Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

Deswegen ist man klug beraten, wenn man das unter einem anderen Koordinatensystem nicht einfach so verwendet. - Das ist mein erster Punkt. Ich halte das nicht für klug.

Der zweite Punkt ist, liebe Kollegen der AfD: Wer einmal das Glück hat, in eine Koalition eintreten zu dürfen, der hat die große Freude festzustellen, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt, dass aber alle drei Partner - das unterstelle ich der

Kenia-Koalition - eigentlich das Beste für dieses Land wollen. So ist das.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Dann gibt es eine ganz normale Konstellation. Irgendwann - sollten wir den Haushalt, daran arbeiten wir alle gut mit, bis zum Jahr 2021 durchkriegen - weiß jeder - das habe ich auch den Koalitionspartnern und letztens auch im Kabinett gesagt, mit Blick auf die anderen Bundesländer -, wann der Wahlkampf losgeht.

Ich sage auch jedem, dass es logisch ist, dass es immer Einfallstore geben wird - diese werden auch anderswo, unter anderer Couleur, genutzt, wenn es andere Regierungskonstellationen in Berlin und im Land gibt - und dass dann ein Koalitionspartner logischerweise eine andere Auffassung hat. Das sind bei uns die GRÜNEN. Deshalb haben wir aber überhaupt keinen Schaum vor dem Mund.

Ich muss das einfach einmal sagen, weil hier gelegentlich etwas hineininterpretiert wird. Es geht lediglich darum, dass wir eine unterschiedliche Auffassung haben. Auch diese hat Auswirkungen auf mögliche Rechtsverhältnisse im Bundesrat. Nur darauf hat Kollege Erben hingewiesen, und auf nichts weiter. Das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Im Übrigen gibt es diese Frage auch in anderen Bundesländern. Wenn bei uns keine Einigkeit besteht, wird nicht angerufen.

(Zuruf von der AfD)

Das ist die Rechtslage. Ich will das hier nur noch einmal sagen, weil da manchmal etwas hineininterpretiert wird.

Wir werden gelegentlich auch - das werden wir demnächst am Montag auch machen - für möglicherweise missverständliche Sätze in Mithaftung genommen. Deswegen sage ich Ihnen hier auch ganz klar, liebe Kollegen von der LINKEN: In Ihrer Pressemitteilung einen Terminus technicus des Nationalsozialismus zu verwenden und vom „letzten Aufgebot“ zu sprechen, das halte ich nicht nur für nicht klug, sondern ich halte es in diesem Fall auch für nicht angebracht.

(Beifall bei der CDU)

Anderen dann Spitzfindigkeit vorzuwerfen und sogar Sätze vorzuwerfen, die in keinem dieser Papiere stehen, ist eine Sache - dazu können wir uns gern hoch und runter unterhalten -, die nicht geht. Man kann auch Unruhe, Aufgeregtheit und Krisen herbeireden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann kommen wir zum Ende des Tagesordnungspunktes, und zwar zu dem Abstimmungsverfahren. Ich nehme das, was Frau Quade gesagt hat, einmal als Antrag. Uns liegen nun zwei verschiedene Anträge vor. Zum einen hat Herr Schulenburg - ich nehme an, für die Koalition, ich weiß es nicht genau - eine Überweisung in den Innenausschuss beantragt. Zum anderen hat Frau Quade eine Überweisung in den Finanzausschuss beantragt.

Über diese Anträge stimmen wir jetzt ab. Wenn beide Überweisungen Zustimmung finden sollten, dann können wir uns über die Hierarchie unterhalten. Das dürfte nicht so schwer sein.

Herr Borgwardt, dazu? - Bitte.

Ich würde, wenn Sie, Herr Präsident, gestatten, den Versuch unternehmen und beantragen, den Antrag zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss zu überweisen. Es ist wahrscheinlich unstrittig, dass der Finanzausschuss - so sieht es die Geschäftsordnung vor - ohnehin beteiligt werden müsste. Das kürzt vielleicht das Verfahren ab.

Ja, das kürzt das Verfahren ab. Sie haben völlig recht, der Finanzausschuss kann ohnehin immer seine Zuständigkeit erklären.

Dann nehme ich den Vorschlag von Herrn Borgwardt auf. Wenn dieser eine Mehrheit bekommt, hat sich der Rest sowieso erübrigt. Er hat vorgeschlagen, den Antrag in der Drs. 7/4506 zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss zu überweisen. Wer einer entsprechenden Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Zwei fraktionslose Abgeordnete. Damit ist der Antrag in der genannten Art und Weise in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 30 beenden.

Das gibt mir nun die Gelegenheit, ganz herzlich Damen und Herren des Sozialverbandes aus Blankenburg bei uns auf der Besuchertribüne zu begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Auf meinem Blatt steht: Seniorinnen und Senioren des Sozialverbandes. Aber selbst ohne Brille kann ich erkennen, dass diese Einschränkung nicht bei allen stimmt. Noch einmal ganz herzlich willkommen bei uns!

