Wir wollen vor allem, dass nach diesem Kassensturz das Ziel der Unterrichtsversorgung von 103 % ernsthaft und konsequent angegangen wird. Das heißt schlichtweg, dass so viele Stellen ausgeschrieben werden müssen, wie für die 103 % unter realistischen Annahmen tatsächlich erforderlich sind, und nicht dass Fantasiezahlen wie die 270, die aus irgendwelchen anderen Kontexten gewonnen werden, genannt werden. Wir wissen selbstverständlich, dass bei der Ausbildung der Lehrkräfte im Lande keine Vorsorge getroffen wurde, um für einen schnellen Aufwuchs bei den Neueinstellungen gerüstet zu sein.
Es ist auch unklar, in welchem Umfang Lehrkräfte außerhalb des Landes für unseren Schuldienst gewonnen werden können. Aber all das ist kein Grund, es nicht mit allen Kräften, mit aller Energie, mit Fantasie und mit hoher Flexibilität zu versuchen.
Hier kann ich den Schulbehörden und dem neuen Bildungsminister, der vor einiger Zeit seinen Eid „mit Gottes Hilfe“ geschworen hat, unter Bezugnahme auf eine bekannte christliche Botschaft nur den Rat geben: Herr Tullner, machen Sie die Tore weit und die Türen im Lande hoch.
Schicken Sie niemanden mehr weg, der bei uns als Lehrkraft arbeiten möchte und dazu in der Lage ist. Das werden, weil der Bedarf so groß ist, auch Lehrkräfte ohne zweites Staatsexamen oder ohne Lehrbefähigung sein. Diese müssen jedoch von Beginn an und systematisch für die Arbeit als Lehrkraft befähigt werden; denn sonst sind sie nach kurzer Zeit wieder aus dem Schuldienst verschwunden. Das besagen die Erfahrungen. Wir erwarten deshalb vom Bildungsministerium ein Qualifizierungsangebot, mit dem allen Beschäftigten ohne vollständige Lehrerausbildung die Möglichkeit eröffnet wird, berufsbegleitend die volle Qualifikation zu erreichen und damit letztlich auch die gleiche Bezahlung zu erhalten.
Last, but not least weisen wir darauf hin, dass in unseren Schulen nicht nur Lehrkräfte eine unverzichtbare Arbeit leisten, sondern auch pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In diesem Bereich ist die Versorgungssituation jedoch noch viel dramatischer als bei den Lehrkräften; denn diese Beschäftigtengruppe war für alle Vorgängerregierungen seit der Kommunalisierung der ehemaligen Schulhorte nichts als ein Steinbruch in der Personalentwicklung.
Aber auch hierzu hat sich die neue Landesregierung im Koalitionsvertrag endlich etwas vorgenommen, nämlich einen Personalbestand von 1 800 Stellen zu sichern, was zwar auch nur ein bescheidenes Ziel ist, aber es ist immerhin endlich überhaupt eines.
Auch dafür müssen unverzüglich und in erheblichem Umfang Neueinstellungen erfolgen; denn der aktuelle Personalbestand ist schon jetzt kleiner und er sinkt weiter. Dazu hört man bisher aus den Schulbehörden aber nichts. Ich hoffe sehr, dass wir gleich in dem Beitrag von dem Herrn Minister auch etwas dazu hören werden, was sich diesbezüglich ändern wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Schuljahr 2015/2016 ist in drei Wochen zu Ende. Normalerweise sollte das neue Schuljahr bereits so weit vorbereitet sein, dass spätestens am letzten Schultag des alten Schuljahres alle Lehrkräfte, die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Schülerinnen und Schüler wissen, wer im nächsten Schuljahr mit wem zu tun haben wird.
So weit wie in diesem Jahr waren wir von diesem Ziel schon lange nicht mehr entfernt. Erst in der kommenden Woche sollen die 270 zusätzlichen Stellen ausgeschrieben werden, was natürlich viel zu spät ist und alle Beteiligten vor große Probleme stellen wird. Wie wir uns die neue Ausschreibungspraxis und Einstellungspolitik vorstellen, um so weit wie nur irgendwie möglich Lehrkräfte gewinnen und einsetzen zu können, versuchen wir in unserem Antrag inhaltlich zu fassen.
Herr Minister, Sie haben jetzt die Chance, vieles richtig zu machen und die gravierenden Fehler der letzten beiden Wahlperioden zu korrigieren, und zwar genauso radikal, wie sie zuvor und nicht zuletzt auch unter Mitverantwortung der CDU begangen wurden. Zögern Sie nicht, sich für diese wichtigste Ihrer Aufgaben auch die Unterstützung der LINKEN zu sichern. Ich kann nur an Sie appellieren: Selbst wenn sich das Hohe Haus nicht in Gänze hinter die Inhalte unseres Antrages stellen sollte - tun Sie es trotzdem! Es wird sich auszahlen. - Danke.
Danke, sehr geehrter Herr Abg. Lippmann. - Es ist eine Fünfminutendebatte verabredet worden. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der sehr geehrte Herr Abg. Aldag.
Herr Präsident, ganz herzlichen Dank für diese freundliche Begrüßung.- Lieber Herr Lippmann, ich war sehr beeindruckt von Ihrem Redebeitrag und dachte, ob dieses unwetterartige Szenario draußen vor den Fenstern irgendwie passend und verabredet war. Ich weiß es nicht. Aber es hat zumindest eine gewisse Wirkung erzielt, dass ich kurz ein wenig depressiv wurde und gefragt habe: Was habe ich mir da angetan? - Mittlerweile ist die Sonne schon wieder fast im Kommen, sodass
die Sie zu Recht betont haben, dann doch auch das rechte Maß in dem Wissen und Sehen und die Probleme im Blick behalten sollten.
