Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Wir fordern Sie auf, verlassen Sie Ihre Zwergenperspektive und nutzen Sie die finanziellen Spielräume für wichtige Investitionen, vor allem beim FAG, bei der Krankenhausfinanzierung, bei der Schulsozialarbeit, mit einem Landesschulbauprogramm und bei der Finanzierung der Hochschulen.

Bildung, Gesundheit und starke Kommunen, das sind die Themen, die die Leute umtreiben. Das sind die Themen, die wir hier im Land entscheiden können. Dazu bieten Sie mit Ihrem Haushaltsplan nicht einmal halbe Lösungen an.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Hier muss und hier kann mehr passieren. Dafür werden wir uns in den Haushaltsverhandlungen einsetzen. Richten Sie Ihren Blick nach vorn und nicht weiter nach unten. Geben Sie diesem Land eine Chance. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lippmann, es gibt zwei Fragen. Als Erster ist Herr Dr. Grube an der Reihe. - Herr Dr. Grube, Sie haben das Wort.

Ist es wahr, dass ich schon dran bin?

Ja, ja.

Herr Kollege Lippmann, ich habe eine Verständnisfrage. Sie haben vorhin beim flammenden Plädoyer darüber, die Finanzmasse für das FAG maßgeblich zu erhöhen, den Satz gesagt, es soll dynamisiert werden um die Inflation und um die Tarifaufwüchse. Ist das additiv gemeint?

Das reale Volumen der FAG-Zuweisungen soll nicht sinken, das heißt, es muss beides eingepreist werden. Wir wissen, dass die Inflation im Moment bei 2 % liegt. Wir wissen auch, dass die Tarifsteigerungen wahrscheinlich bei 3 % liegen werden. Das ist das, was mindestens draufkommt. Vor der Klammer hatte ich allerdings noch gesagt, dass auch noch aus den anderen Bereichen was hineinkommen soll. Aber natürlich, so wie das jeder erwartet. Wenn ich Zuweisungen an andere mache, die mit dem Geld klarkommen müssen - das wissen Sie auch -, muss Personal finanziert werden, jedenfalls in bestimmten Größenordnungen.

Die zweite Wortmeldung kam von Herrn Raue. Herr Raue, Sie haben das Wort.

Herr Lippmann, ganz kurz: Der erste Teil Ihrer Rede war ziemlich allgemein gehalten. Dabei teilten Sie uns mit, dass wir ein Einnahmeproblem haben, das Sie auch gern durch Einnahmesteigerungen, mithin Steuern und dergleichen, Steuer- und Abgabenerhöhung, lösen wollen und somit sogar in vier bis fünf Legislaturperioden quasi unsere Schulden am besten noch tilgen wollen.

Jetzt frage ich Sie in allem Ernst: Gibt es ein einziges Land, in dem das Modell, das Sie vorschlagen, schon jemals funktioniert hat,

(Heiterkeit bei der CDU)

abgesehen von der Sowjetunion, vielleicht 70 Jahre lang?

(Heiterkeit bei und Zurufe von der CDU)

Und wie wollen Sie verhindern, dass die Leistungsträger der Gesellschaft nicht ihr Glück in anderen Staaten suchen und unserem Land den Rücken kehren, wenn Sie diese unheimlich beschneiden?

(Florian Philipp, CDU: Die Mauer zurück- bauen! - Weitere Zurufe von der CDU und von der LINKEN)

Da gab es ja auch mal ein Modell. Wollen Sie das wiederbeleben?

Erstens gibt es sehr prominente Länder, die uns das vormachen, zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika, das Kernland des Kapitalismus. Schauen Sie sich einmal an, wie sich die Wirtschaftsentwicklung und die Geldentwicklung dort entwickelt haben, vor allem auch vor dem Krieg. Natürlich kann man Steuern einnehmen. Man kann nicht nur, sondern man muss die Steuern einnehmen.

Das Problem, was wir haben, ist das vagabundierende Geld an den Finanzmärkten, das keinen Hafen mehr in der Realwirtschaft hat. Für den Hafen können die Privaten selber durch Investitionen sorgen. Die Großen, um die es hier geht, können aber gar nicht mehr investieren, weil es gar keine investiven Bereiche gibt, in denen sich das lohnt. Die haben inzwischen alle eigene Banken, weil sie mit ihrem Geld sonst nicht wissen, was sie machen sollen.

