Protokoll der Sitzung vom 01.09.2016

zubehalten, die wir in diesem Parlament geübt haben. Die Landesregierung - so habe ich es der Stellungnahme des Herrn Finanzministers entnommen - wird sich in Zukunft noch strenger an diese Regeln halten.

Wir haben gefragt, was die erste Konsequenz aus diesem Vorgang, über den wir heute sprechen, sein kann. Die Konsequenz kann nur sein, dass wir in der Beschlussfassung auch den Fall formulieren, der eingetreten ist, wenn nämlich Inhouse-Geschäfte, die eindeutig als Beratungsleistungen vergeben werden sollen, gemeint sind. Das haben wir Ihnen als Änderungsantrag vorgelegt.

Vielleicht noch ein Wort zur AfD.

Herr Knöchel, es muss das letzte sein.

Es ist das letzte, Herr Präsident. Das habe ich ja immer. - Sie haben in Ihrem Antrag von der Arroganz der Macht geschrieben. Ja, starke Worte; die Rede kam da nicht ganz mit. Aber Arroganz der Macht, meine Damen, meine Herren, ist ein Begriff der Diktatur. Wir leben in einer Demokratie.

(Zuruf von der AfD: Echt?)

Liebe Landesregierung, wie Sie wissen, kommt in einer Demokratie alles raus, die Frage ist nur, wann.

Herr Knöchel - -

Ich glaube, an diesen Halbsatz haben Sie selber nicht geglaubt. Ich möchte Ihnen diesen Satz deshalb für diese Legislaturperiode eingehend ans Herz legen und mich beim Präsidenten für seine Langmut bedanken. - Vielen Dank, meine Damen, meine Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Bitte sehr, Herr Knöchel, aber nicht, dass wir uns daran gewöhnen. - Als Nächster hat Herr Schmidt von der SPD-Fraktion das Wort. Der Gerechtigkeit halber würde er auch eine Minute mehr Redezeit bekommen, wenn er sie denn benötigt.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Minute könnte man verwenden, um sich mit

Herrn Knöchels qualifizierter Gutachterfeindlichkeit auseinanderzusetzen, die ich aus dem Stadtrat von Halle schon kenne.

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

Ich verzichte darauf, nicht um die Minute zu sparen, sondern weil ich meine, dass das Thema, das wir heute besprechen, kein Thema für Polemik sein sollte, nicht für die billige Polemik, die die AfD angebracht hat, und auch nicht für qualifizierte Polemik. Denn in Wirklichkeit geht es um einen Prozess, in dem wir ein gemeinsames Interesse daran haben, eine Balance zu finden, nämlich zwischen der Handlungsfähigkeit der Regierung und dem Kontrollwillen und der Kontrollpflicht des Parlaments.

Dies gegeneinanderzustellen und gegeneinander zu verhandeln, macht Spaß und ist schön, führt zu schönen Formulierungen, bei denen man immer schnell einen rhetorischen Punkt setzen kann, es hilft aber in der Sache nichts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, der Glaube, man könne als öffentliche Verwaltung auf Beratungsleistungen verzichten - -

(Matthias Büttner, AfD: Hat doch keiner ge- sagt!)

- Das haben Sie gesagt. Herr Farle hat genau das gesagt. Er hat gesagt, dass nichts von dem, was in den Ministerien zumindest theoretisch erledigt werden kann, vergeben werden darf. Das ist eine teure Illusion. An diese Stelle werden wir nie kommen. Wenn Sie diese Messlatte anlegen, nehmen Sie einer Verwaltung die Sicht. Sie nehmen ihr die Möglichkeit, qualifiziert zu handeln, und sie verteuern in Potenzen eine Verwaltung, die um das Doppelte größer sein müsste, als sie das tatsächlich ist.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Herr Farle weiß das selbst am besten. Genau derselbe Unsinn ist es zu glauben - Herr Farle wäre der Erste, der klagen würde -, man könnte Firmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, dazu zwingen, ihr Geschäftsgeheimnis aufzugeben, ihre Kalkulationen offenzulegen, um diese Art von Pseudotransparenz zu erreichen, die Herr Büttner hier eingefordert hat.

Wir haben einen Beschlussvorschlag vorliegen, der versucht, diese Balance zu suchen und zu finden. Meine Vorredner haben das eine oder andere dazu schon gesagt, auch zu dem Thema, dass dieser Beschlussvorschlag um den einen oder anderen Begriff, zum Beispiel um den Begriff Studien, nachgeschärft werden soll.

Minister Schröder hat im Finanzausschuss darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Regierung vorhat, den Nutzen und die Wirkung von

Beratungsergebnissen künftig stärker nachzuhalten und Nachbeauftragungen genauer in den Blick zu nehmen. Dieses Vorhaben unterstützen wir; das ist sinnvoll.

