Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

mit befinden wir uns auf einer Linie mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Außerdem - ich glaube, das ist das Wesentliche, das auch in der Haushaltsdebatte schon eine Rolle gespielt hat - wollen wir dem sich im öffentlichen Dienst des Landes bemerkbar machenden Fachkräftemangel begegnen. So soll zur Deckung des Personalbedarfs ein Zuschlag gewährt werden können, wenn eine Beamtin oder ein Beamter einen Eintritt in den Ruhestand hinausschiebt. Die Höhe des Zuschlags beträgt bei einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit 10 % des Grundgehalts. Damit sollen bereits im öffentlichen Dienst befindliche Bedienstete länger im aktiven Dienst gehalten werden. Ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts ist nach der entsprechenden Vorschrift im Landesbeamtengesetz um insgesamt bis zu drei Jahre möglich.

Doch auch für die Gewinnung neuen Personals sollen zusätzliche finanzielle Anreize geschaffen werden können. So wird in dem Gesetzentwurf die Möglichkeit der Gewährung eines Zuschlags zur Sicherung von Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit vorgesehen. Zuschlagsberechtigt sind die Beamtinnen oder Beamten der Besoldungsordnung A sowie der Besoldungsgruppe B 1. Voraussetzung ist zudem, dass ohne die Gewährung eines Zuschlags eine anforderungsgerechte Besetzung nicht gewährleistet werden kann. Die Höhe des Sonderzuschlags darf monatlich ebenfalls 10 % des Anfangsgrundgehalts der entsprechenden Besoldungsgruppe nicht übersteigen.

(Minister Marco Tullner: Sehr gut!)

Auch im Landesbeamtenversorgungsgesetz - ja, hier applaudiert ein Profiteur - ist eine Regelung zur Begegnung des Fachkräftemangels verankert worden. So wird die Hinzuverdienstgrenze für Ruhestandsbeamte und Ruhestandsbeamtinnen angehoben. Diese soll bei Ausübung einer Tätigkeit in der unmittelbaren oder mittelbaren Landesverwaltung 120 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge betragen. Bisher liegt diese Hinzuverdienstgrenze bei einer Höhe der jetzigen ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Mit dieser Gesetzesänderung würde eine entsprechende berufliche Tätigkeit für diesen Personenkreis natürlich an Attraktivität gewinnen.

Außerdem werden erforderliche versorgungsrechtliche Anpassungen und redaktionelle Korrekturen vorgenommen. In der Zusammenschau wird deutlich, dass mit dem Gesetzentwurf gewichtige Vorhaben auf den Weg gebracht werden. Deswegen bitte ich um die Überweisung in den Ausschuss für Finanzen und um zügige Beratung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Eine Debatte ist hier nicht vorgesehen. Ich habe auch keine weiteren Wortmeldungen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Doch! Halt!)

- Oh, Entschuldigung. Das habe ich übersehen. Herr Knöchel, wollen Sie nach vorne kommen? - Ja, gut. Dann tun Sie das.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Nein, ganz ohne Debatte kann das Gesetz nicht die erste Lesung verlassen. Es ist nicht die Freude über die Beendigung eines Teils Ihres Pensionsfondsmasochismus, die mich an das Rednerpult treibt, sondern Sie erklären mit dem Gesetz, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes über die Möglichkeit von Zulagen zu bestimmten Besoldungsgruppen besser zu gewährleisten. Das ist die eine Absicht, die Sie erklären.

Auf der anderen Seite können wir uns natürlich auch fragen: Was macht bestimmte Dinge im öffentlichen Dienst unattraktiv? - Das ist zum Teil auch das Bild, das Politik von Beamten zeichnet. Und genau mit diesem Gesetz, mit dem Sie es angeblich attraktiver machen wollen, überzeichnen Sie dann das Bild.

