Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Eigentlich wäre dies eine Debatte, in der die demokratischen Fraktionen und im Übrigen auch der Innenminister die Chance und die Aufgabe hätten, aus durchaus sehr unterschiedlichen Sichtweisen eine rechtsextreme Kampagne auseinanderzunehmen.
Ich will drei zentrale Punkte aufgreifen, die als Begründung für den Antrag vorgebracht wurden. Sie alle lassen sich ziemlich schnell als Falschbehauptungen klassifizieren.
Erstens. Der Migrationspakt hebt die Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und anderen Migrantinnen und Migranten auf. - Das ist eine Lüge, meine Damen und Herren!
„Flüchtlinge und Migranten haben Anspruch auf dieselben allgemeinen Menschenrechte und Grundfreiheiten, die stets geachtet, ge
schützt und gewährleistet werden müssen. Dennoch handelt es sich bei Ihnen um verschiedene Gruppen, die separaten Rechtsrahmen unterliegen. Lediglich Flüchtlinge haben ein Anrecht auf den spezifischen internationalen Schutz, den das internationale Flüchtlingsrecht vorsieht.“
Zweitens. Der Migrationspakt unterhöhlt die nationale Souveränität und verpflichtet die Länder zu einer unbegrenzten Aufnahme von Zuwandernden. - Das ist ebenfalls falsch. Im gesamten Dokument findet sich keine einzige Passage, aus der sich eine Verpflichtung für irgendein Land ableiten ließe,
einer bestimmte Anzahl von Personen die Einwanderung zu gestatten. Im Gegenteil betont der Pakt das Recht der Nationalstaaten, über ihre Einwanderungspolitik und Grenzsicherung selbst zu entscheiden.
Drittens. Der Migrationspakt beschneidet das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit. - Meine Damen und Herren! Das ist grober Unfug. Unter Ziel 17 verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten,
„alle Formen der Diskriminierung zu beseitigen und Äußerungen, Handlungen und Ausprägungen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz gegenüber allen Migranten zu verurteilen und zu bekämpfen.“
Nicht mehr und nicht weniger. - Dass die AfD das kritisch sieht, ist völlig nachvollziehbar. Denn dieser Punkt zielt genau auf die auch von ihr betriebenen Desinformationen, Falschbehauptungen, Verleumdungen und Aufstachlungen zu Hass.
Was hier gegen den Migrationspakt ins Feld geführt wird, ist zum einen dreist erlogen und zum anderen politisch völlig absurd. Sie argumentieren aus einer Position heraus, die lautet: Deutschland nehme viel zu viele Menschen auf, weil es ihnen hier so gut ginge.
Sie führen zugleich eine Kampagne gegen ein Abkommen, das dafür Sorge tragen will, weltweite Mindeststandards zu schaffen, die gerade verhindern sollen, dass es einen Run auf ein bestimmtes Land gibt, in dem die Standards gut sind. Das ist völlig inkonsistent, aber nicht inkonsistent genug für Sie, meine Damen und Herren von der CDU in Sachsen-Anhalt.
Waren sich im Bundestag noch alle demokratischen Fraktionen darin einig, dass es sich um einen Versuch der extremen Rechten handelt, Institutionen wie die UN und die EU zu diskreditieren, so durfte die AfD hier im Hause mal wieder auf die Unterstützung der CDU hoffen. Und, meine Damen und Herren, sie liefert auch noch, indem sich der Ministerpräsident und der Innenminister, niemand Geringeres, mit exakt denselben Argumentationslinien an die Seite eben jener extremen Rechten stellen,
(Zustimmung bei der LINKEN - Lachen bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Das ist so ausgeleiert! - Weitere Zurufe von der AfD)
Jeder Ausschluss einer Koalition ist damit obsolet, jede Pose als starker Mann gegen rechts unglaubhaft. - Herr Minister Stahlknecht, Sie verhelfen Rechtsextremen zu einer Wirkungsmacht, die sie ohne Sie nicht hätten. Die AfD muss sich nicht einmal mit Ihnen auf Regierungsverantwortung einlassen, wenn Sie schon von sich aus liefern.
Aus linker Sicht gibt es durchaus grundlegende Kritik am Migrationspakt, und zwar an der fehlenden Rechtsverbindlichkeit, den fehlenden Sanktionen für die Nichtumsetzung und an der in diesem Kontext enthaltenen Fokussierung auf die Bedürfnisse von Staaten statt auf die Bedürfnisse der Betroffenen.
Dass DIE LINKE nicht der Auffassung ist, alle Last dieser Welt in Migrationsfragen liege auf dem Rücken der Bundesrepublik, ist bekannt. Aber gerade wenn man, wie die Konservativen, der Auffassung ist, die Zuwanderung nach Deutschland müsse dringend reduziert werden, dann ist es absolut unsinnig, sich gegen den Migrationspakt zu stellen.
Als ob weniger Menschen nach Deutschland kämen, wenn man einen Pakt, der gemeinsame Standards weltweit als Ziel beschreibt, nicht unterschreibt. Als ob weniger Menschen nach Deutschland kämen, wenn sie woanders einen Zugang zu Gesundheitsversorgung hätten. Als ob weniger Menschen nach Deutschland kämen, wenn die Standards sich in mehr Ländern gleichen würden.
Das war im Übrigen die Argumentation der CDUFraktion im Bundestag. Darin haben sie ausdrücklich recht gehabt.
Diesen Antrag nun aber hier im Hause auch noch zu überweisen ist völlig absurd und zeigt einmal mehr, wie politisch handlungsunfähig diese Koalition faktisch ist.
Vielen Dank. - Sachsen-Anhalt steht wieder einmal da wie die Dödel aus der Provinz, sagte Conny Lüddemann sinngemäß zu der unsäglichen Debatte um das Bauhaus. Diesen Standard haben Sie wieder einmal gehalten.
Ich sehe keine Fragen. Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion - - Ich habe eine Meldung übersehen. - Herr Abg. Tobias Rausch hat eine Frage.
Wir kommen jetzt zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es um Migration geht - das war heute insbesondere bei den Kurzinterventionen aus der AfD wieder spüren -, dann ist leider festzustellen, dass die politische Vernunft schnell dem Populismus und der Panikmache anheimfällt.
All jenen, die die Souveränität Deutschlands bedroht sehen, sei nochmals gesagt - das ist heute schon zitiert worden -, dass der UN-Migrationspakt einen rechtlich nicht verbindlichen Kooperationsrahmen darstellt.
(André Poggenburg, AfD: Das haben wir gestern schon gehört! - Oliver Kirchner, AfD: Das war bei der Behindertenrechts- konvention genauso!)
man muss es ja wiederholen; das Lernen funktioniert bei Ihnen nur eingeschränkt, deswegen wiederhole ich es -
„das souveräne Recht der [National]Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen […]“.
„[…] ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln.“