Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Die zukünftige akademische Ausbildung geht mit einem hohen Praxisanteil einher und sollte nicht zur Folge haben, dass die Krankenkassen enorme Kosteneinsparungen verzeichnen können und die Ausbildung ausschließlich zulasten des Landeshaushaltes erfolgt.

Gerade zur Sicherstellung einer entsprechenden Praxisvergütung erwarten wir vom Bund eine klare Regelung in Richtung Umgestaltung der Kostenträger. Im Land Sachsen-Anhalt wird das Thema der Finanzierung im zweiten Halbjahr 2019 im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen für die Haushaltsjahre 2020/2021 nochmals im Wissenschaftsausschuss und sicherlich auch im Gesundheitsausschuss aufgerufen.

Mir ist das Protokoll über die Sitzung des Wissenschaftsausschusses vom 7. Februar 2019 sehr gegenwärtig. Ich fand die Ergebnisse, die insbesondere das Fachgespräch ergeben haben, ganz toll. Wir sind, glaube ich, auf einem guten Weg.

All meine Anstrengungen zielen darauf ab, dass wir es uns bei der schwierigen Versorgungslage, die wir in Sachsen-Anhalt haben, nicht erlauben dürfen, ungewisse Ausbildungsjahrgänge im Land zu haben. Das gilt es zu vermeiden. Wir dürfen es uns nicht erlauben, ein Ausbildungsjahr in diesem Bereich zu verlieren.

Die adäquate Hebammenversorgung ist eine entsprechend hochwertige Ausbildung. Insoweit habe ich großes Verständnis für das Anliegen, sich die Situation der akademischen Hebammenausbildung und der Finanzierung genau anzugucken.

Bisher - das ist schon angesprochen worden - ist der Beginn mit der akademischen Hebammenausbildung zum Wintersemester 2021 mit 20 Plätzen geplant. Ich bin froh darüber, dass sich die beiden medizinischen Fakultäten im Rahmen der gemeinsamen Kommission darauf verständigt haben, dass dieser Studiengang in Halle angeboten werden soll.

Wir befürworten Halle auch aus fachlicher Sicht als möglichen Standort, weil dort die bereits laufenden Studiengänge der evidenzbasierten Pflege und der Humanmedizin gute Strukturen aufzeigen und dadurch sinnvolle Vernetzungen schon im Studium möglich sind.

Wir haben bereits im Jahr 2017 - Frau Lüddemann hat darauf aufmerksam gemacht - im Rahmen des Runden Tisches „Geburt und Familie“ eine umfangreiche Studie in Auftrag gegeben, die sich insbesondere mit der Deckung der regionalen Bedarfe der Geburtshilfe auseinandersetzt. Wir wissen, dass 20 akademisierte Hebammen nicht ausreichen.

Wir haben schon jetzt vorgesehen, dass wir an beiden Standorten gleichzeitig ausbilden. Diese

Studie hat auch gezeigt, dass ganz viele Abiturientinnen diesen Ausbildungsgang als Hebamme anstreben. Deswegen müssen wir Vorschriften erlassen, die es ermöglichen, sie in die Akademisierung zu überführen.

All diese Dinge sind ganz wichtig. Ich will sagen, dass ich mir mit Minister Armin Willingmann sehr einig darin bin, dass wir in diesem Bereich im Rahmen der Haushaltsberatungen in Vorleistung gehen, weil wir wollen, dass sie hier ausgebildet werden und hier mit dem Studium beginnen.

Wenn wir zulassen, dass das abbricht, dann haben wir keine Chance mehr, selber auszubilden und zu akademisieren; denn sie gehen dann alle in die Bundesländer, in denen das angeboten wird. Das können und sollten wir uns nicht erlauben; denn ich finde, wir haben mit Halle einen Wettbewerbsvorteil, wenn wir es intelligent genug anstellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, ich sehe zwei Fragen. Die erste Frage kommt von Herrn Gebhardt und die zweite Frage von Herrn Knöchel.

Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, wenn man sich in jemanden hineinversetzt, der Geburtshelfer oder Hebamme werden möchte, spielt es vielleicht auch eine Rolle, ob er während der Ausbildung oder während des Studiums, ein Ausbildungsgeld bekommt oder nur ein BAföG. Insofern ist das für die Entscheidungsfindung für den einen oder anderen nicht ganz unwichtig.

Deshalb frage ich Sie, wie Sie zu dem folgenden Satz in unserem Änderungsantrag stehen: „Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern die Ausbildung im Rahmen eines dualen Studiums erfolgen kann.“

Ich finde, ein solches Signal - Frau Lüddemann sagte, vom Landtag gehe ein Signal aus - wäre für den einen oder anderen potenziellen Interessenten nicht unwichtig.

Wir haben in einer Unterarbeitsgruppe, also beim Runden Tisch, schon mit dem Wissenschaftsministerium zusammengearbeitet. Im Ergebnis sollte quasi eine duale Ausbildung geprüft werden. Vielleicht habe ich es ein wenig verklausuliert ausgedrückt.

Wir müssen uns mit den Kostenträgern, und zwar mit den Krankenkassen, darüber verständigen, wie eine Ausbildungsvergütung bzw. eine Stu

dienvergütung finanziert werden kann. Es handelt sich um sehr lange Praxisphasen und einen sehr langen Studiengang. Es ist eine sehr praxisorientierte Ausbildung. Es ist nicht nur eine rein theoretische Ausbildung mit Praxisanteilen, sondern eine sehr fundierte Ausbildung. Natürlich kann man darüber diskutieren.

In der Unterarbeitsgruppe ist bereits festgehalten worden, dass dies mit der Bundesebene in Einklang gebracht werden muss. Wir müssen es gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und den Kassen hinbekommen, dass das alles möglich wird. Wir haben das auf den Schirm. Ich hege dafür wie auch die Regierungskoalition viel Sympathie. Wir werden das prüfen.

Bevor Herr Knöchel an das Mikro tritt, möchte ich die Regierungsbank nochmals auffordern - immerhin spricht die eigene Kollegin -, etwas mehr Ruhe einkehren zu lassen. Denn wenn von hinten eine solche Geräuschkulisse kommt, dann ist das für den Redner schwierig. Das geht so nicht. Ich will hier keine Koalitionskrise erzeugen, sage das aber trotz alledem.

Aber ich finde, wenn die Umweltministerin mit dem Abg. Herrn Heuer redet, dann kann das auch zu einem Koalitionsfrieden führen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Na ja, Frau Ministerin, ich würde mal sagen, dann ist die SPD außen vor und dann wird es schon wieder schlimm. - Aber jetzt Herr Knöchel, bitte.

Dann sollten wir Ihren Platz noch ein bisschen freihalten, Frau Ministerin. - Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie haben völlig zu Recht die schwierige Situation der jetzt praktizierenden Hebammen in Sachsen-Anhalt angesprochen. Nun hat Ihnen der Haushaltsgesetzgeber mit dem Haushaltsgesetz ein unverhofftes Geschenk gemacht. Ihnen stehen in diesem Jahr 250 000 € für den Hebammenfonds zur Verfügung, den Sie mit Leben füllen, um diese Berufsgruppe an Stellen, die noch zu identifizieren sind, zu unterstützen.

Ich wollte nachfragen, weil wir uns heute mit dem Thema beschäftigen, inwieweit die Überlegungen in Ihrem Hause sind und ob das Geld in diesem Jahr zielgerichtet eingesetzt wird.

Nach meinem Kenntnisstand hat unsere zuständige Referatsleitung für diesen Bereich Kontakt mit Thüringen aufgenommen, weil es dort meines Erachtens einen entsprechenden Fonds gibt, um erst einmal zu gucken, welchen Gruppen wir eine Unterstützung geben können. Denn im Finanzausschuss bestand die Erwartungshaltung, dass wir entweder Hebammen unterstützen, die sich gerade selbstständig machen und möglicherweise die Anschubfinanzierung nicht leisten können oder auch die Versicherungssummen nicht aufbringen können, oder diejenigen, die nach einer gewissen Zeit wieder in den Beruf zurückkehren.

Wir haben nochmals mit denjenigen gesprochen, die diese Studie für uns erarbeitet haben, weil auch sie mit dem Bundesverband der Hebammen geredet haben. Darüber wollen wir eruieren, welche Vorschläge es aus dem Verband gibt. Natürlich ist es auch wichtig, unseren eigenen Landesverband zu befragen. Ein paar Punkte dazu konnten wir auch schon unserer Studie entnehmen.

Wir wollen gern versuchen, dieses Geld, das uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wird, auch den jetzt tätigen Hebammen zugute kommen lassen.

Danke. Herr Bommersbach hat noch eine Frage. - Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin, ich habe folgende Frage: Das Krankenhaus des Saalekreises hat die Hebammenabteilung jetzt etwas erweitert, um die Daseinsvorsorge besser abdecken zu können. Ist geplant, dass wir im kommunalen Bereich mit den Landräten nochmals eine Gesprächsrunde durchführen, um diesem Beispiel zu folgen bzw. im Fusionsbereich, was besonders diese Abteilung angeht, mögliche Schritte zu unterstützen?

Man kann zwei Wege gehen: Bei den kommunalen Krankenhäusern kann man nur mit den Landräten oder den Oberbürgermeistern darüber reden, ob sie in ihrem Bereich die Hebammenversorgung aufrechterhalten wollen. Wir werden im Zuge der Verabschiedung des Krankenhausgesetzes bezüglich der Daseinsvorsorge nochmals beraten, in welchem Umkreis eine Hebammenversorgung gesichert sein muss. Deshalb werden wir auch noch einmal darüber reden, wie

man bestimmte Bereiche sichern kann, um dem Beispiel Ihres Klinikstandortes zu folgen.

Danke. Ich schaue noch einmal in die Runde und sehe keine weiteren Nachfragen. Damit ist Frau Ministerin am Ende Ihres Redebeitrages. - Wir steigen nunmehr in die Debatte der Fraktionen ein. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Spiegelberg. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Liebe Bürgerinnen und Bürger Sachsen-Anhalts! Wir beabsichtigen, heute im Plenum über einen der wohl ehrbarsten Berufe überhaupt zu sprechen, nämlich den Hebammenberuf, genauer gesagt, die künftige Ausbildung neuer qualifizierter Hebammen in ausreichender Anzahl.

Hierzu hat die Kenia-Koalition für die heutige Sitzung einen Antrag eingebracht, der auf der Grundlage der EU-Änderungsrichtlinie 2013/55 beabsichtigt, die Hebammenausbildung zu akademisieren sowie Haushaltsmittel für mindestens 20 Studienplätze in Sachsen-Anhalt bereitzustellen.

Meine Damen und Herren! Es sollte Ihnen inzwischen bekannt sein, dass sich die AfD-Fraktion grundsätzlich gegen EU-Richtlinien anstelle von nationalen Entscheidungen sowie gegen den um sich greifenden Akademisierungswahn ausspricht.

(Beifall bei der AfD)

Der Hebammenberuf ist hierbei eine Ausnahme. Er sollte gesondert als bedeutender Beruf verstanden werden, bei dem sich die Akademisierung durch das wissenschaftliche Umfeld und die ständige Weiterentwicklung und Professionalisierung durch die medizinische Forschung sehr positiv auswirkt. Zudem arbeiten Hebammen schon jetzt auf einem akademischen Niveau, da von ihnen bereits umfangreiche Kenntnisse aus dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand bei der praktischen Berufsausbildung abverlangt werden.

Insofern, werte Kenia-Koalition, ist der vorliegende Antrag im Kern zwar vertretbar, doch bestehen, wie zu erwarten, genügend offene Fragen und deutliche Kritikpunkte.

Zuerst möchte die AfD-Fraktion im Hinblick auf die Formulierung Ihrer offiziellen Antragsbegründung darum bitten, dass Sie, wenn Sie schon regelmäßig Studenten als Studierende verunglimpfen, doch bitte wenigstens die Mütter in unserem Land

mit Ihrer Genderung in Ruhe lassen und diese nicht als Gebärende bezeichnen.

(Zustimmung bei der AfD)

Dies ist beleidigend, und es bleibt zudem der Fakt, dass biologisch Frauen Kinder bekommen und nicht irgendwelche sächlichen oder diversen Gestalten.

(Beifall bei der AfD)

Ferner ist in Ihrem Antrag von nur „mindestens 20 neuen Studienplätzen“ die Rede. Zwar werden Sie sich sicherlich gleich auf das Wort „mindestens“ berufen, doch im Hinblick auf die bisher geleistete Arbeit der jetzigen und der vorherigen Landesregierungen und nahezu leerer Kassen sowie dem fast zwanghaften Drang Ihrerseits, das wenige Geld lieber für unnütze oder gar schädliche Dinge auszugeben,

(Zustimmung von Hannes Loth, AfD, und von André Poggenburg, fraktionslos)

lässt die berechtigte Befürchtung wachsen, dass es für längere Zeit wirklich nur bei diesen 20 Plätzen bleibt.

Aufgrund des Mangels an Hebammen im Land und unserem Ziel, in Zukunft mehr kinderreiche deutsche Familien in Sachsen-Anhalt zu haben, fordern wir, die Mindestanzahl im Antrag entsprechend zu erhöhen und so schnell wie möglich eine qualifizierte Absicherung des Bedarfs im Land zu ermöglichen.

(Zustimmung bei der AfD)