Es gilt übrigens nicht nur für Beraterverträge, sondern auch für jedes andere Regierungshandeln, dass es sinnvoll ist, nicht nur immer den Blick nach vorn zu richten, der sich im Zeitdruck ergibt, sondern ab und zu auch einmal zurückzuschauen, was erreicht wurde. Das macht eine Verwaltung nicht gern, weil das Aufwand bedeutet. Es lohnt sich aber.

Die Wertgrenze von 20 000 € ist nicht hoch. Das weiß jeder, der schon einmal in die grundständig frohen Gesichter von IT-Beratern, Tragwerksplanern und auch Steuerprüfern geblickt hat, bei deren Tagessätzen diese Wertgrenze schnell erreicht ist. Insofern ist die Behauptung, in Größenordnungen sei frei und wild vergeben worden, einfach billige Polemik. Das sagt sich ganz nett, hat aber mit der Realität nichts zu tun.

Wenn Sie sehen, dass wir Beratungsleistungen im Wert 24,9 Millionen € - Herr Büttner hat das zitiert - innerhalb von drei Jahren vergeben haben und der Landeshaushalt in diesem Zeitraum 30 Milliarden € ausgegeben hat - diese große Zahl können sich die Bürger kaum vorstellen -, dann wird diese Zahl in diesem Kontext ganz klein. Dann ist das nämlich nicht mehr besonders viel Geld. Wenn Sie die Summe der Löhne der Landesverwaltung dagegen stellen, dann werden Sie staunen. Aber vielleicht bekommen Sie den Umgang mit großen Zahlen in den nächsten Jahren noch auf die Reihe.

Sehr geehrter Damen und Herren! Minister Schröder hat darum gebeten, dass wir hier nicht vorab - das finde ich ausgesprochen sinnvoll - Stellung nehmen zu einem Rechnungsprüfungsbericht, den wir nicht kennen, und nach einer Akteneinsicht, die wir alle in aller Schnelle vorläufig und kursorisch vorgenommen haben.

Nun haben sich weder meine Vorrednerin noch meine Vorredner daran so genau gehalten. Erlauben Sie mir deshalb, obwohl ich es im Prinzip sehr sinnvoll finde, so zu verfahren, auch ein paar Sachen zu meinem Eindruck aus der Akteneinsicht zu sagen.

Ich habe die Akten gestern auch gesehen. Nach einer ersten Einsicht ist mir jedenfalls deutlich geworden, dass die zahlreichen, zum Teil etwas putzigen Vorwürfe aus der Presse so alle nicht aus den Akten belegbar sind, und zwar weder in Bezug auf die Frage: Hat hier die Hausleitung gegen das Votum der Fachebene gehandelt, noch in Bezug auf die Frage: Ist die Höhe der Jahressummen für den Geschäftsbesorgungsvertrag allein von der Hausleitung seinerzeit festgelegt worden?

Gleiches gilt ganz und gar für das Thema der inoffiziellen Postwege, die es ausweislich der Akten selbstverständlich auch im Finanzministerium des Jahres 2013 nicht gegeben hat. Wer schon einmal in einer solchen Verwaltung gearbeitet hat, der weiß, was es bedeutet, wenn auf einer Akte ein Zettel mit der Aufschrift „Von Hand zu Hand!“ klebt. Der weiß nämlich, dass dies keineswegs heißt, es unter einer Hand zu transportieren, sondern dass es bedeutet, es nicht den vormittags oder nachmittags kommenden Aktenboten zu überlassen, die Akten irgendwann bis zum nächsten Tag auszuliefern, sondern dass die Mitarbeiter sie von Mitzeichnungsstelle zu Mitzeichnungsstelle liefern, um dafür zu sorgen, dass die Übermittlung eines Vorgangs nicht drei Tage dauert, sondern vielleicht nur einen. Das war möglicherweise der Presse tatsächlich auch bekannt.

In der Stellungnahme - so habe ich es mir jedenfalls aus der Presse erlesen - zu dem vorläufigen Prüfungsbericht des Landesrechnungshofs hat das Finanzministerium zum Ausdruck gebracht, dass es die Auffassung, dass es rechtlich möglich war, diesen Vertrag zu schließen, bis heute teilt. Wir werden im Finanzausschuss besprechen, wie die Stellungnahme der Landesregierung zu dem endgültigen Bericht aussieht.

Mein Eindruck ist, sehr geehrte Damen und Herren: Der ganze Vorgang eignet sich ganz gewiss dazu, darüber zu reden - darauf haben meine Vorredner schon hingewiesen -, was man besser machen und wie man das Verfahren optimieren kann. Das ist auch üblich. Wenn der Landesrechnungshof prüft, dann tut er das nicht, um anzuklagen. Er ist ja kein Gerichtshof, sondern er ist ein Organ der Kontrolle, der Hilfe und der Verfahrensverbesserung. Deswegen gibt es genau dieses Verfahren der gemeinsamen Gespräche und des Weges zur endgültigen Stellungnahme.

