Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Prostituierte müssen nach dem Bundesgesetz ein amtliches Anmeldeverfahren durchlaufen, das auch Beratungen allgemeiner und gesundheit

licher Art umfasst. Positiv ist, dass die gesundheitliche Beratung nach § 10 des Gesetzes getrennt von der allgemeinen Beratung durchgeführt wird.

Zusätzlich konnten wir ergänzende niedrigschwellige Beratungsangebote von freien Trägern auch in - das war uns besonders wichtig - nichtdeutscher Sprache im Gesetz zu verankern. § 3/3 sieht dazu die Förderung von ergänzenden Beratungsangeboten vor. Im aktuellen Haushalt wurde dazu die Finanzierung der AWO-Beratungsstelle Magdalena für das nördliche Sachsen-Anhalt und eine noch aufzubauende Beratungsstelle in Halle für das südliche Sachsen-Anhalt bedacht.

Die ergänzenden Beratungen dieser freien Träger sollen insbesondere die Bereitstellung von Informationen und Beratung zum Abbau von Unsicherheiten hinsichtlich des Anmeldeverfahrens, die Ausstiegsberatung und die Begleitung und Unterstützung bei einer beruflichen Neuorientierung sowie eine Hinweiserteilung auf weitere Informationsangebote umfassen.

Im Gesetz wird auch der gewerbliche Betrieb von Prostitution reglementiert und einer Erlaubnispflicht unterstellt, um die Einhaltung von bestimmten Schutzstandards hinsichtlich räumlicher, hygienischer und auch sicherheitstechnischer Mindestanforderungen abzusichern. Dazu wird zu beobachten sein, ob und wie sich die in SachsenAnhalt vorherrschende Wohnungsprostitution dieser Erlaubnispflicht unterwirft und wie die Behörden dazu agieren werden.

Bezüglich der Gebühren für die Prostituierten konnten wir diese auf der Höhe einer sonstigen Gewerbeanmeldung deckeln. Ziel ist jedoch zumindest, der Legalisierung im Einzelfall nicht zusätzliche Hürden durch höhere Gebühren in den Weg zu stellen. Außerdem wurde festgesetzt, dass auch für die gesundheitliche Beratung keine Gebühren erhoben werden.

Die Evaluierung hinsichtlich der Wirksamkeit der ergänzenden Beratungsangebote und der Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte bereits nach einem Jahr ist sinnvoll. Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Meister für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau von Angern. Frau von Angern, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich mische ein bisschen die positiven Dinge und die Kritikpunkte, die mei

ne Fraktion an dem vorliegenden Gesetzentwurf bzw. der Beschlussempfehlung hat.

Wir haben als Landesgesetzgeber lediglich - in Anführungszeichen - den Auftrag vom Bundesgesetzgeber bekommen, das Gesetz zu vollziehen, und hatten als Erstes die Entscheidung zu treffen, wer in der Landesregierung dieses Thema besetzt. Es fand ein Pingpong-Spiel - in Anführungszeichen - statt, weil es niemand machen wollte.

Letztlich - Sie kennen den Gesetzentwurf - haben wir es damit zu tun, dass drei oberste Landesbehörden zuständig sein werden. Das ist ein unglücklicher Zustand. Das wurde auch im Fachgespräch angesprochen. Es ist gut, dass Sie sich als Koalition bewusst entschieden haben, auch diesen Umstand der Evaluation zu unterziehen. Wir werden schauen, ob die Erfahrungen, die wir in anderen Bereichen haben, wenn mehr als ein Ministerium zuständig ist, auch hierbei zutreffen und wir möglicherweise nachbessern müssen.

Ein weiterer Kritikpunkt, der im Fachgespräch genannt worden ist und von Ihnen dankenswerterweise positiv aufgegriffen worden ist, ist die Trennung der gesundheitlichen Beratung nach dem Prostituiertenschutzgesetz und nach dem Infektionsschutzgesetz. Es ist gut, dass Sie entschieden haben, dies ausdrücklich in den Behörden zu trennen, und diesen Auftrag auch klar so benennen. Wir müssen im Rahmen der Evaluation schauen, ob das funktioniert oder ob nicht doch die Realität dem Wunsch des Gesetzgebers widerspricht.

Im Fachgespräch hatte auch die Beratungsstelle Magdalena die Chance, sich im Landtag erstmals auch einer anderen Öffentlichkeit zu stellen und ihre Arbeit vorzustellen. Es ist gut, dass wir als Land entschieden haben, Magdalena in die Landesfinanzierung zu übernehmen. Wir wissen, sonst wäre das ausgelaufen. Es ist auch gut, dass gemeinsam festgestellt wurde, dass es nicht nur ein Projekt für Magdeburg und den Raum Magdeburg ist, sondern für das gesamte SachsenAnhalt.

