Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende Antrag der AfD sieht im Wesentlichen drei Punkte vor: Eine Erhöhung des Strafmaßes bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, eine Änderung des Passgesetzes sowie eine Ergänzung des SOG bzw. eine präventive polizeiliche Regelung zum Zwecke der Gefahrenabwehr.

Grundsätzlich und emotional kann ich die Forderungen durchaus nachvollziehen. Aber nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch machbar. Was die Erhöhung des Strafmaßes angeht, meine ich, dass man dieses differenzierter betrachten muss. Grundsätzlich gilt, dass eine Erhöhung des Strafmaßes keine Garantie für höhere Strafen ist. Vielmehr kommt es darauf an, den vorhandenen Strafrahmen auch auszuschöpfen. So reicht der Strafrahmen bei sexuellem Missbrauch von Kindern - Kollege Striegel hat es bereits erwähnt - nach § 176 Abs. 1 StGB von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Welche Strafe innerhalb dieses Strafrahmens verhängt wird, ist eine Frage der Strafzumessung, die einzelfallabhängig ist.

Ich möchte mich an dieser Stelle gar nicht in juristische Ausführungen zu Grundsätzen der Strafzumessung verlieren; denn ich verstehe jeden Einzelnen, der fordert, dass Kinderschänder härter bestraft werden müssen. Auch mir erscheinen Verurteilungen häufig zu milde. Dennoch möchte ich dafür sensibilisieren, dass dies in den meisten Fällen kein Problem des Strafrahmens ist, sondern ein Problem der Ausschöpfung desselben, die einzelfallabhängig ist.

Als ich die Forderung nach einer Änderung des Passgesetzes gelesen habe, hatte ich ein Déjàvu. Darüber haben wir vor etwa eineinhalb Jahren schon einmal debattiert. Im Anschluss an die Debatte im Plenum wurde im Innenausschuss von Vertretern des MI als auch des MJ ausführlich berichtet. Deutlich wurde, dass es keiner Verschärfung der Regelung bedarf, sondern dass die Fallzahlen, in denen von der Möglichkeit der Passversagung tatsächlich Gebrauch gemacht wurde, aus anderen Gründen sehr gering sind.

Es bedarf, wie in der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage dargelegt wurde, gerichtsverwertbarer Tatsachen. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass sich ein allzu großzügiges Gebrauchmachen von dieser Möglichkeit zu einer Ausweitung hin zur Nebenstrafe entwickeln kann, was nicht nur dem Resozialisierungsgedanken zuwiderläuft, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich sein könnte.

Meine Redezeit ist begrenzt, daher möchte ich nur kurz auf Ihre letzte Forderung eingehen. Ich kann auch diese durchaus nachvollziehen, jedoch stellt sie in der Systematik des Strafrechts einen Fremdkörper dar. Was Sie fordern, würde bedeuten, dass quasi Privatpersonen Informationen über Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen preisgegeben würden. Gleichwohl werden nach der MiStra die Aufsichtsbehörden wie zum Beispiel Jugendämter informiert, die dann ihrerseits tätig werden.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen, deswegen kann Herr Kohl abschließend für die AfD-Fraktion zur Diskussion sprechen.

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Politik ist manchmal ein zähflüssiges Geschäft, insbesondere dann, wie mir scheint, wenn es um das Wohl unserer Kinder geht. Ein Beleg dafür ist der vorgelegte Alternativantrag der Kenia-Koalition. Alternativ zu unserem Antrag soll die Landesregierung erst einmal unverbindlich in den Ausschüssen über dieses und jenes berichten, teilweise über Dinge, die hinlänglich bekannt sind, ohne dass daraus irgendwelche Konsequenzen folgen.

Hätten die Kenianer tatsächlich Interesse an diesen Informationen, hätten sie schon längst Selbstbefassungsanträge in den Ausschüssen gestellt, um sich genau diese Informationen zu verschaffen. Überhaupt frage ich mich, wie lange man über den Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch lamentieren will, bis endlich eine entsprechende Maßnahme auf den Weg gebracht wird.

