Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Kommen wir zur Energiewende. In diesem Zusammenhang hörten wir in der letzten Woche im Ausschuss, dass es nunmehr Bestrebungen gibt zu eruieren, wer im Land Sachsen-Anhalt eigentlich Windkraftanlagen betreibt. Wer unsere Wind

anfragen verfolgt, der weiß, dass kaum ein Betreiber seinen Sitz in Sachsen-Anhalt hat.

Derjenige, der unsere Anfragen - mittlerweile mehr als 40, glaube ich - gelesen hat, hat auch mitbekommen, dass Frau Ministerin Dalbert nicht weiß, wie viele Windanlagen hier eigentlich aufgebaut sind und noch aufgebaut werden, welche Leistungen sie wirklich erbringen, wie viele dieser Anlagen nach welchen Richtlinien irgendwie repowert werden können und wie ihr technischer Zustand ist. Vor allem wissen wir auch nicht, was mit den Resten passiert, wenn die Altanlagen abgebaut werden.

(Zustimmung bei der AfD)

Kommen wir nun zu einer Aufgabe, der bisher kein Minister in Sachsen-Anhalt gewachsen war, der Natura 2000, ein Regelwerk der EU, das mittlerweile das Zusammenspiel zwischen Mensch, Natur und Wirtschaft in Sachsen-Anhalt bedroht. Die größte Bürgerbeteiligung jemals - so die Worte der Frau Ministerin -, mit mehr als 3 000 Einwendungen, dazu gab es viele Vor-Ort-Versammlungen, Einzeltermine, Gruppengespräche, vielleicht auch Tanzkreise.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der AfD)

Das Ergebnis: Die Bürger sind zu Recht aufgebracht. Denn wo sind denn die Einwendungen aus dem ersten Verfahren berücksichtigt worden? An welcher Stelle hat sich der Originaltext verändert? - Es ist nicht nachzuvollziehen.

Wir haben nur bemerkt, dass diverse Flächen der FFH-Gebiete sich vergrößert haben, angeblich durch genauere Karten. Laut eigenen Aussagen ist eine Vergrößerung der Gebiete nicht mehr möglich. Wie man das jetzt rechtfertigen möchte, ist mir unbekannt.

So kommen wir und mit uns auch viele Verbände und Vereine zu dem Schluss, dass Frau Ministerin eben nicht möchte, dass Angler an den Fluss gehen, dass Gastwirte deutsche Bräuche feiern, dass Schiffe gebaut werden oder Holz verschwelt werden soll. Auch ein drohendes EU-Verfahren berechtigt nicht dazu, so mit den Bürgern umzugehen.

(Zustimmung bei der AfD)

Ja, es muss Schutzgebiete geben, für sensible Arten auch Kernzonen. Das ist alles okay. Aber solche Kernzonen dürfen nicht landesweit zum Standard werden. Unsere Bürger wollen die Natur nicht nur von der Ferne sehen, sondern sie auch vor Ort erleben und mit schützen. Sie wollen mitmachen.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Genau!)

Als wäre das alles nicht schlimm genug, kommen wir nun zum Kardinalproblem des Ministeriums, und zwar zu einem Problem, das Sie noch immer nicht beziffern können. Das ist die Afrikanische Schweinepest, eine Tierseuche, die Dänemark und Polen bereits dazu animierte, wieder Zäune im grenzenlosen Europa zu errichten, um möglicherweise infizierte Wildschweine fernzuhalten.

Was tun wir in Sachsen-Anhalt? - Wir reiben uns verwundert die Augen, dass plötzlich Belgien 65 000 ha zum Seuchengebiet erklärt. Wir schieben erfolgreich die Kompetenzen hin und her. Das MULE schreibt Briefe an das Verkehrsministerium und hofft auf Umsetzung. Da erwartet man von einer Pädagogin mehr psychologische Weitsicht.

Wir hätten vorgeschlagen, alle Verantwortlichen an einen Tisch zu holen. Das MULE muss Entscheidungen treffen. Eigentlich müssten das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium aktiv vorangehen. Aber anstatt sich das MULE um die Vorsorge und die Bekämpfung der Pest kümmert, führt es uns in eine Katastrophe, weil es sich nur im vermeintlichen Erfolg seiner Prestigeobjekte, wie dem Umweltsofortprogramm, dem Grünen Band und der Unesco-Auslobung des Drömlings, sonnt.

