Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Nun wird heute ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beantragt. Hat das Sinn? - Ich meine, nein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir haben als Parlamentarier unterschiedliche Instrumente und Werkzeuge. Die AfD-Fraktion hat aufgrund ihrer Größe Zugriff auf den schweren Hammer Untersuchungsausschuss und schwingt ihn daher nun bei jeder Gelegenheit. Es gibt das schöne Sprichwort „Wenn man einen Hammer hat, ist jedes Problem ein Nagel“.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

In den Ausschüssen und Kommissionen selbst agiert sie dann allerdings zum Teil recht ratlos. Das Werkzeug ist in der aktuellen Situation ungeeignet; auf jeden Fall kommt es zu früh.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir haben eine Vielzahl von einzelnen Vorgängen, wobei jeder anders gelagert ist. Hier wäre nicht der große Hammer, sondern der Schraubenzieher das geeignete Werkzeug gewesen.

(Heiterkeit und Zustimmung bei den GRÜ- NEN - Zuruf von der AfD)

Für jeden einzelnen Fall ist zu klären, ob es sich um erlaubte oder verbotene Derivate handelt. Das werden wir Ausschussmitglieder - davon nehme ich mich nicht aus - gar nicht einschätzen können. Wenn ich die kommunalen Entscheidungsprozesse in X ausgedröselt habe, weiß ich noch immer nicht, wie es eigentlich in Y lief. Um die politische Bewertung sinnvoll angehen zu können, brauchen wir die Vorarbeit des Landesrechnungshofes, der in jedem einzelnen Fall prüft, was passiert ist,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Dr. Katja Pähle, SPD - Beifall bei der LIN- KEN)

wie die jeweiligen Geschäfte finanztechnisch zu bewerten sind. Ein Ausschuss kann diese aufwendige Prüfarbeit in der einzelnen Akte nicht leisten, nicht einmal annähernd. Das ist ihm in 25 Jahren noch nicht gelungen.

Der beschriebene normale Ablauf der Dinge fördert den Sachverhalt zutage und könnte dann auch Grundlage für eine spätere Entscheidung darüber sein, ob die normalen Instrumente, die ich geschildert habe, ausreichend sind oder ob man außerdem doch noch einen Untersuchungsausschuss braucht.

Der jetzige Antrag wird zu einem Aktentourismus führen, der Aufklärung durch die Prüfer eher im Wege stehen und Kosten verursachen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Dr. Andreas Schmidt, SPD)

Ein weiterer Satz, den Sie zur Begründung brachten, war, dass man die Öffentlichkeit nur damit erreichen könne. Das ist unrichtig, verkennt auch die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses. Dieser ist kein Mittel der Öffentlichkeitsarbeit, natürlich nicht.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE - Zuruf von Matthias Lieschke, AfD)

Wir haben verschiedene Möglichkeiten. Meine Fraktion hatte in Unkenntnis Ihres Antrags eine Aktuelle Debatte beantragt. Das ist ja auch kein einmaliger Vorgang. Das kann man wiederholen und kombinieren, und sich, je nachdem wie die jeweilige Situation ist, darauf einlassen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dafür müss- ten sie flexibel sein!)

Dafür gibt es viele Dinge. Ich habe schon parlamentarische Untersuchungsausschüsse erlebt, die nach der Einsetzung dann nicht mehr so richtig interessant waren, weil sie so vor sich hin liefen. Das Argument der Öffentlichkeit geht hier also, meine ich, fehl.

Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses dient letztlich zur politischen Darstellung der AfD, leider eben ohne Rücksicht auf die fachlichen Gegebenheiten. Das ist schade; denn die Vorgänge haben eine genaue, lückenlose und effiziente Aufklärung verdient. Fest steht allerdings auch, dass wir - Untersuchungsausschuss hin oder her - heute nicht zum letzten Mal über diese Vorgänge diskutieren.

Trotz meiner Zweifel wünsche ich der künftigen Ausschussvorsitzenden Frau Eisenreich eine glückliche Hand. Wir werden uns bei der Abstimmung über die Einsetzung der Stimme enthalten. - Danke.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. Ich sehe keine Anfragen. - Wir kommen zum nächsten Debatten

redner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Knöchel. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - So ungefähr habe ich mir diese Debatte vorgestellt: der eine Einbringer laut, der andere Redner falsch und alles nur, um ein Stückchen Aufmerksamkeit zu erhalten.

