Protokoll der Sitzung vom 22.06.2018

(Beifall bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Rausch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Heute diskutieren wir einen Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Mehr Engagement des Bundes für Rentnerinnen und Rentner im Osten“. Man muss sagen: wieder einmal. Denn seit 28 Jahren ist nichts passiert.

Aber diesmal geht es nicht um eine generelle Aussprache in Form einer Debatte. Nein, diesmal geht es um den Antrag in der Drs. 7/3009. Und ja, Kollegen der LINKEN, es ist richtig, was Sie in Ihrem Antrag fordern. Ich stimme Ihnen in allen vier Punkten zu. Denn die Rente ist weder ein Almosen noch eine Sozialleistung. Die Rente ist die Anerkennung einer Lebensleistung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Es ist schon sehr bedauerlich, wenn man bedenkt, dass Sie seit der Wende, also seit der Wiedervereinigung der BRD und der DDR, nichts unternommen haben, um diesen Umstand zu beenden. Also, nach nunmehr 28 Jahren haben Sie nicht dafür Sorge getragen, dass die Angleichung der Ost- und Westrenten stattfindet oder stattfand. Das ist der eigentliche Skandal.

Keiner von Ihnen habe direkt mit der Gesetzgebung zu tun, da Sie nicht im Bundestag seien, könnten Sie nun sagen. Aber es sind Ihre Parteien, die dort vertreten sind, liebe Kollegen. Ein großer Staatsmann oder eine große Staatsfrau hätten dagegen sicherlich etwas unternommen. Aber weder die Kanzlerin Merkel noch der Kanzler Schröder noch der Altkanzler Kohl haben sich dafür eingesetzt.

(Markus Kurze, CDU: Was?)

Sie alle hatten oder haben eben nicht das Format eines Otto von Bismarck. In meiner letzten Rede habe ich bereits ausgeführt, dass es Otto von Bismarck war, der den Grundstein für die heutige gesetzliche Rente gelegt hat. Denn den damaligen Verantwortlichen war klar, dass ein Volk und eine Nation nicht durch Ungleichbehandlung bei der Rentenpolitik benachteiligt werden dürfen, weil man den sozialen Frieden zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen stört und ihnen das Gefühl gibt, dass sie nicht richtig dazugehören.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns heute ein Zeichen der Wiedervereinigung setzen, unserer historischen Verantwortung gerecht werden und die Renteneinteilung in Ost und

West beenden. Nach mehr als einem Vierteljahrhundert muss die längst überfällige Angleichung als Zeichen der Einheit gesetzt werden.

(Beifall bei der AfD)

Denn für die Geburtenjahrgänge ab 1990 gibt es keinen sinnvollen Grund mehr, warum die Anpassung zwischen Ost und West nicht vollzogen werden sollte. Mit welchem Recht sollte jemand, der in Westdeutschland arbeitet, mit seinem Gehalt mehr Rente bekommen als jemand, der aus den ehemaligen Gebieten der DDR kommt und den gleichen Lohn erhält? - Das ist doch das Problem in diesem Land.

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Angleichung der Ostrenten auf das Westniveau auf den Weg gebracht. Darin ist ein SiebenStufen-Plan vorgesehen. Das Vorhaben ist dennoch umstritten und es hat auch Schwächen. Grundsätzlich begrüßen wir als AfD-Fraktion aber die überfällige Angleichung der Ost- an die Westrenten.

Für uns als Fraktion ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass die Abwertung der Ostlöhne für die Rentenangleichung hingenommen wird. Das ist ein Skandal.

(Zustimmung bei der AfD)

Die Ost-West-Angleichung ist aber nur ein Problem der Rente. Weitere Probleme sind zum Beispiel das Absenken des Rentenniveaus, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und der große Niedriglohnsektor.

Was mich am meisten stört, ist aber, dass sich die SPD als ehemalige Arbeiterpartei hinstellt und darüber schwadroniert und den Bürgern vorgaukelt - wie eben von der Ministerin GrimmBenne schon wieder gehört -, dass in der Rentenpolitik alles gerechter werden müsse. Wem haben wir denn die drohende Altersarmut zu verdanken? - Richtig: der SPD und den GRÜNEN.

