und nicht beim Werkschöpfer und geistigen Eigentümer landeten; und dies sind eben nicht nur die großen Medienkonzerne, sondern Millionen schöpferischer Menschen in ganz Europa, die sich Sorgen um ihr Einkommen machen, die aber technische Lösungen wie solche Filter natürlich auch sehr kritisch sehen. Das hat Herr Gallert bereits beschrieben.
Ziel des Richtlinienentwurfs ist es danach, Plattformen mehr als bisher zu veranlassen, vor der Verbreitung von Werken Verträge mit den Rechteinhabern und vor allem den Verwertungsgesellschaften für Musik, Text, Film und Bilder zu schließen, um auch für die Nutzer eine sichere Rechtsgrundlage zu schaffen. Diese Verwertungsgesellschaften erfassen in ihrem jeweiligen Bereich sehr viele Menschen, die Werke schaffen.
Kritiker der Uploadfilter befürchten, wie es Herr Gallert gerade beschrieb, dass es den Plattformbetreibern - gerade auch den kleinen - nicht möglich sei, mit allen geistigen Eigentümern und Verwertungsgesellschaften entsprechende Vereinbarungen zu treffen, sondern dass sie mit der technischen Lösung, die scheinbar einfach ist, exzessiv und unverhältnismäßig ausfiltern. Dabei bestünde die Gefahr, dass manche fremden Werke oder von Nutzern eingestellte Kreationen auch zu Unrecht von der Plattform entfernt würden, weil die Uploadfilter sich nicht so trennscharf einstellen lassen.
Nach der Einigung sind allerdings - auch das muss man berücksichtigen - Ausnahmen vorgesehen, die unter anderem Start-ups bis zu einer bestimmten Größenordnung von den Regelungen ausnehmen. Man hat sich also insgesamt durchaus um differenzierte Regelungen bemüht, und die kleinen sind nicht genötigt, sich dieser technischen Filter zu bedienen.
Dass solche Filter nun der Untergang des Internets sind, wie es hier und da beschworen wird, erscheint mir fraglich; allerdings neige ich ohnehin nicht zum Alarmismus. Ich hoffe sehr, dass es im weiteren Entscheidungsvorgang andere tragfähige Lösungen geben kann; denn der Druck, der jetzt entfaltet wird, ist beachtlich.
Der Reformbedarf des Urheberrechts als solcher ist jedenfalls unstrittig. Die Bundesregierung hat dem Trilogergebnis am Ende im Sinne eines Gesamtkompromisses zugestimmt. Deutlich wird jedoch, dass es gerade auch in Deutschland erhebliche Vorbehalte gegen Artikel 13 gibt.
Aus meiner Sicht bleibt zunächst das weitere Verfahren spannend, insbesondere der Verlauf im Europäischen Parlament. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob es dort noch Bewegung gibt. Ich möchte jetzt nicht alle Staaten aufzählen, die dem im Trilog nicht zugestimmt haben; aber das
ist eine beachtliche und sehr ernst zu nehmende Gruppe, die sich dazu im Europäischen Parlament und im Ministerrat artikuliert.
Abschließend weise ich darauf hin - das erklärt vielleicht auch, warum sich Bundestag und Bundesrat nicht damit befasst haben und sich auch nicht damit befassen werden -: Es handelt sich um Primärrecht. Dort kommen wir nicht hinein, jedenfalls nicht nach der Verfassung. Es bleibt natürlich unbenommen, dass im politischen Raum und auch in den Landtagen die Diskussion geführt wird, wie es heute hier geschieht. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Robra. Es gibt drei Wortmeldungen: zunächst Herr Abg. Gallert, danach Herr Dr. Schmidt und Herr Raue. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.
Herr Staatsminister, ich bedanke mich zunächst bei Ihnen, dass Sie diese komplizierte Materie sehr differenziert dargestellt haben. Über das Quantum an Emotionen sprechen wir an anderer Stelle einmal. Ich möchte nur auf zwei Aspekte hinweisen:
Das Leistungsschutzrecht in Artikel 11 ist im Wesentlichen daran orientiert, was in Deutschland seit 2017 realisiert wird. Interessant ist, dass, nachdem Google - man könnte sagen - per Google-News-Klausel mehr oder weniger dazu verpflichtet worden ist, Lizenzen bei den Rechteinhabern, sprich: bei den Verlagen, zu erwerben, dies aber nicht getan hat, dann die Verlage auf Google News zugekommen sind und gesagt haben, ihr bekommt alle Rechte für null Euro. Denn sie haben mitbekommen: Wenn Google News sie nicht mehr verlinkt, werden sie nicht mehr gelesen. Daran merkt man: Man kann aus der Erfahrung einer Niederlage auch einmal etwas Richtiges lernen und das von vornherein herausnehmen.
