Schritt reichen jedoch noch nicht aus. Natürlich wird es auch bei den Verhandlungen zum kommenden Doppelhaushalt wieder um die Schulsozialarbeit gehen müssen. Hier muss man sich dann auf konkrete Summen festlegen, und wir müssen Klarheit darüber haben, inwieweit die Kommunen bereit sind, mit uns einen Weg zu gehen, wie sie diesen Weg finanziell begleiten wollen. Deswegen dieser klar formulierte Auftrag an die Landesregierung, zügig und umgehend mit den Kommunen ins Gespräch zu kommen.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe sehr, dass spätestens mit dem heutigen Tag Schulsozialarbeit zu Ihrer aller Herzensangelegenheit geworden ist. Es ist meine Vision, dass sich auch in den nächsten Haushaltsverhandlungen alle bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher gemeinsam mit ihren Fraktionen hinter die Schulsozialarbeit stellen. Das heißt nicht nur, die Schulsozialarbeit in den Schulen zu sichern, sondern auch das derzeitige Konzept mit den regionalen Netzwerkstellen und der Landeskoordinierungsstelle weiterzuführen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Aldag. Es gibt eine Wortmeldung. Herr Abg. Lippmann hat sich gemeldet. - Sie haben das Wort, Herr Lippmann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Aldag, wir sind uns in der Einschätzung der Bedeutung von Schulsozialarbeit einerseits und des bereits seit zwei Jahren andauernden Diskussions- und Verhandlungsprozesses andererseits vermutlich relativ einig. Wir führen diesen Prozess im Bildungsausschuss aufgrund von Anträgen unserer Fraktion - Sie haben es erwähnt -, aber auch von Beschlüssen, die der Landtag schon vor mehr als zwei Jahren gefasst hat, seit Längerem, und wir führen diese Diskussionen mit zunehmender Verzweiflung, was das Bildungsministerium betrifft. Ich betrachte auch diesen Antrag - wenn ich versuche, ihn einzuordnen - als Ausdruck dieser Verzweiflung, dass wir in diesen zwei Jahren, die vergeudet worden sind, nichts erreicht haben.
Meine Frage ist jetzt wirklich ernsthaft - ich habe den Antrag mehrfach gelesen -, was sich aus Ihrer Sicht aufgrund der Substanz dieses Antrages im nächsten halben Jahr wirklich ändern wird - außer dass wir ihn auf den Stapel zu den anderen Beschlüssen und Anträgen im Bildungsausschuss legen - gegenüber dem, was wir in den letzten zwei Jahren erlebt haben. Was wird denn in dem nächsten halben Jahr aufgrund dieses Antrages anderes passieren als das, was wir schon mehrfach versucht haben?
Unseren Vorsorgeantrag zum Haushalt haben Sie gestern abgelehnt. Das wäre die eigentliche Haushaltsvorsorge über das Jahr 2021 hinaus gewesen. Unsere Unruhe nimmt unglaublich zu und ich sehe die Perspektive nicht. Ich sehe leider auch nicht, dass sich mit dem Antrag irgendetwas ändert.
Es ist ja schön: Sie können für sich als Fraktion immer ganz allein entscheiden und allein vorangehen. Wir sind eine Dreierkoalition, und da dauert es halt immer ein bisschen länger, bis man vielleicht gemeinsame Wege findet. Es liegt einfach in der Natur der Sache, und es ist selbstverständlich, dass das so geht.
Ich sehe es nicht so, dass dieser Antrag jetzt auf einen Stapel zu den anderen Anträgen gelegt wird. Ich sehe unseren Antrag tatsächlich als den am weitesten reichenden Antrag an,
mit dem noch einmal ganz konkrete Vorgaben gemacht werden, was die Landesregierung jetzt zu tun hat. Eines haben wir in den bisherigen Anträgen aus meiner Sicht noch nicht gehabt: Es ist ganz konkret ein Konzept zu erstellen, wie die Schulsozialarbeit langfristig in einem Landesprogramm verankert werden kann. Das ist Inhalt unseres Antrages. Deswegen bin ich der Meinung, dass unser Antrag der am weitesten gehende ist. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank, Herr Aldag. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Minister Herr Tullner. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal begrüßt die Landesregierung diesen Antrag sehr, weil er, glaube ich, im Gegensatz zu dem, was eben diskutiert worden ist, schon auch ein paar neue Akzente dahin gehend setzt, wie sich diese Dinge,
Meine Damen und Herren! Bevor ich zu ein paar anderen Ausführungen komme, will ich zunächst feststellen: Die Vorgängerregierung, das Kabinett „Haseloff I“, hat eine Möglichkeit mit der EU gefunden, Schulsozialarbeit zu finanzieren. Das ist erst einmal ein Punkt, den man, glaube ich, positiv hervorheben kann.
