Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Nun noch einige Worte zum Alternativantrag der Koalition. Bloß gut, dass mich gestern Abend keiner sehen konnte, als ich diesen gelesen habe.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Zuruf von Mi- nister Marco Tullner)

Wir können diesem Antrag nicht zustimmen,

(Zuruf von der CDU: Was? - Cornelia Lüd- demann, GRÜNE: Das überrascht mich!)

da er aus meiner Sicht sehr, sehr oberflächlich ist und nur Prüfaufträge enthält. Prüfaufträge!

(Dr. Verena Späthe, SPD: Das ist immer noch besser als Schnellschüsse! - Zuruf von der AfD)

Wir haben die Situation, dass ein Gesetz schon in Kraft getreten ist. Genau die ganzen Gespräche, die noch geführt werden müssen, benötigen Zeit. Wenn wir jetzt Prüfaufträge erteilen - na ja, ich weiß nicht.

Ich bin in meiner Rede eingangs auf die zeitliche Umsetzung und die gesetzlichen Beteiligungsmodalitäten eingegangen. Schon vor diesem Hintergrund habe ich mir konkrete Vorstellungen der Koalition, die mit den entsprechenden Beteiligten diskutiert werden können, gewünscht.

Was ich nicht nachvollziehen kann - deshalb finden Sie diesen Punkt nicht in unserem Antrag -, ist Ihr Ansinnen der Fachkräftegewinnung. Ich möchte Ihnen dazu einige Zahlen nennen. Das ist sehr interessant für die Mathematiker unter uns.

Wir haben im Jahr 2017 in Sachsen-Anhalt 1 030 staatlich anerkannte Erzieher ausgebildet. Das sind fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2013. Im Schuljahr 2017/2018 befanden sich in unseren Schulen - hören Sie gut zu! - 3 790 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung zu staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern. Das heißt, es kamen noch welche hinzu.

Demgegenüber - jetzt sind die Mathematiker unter Ihnen gefragt - verlassen in Sachsen-Anhalt aufgrund von Renteneintritten zum 1. März 2019 422 Erzieherinnen die Einrichtungen; zum 1. März 2020 sind es 542 und zum 1. März 2021 sind es 646. Danach wird es wieder abflachen. Zum 1. März 2022 sind es 605.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das sind nicht nur Kita-Erzieher!)

Das heißt, wir haben fast doppelt so viele Erzieherinnen in der Ausbildung wie Erzieherinnen, die jetzt in Rente gehen. Deshalb sage ich, wir bilden mehr aus, als wir bräuchten. Jetzt müssen wir uns natürlich einige spannende Frage stellen: Wenn wir mehr ausbilden, als wir brauchen, warum fehlen sie dann?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wohin gehen denn die ausgebildeten Erzieherinnen?

(Dr. Katja Pähle, SPD: Jugendvollzug! - Zu- ruf von der CDU: Nicht nur in die Kita!)

Warum bleiben sie oftmals nicht in SachsenAnhalt? - Solange wir diese Fragen nicht beantworten können, bringt es unter dem Strich nichts, immer mehr auszubilden. Unsere Aufgabe müsste vielmehr sein, Bedingungen zu schaffen, damit die Absolventen hier in Sachsen-Anhalt bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag haben wir Ihnen konkrete Vorschläge vorgelegt. Ich bin der Meinung, dieses Angebot ist nachvollziehbar und ausgesprochen praxistauglich. Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Gemeinden werden diesen Vorschlag dankend annehmen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Hohmann für die Einbringung des Antrages. - In

der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Grimm-Benne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Gute-Kita-Gesetz des Bundes wird uns die Möglichkeit eröffnen, unser novelliertes Kinderförderungsgesetz noch weiter zu verbessern. Nutzen wir die Chance!

Mehr als 130 Millionen € können dafür bis zum Jahr 2022 nach Sachsen-Anhalt fließen, mehr als 9 Millionen € noch in diesem Jahr. Danach wachsen die Jahresscheiben auf auf mehr als 22 Millionen € im Jahr 2020 und knapp 50 Millionen € in den Jahren 2021 und 2022.

Aber, meine Damen und Herren Abgeordneten, das Geld des Bundes gibt es nicht einfach so. Der Bund schließt mit den einzelnen Bundesländern Zielvereinbarungen und Verträge zur Umsetzung, zur Überprüfung und zur Verbesserung der Qualität ab. Erst wenn alle Länder ihre Vereinbarungen mit dem Bund geschlossen haben, werden die Mittel den Ländern bereitgestellt. Der Bund beabsichtigt, noch im ersten Halbjahr 2019 die Verträge zu unterzeichnen.

Die Titel des Gesetzes lautet „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege“. Frau Hohmann, ich habe die Einbringungsrede genau verfolgt. Sie wollten uns wieder mitgeben, wie wir unsere Mittel verwenden sollen. Ich möchte Ihnen sagen, dass im Gesetz von Qualität und Teilhabe die Rede ist. Das Gesetz heißt nicht „Gesetz zur Übernahme von Investitionskosten“, wie es wohl die Lesart der Fraktion DIE LINKE ist.

Würde man nämlich einem Ihren Punkte folgen, dann könnte man den 1 789 Einrichtungen im Land maximal 50 000 € zur Verfügung stellen und dann wären mit einem Schlag 70 % der Bundesmittel weg.

(Monika Hohmann, DIE LINKE: Bis zu! Bis zu!)

- Dann wären 70 % der Mittel weg. - Das wäre nach dem Gießkannenprinzip und würde die Qualität in keiner Weise fördern. Wir wollen einen Pakt für Kita-Fachkräfte auf den Weg bringen.

Ich finde die Zahlen und Berechnungen, die Sie hier vorgestellt haben, abenteuerlich.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ich auch!)

Denn wir wissen jetzt schon - das wissen wir, seitdem wir unsere Evaluierung gemacht haben -,

wie viele Fachkräfte in den einzelnen Fachbereichen fehlen.

Deswegen sage ich: Wir brauchen gutes Personal für eine gute Betreuung. Wir müssen unsere Ausbildungskapazitäten erhöhen. Wir müssen Wege für Quereinsteiger ebnen. Wir müssen eine Praxisanleitung für die haben, die schon im System sind. Das gehört für mich alles in ein Paket.

(Zustimmung bei der SPD)

Bessere Angebote möglich zu machen ist ein wichtiges Ziel. Deswegen wollen wir unser Netz an Kindertagesstätten mit besonderen Öffnungszeiten, das derzeit über ein Bundesprogramm finanziert wird, nicht nur erhalten, sondern ausbauen. Gerade diejenigen, die im Schichtdienst arbeiten, brauchen das.

Außerdem wollen wir unser Quereinsteigerprojekt, das wir selber eingeführt haben, verstetigen. Wir wollen das, was wir im Programm „KitaPlus“ gelernt haben, in unserem Land anwenden. Natürlich wollen wir prüfen, ob wir weiter in Richtung der Beitragsfreiheit gehen können. Wir haben einen großen Schritt gemacht. Man muss seit Jahresbeginn nur noch für ein Kind in Krippe oder Kita bezahlen. Das wollen wir aber ausdehnen.

Jetzt komme ich zu einem weiteren Punkt. Ja, in dem Gute-Kita-Gesetz werden weitere Personengruppen beitragsfrei gestellt. Das sind die, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, und die, die Wohngeld oder einen Kinderzuschlag erhalten. Dafür werden uns vom Bund 16 Millionen € bis 2022 zweckgebunden zur Verfügung gestellt.

Das Starke-Familien-Gesetz haben Sie noch gar nicht mit einbezogen. Das ist zunächst einmal im Bundeskabinett beschlossen worden, wird noch beraten und soll im Sommer dieses Jahres verabschiedet werden.

Dann wird es noch mehr Geringverdiener geben, die in den Genuss des Kinderzuschlags und damit der Beitragsfreiheit kommen werden. Das haben Sie bisher noch gar nicht berücksichtigt. Wir werden die Schulbedarfspauschale erhöhen und wir werden den Wegfall des Eigenanteils bei der Mittagsverpflegung haben.

Was wir darüber hinaus für sinnvoll erachten und was wir ergänzen wollen, das müssen wir sehr sorgfältig prüfen. Darüber werden wir im Sozialausschuss berichten.

Was aber nicht geht: Sie schlagen vor, dass auch diejenigen, die mit ihrem Einkommen bis zu 10 % über der Grundsicherung nach dem SGB II liegen und weder Wohngeld noch einen Kinderzuschlag beziehen, entlastet werden. Wissen Sie, was das für die Praxis bedeutet?

(Zuruf von Monika Hohmann, DIE LINKE)

Es ist ja keine pauschale Förderung. Sie müssen jeden einzelnen Fall regeln. Das wäre ein riesiges Bürokratiemonster

(Monika Hohmann, DIE LINKE: Ist es nicht! Ist es nicht!)

und würde überhaupt nicht zu einer wirklichen Entlastung führen, die die Kommunen tatsächlich anerkennen würden. Es muss einfachere Verfahren geben. Es muss eine schnellere Beitragsfreiheitslösung geben. Das werden wir Ihnen auch vorstellen.

Ich möchte gerne, dass Sachsen-Anhalt eines der ersten Bundesländer ist, das mit der Bundesministerin eine Vereinbarung schließt, damit wir tatsächlich ab dem 1. August die Gelder im Land zur Verfügung stellen können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, es gibt zwei Fragesteller. Als Erster ist das Herr Gebhardt. - Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen. Erstens. Können Sie vielleicht noch etwas dazu sagen, wie Sie sich den zeitlichen Ablauf vorstellen? Wie sind die Gespräche im Moment angedacht? Wann kann man mit einer Vereinbarung zwischen Bund und Land in diesem Punkt rechnen? Wann können die Einrichtungen und diejenigen, die davon profitieren sollen, damit rechnen?

Die zweite Frage bezieht sich auf die beiden vorgelegten Anträge, also den Antrag und den Alternativantrag.