Es geht um die zweite Besoldungsübergangsverordnung. Hier schlagen Sie vor, dass man per Gesetz alle rechtlich offenen Fälle sozusagen regeln möchte. Also nur die, die damals geklagt haben, sollen jetzt per Gesetz Recht bekommen. Aber wer geklagt hat, kriegt normalerweise durch die Gerichte Recht.

Wenn wir also erkannt haben, dass diese Regelung verfassungswidrig war, und selbst wenn das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, hier ist keine grundsätzliche Aufhebung des Gesetzes erforderlich, halten wir es aber schon aus Respekt vor den Landesbediensteten für erforderlich, dass alle Fälle und nicht nur die offenen behandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn das ist der Punkt, der den öffentlichen Dienst unattraktiv macht: Ihre Politik nach Kassenlage, die Sie jetzt mit dem Gesetz wieder nach vorne treiben.

(Beifall bei der LINKEN - Minister André Schröder: Das entspricht der Rechtspre- chung!)

- Nur kurz auf Ihren Zwischenruf. Die Rechtsprechung sagt nur: Es ist nicht nötig, alle Ansprüche abzudecken, aber es ist möglich. Und von dieser Möglichkeit machen Sie keinen Gebrauch.

(Beifall bei der LINKEN)

Gut. - Das war übrigens ein Irrtum von mir. Es ist hier schon vermerkt gewesen, dass Herr Knöchel den Redebedarf angemeldet hatte.

(Minister Marco Tullner: Oh, oh, oh! - Zu- stimmung von Rüdiger Erben, SPD)

- Das ist jetzt nicht gleich einen Beifall wert, Herr Erben. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir haben bereits von der Landesregierung die Bitte auf Überweisung in den Finanzausschuss gehört. Das war der Einzige, ja? - Okay. Dann möchte ich dies jetzt zur Abstimmung stellen.

Wer ist dafür, dass dieser vorliegende Gesetzentwurf in der Drs. 7/3373 in den Finanzausschuss zur Beratung überwiesen wird, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das ist offensichtlich das ganze Haus. Ich mache trotzdem die Gegenprobe. Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Somit ist der Gesetzentwurf einstimmig in den Finanzausschuss überwiesen worden. Wir können den Punkt 8 schließen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 9

Erste Beratung

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/3381

Einbringerin für die Landesregierung ist die Ministerin Frau Grimm-Benne. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass mit dem heutigen Tag die parlamentarischen Beratungen zur Novelle unseres Kinderförderungsgesetzes beginnen können.

Wir haben gemeinsam das Versprechen eingelöst, das wir gegeben haben. Die Novelle des Kinderförderungsgesetzes bringt ein Plus für Eltern, für Erzieherinnen und für die Gemeinden. Der für mich wichtigste Baustein entlastet Familien. Wir wollen die Beitragsfreiheit ab dem zweiten Kind. Keine Familie soll für mehr als ein Kind Krippen- oder Kita-Beiträge zahlen.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Gezahlt werden muss nur für das älteste Kind. Nach unseren Berechnungen werden für 10 000 Kinder die Beiträge entfallen. Das entlastet Familien mit zwei, drei oder mehr Kindern ganz praktisch. Mehr als 60 000 Geschwisterkinder profitieren davon, dass mehr Geld im Familienbudget ist.

Es bleibt beim gleichen Bildungsanspruch für alle Kinder. Dieser umfasst künftig acht Stunden. Darüber hinaus können wie bisher alle Eltern, die es benötigen, zehn Stunden Betreuungszeit in Anspruch nehmen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und bleibt ein Markenzeichen der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt. Daran wird sich nichts ändern.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, und von Andreas Steppuhn, SPD)

Wer bis zu zehn Stunden braucht, um etwa Familie und Beruf zu vereinbaren, wer Familienangehörige pflegt oder eine Ausbildung macht, bekommt bis zu zehn Stunden täglich.