Das, was allerdings - und das habe ich beim Antritt ins Amt vorgefunden - noch offen war, war die Frage, dass die EU-Mittel nicht vollständig gereicht haben. Wir mussten erst einmal dafür sorgen, dass bis 2020 die Schulsozialarbeit weitestgehend fortgesetzt werden kann. Das war schwierig genug; es gab viel Unsicherheit bei den Kolleginnen und Kollegen. Herr Lippmann, natürlich - dahin gehend habe ich Ihre Bemerkung verstanden - ist die Schulsozialarbeit früher eingeführt worden. Aber die jetzige finanzierte Struktur ist in der letzten Wahlperiode beschlossen worden.
Schulsozialarbeit ist mit einer hohen Wertschätzung verbunden. Das hat Kollege Aldag sehr nachdrücklich zum Ausdruck gebracht. Es gab einmal Zeiten, wo auch Schulen damit gefremdelt haben, wo es hieß: Wer kommt denn da jetzt an? Aber mittlerweile sind sich, glaube ich, alle einig, dass die Herausforderungen, die sich in Schule jenseits von Lehrermangel - Stichwort: pädagogische Mitarbeiterinnen, Stichwort: Schulsozialarbeit - abbilden, eine Hochzahl von Fachkräften notwendig machen, die sich in dieser Mischung aus den drei beschriebenen Personalkategorien auch ganz gut abbilden kann.
Wenn man sich überlegt, dass das so ist, dann müssen wir uns trotzdem ein paar Fragen stellen. Frage Nr. 1 ist zum Beispiel: Dieses Programm ist unter dem Titel „Schulerfolg sichern“ ins Leben gerufen worden. Diese Kriterien sind in dem Lichte, dass die Quoten im Moment steigen, zu beantworten. Das müssen wir der EU gegenüber tun. Das sind Fragen, die man beantworten kann, aber wir müssen diese Fragen dringend in den Blick nehmen.
Wenn wir jetzt miteinander darum ringen - wir tun das ja gemeinsam -, wie wir es schaffen, nach 2020 Schulsozialarbeit in diesem Lande möglich zu machen, dann will ich erst einmal darauf verweisen, dass wir im Schulbereich in dieser KeniaKoalition gerade mit dem gestern beschlossenen Haushalt schon eine ganze Menge hinbekommen haben. Wir haben die 14 500 Vollzeitäquivalente beschlossen und ausfinanziert. Wir haben zum ersten Mal in diesem Lande die Zahl der pädagogischen Mitarbeiterinnen auf 1 800 erhöhen können und ausfinanziert; die entsprechenden Stellenausschreibungen laufen.
Und jetzt ist die dritte Frage zu klären: Wie geht es mit der Schulsozialarbeit nach 2020 weiter? Bis 2020 ist erst einmal alles so weit finanziert. Dafür gibt es aus meiner Sicht drei Lösungsmöglichkeiten, das habe ich mehrmals gesagt. Der erste Weg ist, zu schauen, wie wir den Bund, der uns helfen will, dazu bewegen können, sich an dieser Stelle einzubringen. Diese Diskussionen haben Sie alle verfolgt. Sie sind im Moment in Verfassungsänderungen versackt - so will ich es einmal formulieren. Wir können nur hoffen, dass demnächst im Vermittlungsausschuss in Berlin die Dinge so weit klar gerückt werden, dass wir die Verhandlungen führen können.
Und der dritte Weg - dafür bin ich insbesondere der Fraktion der SPD sehr dankbar, die das schon aufgezeigt hat - ist: Wenn alle diese Stränge nicht funktionieren, müssen wir auch über Landesmittel nachdenken. Damit kann man, glaube ich, allen betroffenen Kolleginnen und Kollegen sagen: Die politische Absicht ist klar erkennbar, dass wir das Programm fortsetzen wollen. Wir ringen im Moment über die Wege.
Der nächste Haushalt, über den in einem Jahr zu beraten sein wird, wird die Antwort auf die Frage liefern, wie die Finanzierung zu laufen hat. Mein Interesse geht natürlich auch in die Richtung, unbefristete, dauerhafte Perspektiven für die Schulsozialarbeit zu eröffnen. Ich gehöre aber nicht zu der Kategorie von Leuten, die das mal eben ins Blaue hineinblasen. Wir müssen erst einmal die Grundlagen dafür liefern. Dafür liegt ein Konzept im Landtag vor, über das wir jetzt breit diskutieren wollen. Dazu hatten wir in der letzten Woche auch ein Fachgespräch.
Dann, meine Damen und Herren, müssen wir uns aber auch mit dem folgenden Punkt beschäftigen: Wenn ich in die Landschaft der Schulsozialarbeit schaue, dann stelle ich fest: Es gibt Schulen, die haben einen hohen Bedarf und dort ist nie ein Schulsozialarbeiter gesehen worden, und es gibt Schulen, die haben Schulsozialarbeiter. Die Kriterien der Verteilung scheinen mir damals ein Stück weit - ich will nicht sagen: zufällig - willkürlich gewesen zu sein. Wir müssen hierfür gemeinsam Kriterien entwickeln, nach denen wir diese Verteilung hinbekommen.
schauen. Dann müssen wir uns am Ende auch mit einer weiteren Frage beschäftigen. Ich sage es einmal so: Wir können Netzwerkstellen wertschätzen und das tun wir auch, aber am Ende ist es wichtig, dass Schulsozialarbeit in den Schulen ankommt. Deswegen müssen wir den Schwerpunkt auch darauf legen, dass wir Schulsozialarbeit in den Schulen machen und diese stärker verzahnen mit der Jugendarbeit, mit den kommunalen Verantwortungsträgern.