(Oh! bei der AfD - Heiterkeit bei der LIN- KEN - Zustimmung von Thomas Lippmann, DIE LINKE - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist uns ja nicht völlig fremd! - Ulrich Thomas, CDU: Wie Herr Lippmann, der wollte auch nur Aufmerksamkeit! - Guido Heuer, CDU, lacht - Heiterkeit bei der AfD)

Artikel 54 unserer Verfassung räumt dem Parlament das Recht ein, Untersuchungsausschüsse zu bilden. Das ist ein wichtiges Recht, ein Minderheitenrecht. Eine qualifizierte Minderheit kann diesen Anspruch auch gegen eine Mehrheit durchsetzen. Das ist für uns ein wichtiges Instrument des Parlaments, um Missstände in der Exekutive aufzudecken. Scharfes Schwert des Parlaments wird es genannt. Nur, jedes Schwert wird stumpf, wenn man damit ins Gras schlägt.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD - Lachen bei der AfD - André Pog- genburg, AfD: Wir schleifen nach!)

Und um im Sprachbild zu bleiben: Der vorliegende Antrag weist auf die mangelnde Satisfaktionsfähigkeit der AfD hin.

(Zustimmung bei der LINKEN - Lachen bei der AfD)

Wild drauflos schlagen ist weder klug noch wird das der Sache gerecht. Ich habe auch den Eindruck, dass die AfD ein bisschen den Anschluss verpasst hat und nun auf den abgefahrenen Zug schießen will.

(Oliver Kirchner, AfD: Noch schlimmer!)

Bereits im März 2018 - Herr Fraktionsvorsitzender von der AfD, informieren Sie sich - hat unsere Fraktion im Unterausschuss Rechnungsprüfung den Landesrechnungshof um Informationen zur Prüfung der Derivate gebeten.

(André Poggenburg, AfD: Aber wir eben nicht!)

Am 2. Mai 2018 informierte der Präsident des Landesrechnungshofes umfassend über den

Sachstand der laufenden Prüfungen. Das Innenministerium nahm mit Schreiben vom 11. Mai 2018 umfassend Stellung und informierte über erste Schlussfolgerungen und weitere Schritte. Im Innenausschuss hat meine Fraktion das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, um eine parlamen

tarische Begleitung der Prüfung des Innenministeriums sicherzustellen. Parlamentarisch war also alles auf den Weg gebracht - nur eben ohne AfD. Das scheint Sie zu ärgern. Und dann bedienen Sie eben Ihrer 22 Leute und beantragen einen Untersuchungsausschuss.

(André Poggenburg, AfD: Kein Neid bitte!)

- Das ist lächerlich, Herr Poggenburg. Lächerlich!

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Silke Schindler, SPD)

Erst pennen und dann Anträge schreiben, das ist AfD.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von André Poggenburg, AfD)

- Das ist Deutschland, ja. - Wie gesagt, es handelt sich um eine laufende Prüfung des Rechnungshofes. Der Rechnungshof schätzt ein, dass der schwierige Sachverhalt noch einige Monate in Anspruch nehmen wird. Wir haben übrigens volles Vertrauen in den Landesrechnungshof und wissen nicht, was ein Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt besser aufklären sollte als das zuständige Verfassungsorgan. Ihr Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zeugt also auch von mangelndem Respekt gegenüber dem Rechnungshof.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Respekt vor dem Minderheitenrecht. Aber lassen Sie sich von einer erfahrenen Opposition sagen: Wer das parlamentarische Mittel über Gebühr einsetzt, entwertet dieses.

(Beifall bei der LINKEN - Oliver Kirchner, AfD: Und wer sollte das sein?)

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, tat Herr Farle so, als seien für ihn spekulative Finanzgeschäfte ganz furchtbar, als brauchte es die AfD, um das aufzuklären. Übrigens: Den Erlass aus dem Jahr 2012 verdanken wir dem GRÜNENAbgeordneten Erdmenger, heute in Baden-Württemberg.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Eva von Angern, DIE LINKE: Das stimmt, ja!)

Herr Farle, unsere Fraktion hat - Sie wissen das - einen Antrag gestellt zu dem Thema: Wie soll Landesgeld angelegt werden? Gibt es ethische Anlageformen? Gibt es vernünftige Anlageformen? Wie gehen wir mit dem Geld der Steuerzahler um? - Es war eine sehr interessante Diskussion. Ich danke allen anderen Fraktionen dafür, dass wir diese im Kapitalmarktausschuss geführt haben. Dort gab es einen Abgeordneten der AfD, der saß da und sagte: Na, Hauptsache, es bringt Kohle.

Aber, bitte schön: Was unterscheidet denn ein Derivatgeschäft von den Geschäften unseres Finanzministers, der Steuergelder in Aserbaidschan, Bahrain, Kasachstan, Katar und der Türkei anlegt? - Sie müssen schon konsistent bleiben, Herr Farle, und hier nicht den empörten Volkstribun spielen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)