Urlaub, Krankheit und Fortbildungen des Fachpersonals werden künftig stärker als bisher berücksichtigt. In einem ersten Schritt werden pro Fachkraft zehn Arbeitstage pro Jahr extra in die Personalkosten eingerechnet. Zudem wird zusätzliches Personal in Tageseinrichtungen mit besonderen Bedarfen finanziert.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Das entspannt die Personalsituation und verbessert die Fachkraft-Kind-Quote.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Meine Damen und Herren, wir kennen die Situation vor Ort, wir wissen um die enge Personaldecke und die hohen Ausfallzeiten. Darauf muss reagiert werden. Wir sagen: Das ist ein erster Schritt.

Wir stärken die Rolle der Kommunen und wir entlasten Kommunen finanziell. Und, was wir immer zugesagt haben, die Finanzierung des Systems wird einfacher und transparenter gestaltet. Das Land übernimmt ab Januar 50 % der Personalkosten, ab August 2019, wenn alle Verbesserungen greifen, dann 51 %. 51 % deshalb, weil damit die zehn Tage Ausfall für Fortbildung, Urlaub und Krankheit finanziert werden.

Meine Damen und Herren! Wir werden ein gestuftes Inkrafttreten haben. Die Entlastung für die Eltern soll zum Jahresanfang greifen, weitere Änderungen kommen dann zum Kita-Jahr. Damit reagieren wir auf Bitten sowohl der kommunalen Spitzenverbände wie auch der Liga, die Zeit für die Vorbereitungen, insbesondere auch für die Personalakquise brauchen. Das Kabinett hat dem Rechnung getragen.

An dieser Stelle wird noch etwas deutlich: Der Fachkräftemangel auch bei Erzieherinnen ist enorm groß. Wir müssen gucken, wie wir diese Lücke schließen. Wenn schon die zehn Tage Ausfall bedeuten, dass man neu rechnen und gucken muss, woher man Personal bekommt, sieht man, mit welchem Augenmaß man gucken muss, wie man das hinbekommt.

Es ist ein Paket, meine Damen und Herren Abgeordnete, mit dem wir an den Start gehen, ein Paket, das sowohl mehr Qualität als auch das Ziel der Beitragsfreiheit im Blick hat. Ich weiß, manchem ist das nicht prall genug gefüllt. Ich kenne die Einwürfe: „Andere Länder schaffen Beitragsfreiheit, warum wir nicht?“ Ich sage immer wieder: „Lesen Sie das Kleingedruckte. Legen Sie die Landesgesetze, die geschaffen worden sind, nebeneinander.“ Eine Familie mit zwei Vorschulkindern steht in Sachsen-Anhalt in der Regel besser da als in Berlin. Dort gibt es zwar Beitragsfreiheit, aber bis zu 90 € pro Kind müssen trotzdem meistens gezahlt werden.

Natürlich entscheidet das Geld mit darüber, was jetzt machbar ist. Das gilt für die Kinderbetreuung wie für alle anderen Politikbereiche auch. Ich bin ganz sicher, dass wir stolz auf das sein können, was wir hier vorlegen. Wir haben im Vergleich zu anderen Bundesländern lange Öffnungszeiten. Wir haben immer noch gutes qualifiziertes Personal; das zeigt uns die Evaluierung. Wir haben einen Ganztagsanspruch für alle Kinder. Acht Stunden Bildungsanspruch entsprechen einem ganzen Arbeitstag. Wenn Eltern zehn Stunden Betreuung für ihr Kind brauchen, werden sie diese bekommen.

Wer dieses Paket kennt und dennoch die Botschaft ins Land hinausträgt, da würden nur neue Probleme geschaffen, ernsthaft: Den verstehe ich nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Parallel dazu wird auf Bundesebene das GuteKita-Gesetz beraten.

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

Ich sage, wir können mit klugem Einsatz die Bundesmittel nutzen, um weiter zu gucken, wie wir weitere Qualität gestalten können. Einen Punkt hat uns der Bund schon weggenommen. Das war auch bei uns eine Riesendiskussion. Die Beitragsfreiheit für Geringverdiener mit Kinderzuschlag und Wohngeld kommt bundesweit.