Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Wir können weiter etwas tun, nämlich prüfen, ob die Eingriffs- und Ausgleichsregelung auch für Kleingartenanlagen anwendbar ist. Mit Ausgleichsmaßnahmen kann der Umbau zum Beispiel zu Streuobstwiesen und Blühflächen und deren Pflege über Jahre finanziert werden.

In Halle starten wir gerade Kooperationen zwischen Kleingartenvereinen und Schulen, um den Schulgartenunterricht wieder zum Leben zu erwecken. Das lässt sich auch auf andere Kommunen übertragen und würde einen konstruktiven Beitrag leisten.

Letztendlich ist es für alle Maßnahmen wichtig, sich im Rahmen von Kleingartenkonzeptionen Gedanken über die zukünftige Entwicklung von Kleingartenanlagen zu machen.

Meine Damen und Herren! Bei allen Möglichkeiten - ich habe einige davon aufgezählt - muss immer klar der Erhalt der Freiflächen im Vordergrund stehen; denn diese sind wichtig - wichtig für das Klima, wichtig für Natur und Umwelt, aber vor allem wichtig für uns Menschen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Abg. Aldag. Auch hierzu sehe ich keine Anfragen. - Der nächste und letzte Debattenredner wird für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Heuer sein. Sie haben das Wort, Herr Abg. Heuer.

Danke, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die demografischen und wirtschaftlichen Strukturen wandeln sich seit einigen Jahren erheblich. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auch auf das Kleingartenwesen. Die Folgen stellen sich jedoch regional sehr unterschiedlich dar.

Manche Städte und Gemeinden erleben ein Bevölkerungswachstum, andere leiden unter einer extrem schrumpfenden Bevölkerung. Gerade die strukturschwachen und schrumpfenden Gegenden stehen hierbei oft vor besonderen Herausforderungen. Der wachsende Anteil älterer Menschen, Land- bzw. Stadtflucht, Wegfall des Eigenversorgungsdrucks aus DDR-Zeiten sowie sich stetig ändernde Wirtschaftsstrukturen bedingen eine drastische Veränderung in vielen städtischen und ländlichen Bereichen.

Der beobachtete strukturelle Leerstand von Wohnungen und Gebäuden spiegelt sich auch im Kleingartenwesen wider. Die Nachfrage nach Kleingärten ist anders als in Ballungsräumen in ländlichen Regionen deutlich gesunken. Das führt zu einem Leerstand von teilweise bis zu 30 % und mehr.

Die Folgen stellen die Kleingartenvereine in den nächsten Jahren vor große Probleme. So leben in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zwar nur 15 % der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik

Deutschland, aber in den fünf Ländern befinden sich mehr als 50 % der Kleingartenparzellen der Bundesrepublik. Das bedeutet, dass im Schnitt vier Gärten auf 100 Einwohner kommen.

Betrachten wir einmal Sachsen-Anhalt allein, so stellen wir fest, dass hier sogar neun Gärten auf 100 Einwohner kommen. Das klingt zunächst gar nicht so dramatisch, jedoch beträgt der heutige Leerstand bei 114 237 vorhandenen Parzellen bereits ca. 21 %. Nicht nur aufgrund des demografischen Wandels, sondern auch infolge der Altersstruktur der Kleingärtner ist mit einem deutlichen Anstieg ungenutzter Parzellen in den nächsten Jahren zu rechnen.

Als Beispiel kann ein Vergleich von SchleswigHolstein und Sachsen-Anhalt herangezogen werden. In Schleswig-Holstein gab es 2017

32 518 Parzellen bei ca. 2,9 Millionen Einwohnern, wohingegen es in Sachsen-Anhalt bei ca. 2,2 Millionen Einwohnern 2017 noch 114 237 Parzellen gab, von diesen jedoch nur 94 422 genutzt wurden.

Meine werten Damen und Herren! Was das für die Kleingartenvereine bedeutet, ist unbestritten.