Etwas, das ich eigentlich noch sagen wollte, ist: Klar gibt es diese Ausnahmen, aber gerade das ist doch das Problem. Du darfst nicht länger als drei Jahre am Markt sein und darfst nicht mehr als 10 Millionen € Umsatz und nicht mehr als fünf Millionen Mitglieder haben. Okay, das hört sich erst einmal ganz gut an. Vor allem in der Praxis - das sage ich ganz klar, Herr Robra - ist diese Dreijahresklausel extrem schwierig.
Denn nicht alle Start-ups - wie wir sie nennen - sind darauf ausgerichtet zu wachsen, sondern es gibt Plattformen, die versuchen, dauerhaft - zum Teil im Nebenerwerb, zum Teil mit ein, zwei Mitarbeitern - ihre Nische zu finden. Nach drei Jah
ren gibt es aber auch bei ihnen einen Cut und sie haben genau dasselbe Problem. Und keiner von ihnen hat die Chance, mit allen möglichen Rechteinhabern irgendwelche Verträge abzuschließen. Deshalb hören sich die Ausnahmen zwar gut an, sind aber im Endeffekt fast wirkungslos.
Dazu kann ich jetzt relativ wenig sagen. Ich habe im Moment nicht vor Augen, ob die Ausnahmen alternativ oder kumulativ sind. Das macht natürlich im Ergebnis schon einen Unterschied. Ich wollte auch eigentlich nur deutlich machen, dass man sich im Trilog um diese Fragen Gedanken gemacht hat. Am Ende führt das dann zur Abstimmung, und diese ist, wenn auch knapp, so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist. Deshalb führen wir jetzt überall die Diskussion.
Dass sich die Zivilgesellschaft in diese Diskussionsprozesse einbringt, ist zu begrüßen. Das, was in Brüssel geschieht, geschieht doch recht weit von uns entfernt. Das ist auch der tiefere Grund, warum wir in anderen Zusammenhängen so viel über Subsidiarität sprechen. Das ist hier aber nicht das entscheidende Argument, weil es Primärrecht ist.
Dass man das Gefühl hat, man würde von dem Entscheidungsprozess überrollt, wie er sich - man mag dies beklagen oder nicht - zunächst weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespielt hat, bis das dann durch die mediale Berichterstattung und die sozialen Medien aufploppte, ist ebenfalls verständlich. Insofern kann es sein, dass es da noch Verschiebungen gibt. Es ist bis zur abschließenden Beschlussfassung nicht in Stein gemeißelt. Ich nehme sogar an, dass es noch Gespräche, auch unter den Berichterstattern, geben wird. Ich bin selbst sehr gespannt, was am Ende herauskommt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, ich habe zwei Fragen, die erste zum grundsätzlichen rechtlichen Verständnis dessen, was da auf den Weg gebracht wird. Das, was Sie als Haftungsprivileg der Plattformen bezeichnet haben, könnte man auch als die normale haftungsrechtliche Regelung sehen, die durchführbar ist und durchgeführt wird, und die Verlagerung der Haftung auf
die Plattformen, die im Zweifelsfall deren Geschäft komplett verhindert, wenn sie nicht in der Lage sind sicherzustellen, dass sie nicht regelmäßig in solche Haftungsfälle hineinkommen.
Ist es nicht rechtlich zumindest problematisch, wenn man Rechtsregelungen in die Welt setzt, die für die Teilnehmenden komplett undurchführbar sind? Darf man solche Gesetze erlassen, ganz unjuristisch gefragt?
Die zweite Frage bezieht sich auf das Werk. Die urheberrechtliche Idee, die dahintersteht, stammt aus dem 19. Jahrhundert: das Werk. Ein einsamer Mensch schafft in einer Gartenlaube ein EinAutoren-Werk, welchen Mediums auch immer. Das hat mit dem Radio aufgehört, als alleinige Möglichkeit zu existieren.
Ist dieser Werk-Begriff nicht eigentlich in sich problematisch, weil er die Kompilation, die Benutzung bereits vorher rechtebehafteten Materials ausschließt? Kann ein Urheberrecht, das an den tatsächlichen Werken, deren Urheberrechte geschützt werden müssen, vorbeigeht, überhaupt Bestand haben? Sie verstehen vermutlich die Frage.
