Zum Schluss noch ein kleiner Denkanstoß. Sie werden sicherlich die Vorschläge von Herrn Prof. Hirschauer von der Uni Halle und von Prof. Mußhoff aus Göttingen gelesen haben: eine Risikoausgleichszulage, welche aus Teilen der Direktzahlungen erfolgen soll. Ich denke, man sollte diesen Vorschlag nicht von vornherein abtun, sondern darüber diskutieren. Das wäre im Ausschuss durchaus möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, wir plädieren dafür, beide Anträge an die Ausschüsse zu überweisen. Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen. - Vielen Dank, für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ob Sonne brennt, ob Regen fällt - der Bauer schreit nach Steuergeld. Dieser freche Reim ist der neue Sommerhit in diesem Jahr, dem als Ouvertüre im Medientheater die Forderung des Bauernverbandes nach Hilfsgeldern in Höhe von 1 Milliarde € vorausgegangen war.
Wie kommt der Bauernverband denn auf eine derartig hohe Summe? - Das kann ich Ihnen sagen: Es hat ein halbes Jahr lang nicht geregnet; der Ertrag bei den Feldfrüchten ist in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt ein Drittel geringer; Futterpflanzen und Sonderkulturen weisen Ernteausfälle von mehr als 50 % auf.
Wie sich der Futtermittelmangel entwickeln wird, steht noch in den Sternen, aber bereits jetzt kostet der 300-kg-Heuballen 90 €, normal wären 40 €. Es ist noch nicht einmal Frühjahr. Es wird also wohl oder übel ein weiterer Abbau der Tierbestände erfolgen, in welchem Ausmaß bleibt abzuwarten. Es wird aber dramatisch werden.
Daher gewährt die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner - man spricht von ihrer ersten großen Bewährungsprobe - großzügig Gesamthilfen in Höhe von 340 Millionen € - Gesamthilfen! -, das heißt also 170 Millionen € aus dem Bundeshaushalt und weitere 170 Millionen € aus den Ländern. In Sachsen-Anhalt sollen so Hilfen von insgesamt 30 Millionen € bereitgestellt werden. Bei einem geschätzten Gesamtschaden von 270 Millionen € ist dies ein Tropfen auf den immer noch trockenen Boden - jedenfalls für die Landwirte, die es wirklich extrem getroffen hat.
Ich halte die versprochenen Hilfen für richtig, wichtig und nötig. Noch wichtiger aber war die vom Ministerium getroffene Entscheidung, dass diese Dürre eine Naturkatastrophe sei; denn viele Landwirte strecken bereits ihre Risiken. Sie schließen schon längerfristige Kontrakte ab, versichern sich eines Abnahmepreises an der Börse oder gehen andere Exportverpflichtungen ein. All das kann bei Nichteinhaltung der Lieferbedingungen im Hinblick auf Qualität und Quantität aber auch zu Strafzahlungen führen. Die betroffenen Landwirte können sich nun aber auf die Naturkatastrophe berufen, die ihre Ernte ruiniert hat, also höhere Gewalt, und so vielleicht den Strafzahlungen entgehen.
Der Landwirt ist aber nicht nur einer, der mit dem Trecker über das Feld fährt, der Pflanzen pflegt, seine Ernte einholt und uns dabei noch mit seinen Erntemaschinen auf dem Arbeitsweg die Straße blockiert. Er hat vor uns noch andere gesellschaft
liche Aufgabe übernommen. Sie werden es nicht glauben, er macht auch noch viele Sachen einfach so nebenbei, wofür in Kommunen kein Geld und keine Leute mehr da sind.
Der Landwirt soll nämlich die Umwelt schützen. Er soll die Landschaft pflegen, er soll das Volk ernähren und auch noch den Volkswohlstand mehren. Er soll die Straßen sauber halten, die Hecken stutzen, die Dorfwiese mähen und im Winter auch einmal Schnee schieben. Er soll Vereine sponsern und sich an gemeinnützigen Initiativen beteiligen. Er soll Arbeitsplätze schaffen und die Arbeitskräfte auch noch gut entlohnen. Er soll auch einmal den einen oder anderen Raser aus dem Graben ziehen.
All das und noch viel mehr wird von unseren Landwirten erwartet. Und ganz nebenbei muss er auch noch ordnerweise Bürokratie aus Brüssel, Berlin und Magdeburg bedienen.