Leerstehende Parzellen müssen aufgrund von Verwilderung und einstürzenden Lauben entweder von verbliebenen Kleingärtnern mitgepflegt oder rückgebaut werden. Außerdem reißen sie ein finanzielles Loch in die Kasse der Vereine. Selbst wenn sich ein anderer Pächter bereiterklärt, eine leerstehende Parzelle als Pflegegarten zu übernehmen, um der Verwilderung entgegenzuwirken, bleiben dennoch die Pachteinnahmen aus.

Diese können jedoch nur bedingt auf die übrigen Pächter umgelegt werden. Die Pachtverträge mit den Eigentümern der Flächen der Gartenanlagen, wie zum Beispiel Kommunen, Kirchen etc., wurden in der Regel durch die Gartenvereine abgeschlossen. Somit stehen sich konstante Pachtverpflichtungen, teilweise auch steigende Pachtverpflichtungen gegenüber dem Eigentümer, und sinkende Pachteinnahmen der Gartenvereine konträr gegenüber, was neben dem Strukturwandel zusätzlich zu einer Finanzierungslücke führt. Hier droht ein schleichender Tod für viele Gartenvereine.

Daher ist es zwingend erforderlich, das Angebot an Parzellen dem Bedarf anzupassen. Hierbei sind sowohl Vereine als auch Eigentümer in der Pflicht. Ein gezielter Rückbau von Parzellen für einen durchschnittlichen Kostensatz von 4 000 € je Parzelle muss gemeinsam bewältigt, die Parzellen müssen anderen Nutzungen zugeführt werden.

Dafür gibt es viele Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Streuobstwiesen - die Ministerin hat mehrere Dinge aufgezählt, das brauche ich nicht weiter auszuführen -, Verpachtung an Bauern,

Kooperationen mit Schulen und Kindergärten, und entgegen dem Wunsch von Herrn Aldag nenne ich auch Baugebiete und Ähnliches. Das sollte den Kommunen in den Einzelentscheidungen offengehalten werden. Das ist völlig klar.

Dazu ist es zunächst erforderlich, festzulegen, welche Gartenanlagen zukünftig noch Bestand haben, und bei neuen Interessenten eine Rückbauverpflichtung in die Pachtverträge einzuarbeiten. Das ist eine Grundvoraussetzung, um in der Zukunft weitere Kosten zu vermeiden.

Bei den zurzeit ungenutzten Parzellen, ohne Berücksichtigung des künftigen Leerstandes, entstehen Rückbaukosten in einem hohen zweistelligen Millionenbereich. Dies überfordert die Gartenvereine. Diese Summe kann unserer Meinung nach nicht durch spezielle Förderprogramme des Landes aufgebracht werden. Jedoch können bestehende Fördermöglichkeiten, zum Beispiel für Streuobstwiesen, genutzt werden.

An dieser Stelle sehen wir zu allererst die Kommunen in der Beratungspflicht, da die Rückbaukosten bei verschwindenden Gartenvereinen auf die Eigentümer zurückfallen und Gartenparzellen einen wesentlichen Bestandteil des kulturellen Lebens darstellen.

Ich sage eines ganz deutlich: Wir als Land müssen aufpassen, dass wir keine Scheindebatte führen. Bei 22 000 Parzellen - die Zahl ist mehrfach genannt worden - reden wir über 88 Millionen €. Mit Blick auf die Haushaltslage wissen wir selbst, dass wir das nicht stemmen werden. An dieser Stelle müssen wir aufpassen.

Die Kommunen sind in der Pflicht, mit den Gartenvereinen über Kleingartenkonzepte zu reden. Wir in Sülzetal sind gerade dabei. Im Rahmen der Flächennutzungspläne gibt es viele Möglichkeiten.