Der zweite Großinvestor ist der öffentliche Bereich, ist der Staat. Wenn die Privaten das Geld nicht in den Umlauf bringen - 6 Billionen € frei verfügbares Kapitalvermögen, übrigens viel höher als die Wirtschaftsleistung -, muss es der Staat machen. Alle erwarten, dass die nächste Blase kommt, und sie wird kommen. Wir zahlen jetzt 100 Millionen € Schulden zurück. Und ruckzuck haben wir wieder 500 oder 600 Millionen € an Schulden in unserem eigenen Haushalt drin. Und wieder 500 Milliarden € im Bundeshaushalt - -

Dieses Geld muss gebunden werden in der Realwirtschaft. Das geht nur über vernünftige Steuern. Dabei ist niemand hier im Raum gemeint. Das wissen Sie alle auch. Ich nenne Ihnen ein Beispiel; es ist ein wenig alt, aber es passt deswegen, weil das aus der Zeit vor dem Dieselskandal stammt.

Wenn der VW-Konzern berichtet, dass er einen Gewinn nach Steuern von 22 Milliarden € hat, dann müssen alle hier im Raum die Frage beantworten, welchen Sinn es haben soll, dass das Jahresergebnis eines einzigen Großkonzerns so hoch ist wie das Doppelte des Haushaltes für unser ganzes Land und so hoch wie unser ganzer Schuldenberg, an dem wir noch 200 Jahre herumkräpeln sollen, um den zurückzahlen.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

- Nein. Von diesen 22 Milliarden € können Sie sofort 15 Milliarden € wegnehmen, dann hat VW immer noch 7 Milliarden €, mit denen dieser Großkonzern nichts anfangen kann. Die 15 Milliarden € aber könnten Sie umverteilen.

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

Und das ist nur einer von den Großkonzernen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lippmann, Herr Raue hat noch eine Nachfrage. - Herr Raue, Sie haben das Wort.

Das ist eine Frage der Steuergesetzgebung.

(Guido Heuer, CDU: Jetzt wird es ja richtig lustig hier! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

Ich bitte doch um mehr Ruhe.

(Zurufe von Guido Heuer, CDU)

Herr Raue, Sie haben das Wort.

Herr Lippmann, das haben Sie uns jetzt eindrucksvoll und auch wie von mir erwartet beschrieben.

(Zurufe von der CDU)

Ich sage Ihnen aber auch Folgendes: Noch gehört den Unternehmen und den Privatleuten dieses Geld, das Sie gern einnehmen und umverteilen wollen. Diese Unternehmen werden, bevor Sie das in die Tat umsetzen können, diesem Land den Rücken zukehren. Das Geld wird dann aus diesem Land schneller verschwunden sein, als ein Mensch die Grenze überschritten hat. Das dürfen Sie nicht vergessen.

(Unruhe bei der LINKEN - Zurufe von der AfD, von Dr. Reiner Haseloff, CDU, und von Florian Philipp, CDU)

Das dürfen Sie nicht vergessen.

(Zurufe von der LINKEN, von der CDU und von der AfD)

Wenn Sie fragen, wo das Geld investiert werden soll, dann kann ich Ihnen auch das sagen. Das Geld würde dann im Ausland investiert werden und nicht in Deutschland.

(Zurufe von der CDU)

Dann wäre es auch mit der Politik der LINKEN ziemlich schnell zu Ende. Also, Herr Lippmann, so wird das nichts.

(Zurufe von der CDU und von der LINKEN)

Herr Lippmann, Sie haben noch einmal das Wort.

Nein, es ist ja klar, dass wir jetzt sozusagen an diesen Schmerzpunkten angekommen sind. Da reden wir jetzt über das Kapital, das scheue Reh, das man nicht angreifen kann. Natürlich sind Regelungen denkbar - die gab es ja auch schon -, wenn wir die Steuergesetzgebung heute wieder hätten, die wir Mitte der 90er-Jahre schon hatten - ich rede ja nicht über Wolkenkuckucksheim -, und da geht auch noch ein bisschen was darüber.

(Guido Heuer, CDU: Sie reden die ganze Zeit vom Wolkenkuckucksheim!)

- Nein, nein.

(Guido Heuer, CDU: Doch, doch!)

Sie verdrängen nur die ganze Zeit, was hier in den letzten 20 Jahren steuerrechtlich passiert ist.