Ich denke, wir müssen im Auge behalten, ob der finanzielle Ausgleich für die Kommunen zur Überwindung der bestehenden Sprachbarrieren mittels Dolmetscherinnen, wie er im Gesetz vorgesehen ist, auch ausreichend ist.

Ich gebe nur den Hinweis: Brandenburg hat dazu eine klare Fallpauschale in Höhe von 124,40 € benannt. Ich denke, das wird auch der Richtwert für uns sein. Denn diese Zahl, so krumm, wie sie ist, hat sich niemand einfach so ausgedacht.

Brandenburg ist auch ein wichtiges Stichwort. Ich habe schon in der ersten Lesung gesagt, wir hätten uns gewünscht, dass bei den Gebührentat

beständen der Brandenburger Weg auch hier in Sachsen-Anhalt gegangen worden wäre. Gut ist sicherlich, dass die Gebührentatbestände insgesamt noch mal minimiert worden sind. Nichtsdestotrotz bleibt die im Fachgespräch und auch eben von Herrn Meister geäußerte Sorge und Gefahr bestehen, dass wir Prostituierte wieder in die Illegalität drängen, indem wir Kosten zu hoch ansetzen. Dies müssen wir im Auge haben und dies müssen wir auch im Rahmen der Evaluation klären.

Was nicht funktioniert, so glaube ich, ist das Ansinnen, bei den Betreibern, bei den Zuhältern ordentlich in die Tasche zu fassen. Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir uns nichts vormachen. Das Geld werden trotzdem die Prostituierten zu zahlen haben. Insofern finde ich es unglücklich, dass man sich nicht darauf einigen konnte, den Gebührenrahmen zu senken.

Wir haben wie in der ersten Lesung wieder nur eine Dreiminutendebatte. Daher noch ein letzter Punkt. Ich fände es gut, wenn wir die Anregung aus dem Fachgespräch aufnehmen würden, eine Arbeitsgruppe zu bilden - gern beim Wirtschaftsminister - aus kommunaler Ebene, Beratungsstellen, Betroffenenverbänden und den drei zuständigen Ministerien, um beratend die Evaluation zu begleiten. Ich denke, das kann in dem Bereich sehr sinnvoll sein.

Wir werden uns allerdings wegen der Gebührentatbestände bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Fragen sehe ich nicht. Ich danke Frau von Angern für die Ausführungen. - Für die SPD spricht Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir standen als Landesgesetzgeber vor der schwierigen Aufgabe, ein Bundesgesetz, das nicht unbedingt glücklich formuliert war und in seinen Antragsverfahren mehr Probleme als Lösungen bietet, so umzusetzen, dass für die Betroffenen tatsächlich noch etwas Gutes dabei herauskommt.

Das Gesetz heißt nun einmal Prostituiertenschutzgesetz und deswegen haben wir gerade die Anmerkungen, die Wünsche und die Kritik, die im Rahmen des Fachgespräches von vielen Betroffenen geäußert wurden, ernst genommen. Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei den Kollegen für die kooperative Zusammenarbeit bedanken. Ich glaube, dieses parlamentarische Ver

fahren ist wirklich ein gutes Beispiel dafür, dass es gelingt, die praktischen Gegebenheiten so einzubinden, dass der Gesetzentwurf noch verbessert werden kann.

Insoweit bin ich froh, dass wir es geschafft haben, das, womit wir positive Erfahrungen gemacht haben, nämlich die Beratungsstelle Magdalena hier in Magdeburg, gesetzlich zu verankern. Dahinter steht der feste Wille - wir haben das ja auch im Haushalt für 2019 schon untersetzt -, eine zweite Beratungsstelle in Halle aufzubauen. Natürlich werden wir das weiterhin begleiten und schauen, wie sich das entwickelt, ob es möglicherweise regional auch noch im Osten oder im Norden unseres Landes Bedarfe gibt, und das dann entsprechend umsetzen.

Herzlichen Dank auch noch einmal für die Anregungen derjenigen, die an unserem Fachgespräch teilgenommen haben: Vera, Magdalena, Wildwasser e. V., der Landesfrauenrat, die kommunalen Vertreter und Gleichstellungsbeauftragten sowie der Städte- und Gemeindebund. Insoweit zeigt sich, dass Teamarbeit tatsächlich dazu führt, dass am Ende doch etwas Gutes herauskommt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Thomas. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass die Beratungen zum Prostituiertenschutzgesetz länger gedauert haben, als es manch einer von uns vermutet hat. Das zeigt, dass wir es uns mit der Diskussion dieses Gesetzentwurfes nicht einfach gemacht haben. Wir haben im Ringen miteinander versucht, die bestmögliche Lösung im Sinne der Betroffenen - das sind ja die Prostituierten, gerade auch im illegalen Bereich - zu finden.