Diese Aufgabe sollten wir gemeinsam bewältigen. Im Parlament sitzen viele Kommunalpolitiker, die dies mit nach Hause nehmen sollten. Ich selbst tue das auch. Nur das kann das Ziel sein; denn alles andere bringt uns an dem Punkt nicht weiter und führt zu einer Scheindebatte. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Heuer. Es gibt eine Nachfrage, möchten Sie sie beantworten? - Ich sehe, ja. - Frau Buchheim, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Heuer, ich habe darauf hingewiesen, dass es größere Kommunen gibt, die sich nicht im ländlichen Raum befinden, die längst solche Kleingartenkonzeptionen entwickelt haben oder deren Entwicklung gerade in Angriff genommen haben.

Wir kennen allerdings alle die Haushaltslage der Kommunen, weshalb sich die Frage stellt, wie dies finanziell durch die Kommunen gestemmt werden soll. Deshalb war das Anliegen, dass das Land hierzu seinen Beitrag leistet. Dazu würde ich gern Ihre Meinung hören.

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Kollegin Buchheim, sicherlich stehen viele Kommunen unter finanziellem Druck. Sülzetal schiebt ein Vier-Millionen-Loch vor sich her. Das Land steht vor den Haushaltsberatungen und jeder kennt die Haushaltsanmeldungen. Wir haben riesige Steuereinnahmen und wir schaffen es nicht, Prioritäten zu setzen.

Ich sage ganz klar: Es ist eine kommunale Aufgabe und dort muss man hinschauen. Bei den Eigentümern handelt es sich nicht nur um die Kommunen, sondern auch um die Kirchen, die Bahn und weiß der Kuckuck, welche Eigentümer es noch gibt.

Das Land stellt für kommunale Aufgaben schon jetzt 1,628 Milliarden € im Rahmen des FAG zur Verfügung. Es ist nicht möglich, die hierfür erforderlichen Mittel on top zu packen.

Allein mit Blick auf den Rückbau dieser 22 000 Parzellen reden wir über knapp 100 Millionen €, also über 88 Millionen €. Das können wir nicht stemmen. Es kann nur eine Gemeinschaftsaufgabe sein, mit den Vereinen und mit den Kommunen intelligente Konzepte unter Berücksichtigung eines Rückbaus, unter Berücksichtigung einer Umnutzung usw. usf. zu entwickeln. Das kann man nur gemeinsam machen. Aber einfach zu sagen, das Land bezahlt das und legt etwas drauf, das ist der falsche Weg.

Vielen Dank, Herr Abg. Heuer. Es gibt keine weiteren Anfragen.

Beschlüsse in der Sache werden gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Landtages nicht gefasst. Damit ist das zweite Thema erledigt.

Bevor wir in die Mittagspause eintreten, gebe ich eine kurze Information zu unserer Tagesordnung bekannt. Die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, dass der Tagesordnungspunkt 7 mit dem Titel „Auf dem linken Auge blind“ bereits heute zwischen den Tagesordnungspunkten 22 und 23 behandelt wird.

Wir steigen nunmehr in die Mittagspause ein. Wir sehen uns um 13:20 Uhr wieder im Plenum.

Unterbrechung: 12:19 Uhr.

Wiederbeginn: 13:21 Uhr.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren in unserer Tagesordnung fort.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 19

Zweite Beratung

Personalstrategie in der Justiz - Die Dritte Gewalt im Land Sachsen-Anhalt auf tragfähige Füße stellen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/538

Beschlussempfehlung Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung - Drs. 7/2999

(Erste Beratung in der 14. Sitzung des Landtages am 24.11.2016)

Berichterstatterin für den Ausschuss ist die Abg. Frau von Angern. - Frau von Angern, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/538 mit dem Titel „Personalstrategie in der Justiz - Die Dritte Gewalt im Land Sachsen-Anhalt auf tragfähige Füße stellen“ wurde in der 14. Sitzung des Landtages am 24. November 2016 von mir eingebracht. Dort wurde er zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen.