Protokoll der Sitzung vom 25.10.2018

Herr Erben, ich habe es vorhin schon gesagt, es gibt Bundesländer, in denen es Verordnungen gibt. Sachsen-Anhalt hat keine. Also, was in anderen Bundesländern möglich ist, sollte in SachsenAnhalt auch möglich sein. Wir gehören zum gleichen Rechtsbereich wie andere Bundesländer.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Keine Antwort ist auch eine Antwort!)

Ich habe vorhin auch erwähnt, dass der Innenminister der Vorsitzende der IMK ist und jederzeit in Berlin in der Innenministerkonferenz zum Waffenrecht einen Vorstoß machen kann.

Dass wir dort viele Defizite und Mängel haben, zeigen wir hier auf. Das ist auch allen bewusst. Wie gesagt, Sie brauchen hier nicht, wie ich es vorhin gesagt habe, einen Kuhfladen schön reden, sodass er zum Schluss eine Schwarzwälder Kirschtorte ist.

Herr Erben, haben Sie noch eine kleine Nachfrage?

Ich wollte nur feststellen, dass das keine Antwort auf meine Frage war.

(Zustimmung bei der SPD)

Dann müssen Sie das so hinnehmen, Herr Erben. Sie geben auch oftmals keine Antworten auf unsere Fragen. Damit muss ich seit zweieinhalb Jahren leben.

(Zuruf: Wir haben diesen Antrag!)

Damit gibt es keine weiteren Fragen. Ich danke Herrn Lehmann für die Ausführungen.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Einen Wunsch auf Überweisung in einen Ausschuss konnte ich nicht wahrnehmen. Damit stimmen wir direkt über diesen Antrag ab.

Wer für den Antrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und ein fraktionsloser Abgeordneter. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 17 ist erledigt.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 18

Erste Beratung

Neuordnung von Laufbahn und Ausbildung der Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/3483

Einbringer ist der Abg. Herr Höse. Herr Höse, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Erst einmal bin ich gespannt, ob nach dieser Rede noch jemand spricht oder ob Ihnen Ihre Zeit dafür wieder zu schade ist.

(Zustimmung bei der AfD)

Oder es ist unter Ihrer Würde, das weiß ich nicht. - Mal sehen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das hängt nicht unwesentlich davon ab, was Sie er- zählen!)

Unser Bundesland, Herr Striegel, hat gut 2,2 Millionen Einwohner. Rein rechnerisch entfällt somit auf etwa jeden zehnten Einwohner jährlich ein Zwangsvollstreckungsverfahren.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Stimmt! Herr Poggenburg weiß das! - André Poggen- burg, AfD: Ich habe alles bezahlt!)

Das Land beschäftigt zurzeit in allen Gerichtsbezirken insgesamt 136 Gerichtsvollzieher. Legt man die Anzahl der jährlichen Verfahren auf die Gesamtzahl der Beschäftigten um, so entfallen auf jeden Gerichtsvollzieher mindestens 1 600 zu bearbeitende Vorfälle.

(André Poggenburg, AfD: Sie und die Fah- rerflucht, Herr Striegel!)

Der Verband der Gerichtsvollzieher in SachsenAnhalt spricht sogar von teilweise 1 700 Fällen, die einzelne Gerichtsvollzieher jährlich zu bearbeiten haben. Das durchschnittliche ermittelte Pensum läge eigentlich bei 1 422 Aufträgen. Die Arbeitsbelastung unserer Gerichtsvollzieher ist im direkten Vergleich der mitteldeutschen Länder und Bayerns damit die höchste.

Das liegt hauptsächlich darin begründet, dass momentan ein Fehlbestand von mindestens 24 Stellen herrscht. Dieses Problem verstärkt sich perspektivisch noch, da der Fehlbestand in den nächsten sieben Jahren altersbedingt höchstwahrscheinlich um weitere 58 Stellen anwachsen wird.

Zu dieser prekären Personalsituation gesellt sich eine immer weiter wachsende Aufgabenbreite für den Gerichtsvollzieher. Als besonderer Einschnitt bei dieser Entwicklung ist die Einführung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung im Jahr 2013 zu nennen. Dies führte zu einer Novellierung des Vollstreckungsrechtes, die dem Gerichtsvollzieher eine Fülle neuer Befugnisse erteilte. Damit nimmt einerseits seine Verantwortung zu, andererseits steigen jedoch auch die Anforderungen an sein Berufsbild.

Der Gerichtsvollzieher kann infolge des neuen Gesetzes die Vermögensauskunft nun an den Anfang des Zwangsvollstreckungsverfahrens setzen. Gleichzeitig ist er aber auch mit der Führung des Schuldnerregisters betraut. Diese Aufgabe übernahmen früher die Amtsgerichte in eigener Regie. Was die Amtsgerichte entlastete, führt heute bei den Gerichtsvollziehern zu einer neuen Aufgabe.

Zu den neuen Vollstreckungsbefugnissen gehört auch die Auskunftsmöglichkeit bei Dritten. Liegen

die entsprechenden Voraussetzungen vor, dürfen Gerichtsvollzieher nun zum Beispiel beim Kraftfahrtbundesamt, beim Bundesamt für Steuern oder beim Rentenversicherungsträger Informationen über den Schuldner einholen.

Die Vielzahl neuer Möglichkeiten hat aber auch eine zeitliche Komponente. Die Pflege des Schuldnerregisters und die Anfragen bei Behörden und öffentlichen Stellen für Vermögensauskünfte in Sachen Lohn- oder Kontopfändung sind zeitintensiv.

Durch die Schaffung effizienter elektronischer Voraussetzungen steigt letztendlich jedoch auch die Komplexität des sich ändernden Berufes. Der Gerichtsvollzieher ist heutzutage weniger körperlich vor Ort, sondern vielmehr ein Vollstreckungsmanager - so nenne ich es einmal - und ein Spezialist mit Finanzinstrumenten im Büro.

Seine Tätigkeit steht im Spannungsfeld zwischen seiner Stellung als dienstaufsichts- und weisungsgebundener Beamter und als unabhängiges Organ der Rechtspflege, das gegebenenfalls eine eigene Geschäftsstelle mit eigenen Mitarbeitern führt.

In dieser Situation signalisieren die Gerichtsvollzieher große Bereitschaft, auch weitere Aufgaben zu übernehmen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch eine entsprechende zukunftsorientierte Qualifikation, die sich gleichzeitig in einer Attraktivitätsoffensive für diesen Beruf niederschlagen muss. Für die mittel- und langfristige Aufrechterhaltung des Vollstreckungswesens in SachsenAnhalt ist es daher zwingend notwendig, bei der Anwerbung und Ausbildung neuer Gerichtsvollzieher auch neue Wege einzuschlagen.

Meine Damen und Herren! Zurzeit rekrutiert sich der Nachwuchs der Gerichtsvollzieher ausschließlich aus Bediensteten des Landes, hauptsächlich aus dem mittleren Justizdienst. Die Bewerber, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, absolvieren an der Bayerischen Justizakademie in Pegnitz für 18 Monate einen fachtheoretischen Lehrgang als Ausbildung zum Gerichtsvollzieher.

Diese Praxis ist für die Zukunft aus mehreren Gründen nicht mehr geeignet. Das eingangs genannte und in den nächsten Jahren zu erwartende Defizit von 58 Stellen wird sich in weiteren sieben Jahren perspektivisch noch einmal wesentlich erhöhen. Dieser Mangel an Gerichtsvollziehern wird sich aus dem geringen Bewerberbestand des mittleren Justizdienstes nicht decken lassen, zumal die Abgänge aus diesem Bereich dann wieder den Justizdienst schwächen würden.

Das Problem lässt sich - und das nicht nur unserer Meinung nach - nur mit einer Attraktivitätssteigerung des Berufes lösen, insbesondere durch die Einrichtung einer eigenen Gerichtsvollzieher

laufbahn, die in der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, angesiedelt ist. Dadurch erfolgt die Öffnung für einen wesentlich größeren Bewerberpool.

Als Zielgruppe für die Laufbahn des Gerichtsvollziehers könnten dann nämlich neben der des mittleren Dienstes auch die der kaufmännischen oder juristischen Berufe erschlossen werden. Ich denke beispielsweise an Bankkaufleute, Rechtsanwalts-, Notar- oder Steuerfachgehilfen. Vor allem aber könnten dann gerade junge Berufsein- oder -umsteiger mit Hochschulzugangsberechtigung den Weg des Gerichtsvollziehers direkt einschlagen.

Mit der Beibehaltung der derzeitigen Ausbildungsweise kann jedenfalls auf lange Sicht die notwendige Professionalisierung und Qualifizierung der angehenden Gerichtsvollzieher nicht sichergestellt werden. Die steigende gesetzliche Regelungsdichte, herbeigeführt durch den Gesetzgeber, führt zu einer zunehmenden Verrechtlichung des Alltages. Genau hier wird der Gerichtsvollzieher tätig. Sein Beruf wird fachtheoretisch viel anspruchsvoller.

So muss ein Ausbildungsschwerpunkt für angehende Gerichtsvollzieher auf der fundierten Vermittlung prozessualer Kenntnisse liegen, ein anderer auf juristischen Fachkompetenzen im Bereich des öffentlichen Rechts, des Zivil- und Zwangsvollstreckungsrechts und des Steuer-, Handels- und Grundbuchrechtes.

Die vermittelten sogenannten Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungs- und Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung und Vermittlung oder auch Vernehmungslehre sind überaus wichtige Instrumente, die die Arbeit des Gerichtsvollziehers im Alltag prägen. Diese Fertigkeiten sind auch nur ein Ausschnitt aus den immer komplexer werdenden Anforderungen an eine zukunftsorientierte Ausbildung zum Gerichtsvollzieher.

Die derzeit praktizierte Ausbildung in der Sonderlaufbahn mit einer Dauer von 18 Monaten kann diese Bedürfnisse auf lange Sicht keinesfalls abdecken. Der dreijährige Studiengang Gerichtsvollzieher an der Hochschule für Rechtspflege in Schwetzingen trägt jedoch allen aufgrund gestiegener Anforderungen notwendigen Erfordernissen einer grundständigen Gerichtsvollzieherausbil

dung vollumfänglich Rechnung.

In der Gesamteinschätzung des Evaluationsgutachtens zum Studiengang heißt es: Der neu eingerichtete Studiengang ist für die Entwicklung des Berufsbildes ein wichtiger Schritt. Die Ausbildung ist so konzipiert, dass den Absolventen künftig auch der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses laut Zivilprozessordnung übertragen werden kann.

Mit dieser Aufgabe sind bisher die Rechtspfleger bei den Vollstreckungsgerichten, also den Amtsgerichten betraut. Der Bürger hätte dadurch zukünftig nur noch einen Ansprechpartner bei der Einzelzwangsvollstreckung, nämlich den Ge

richtsvollzieher. Diese Vollstreckung aus einer Hand ist im Übrigen auch eine Forderung des Verbandes der Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt.

Auch die Ausbildungszeit für einen Gerichtsvollzieher verkürzt sich durch eine Kooperation mit der FH Schwetzingen. Ein Justizfachwirt im mittleren Dienst ist mindestens 24 Monate in Ausbildung, bevor er den 18-monatigen Lehrgang zum Gerichtsvollzieher absolvieren kann.