Ein Grund für die relativ lange Beratungsdauer des Gesetzentwurfs ist auch der Umstand, dass verschiedene Ressorts hieran beteiligt waren. Dabei geht es um die Regelung von Zuständigkeiten. Das war ein Prozess, der den Gesetzgebungsvorgang verlangsamt hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber nicht verhehlen, dass ich mir ein durchaus schlankeres Gesetz gewünscht hätte. Die Hamburger haben es uns vorgemacht. Sie haben nämlich das Bundesrecht in Senatsrecht umgesetzt. Dort funktioniert das sehr gut.

Das ist übrigens auch die Situation, in der wir uns gerade befinden. Bevor nämlich dieses Landesgesetz in Kraft tritt, befinden wir uns in dem Status, dass das Bundesgesetz gilt, aber sei es drum; nicht alle Wünsche kann man erfüllt bekommen. Wir werden sehen, wie dieses Gesetz bei der Zielgruppe dann Anklang findet.

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Problem für uns als CDU-Fraktion war die Konnexität. Es geht darum, dass wir einen Gebührenrahmen brauchen, der nicht abschreckt, sondern trotzdem noch lockt; so will ich es einmal formulieren. Denn wenn Sie für eine Beratung oder eine Anmeldung eine sehr hohe Gebühr erheben, dann kommt keiner. Sie drängen die Leute vielmehr genau dahin, wo Sie sie eigentlich herausholen wollen, nämlich in die Illegalität. Deswegen wollten wir ein faires Angebot.

Ich denke, ich kann sagen, wir haben eine gute Lösung gefunden; denn der Gebührenrahmen im Gesetz bewegt sich im Kontext anderer Bundesländer. Insofern bin ich der guten Hoffnung bin, dass das dann auch entsprechend funktioniert.

Meine Damen und Herren! Im letzten Jahr gab es in Sachsen-Anhalt nicht einmal 80 Anmeldungen für ein Prostituiertengewerbe - damit wir auch mal wissen, worüber wir reden. In manchen Landkreisen, wie in der Region Anhalt-Bitterfeld, gab es sogar nur eine einzige Anmeldung. Dies rechtfertigte es aus der Sicht der zuständigen Fachpolitiker nicht, zusätzliches Personal in die Landkreise für die Bearbeitung und Betreuung abzustellen; denn das Personal ist vorhanden, egal wie viele Fälle vor Ort vorliegen, und das kostet nun einmal Geld.

Wir hatten uns ursprünglich darauf verständigt, die Zuständigkeit beim Landesverwaltungsamt zu belassen. Das erschien uns als der günstigste Weg, um die anfallenden Kosten des neuen Prostituiertenschutzgesetzes zunächst quantitativ erfassen zu können, damit wir überhaupt erst einmal wissen, über wie viel Geld wir reden. Dies wurde dann aus meiner Sicht im Koalitionsausschuss leider anders festgelegt. Die Zuständigkeit obliegt nun den Landkreisen.

Aber auch den Landkreisen möchte ich sagen, wir haben uns nicht umsonst auf die Fahnen geschrieben, das Gesetz bereits nach einem Jahr zu evaluieren, damit wir nach dieser Zeit genau wissen, wie sich der Kostenrahmen darstellt und wie wir als Landesgesetzgeber den Kommunen die zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen.

Ich denke, insgesamt liegt uns heute ein Gesetzentwurf vor, der sich sehen lassen kann. Wir haben ein gutes Instrument und ein gutes Angebot gegen die illegale Prostitution. Ich würde mich über eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz

entwurf in diesem Hohen Hause freuen. - Vielen Dank.

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Thomas für die Ausführungen.

Wir kommen somit zum Abstimmungsverfahren zur Beschlussempfehlung in Drs. 7/3949. In Anwendung des § 32 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages schlage ich vor, über die selbstständigen Bestimmungen in der vorliegenden Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit abzustimmen. Oder verlangt ein anwesendes Mitglied des Landtages an einer Stelle getrennte Abstimmung? - Das sehe ich nicht. Dann stimmen wir gleichzeitig über die Gesetzesüberschrift ab. Ich unterbreite den Vorschlag, über den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abzustimmen.

Wer für den Gesetzentwurf stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Das ist sind Fraktion DIE LINKE und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist das Gesetz beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 8 ist somit erledigt.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 9

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/3907