Herr Ministerpräsident, Sachsen-Anhalt besteht aber aus mehr als diesen drei Projekten. Wir haben viele große Probleme und Bedrohungen, die auf uns zukommen. Ich hoffe, Herr Haseloff, Sie haben die kleine Auswahl mitgeschrieben. Wir haben längst nicht alles angeführt; aber zehn Minuten sind kurz. Wir sind sicher, dass auf dieses Blatt viel passt, das unter Umständen für eine gewisse Distanz zwischen Ihnen und der Ministerin sorgen könnte. Denn immerhin ist es Ihre Ministerin und Ihre Regierung und Sie sind am Ende auch in der Verantwortung. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Fragen hierzu sehe ich nicht. Ich danke dem Abg. Loth für die Ausführungen. - Wir kommen nun zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 6 b). Die Einbringung erfolgt durch die Abg. Frau Funke. Frau Funke, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Willingmann, ich fange genauso an wie Herr Loth. Anlässlich der Halbzeit in der Kenia-Koalition und nach fast 30 Monaten auch Ihrer Amtszeit gab es ein Thema, das Ihrer Koalition offenbar mehr als unangenehm war und offenbar bei Ihrer Bewertung nicht in die Zeugnisnote einfloss. Aber seien Sie unbesorgt, dafür gibt

es die AfD. Zumindest stellt Ihnen heute unsere Fraktion das Prädikat „durchgefallen“ aus.

(Zustimmung bei der AfD)

Gern erläutere ich Ihnen auch, weshalb. Eine derartige Zeitbombe wie die - nennen wir es weiterhin so - Bohrschlammgrube Brüchau scheint Sie nicht ansatzweise in Aufregung zu versetzen. „Deckel drauf und durch“ lautet die Parole und auch immer noch die Devise. Alles würde so schön im Verborgenen bleiben oder gar nicht ablaufen, wenn Ihnen nicht ein unberechenbarer Abgeordneter der CDU und diese AfD ständig dazwischenfunken würden.

Ein Wirtschaftswissenschaftler erforscht das Unbekannte oder, wie Sie über sich selbst sagen, Sie sind gegen staatliche Eingriffe im Wirtschaftsleben. So liberal kann man sein, muss man aber nicht, vor allem dann nicht, wenn die Gesundheit von Bürgern aufs Spiel gesetzt wird und die Einschätzungen der Gefahrenlage für unsere natürlichen Ressourcen exorbitant sind und zu Dutzenden bereits beurteilt und nachgewiesen wurden.

Beim Thema Abfall sollte eine Landesregierung gerade in der Wirtschaft wachsam sein. Allein die Regierungsaltlast um den Müllskandal der Tongruben Möckern und Vehlitz ist das beste Beispiel dafür, was passieren kann.

Gerade wegen dieser Vergangenheit, deren Aktenlage solche Dimensionen aufweist, dass mehrere Lagerräume davon voll sind, aber Richter und Staatsanwälte davor zurückschrecken, überhaupt ein Verfahren zu eröffnen, kann es nicht sein, dass man das unter dem Gesichtspunkt freier Marktwirtschaft abhakt.

(Zustimmung von Volker Olenicak, AfD)

Im Gegenteil: Die Landesregierung und in diesem Fall Sie, Herr Minister, müssten ganz besonders die Augen offenhalten für das, was in unser Land auf- und eingebracht wird und natürliche Ressourcen unter Umständen für immer schädigt.

Das Thema Möckern und Vehlitz wird vermutlich ohne Konsequenzen im Sande verlaufen. Ich habe das ungute Gefühl, dass man sich im Fall Brüchau ebenfalls von Legislaturperiode zu Legislaturperiode durchhangelt und gerade das umsetzt, was nötig ist.

(Beifall bei der AfD)

In diesem Fall hatte man wohl den Bock zum Gärtner gemacht, Herr Minister. Sie dürfen das jetzt ausbaden. Neben Brüchau nimmt das Ganze nun noch einmal richtig Fahrt auf. Denn nicht nur die Bürger in der fernen Altmark, nein, auch die bei Teutschenthal fangen nun an, Ihre wunderbaren Erklärungen zur Gefahrlosigkeit derartiger

Einrichtungen, die sich gedeckt vom Bergrecht entfalten, zu hinterfragen.

Pikiert stellen Sie fest, dass man fordert, Geruchsbelästigungen in der GTS Teutschenthal zu messen, und wieder wollen die Bürger wissen, was dort eigentlich eingelagert wird. Wieder müssen Sie offenbaren, dass irgendwie nicht klar ist, was verfüllt wird bzw. was sich bei der Verfüllung eigentlich abspielt, um die Emissionen bewerten zu können. Immer dasselbe Schema, Herr Minister, eine „Terra incognita“ jagt die nächste.

Sie brauchen jetzt nicht zu antworten, wir kennen Ihre stoischen Beteuerungen, dass alles korrekt abläuft. Das glaubt Ihnen nur die betroffene Bevölkerung längst nicht mehr.