(Beifall bei der AfD)

Dass die CDU-Fraktion diesem Alternativantrag zugestimmt hat, ist völlig unverständlich. Denn erst vor Tagen hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ein Positionspapier mit dem Titel „Sexuellen Kindesmissbrauch bekämpfen“ verabschiedet. Ich empfehle Ihnen, sich einmal anzusehen, was darin steht.

(Jens Kolze, CDU: Das liegt in der bundes- politischen Kompetenz, nicht in der landes- politischen Kompetenz! Machen Sie doch einmal Ihre Hausaufgaben!)

- Ja, aber man könnte vielleicht auch die Landesregierung mit einem entsprechenden Mandat in Richtung des Bundesgesetzgebers schicken, aber Sie haben noch nicht einmal den Willen dazu.

(Jens Kolze, CDU: Wer sagt denn das?)

- Passen Sie auf! - Denn erst vor Tagen hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ein Positionspapier mit dem Titel „Sexuellen Kindesmissbrauch bekämpfen“ verabschiedet, welches viel weiter reichende Maßnahmen enthält als unser Antrag.

(Jens Kolze, CDU: Er versteht es nicht!)

Zu genau diesen Positionen hat sich Ihre Landesgruppenchefin im Deutschen Bundestag ausdrücklich bekannt. Ich frage mich natürlich, warum Sie daran herumkritisieren, dass wir aus einem Vergehen ein - genau das ist es - Verbrechen machen. Kindesmissbrauch kann niemals nur ein Vergehen sein; das ist nicht wie Falschparken oder Ähnliches einzustufen.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Jens Kolze, CDU)

Daraus schließe ich: Entweder besteht innerhalb der CDU zu diesen Positionen kein Konsens, oder es fehlt Ihnen der Wille, diese Positionen durchzusetzen. Denn genau dann hätten Sie der Beratung unseres Antrags in den Ausschüssen zustimmen müssen. Dort wäre nämlich die Möglichkeit gegeben, Ihre zugegebenermaßen zum Teil gar nicht so schlechten Ideen einzubringen. Sei es drum.

Wir werden jedenfalls in den Ausschussberatungen ganz genau hinhören, hinterfragen und an dieses Thema keine Luft lassen, bis endlich Maßnahmen zum Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch beschlossen wurden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke. - Dann würden wir jetzt ins Abstimmungsverfahren einsteigen. Ich frage jetzt: Gab es einen Antrag zur Überweisung des Ursprungsantrags der AfD?

(Dr. Katja Pähle, SPD: Nein!)

Ich habe so etwas nichts gehört. Dann machen wir das so: Wir stimmen als Erstes über den Ursprungsantrag in der Drs. 7/3962 ab. Wer dem Antrag der AfD zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen und DIE LINKE. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Jetzt kommen wir zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 7/4015. Wer stimmt diesem zu? - Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die AfDFraktion. Damit ist dieser Alternativantrag angenommen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 14 schließen. Wir nehmen hier vorn noch einen Wechsel für die letzte Schicht heute vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir steigen in die letzte Runde ein.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 15

Erste Beratung

Pflegesituation verbessern - Pflegekammer ermöglichen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/3963

Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4016

Einbringer wird der Abg. Herr Siegmund sein. Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele Tausend Menschen arbeiten jeden Tag hart in einem Berufsfeld, das in unserer alternden Gesellschaft so wichtig ist wie nie zuvor und dessen Bedeutung in den kommenden Jahrzehnten natürlich noch weiter wachsen wird, und zwar erheblich weiter wachsen wird.

Im Alter wächst der Bedarf an medizinischer Versorgung und an Pflege. Einer wachsenden Zahl an älter werdenden Menschen stehen immer weniger junge gegenüber. Die Auflösung gewachsener Familienstrukturen verringert den Anteil der Familien, die ihre Eltern und Großeltern selbst pflegen.

Pflegekräfte haben sich dazu entschlossen, oftmals selbstlos und mit geringen Verdienstaussichten einem Beruf nachzugehen, der sie allzu häufig selbst an die physischen und psychischen Belastungsgrenzen bringt. Hierfür möchte ich mich im Namen der AfD-Fraktion bei allen Pflegekräften in Sachsen-Anhalt ganz herzlich bedanken. Ihr macht einen hervorragenden Job!