Für all diese Leistungen, neben dem einfachen Anbau auf dem Feld und der Arbeit im Stall, muss man unseren Landwirten auch einmal Danke sagen.
Ein Landwirt ist aber auch Unternehmer, der Risiken eingeht, der kalkuliert, der am Markt agiert und die Widrigkeiten des Wetters auf sich nimmt. Dazu lautet ein weiteres Sprichwort, dass der Bauer eine Ernte auf dem Feld, eine in der Scheune und eine auf der Bank hat. Diese Weisheit ist leider überkommen; denn in Zeiten der Globalisierung und der Abhängigkeit der Landwirte vom sogenannten Weltmarkt, haben Spekulanten einen weitaus größeren Einfluss auf die Preise von Agrarrohstoffen als eine lokale Dürre in Sachsen-Anhalt.
Darum ist auch das weltfremde Gezeter in den Zeitungen nicht zu ertragen, die den Bauern vorwerfen, sie würden einen warmen Euro-Geldregen empfangen. Wir Landwirte versuchen wirklich vieles, um ordentlich zu produzieren. Viele von uns halten sich sklavisch an alle Regeln, Vorschriften und Beschränkungen. Viele erfüllen ihre gesamtgesellschaftlichen Aufgaben immer wieder Tag für Tag mit Freude, obwohl viele aus der Bevölkerung die Landwirte eher kritisch betrachten und dann die Sonderangebotsmilch aus dem Regal fischen, anstatt die regionale Weidemilch zu kaufen.
Wollen wir ehrliche Preise, müssen alle Subventionen weg, alle Handelsbeschränkungen und alle Qualitäten müssten gleich sein. Dann könnte der Verbraucher wirklich frei entscheiden, was er kauft: Rindersteaks aus Brasilien mit 10 000 km Anreise von Extensivfleischrindern, die auf ehemaligen Regenwaldstandorten grasen und ohne
Tierschutzstandards transportiert und geschlachtet werden, oder doch lieber ein Steak vom roten Höhenvieh aus der Herde des Brockenbauern?
Aber solange die Bedingungen nicht fair sind, so lange muss der Landwirt geschützt werden. Einige kommentieren die Meldungen zur Dürrehilfe mit: Wir brauchen auch Hilfe für Dachdecker, wir brauchen Hilfe für Sonnenbankbetreiber und auch für Biergartenbesitzer brauchen wir Hilfe, wenn es einmal regnet. - Von mir aus, sollen sie diese Hilfe beantragen. Aber ich möchte sagen, dass der Dachdecker ohne ein gutes Frühstück, das der Landwirt herstellt, nicht auf das Dach kommt, dass sich die Sonnenbankanbeterin ohne ihr Morgenmüsli nicht zur Sonnenbank schleppen kann und dass der Biergartenbesitzer weder Bier noch Brezeln verkaufen kann ohne die Arbeit des Landwirtes. Wie traurig!
Dennoch dürfen solche Hilfen nicht zur Regel werden. Der Landwirt muss sich anpassen. Dafür muss Politik die Richtung und den Rahmen vorgeben. Das werden wir auch tun.
Dem Antrag der LINKEN auf Überweisung in den Ausschuss werden wir zustimmen. Wir werden uns gut darum kümmern, dass wir in Sachsen-Anhalt vielleicht noch einmal Vorreiter sein können, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu gestalten.
Vielen Dank, Herr Abg. Loth. Es gibt auch keine Fragen. - Wir kommen zu den nächsten Rednerinnen. Es ist angekündigt worden, dass der Beitrag der GRÜNEN geteilt werden soll. Erste Rednerin für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus eigener Anschauung kann ich sagen: Die Lage ist katastrophal, erschreckend wegen der Ernteausfälle, erschreckend wegen des Zustands des Bodens, erschreckend wegen der absehbaren Missernten bei Mais und Hackfrüchten und erschreckend, weil wir es hätten besser wissen können, besser wissen müssen.
Die Dürre ist ja nicht das einzige Problem, welches wir uns als Menschheit wegen zu wenig Klimaschutz in den letzten Jahren selbst eingebrockt haben. Die Durchschnittstemperatur in Deutschland liegt aktuell bei 1,4 °C über dem vor
schwemmungen, Wald- und Feldbrände, Ernteausfälle, die statistisch nachweisbare Häufung von Extremereignissen beweist: Das ist kein Wetter mehr. Das ist Klima, das ist Klimakrise, das ist Klimawandel.