(Beifall bei der AfD)

Natürlich kennen wir schon alle Ihre Vorabbegründungen: „Jede Grube ist halt anders und damit nicht vergleichbar.“, aber die Konstellation des Betriebes der Gruben unter Bergrecht und Ihre Ahnungslosigkeit mit Blick auf die Inhalte sind es allemal. Sie wissen wieder nicht, was eingelagert wurde, und obwohl Sie es nicht wissen, ziehen Sie erneut daraus die dogmatische Schlussfolgerung, dass etwas, das nicht bekannt ist, keine Gefahr für die Bevölkerung darstellt. Das kann einfach nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Nachdem wir nun die gesammelten Gutachten und Jahresberichte zur Bohrschlammgrube Brüchau erhalten haben, möchte ich im Übrigen nochmals betonen, dass unsere AfD-Fraktion die Herausgabe und Veröffentlichung dieser gesammelten Werke über den ministeriellen Weg beantragt hat. Das hat auch lange genug gedauert. Das waren weder die GRÜNEN noch die SPD.

Noch etwas: Wie hier, im Wirtschaftsausschuss, vor allem im Umweltausschuss, aber auch in andern Ausschüssen - man unterhält sich in der Fraktion - mit uns Abgeordneten umgegangen wurde und wird, ist der Hohn. Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass wir uns als AfD-Fraktion noch nicht den Aufwand einer Verfassungsklage gemäß Artikel 53 und Artikel 62 gemacht haben. Ich kann Ihnen aber sagen: Das Maß ist voll, meine Damen und Herren.

(Jens Kolze, CDU: Warum? - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Sie können sich aussuchen, wie Sie es haben möchten und wie Sie weiter mit uns umgehen möchten. Wenn Sie die harte Tour provozieren wollen, dann bekommen Sie die harte Tour.

(Beifall bei der AfD - Olaf Meister, GRÜNE: Oh! - Zuruf von der AfD: Jawohl, Lydia! - Zurufe von der CDU und von der SPD)

Das verspreche ich Ihnen.

Nachdem wir die gesammelten Gutachten und Jahresberichte gesichtet haben, wird offensichtlich, warum Sie diese nun auszugsweise in den Ausschüssen vorgestellt haben. Es fiel auf, dass die Messwertüberschreitung des vorangegangenen Jahres immer als harmlos relativiert und damit den Weiterbetrieb der Grube zumindest bis 2012 legitimiert wurde.

Es gibt zu Brüchau seit Oktober 2017 einen Sonderbetriebsplan, der aber vom LAGB nur teilgenehmigt wurde. So richtig scheint man mit dem Verfahren und den Arbeitsschritten, die man uns im Wirtschaftsausschuss vorstellte, noch immer nicht dort zu sein, wo man es zeitplanerisch wollte und den Menschen vor Ort und uns im Ausschuss versprochen hatte.

Es ist im Übrigen das Ergebnis einer Kleinen Anfrage, dass man in Zeitverzug sei wegen Krankheit. Da muss man schon einmal tief Luft holen, wenn man solche Antworten bekommt. Holen Sie aber nicht zu tief Luft, das könnte zu Reizungen der Atemwege führen.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)

Die Frage ist, ob bei Neptune Energy nur eine Person arbeitet oder ob ganze Abteilungen erkrankt sind.

Im Übrigen, Herr Minister, Informationen zur Beräumung und zum Ablauf der Entsorgung brauchen Sie nicht lange zu suchen; Sie müssen nur einmal nach Niedersachsen schauen. Beräumen müssen Sie; denn dass die maximal 80 cm starke Tonschicht der Deponie Brüchau nicht dem Stand der Technik entspricht, der nach Deponierecht eine 5 m mächtige geologische Barriere mit Basisabdichtung zwischen Deponiekörper und Grundwasser ausweisen muss, hat Ihnen Herr Harms mehrmals völlig zu Recht erklärt. Selbst die zuständigen Vertreter des LAGB haben das bestätigt.

Auf den netten und vorsichtigen Hinweis der Kalbenser Stadträte an den Wirtschaftsminister im letzten Jahr, dass man es den Menschen nicht verübeln dürfe, wenn deren Toleranzgrenze gegenüber der unsicheren Situation längst überschritten sei, sage ich, meine Damen und Herren: Die Toleranzgrenze ist längst überschritten.

(Zustimmung bei der AfD)

Und was kommt als Nächstes, Herr Minister, wenn wir die Gruben aus dem Altlastenfonds alle der Reihe nach abklopfen würden? - Einen Karton voller Akten, die uns zur Verfügung gestellt wurden, haben wir bereits zu Brüchau; das sind aber noch längst nicht alle.