Zunächst: Das Problem, das der europäische Gesetzgeber hatte, war, ein mehrstufiges System zu entwickeln, das am Ende etwas Unbefriedigendes hinterlässt. Das erste große Ziel - ich hoffe, ich habe es hinreichend deutlich gemacht - ist, sie zu
veranlassen, mit den Urhebern - das sind oft auch sehr große Gesellschaften, zum Beispiel Medienkonzerne - Urheberrechtsvereinbarungen abzuschließen. Das wird gelingen und dürfte nicht das Problem sein.
Die zweite Stufe ist: Wenn es trotzdem zu Urheberrechtsverletzungen kommt, können sie sich entlasten, indem sie nachweisen, dass sie nicht gleichgültig gegenüber der Rüge der Verletzung des Urheberrechts waren, sondern dass sie alle Anstrengungen unternommen haben, den Urheber zu finden und sich mit ihm zu einigen. Wenn sie sich nicht einigen können, dann müssen sie es von ihrer Plattform herunternehmen. Das lässt sich ohne Weiteres realisieren und entspricht den üblichen Gepflogenheiten, wie es auch jetzt bereits der Fall ist.
Dann bleibt natürlich ein Rest. Durch das Internet geistert immer das Beispiel des privaten Filmemachers, der seine Katze filmt und das mit Madonna-Hits unterlegt. Madonna gilt ja als eine sehr entschiedene Vorkämpferin für die Wahrung ihrer Urheberrechte auf der großen weiten Welt. Da wird es kleinteilig.
Dann hat man sich entschlossen, an dieser Stelle - auch im Vertrauen auf Ingenieurskunst - eine technische Lösung vorzusehen, nämlich besagten Uploadfilter. Dass dieser dann, je nachdem ob er zu scharf, zu fein oder zu grob eingestellt ist, auf der einen Seite nicht alles erfasst, auf der anderen Seite aber auch Rechte erfasst, die sich ganz klar zuordnen lassen, oder Werke erfasst, die urheberrechtsfrei sind, das ist das Problem.
Um diesen Rest, die dritte Stufe der Kaskade, ringt man jetzt. Es geht darum, ob es einer technischen Lösung bedarf oder ob - wie von Herrn Gallert vorgeschlagen - die große Digitalsteuer dazu beitragen kann, diese Lücke zu schließen für die verstreuten, kleineren Rechte, die man mit den größeren Systemen nicht einfangen kann, die man glaubt, mit dieser technischen Lösung herausfiltern zu können.
Das ist in dem Sinne, wie Sie das kurz dargestellt haben, kein undurchführbares Gesetz; es ist durchführbar. Es führt nur in der dritten Stufe sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite zu Kollateralschäden, die aus der Sicht vieler ausgesprochen unerwünscht sind.
Sie haben noch das Thema „Werk“ angesprochen. Diese Debatte ist eigentlich geführt worden, bevor es die großen Verwertungsgesellschaften gab. Darum sind die großen Verwertungsgesellschaften gegründet worden, wie die VG Wort, Gema und welche es noch alle gibt, die - so haben viele schon die Erfahrung gemacht - außerordentlich effizient arbeiten und sehr kleine Urheberrechtsverletzungen in lokal verstreuten Print
Für mich wäre es am wichtigsten, dass wirklich die Verwertungsgesellschaften mit diesen großen Plattformen Verträge schließen, weil sich damit der für die dritte, die technische Stufe verbleibende Rest ganz erheblich minimieren lässt.
Insofern ein Ja zum „Werk“-Begriff. Bisher ist auch noch niemandem in der Diskussion etwas Besseres eingefallen. Wenn man die Bündelung der Werke, und zwar über das Individuum hinaus - manche Schriftsteller wissen beispielsweise gar nicht, dass sie in der VG Wort sind und bei der VG Wort auch ihre Tantiemen abholen könnten; das ist ein Sonderthema -, erst einmal geregelt hat, ist man schon einen sehr großen Schritt weiter.
Ich bitte Sie, diese sehr kurz zu halten; denn Sie haben mit Ihrer ersten Frage die Zeit schon überschritten.
Ganz kurz: Führt der Uploadfilter nicht automatisch in den Rechtsverstoß, weil ich entweder dem einen seine Gewerbefreiheit nehme oder die Rechte des anderen verletze? Darf man ein solches Gesetz machen? Das ist die Frage, auf die ich hinaus will. Darf man ein Gesetz machen, das den Betreiber der Plattform automatisch in den Rechtsverstoß führt?
Das tut es ja nicht, sondern es ist der Versuch, den Interessenausgleich zwischen den Plattformbetreibern und den Nutzern der Plattformen, die persönliche Dinge einstellen und dabei mittelbar vielleicht Rechte Dritter verletzen, zu finden.
Es ist auch nicht völlig ungeeignet, aber es hat Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen, über die jetzt heftig gestritten wird. An sich ist das kein Widerspruch.