Es ist ein anderes Faktum, dass zwischen 2006 und 2016 die Altersarmut in Deutschland um 25 % gestiegen ist, von 4,5 Millionen Menschen auf 5,6 Millionen Menschen, Tendenz stark steigend. Ab dem Jahr 2030 werden ca. 40 % der Neurentner in Altersarmut leben. Das führt unweigerlich zur sozialen Frage des 21. Jahrhunderts. Dieser müssen wir uns stellen. So viel steht fest: Es ist die Verteilungsfrage.

Wenn die Politiker der Altparteien im Bund und hier in Sachsen-Anhalt auch weiterhin Milliarden von Steuereuros in den EU-Zentralismus und in marode Banken investieren oder unsere Sozialsysteme für Millionen von Fremden öffnen, die nie zuvor in dieses System eingezahlt haben, dann werden Verteilungskämpfe folgen.

Jeder Steuereuro kann bekanntlich nur einmal ausgegeben werden. Jeder Steuereuro, der nicht für die einheimische Bevölkerung ausgegeben wird und zur Bekämpfung der Altersarmut, der kann nicht mehr für uns ausgegeben werden. Das werden wir als Alternative für Deutschland nicht akzeptieren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt sehe ich keine Nachfragen. Demzufolge können wir in der Debatte der Fraktionen fortfahren. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abg. Frau Lüddemann das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Regelmäßig reden wir in diesem Hohen Haus über die Rente, führen Rentendebatten, reden über Altersarmut, häufig von der LINKEN vorgetragen. Anfang des Jahres haben wir uns zuletzt mit dieser Thematik befasst.

Für mich und meine Fraktion kann ich feststellen, dass sich am damaligen Sachstand nichts geändert hat und somit auch an unserer Positionierung nicht. Natürlich stehen wir auch heute noch dazu. Das lässt der Alternativantrag erahnen.

Es ist natürlich auch weiterhin problematisch, dass der Rentenwert Ost niedriger ist als der Rentenwert West. Das ist keine Frage.

Die Rentenwertbestimmungsverordnung, die am 8. Juni 2018 vom Bundesrat verabschiedet wurde, sagt aus, dass der aktuelle Rentenwert Ost auf 95,8 % des aktuellen Rentenwerts West steigt. Das ist nicht unbedingt eine klaffende Wunde, aber eine deutlich sichtbare Diskrepanz. Das ist eine Ungleichbehandlung.

(Tobias Rausch, AfD: Ja!)

Sie sollte aus unserer Sicht - das habe ich hier seit Jahren gesagt; das wiederhole ich auch gern noch einmal - geändert werden.

Es soll eine Angleichung der Rentensysteme Ost und West kommen - dafür stehen wir GRÜNEN -, auch gern vor dem Jahr 2025.

Die Chancen - das haben wir auch schon gehört - stehen entsprechend schlecht, weil der Beschluss des Bundeskabinetts gilt. Es ist auch nicht abzusehen, dass sich daran etwas ändert; es sei denn - auch das ist möglich, wenn man sich heutzutage die Bundespolitik anguckt -, dass es Neuwahlen gibt, dass es eine neue Bundesregierung gibt, die andere Prioritäten setzt. Wir werden sehen, wer sich auf Bundesebene durchsetzt.

Nichtsdestotrotz haben wir immerhin positiv zur Kenntnis genommen, dass sich die jetzt noch im Amt befindliche Bundesregierung dazu bekannt hat, die Zusatzrenten zu übernehmen. Ministerpräsident Haseloff, der gerade nicht im Haus ist, hat sich dazu auch persönlich schon mehrfach geäußert.

Die 400 Millionen € würden hier im Land wahrscheinlich sehr viel sinnvoller verwendet werden - nicht „sinnvoller“ in dem Sinne, aber es ist ja Landesgeld, das wir im Moment dafür einsetzen. Das könnten wir dann auch für Landesprojekte einsetzen.

Was immer noch ganz klar sein muss: Wenn die Rentenwerte in ganz Deutschland gleich sind - wir stehen dazu, weil wir sagen, es gibt auch im Osten Menschen, die gut verdienen, und es gibt auch im Westen Deutschlands Menschen, die schlecht verdienen; deshalb ist ein gleicher Rentenwert angesagt -, dann passiert genau das - um auf das Beispiel der Kollegin Bahlmann zurückzukommen -, dass die junge Dame jetzt zwar als Ostrentnerin klassifiziert wird, im Endeffekt aber davon profitiert.