Wenn wir das alles im nächsten Jahr hinbekommen haben, dann werden wir in einem Jahr hier stehen und sagen: Auch an dieser Stelle hat die Kenia-Koalition nicht nur angekündigt, sondern sie hat die Versprechen gehalten und Taten vollbracht. Das werden wir auch hinbekommen. Dazu kann dieser Antrag einen wichtigen Beitrag leisten. Deswegen freue ich mich auf die weiteren Diskussionen und die durchaus kritischen Reflexionen der Opposition, die uns an der Stelle auch weiterhelfen dabei, Schule jeden Tag ein Stück besser zu machen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt keine Wortmeldung. - Wir steigen nunmehr in die Fünfminutendebatte der Fraktionen ein. Der erste Debattenredner ist für die AfD-Fraktion Herr Dr. Tillschneider. - Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Koalitionsfraktionen ein EU-Programm durch ein Landesprogramm ersetzen wollen, ist erst einmal nicht schlecht. So reduzieren wir unsere Abhängigkeit von Brüssel - und gelobt sei alles, was unsere Abhängigkeit von Brüssel reduziert.
Freilich sollte es sich dann bei dem EU-Programm um etwas Sinnvolles handeln, andernfalls müssten wir es nicht ersetzen, sondern es ersatzlos streichen. EU und sinnvoll ist zwar ein Widerspruch in sich, jedoch: Auch ein blindes Huhn findet bekanntlich mal ein Korn, und auch den Brüsseler Schnapsdrosseln fallen nicht nur Schnapsideen ein, sondern vielleicht auch einmal etwas Sinnvolles.
Das EU-Programm, um das es hier geht und das durch ein landeseigenes Programm ersetzt werden soll, finanziert zur Hauptsache Schulsozialarbeit. Wir haben diese Schulsozialarbeit nach erster Beurteilung als teures und unnützes Wohlfühl
projekt der Linken kritisiert. Gespräche mit Lehrern und Schülern in den letzten Monaten haben uns jedoch dazu gebracht, die Sache etwas differenzierter zu sehen.
- Ja, wir sind erkenntnisfähig. Sehr erkenntnisfähig sind wir. Und wir haben immer das Wohl der Bürger im Auge.
Zwar hat das Programm „Schulerfolg sichern“ messbar nichts zur Sicherung des Schulerfolgs beigetragen, trotzdem sind die Dienste der Schulsozialarbeiter anscheinend nicht gänzlich wertlos. Schulsozialarbeiter entlasten Lehrer gerade von den Aufgaben, für die sie nicht ausgebildet sind, und stellen so sicher, dass Lehrer das tun können, wofür sie ausgebildet sind, nämlich ihre Fächer in Ruhe zu unterrichten.
Vor wenigen Wochen berichtete mir der Direktor eines Gymnasiums in Sachsen-Anhalt davon, wie Schulsozialarbeiter auch an einem Gymnasium dafür sorgen, dass Schüler aus zerrütteten Verhältnissen trotzdem ihre Schullaufbahn halbwegs erfolgreich bestehen. Diese authentischen Erfahrungen erkennen wir an. Trotzdem bleiben Einwände.
„Mithilfe ihrer Profession gelingt es, der veränderten Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen und der zunehmenden Heterogenität an den Schulen Rechnung zu tragen.“
Die veränderte Lebensrealität, von der Sie sprechen, ist jedoch keine Veränderung hin zum Guten, sondern zum Schlechten, sodass wir, anstatt uns dieser veränderten Lebensrealität anzupassen, darüber nachdenken sollten, wie wir sie wieder zum Besseren zurück verändern. Wenn wir sie aber als gesetzt hinnehmen und uns mit ihr abfinden und uns ihr anpassen, bekräftigen wir diese Verhältnisse und entfernen uns davon, sie jemals zu ändern.
Wer voll auf Schulsozialarbeit setzt, der hat sich im Grunde damit abgefunden, dass Parallelgesellschaften, zerrüttete Familien, prekäre Verhältnisse, Drogenkonsum und Verhaltensauffälligkeiten zum Alltag von Jugendlichen gehören.
Wäre es nicht besser, die Gesellschaft wieder zu heilen, statt an unseren Schulen nur die Symptome einer kranken Gesellschaft notdürftig zu lindern? Wäre es nicht besser, wir würden wieder kulturell und leistungsmäßig homogene Schulklassen anstreben, anstatt einer Heterogenität zu huldigen, die in Wahrheit nichts ist als Formlosig