(Beifall bei der AfD)

Umso trauriger und unverständlicher ist es, dass dieses Berufsfeld bis heute nicht einheitlich und nicht schlagkräftig organisiert ist. Ärzte sind in der Ärztekammer organisiert, Apotheker in der Apothekerkammer, Gewerbetreibende und verarbeitende Unternehmen haben sich in der IHK zusammengeschlossen. Sie alle sprechen mit einer Stimme gegenüber Verhandlungspartnern. Sie alle sprechen mit einer Stimme gegenüber der Politik. Sie geben sich eine Berufsordnung und mehren und verbessern ihr Image.

Wir als AfD-Fraktion sind der Meinung, dass auch die Pflege in allen Punkten unterstützt werden muss, damit auch diese ihr Image verbessern kann und gut vorbereitet in die Zukunft geht. Und wer kennt die Bedürfnisse des Pflegeberufes, aber auch seine Probleme am besten? - Das sind

natürlich die Pfleger selbst. Das heißt: Geben wir Ihnen die Wahl, sich selbst für ein starkes Instrument der Selbstverwaltung zu entscheiden.

Worin liegen die Vorteile einer Pflegekammer? - Der in unseren Augen größte Vorteil wäre es, dass die Branche der Pflege endlich auf Augenhöhe mit anderen Berufsverbänden steht, die bereits jetzt professionell organisiert sind; diese habe ich vorhin exemplarisch erwähnt.

Wir wünschen uns auch einen Partner in der Pflege, der im Interesse des Berufs auch im Sinne der Kranken und Pflegebedürftigen als Fachexperte gegenüber den politischen Entscheidungsgremien und den politischen Entscheidungsträgern, also uns, mit einer einheitlichen, starken und vor allem hörbaren Stimme der Professionalität spricht. Das sollte unserer Überzeugung nach eine Pflegekammer sein.

Die Kammer kann eine Berufsordnung erlassen, die das Berufsbild neu und besser regelt, sie kann Qualitätsstandards in der Berufsausbildung erlassen, vereinheitlichen und verbessern. Außerdem wird eine Qualitätssteigerung durch neue Fort- und Weiterbildungsstrukturen ermöglicht.

Bereits im Jahr 2015 wurde in diesem Haus ein Gutachten vorgelegt, das ganz deutlich zeigt, dass der Einführung einer Pflegekammer keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Das heißt, der Weg ist frei.

Bedenken dagegen kommen hauptsächlich von den Pflegekassen und den Unternehmer- und Arbeitergeberverbänden. Mir ist natürlich klar, dass genau diese Verbände kein Interesse an einer einheitlichen und starken Stimme und an einem selbstbewussten Auftreten seitens der Pflege haben.

Doch auch Folgendes kann ich bereits vorab entkräften: Eine Pflegekammer steht nicht in Konkurrenz zu den Gewerkschaften und auch nicht zu den Berufsverbänden, sie ergänzen sich vielmehr. Die Gewerkschaften sollen sich natürlich auch weiterhin für das Gehaltsgefüge, beispielsweise in den Tarifverhandlungen, einsetzen.

Aktuell haben wir, wenn man über die Landesgrenzen hinausschaut, drei Pflegekammern in Deutschland: in Rheinland-Pfalz, in SchleswigHolstein und in Niedersachsen. In NordrheinWestfalen hat kürzlich eine Befragung ergeben, dass sich 79 % aller Pflegekräfte für eine Kammer aussprechen. Das heißt, insgesamt gibt es in vier weiteren Bundesländern und auf der Bundesebene Bestrebungen, eine Kammer einzusetzen.

Wir möchten - das betone ich ausdrücklich vor der Debatte -, dass die Pfleger in Sachsen-Anhalt selbst entscheiden können, was für sie das Beste ist. Im ersten Schritt sollen daher alle Betroffenen

umfänglich über die Aufgaben und die Chancen sowie die Möglichkeiten einer Pflegekammer informiert werden.