Das muss man wissen, wenn man seine Klientel insbesondere im Osten hat, dass dabei an vielen Stellen am Ende eine schlechtere Bewertung herauskommt.

Ich finde, wenn man bundespolitisch agiert - das tun wir GRÜNEN -, dann muss man auch zu seiner bundespolitischen Verantwortung stehen. Deswegen ganz klar: gleiche Rentenwerte für Ost und West.

Ansonsten ist, glaube ich, alles gesagt. Ich habe mir noch ein paar Punkte aufgeschrieben. Es würde sich aber immer wieder doppeln. Ich glaube, der Kern ist gesagt und herübergebracht.

Ich kann immer nur wiederholen, wir sind auch an dieser Stelle für Gleichbehandlung. Ausgleichen muss man in den Regionen. Dafür muss man an die Tarifpartner und an die Löhne gehen.

Um die Antwort auf Ihre Frage, die Sie zwar einem anderen Kollegen gestellt haben, aber an dieser Stelle gleich vorwegzunehmen: Wir setzen eher auf eine Grundrente, die allen zur Verfügung steht, die auch die Lebensleistung von Menschen anerkennt, die in ihrem Leben oft aus verschiedenen Gründen und in vielen Fällen - bei dem, was mir an Kenntnissen vorliegt -, gerade wenn ich die Alleinerziehenden sehe, nicht aus eigenem Tun heraus in der Lage sind, so viele Rentenpunkte anzuhäufen, und ihnen ein menschenwürdiges Auskommen garantiert. Dafür gibt es das Konzept der GRÜNEN-Grundrente.

Das wäre sozusagen ergänzend zu dem, was der Kollege Krull hier mit drei Säulen vorgetragen hat,

ein wichtiger Part, den wir als grünen Beitrag hinzufügen würden. - Vielen Dank.

Es gibt eine Nachfrage, und zwar von Herrn Rausch. Diese kann er jetzt stellen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kollegen Lüddemann, ich habe Sie so verstanden, dass Sie gesagt haben, dass sich die GRÜNEN auf Bundesebene generell dafür einsetzen, dass der Wert gleichgesetzt wird, und dass das Problem darin besteht, dass die Löhne zwischen Ost und West aufgrund der Tarifverträge, die es teilweise gibt - IG Metall usw. - noch unterschiedlich sind, sodass es ein Ungleichgewicht ist und es Nachteile gibt. Das sehen Sie erst einmal so? - Okay.

Dann wollen Sie sich dafür einsetzen, dass die Löhne angeglichen werden. So habe ich Sie verstanden.

Soweit ich das als Politik kann. Ich achte sehr die Macht der Gewerkschaften und die Tarifhoheit. Wir haben uns immer sehr dafür eingesetzt, dass im öffentlichen Dienst keine Ungleichbezahlung erfolgt.

Soweit ich es beeinflussen kann, würde ich es tun. Ich sehe die großen Unterschiede inzwischen zwischen Regionen und zwischen Berufsgruppen und weniger in der Regionalität zwischen Ost und West.

Als wir das Thema beim letzten Mal hatten - damals hatte ich auch gesagt, dass die Löhne auch angeglichen werden müssen und es nicht hinnehmbar sei, dass wir zwischen den Abschlüssen der IG Metall Ost und West Differenzen von 16 % bis 24 % haben -, hat Ihr Kollege Herr Striegel mir quasi vorgeworfen, dass man die Tarifautonomie abschaffen wollte.

Wenn wir immer darüber reden, insbesondere auch die GRÜNEN, dass alles gerechter werden muss, dann muss man doch einmal sagen, dass es nicht gerecht ist, dass ein Schlosser hier im Osten, auch wenn er nach IG-Metall-Tarif bezahlt wird, im Durchschnitt für die gleiche Arbeit weniger bekommt als im Westen. Sehen Sie es auch so?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist Tarif- autonomie!)

Natürlich ist das ungerecht, aber das heißt nicht, dass ich die Tarifautonomie abschaffen kann und will.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)