haben, gewisse Bürden auferlegt und der einiges aussagt, wobei es Dinge gibt, die man nicht so machen kann, wie man möchte, sondern bei denen man, wie es in einer Demokratie üblich ist, mit Kompromissen leben muss, und

(Tobias Rausch, AfD: Mit fünf Hanseln, oder was?)

- lassen Sie mich ausreden! - dass man dann entscheiden muss, was richtig ist. Kompromisse sind nicht immer das Schlechteste. Das heißt aber nicht, dass sie immer richtig sind.

Sie hätten uns sicherlich in eine Situation gebracht, die hier in diesem Raum nicht gerade positiv wäre, wenn wir nur darüber hätten abstimmen müssen: Ja, wir wollen, ohne irgendwelche anderen Begründungen. Aber zum Glück haben Sie einen Antrag gestellt und zum Glück haben Sie diesen Antrag begründet.

Ich habe mir überlegt, wie ich das machen würde, wenn ich hier mit Schülern reden würde. Das heißt, nicht ich. Ich bin Sozialkundelehrer gewesen, als ich da draußen war. Dort oben sitzen Schüler. Das finde ich total super. Zufall!

Ich habe mir die Frage gestellt: Wie würde ich diesen Antrag erörtern? Vielleicht machen das die Kollegen, die dort oben sitzen, sogar mit ihren Schülern. Der Antrag ist nicht lang; er ist begründet. Wie würden die Schüler reagieren? Beziehungsweise ich habe mir die Frage gestellt und überlegt, wie ich mit meinen Schülern umgehen würde, um sachlich zu erarbeiten, welchen Sinn Ihr Antrag macht und mit welchen Argumenten er untersetzt ist. Das ist doch erst einmal sehr sachlich.

Dann hätte ich erstens versucht zu fragen: Wer war schon einmal in einem dieser Länder und hat dort Urlaub gemacht? Erzählt mal! - Dann würde sie erzählen, wie es dort gewesen ist. Ich denke, das wird nicht so negativ sein.

Zweite Frage: Erzählt mir oder erzählen Sie mir bitte - es sind ja große Schüler -, wie viele Frauen dort während Ihres Aufenthalts sexistisch angegriffen oder belästigt wurden. Wie oft wurdet ihr bestohlen, körperlich angegriffen oder was auch

immer? - Das steht alles so darin. Ich rede von dem Antrag, den Sie gestellt haben. Den habe ich hier und darin steht nicht mehr.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und von der Regierungsbank)

Dann hätten wir die Antworten gesammelt. Was hätten wir festgestellt? - Wahrscheinlich hätten wir festgestellt, dass es eine sogenannte demokratische Partei in Deutschland gibt, die behauptet, dass fast alle Menschen dieser Länder kriminell oder sexistisch gegen Frauen sind, also menschenfeindlich. So haben Sie das hierin geschrieben. Dann würde jeder Jugendliche und auch jeder Erwachsene draußen im Land sagen: Hallo? Wo leben wir? Was sind das für Menschen, die so etwas behaupten?

(André Poggenburg, AfD: Einwanderer!)

Sie haben außerdem das Asylpaket II angesprochen. Einer Ihrer Kollegen hat gemeint, das wird in wenigen Tagen abgestimmt. - Das ist schon längst abgestimmt. Das ist schon geltendes Recht. Wenn das so ist, sollte man das vielleicht auch so erwähnen.

Von der Warte her sind das Dinge, die ich draußen nicht sagen kann, wenn ich sie nicht beweisen kann. Aber wer weiß denn das draußen? Wer beschäftigt sich denn so intensiv damit?

Sie haben vor wenigen Wochen bei der Wahl super abgeschnitten. Darin haben Sie recht. Aber ich glaube, wenn Sie weiterhin solche Anträge stellen und auch so untersetzen, werden wir es schaffen, alle, die hier sitzen, dass die Menschen da draußen, auch viele intelligente Menschen, die Sie gewählt haben, das erkennen. Diese Menschen haben Sie aber nicht gewählt, weil sie Sie wollen,

(André Poggenburg, AfD: Sie wollten Sie nicht!)