Bevor ich zu meinem inhaltlichen Beitrag komme, gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Bemerkung. Ich bin sehr froh, nach nahezu fünf Jahren wieder hier am Rednerpult stehen zu dürfen. Wenn man als ehemaliger Abgeordneter auf die dunkle Seite der Regierung
mit ganz vielen positiven Konnotationen verbunden. Aber reden darf man hier nicht. Das habe ich immer als große Belastung empfunden, dort hinten als stummer Fisch sitzen zu müssen. Jetzt darf ich wieder reden, und darüber freue ich mich. Das wollte ich hier wenigstens einmal kundtun.
- Seriös und staatstragend. Das sind Sie von mir gewohnt, Herr Knöchel, hoffe ich zumindest. Ansonsten versuche ich immer, mich zu bessern.
Meine Damen und Herren! Herr Lippmann, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie dieses Thema aufgerufen haben, weil es uns gleich wieder in die Mitte der Arbeit rückt und die Anfänge, die manchmal einen gewissen Zauber ausüben - manchmal aus Ihrer Sicht vermutlich eher eine Problemwahrnehmung darstellen -, hier gleich zu einer gewissen Fokussierung kommen.
Ich habe gelesen, dass heute auf den Tag genau vor elf Monaten sich das Hohe Haus mit einer Großen Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema Lehrkräfte, Personal und zur Personalentwicklung an den allgemeinbildenden, berufsbildenden und öffentlichen Schulen im Land Sachsen-Anhalt beschäftigt hat. Ich habe mir das Protokoll angeschaut und festgestellt, all die Probleme, die Sie in Ihrem Redebeitrag ein wenig benannt haben, gab es schon damals. Sie wurden genannt: Lehrkräftepersonalgewinnung, Unterrichtsausfall, Personalentwicklung im Lehrkräftebereich unter Beachtung der demografischen Entwicklung usw. usf., Einstellungskorridor, alles, was wir haben.
Der damalige Landtagsabgeordnete und heutige Präsident, der hoch verehrte Kollege Herr Güssau, hat damals in seinem Redebeitrag gesagt, der damalige Kultusminister, mein Vorgänger, fahre in dem Thema auf Sicht, und bemängelte dadurch ein wenig die Praxis, dass immer erst
Nun komme ich ins Amt und stelle fest: Was hat sich in den letzten elf Monaten getan? - Ich muss feststellen: Natürlich haben wir ein paar Probleme vor uns. Ich könnte mich jetzt kühn zurückziehen und sagen, die Landesregierung hat gehandelt, 270 Stellen, im Kabinett beschlossen, ab nächste Woche geht es los. Wenn man dann aber die Beschlusslagen ein wenig mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung bringt, will ich auf eine Erfahrung zurückgreifen, die ich letzte Woche im Landesschulamt gemacht habe, als ich Herrn Klieme besucht habe.
Er führte mich in einen Raum, in dem die Unterlagen der letzten Bewerbungen waren. Das waren schöne Postkästen, in die die alle einsortiert waren. Ich stellte fest, Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, in dem man sich nicht virtuell oder digital bewerben kann. Wenn man bei Facebook ist, kann man sich auf der Hamburg-Seite geradezu bewerben. Hier muss man die Bemühungen auf die Post oder andere Briefdienste fokussieren. Sie sehen also, dass wir hier noch einige Probleme vor uns haben, die Sie zu Recht benannt haben.
Wir müssen sehr schnell unsere neuen Lehrerinnen und Lehrer gewinnen. Dabei müssen wir neue Methoden anwenden. Die Digitalisierung darf hierbei nicht außen vor bleiben. Es kommt aber auch darauf an, die von Ihnen genannte Flexibilisierung - Quereinsteiger-, Seiteneinsteigerthemen - sehr viel stärker in den Blick zu nehmen. Ich sage Ihnen fest zu, dass wir das so tun werden.
Die von Ihnen avisierte - Frau Gorr hat mich auch darauf hingewiesen - traditionelle Berichterstattung im Ausschuss sage ich Ihnen natürlich zu. Wir werden Ihnen so viele Zahlen liefern, dass Sie über die Menge an Zahlen zumindest nicht klagen können, Herr Lippmann. Das verspreche ich Ihnen an der Stelle auf jeden Fall.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir beim Thema Schule nicht nur über Mengen reden können, sondern auch die inhaltlichen Parameter in den Blick nehmen müssen. Sie wissen, dass wir da die eine oder andere Stellschraube haben, die wir noch miteinander diskutieren müssen, die nicht jedem gefallen wird. Aber auch hierbei sollten wir gemeinsam in dem von Ihnen beschriebenen offenen und ehrlichen Sinne diese Themen angehen.
Deshalb will ich mich heute mit dem Satz verabschieden: Ich freue mich auf die Debatten im Ausschuss. Herr Lippmann, Sie haben schon angekündigt und gezeigt, dass Sie ein tatkräftiger Begleiter unserer Politik sein werden. Die drei Regierungsfraktionen sind das mit Sicherheit auch. Ich
denke, dass wir gemeinsam daran arbeiten müssen, dass die Politik des Auf-Sicht-Fahrens an dieser Stelle ein Stück weit zu Ende kommt und wir die mittel- und langfristigen Perspektiven stärker in den Blick nehmen sollten.
Da jetzt hier eine rote 05, 06, 07 läuft, höre ich an der Stelle auf und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. - Danke.
Vielen Dank, Herr Minister Tullner. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir ganz herzlich Damen und Herren der städtischen Volkshochschule aus Magdeburg auf der Besuchertribüne. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Aldag, Sie sprechen für die Fraktion DIE GRÜNEN - mein zweiter Versuch. Sie haben das Wort. Bitte schön.