Dieser Vorgang eignet sich dafür ganz gewiss. Sowohl der seinerzeitige Finanzstaatssekretär als auch der heutige Finanzminister haben bereits öffentlich darauf hingewiesen, dass sie das so sehen. Der Minister hat auch schon gesagt, was er sich dabei in Teilen vorstellt. Aber für eine Skandalisierung eignet er sich ganz bestimmt nicht.

Ich kann Sie nur davor warnen, vorläufigen Berichten von Prüfungsorganen hinterherzulaufen und zu sagen: Alles, was darin steht, ist auch ein Tatbestand, und alles, was die meinen, was nicht in Ordnung war, ist ein Skandal. Wenn Sie eine solche Tätigkeit eine Weile in Kommunen gemacht haben, dann werden Sie merken, dass das wesentlich unaufgeregter und keineswegs gegeneinander geht.

Dass wir Meinungen haben, bevor wir uns alle tatsächlich mit allen Fragen auseinandergesetzt

haben, dass wir glauben, Meinung ist gleich Sachverhalt, und dass wir meinen, Verurteilungen von handelnden Personen im Nachhinein vornehmen zu können, indem wir möglicherweise feststellen, wir könnten ab morgen die Spielregeln ändern und dann so tun, als hätten sie gestern schon gegolten - davor kann ich nur warnen. Damit helfen wir nicht nur den betroffenen Personen nicht, sondern auch den heute und morgen handelnden nicht.

Wir alle - damit bin ich wieder bei der Balance, die wir versuchen müssen zu erreichen - werden gemeinsam nicht nur bei der Vergabe von Beraterverträgen, sondern bei jeder Handlung einer Regierung dafür sorgen müssen, dass das Land nicht nur aufpasst, dass es sich ordnungsgemäß am Monatsende verwaltet hat, möglicherweise durch Nichtverlassen des Büros, und ganz sicher ist, dass es keinen Fehler gemacht hat, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass das Land auch noch handelt. Dies darf bei dieser unserer Betrachtung nicht untergehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Schmidt. - Gemäß § 46 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 46 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat der Fraktionsvorsitzende der AfD bei mir weiteren Redebedarf der AfD angemeldet. Dem gebe ich jetzt statt. Herr Farle, ich gebe Ihnen im Kontext dieser Geschäftsordnungsregelung noch einmal eine Redezeit von fünf Minuten.

Bevor Herr Farle anfängt zu reden, möchte ich gern noch die Schülerinnen und Schüler vom Ecole-Gymnasium aus Barleben begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Farle, Sie haben das Wort.

Stellen Sie die Redezeituhr bitte neu an, damit ich gemahnt werde, wenn ich die fünf Minuten überschreite.

(Schriftführerin Doreen Hildebrandt: Das geht leider nicht!)

Fangen Sie einmal an. Ich habe eine eigene Uhr. Ich sage Ihnen dann Bescheid.

Gut. Das ist wunderbar. - Erstens. Auf meinen Vorredner möchte ich nur antworten: Ich habe gesagt oder, wenn ich es falsch gesagt habe,

Folgendes gemeint - weil Sie mich schon öfter missverstanden haben, auch im Ausschuss diesbezüglich, sage ich es noch einmal speziell für Sie -: Ich bin nicht dafür, die Aufgaben, die in den normalen Arbeitsbereich eines Ministeriums gehören, mithilfe von Fremdvergaben durch Gutachter erledigen zu lassen, die dafür sehr viel Geld bekommen, statt die Schularbeiten im eigenen Ministerium zu erledigen. Das habe ich gemeint - ich habe es jetzt auch sehr klar gesagt - und nichts anderes. Das haben übrigens andere Redner vor mir auch gesagt.

(Beifall bei der AfD)

Zweitens. Das Unerträgliche an unserer Situation ist eigentlich nur, dass wir in den letzten Wochen alles aus der Presse erfahren haben. Ich habe im Finanzausschuss - wer dabei war, der weiß das - laut und klar gesagt: Es geht nicht, dass wir, die Abgeordneten, vertröstet werden und wir erst in drei Monaten, wenn der Abschlussbericht vorliegt, etwas sagen dürfen. - Nein. Wenn das Thema in die Öffentlichkeit kommt, muss schnellstmöglich Aufklärung geschaffen und müssen notwendige Schlussfolgerungen gezogen werden.

Drittens. Jetzt sind wir in der Situation, dass wir einige Dinge schon beurteilen können. Dafür liegt der Entschließungsantrag uns allen vor. Wir werden ihn heute unterstützen, weil er die Studien einbezieht und einige Probleme bereinigt.