Die staatlichen Hilfen für unsere Landwirtschaft zeigen ganz plastisch, was mit volkswirtschaftlichen Kosten von fossilen Energien gemeint ist. Es ist unverantwortlich und Frevel an den kommenden Generationen, dass die Bundesregierung selbst einschätzt, dass sie das selbst gesteckte Klimaziel 2020 reißen wird.
Der größte Treiber der Erderwärmung ist der CO2Ausstoß. Dessen drastischer Anstieg lässt sich nur durch die massive Verbrennung fossiler Energieträger erklären. Das ist nicht mehr nur der natürliche Treibhauseffekt, das ist ein von Menschen gemachter Klimawandel. Deshalb klar und ohne Wenn und Aber: Kohleausstieg. Ohne Kohleausstieg kein Klimaschutz.
Wir sind es den Menschen im Süden SachsenAnhalts und überhaupt schuldig, als Politik klare Leitlinien zu zeichnen und mit ihnen den Menschen vor Ort und der Wirtschaft gemeinsam den Transformationsprozess zu gestalten. Nur so schaffen wir ein zukunftsfestes Sachsen-Anhalt.
Selbstverständlich brauchen wir kurzfristige Hilfen für existenzbedrohte Bäuerinnen und Bauern. Was aber viel wichtiger ist: Wir müssen Lehren ziehen. Notmaßnahmen können und dürfen nicht die Regel sein.
Auf Europa-Ebene steht die neue Verhandlung der GAP an. Wir müssen in Europa und in Sachsen-Anhalt verantwortungsbewusstem und klimagünstigem Handeln überall Vorschub leisten, auch in der Landwirtschaft.
Das Gesamtgefüge, das in diesem Sommer in Form von Dürre über uns zusammengebrochen ist, aber auch in anderen Bereichen, braucht auch andere Stützen. So werden Klimaschutz und damit bessere Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft nicht ohne Dekarbonisierung im Verkehr funktionieren.
Zur Abmilderung der Folgen der Erderwärmung bedarf es zudem einer ehrlicheren CO2-Bepreisung. Für Kohle- und Gaskraftwerke etwa, bei dem der Emissionshandel greift, müssen wir einen Mindestpreis für CO2 festlegen, der eine steuerähnliche Wirkung entfaltet. Wir müssen
Da der Prozess nur verlangsamt werden kann, benötigen wir dringend Anpassungsstrategien an Klimafolgen. Es wird nicht alles mit Geld zu regeln sein, auch nicht mit Versicherungen. Die Münchner Rück und die Allianz, die wahrlich nicht als Freunde der GRÜNEN bekannt sind, warnen sehr eindringlich davor, dass die Folgen des Klimawandels nicht mehr bezahlbar sind.
Daher wollen wir GRÜNE Klimaschutz als Staatsziel festschreiben, um ein klares Zeichen zu setzen, dass uns die Lebensgrundlagen wichtig sind.
Wir brauchen Kohleausstieg, Dekarbonisierung im Verkehr inklusive Kerosinsteuer, zukunftsorientierte, klimaangepasste Landwirtschaft sowie Wärmewände im Gebäudebereich, zudem Entsiegelung unserer Städte und Gemeinden, mehr ÖPNV, Hitzepläne zur Gesundheitsvorsorge.
Um den Bauern und den Menschen im Land tatsächlich zu helfen, brauchen wir eine Gesamtstrategie, um die Erderwärmung zu begrenzen und mit den Klimafolgen zu leben. Wir brauchen genau das, was die aktuelle Bundesregierung nicht hat.
Vielen Dank, Frau Abg. Lüddemann. - Jetzt kommt der nächste Beitrag, und zwar ist jetzt Frau Frederking an der Reihe. Sie haben das Wort, Frau Frederking.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Klimawandel schlägt nun gnadenlos zu und die Leidtragenden in diesem Jahr sind Land- und Forstwirtschaft. Namens meiner Fraktion kann ich sagen: Wir sehen die Verzweiflung und wir können das nachempfinden. Wir sind tief betroffen und erschüttert über die Schäden.