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Situation der Kinderhospize und betroffener Familien im Land verbessern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4287

Einbringerin für die Fraktion ist die Abg. Frau Zoschke. Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland leben etwa 40 000 Kinder und Jugendliche mit lebensbegrenzenden Erkrankungen. Jährlich sterben fast 5 000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an einer solchen Erkrankung.

Für die betroffenen Familien ist das Leben mit einem unheilbar kranken Kind ein Leben in einem permanenten Ausnahmezustand. Sie führen tagtäglich einen Kampf um Normalität und kleine, gemeinsame Glücksmomente. Für uns Außenstehende ist es kaum möglich, diese Situation zu erfassen und zu begreifen, mit welcher Stärke Betroffene agieren und reagieren müssen. Oft erfühlen wir lediglich, dass es wichtig ist, dass diese Kinder und ihre Familien in diesen Momenten nicht allein gelassen werden dürfen.

Der Kinderhospizgedanke entstand Anfang der 1980er-Jahre in Großbritannien. Hier wurde unter dem Namen „Helen House Hospice“ im Jahr 1982 in Oxford das erste Kinderhospiz eingerichtet. Eine Kinderkrankenschwester hatte ein an einem Tumor erkranktes Kind und dessen Familie nach dem ersten Krankenhausbesuch bis zum Tod begleitet und erkannt, welche Hilfen notwendig und möglich sind und dass neben dem erkrankten Kind auch die Familie dringend Unterstützung benötigt.

Im Jahr 1998 folgte in Trägerschaft der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe die Gründung des ersten Kinderhospizes in Deutschland: Das „Kinderhospiz Balthasar“ ist entstanden. Im Jahr 2009 richtete diese gemeinnützige Gesellschaft an gleicher Stelle das erste Jugendhospiz für Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre ein. Parallel dazu haben sich sechs Familien im Jahr 1990 darauf verständigt, den Deutschen Kinderhospizverein zu gründen.

Zwischenzeitlich existieren deutschlandweit 100 Hospizdienste für Kinder und Jugendliche mit 17 stationären Einrichtungen. Eines dieser Kinderhospize befindet sich in Magdeburg in der Trägerschaft der Pfeifferschen Stiftungen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vereine haben über die Jahre zahlreiche Projekte und Initiativen ins Leben gerufen, um Hemmschwellen abzubauen und den Zugang für alle Betroffenen zu erleichtern. Eines dieser aktuellen Projekte ist das Sorgentelefon Oskar. Es ist rund um die Uhr bundesweit unter der Nummer 0800 88884711 erreichbar. Dank ihm finden Betroffene somit jederzeit einen kompetenten, persönlichen Ansprechpartner. Das Sorgentelefon ist kostenfrei und kann anonym genutzt werden.

Ein Kinderhospiz ermöglicht die ambulante und stationäre Betreuung dieser unheilbar und lebensverkürzend erkrankten Kinder und Jugendlichen. Aber auch Eltern und Geschwister finden für diese Zeit unter dem Dach der stationären Kinderhospize wie auch bei allen ambulant tätigen Kinderhospizdiensten Ansprechpartner, begleitende Betreuung und den dringend notwendigen Ausgleich zu vielen Alltagssorgen und Ängsten, die mit der Erkrankung des Kindes zusammenhängen.

Damit ist das Kinderhospiz zu einem Teil Palliativbetreuung und Begleitung in den Tod. Aber es ist bei Weitem mehr. Kinderhospize leisten Unwahrscheinliches. Sie spenden betroffenen Kindern und Jugendlichen Lebensfreude und lassen Eltern, Geschwister und Freunde der Kinder in ihrem Kummer nicht allein. In Kinderhospizen wird gelacht, geredet, geträumt, gespielt, geweint, gestritten und wieder gelacht - also ein ganz normales Leben geführt. Wer schon einmal ein Kinderhospiz besucht hat, der weiß um die Lebensfreude, die hier verbreitet wird.

Wenn Eltern, Kinder und Jugendliche es wünschen, kann diese Betreuung mit dem Moment der Diagnose der lebensverkürzenden Erkrankung beginnen. Aber auch zu allen anderen Zeitpunkten wird Hilfe und Unterstützung gewährt. Kinderhospizarbeit hat also viele Facetten. Die haupt- und die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den stationären und ambulanten Hospizen unternehmen mit großem Einfühlungsvermögen, Engagement und Ideenreichtum den Versuch, den kranken Kindern zusammen mit deren Familien eine gute gemeinsame Zeit zu schenken, tolle Erlebnisse zu schaffen und Wünsche zu erfüllen. Ihnen gehören unsere Anerkennung und unser Respekt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Aber wir können noch viel mehr tun. Der Bundesverband Kinderhospiz e. V. hat erst vor Kurzem in einem Grundsatzpapier auf die aktuelle Situation aufmerksam gemacht und wichtige Forderungen formuliert. Einige dieser Forderungen greifen wir in unserem Antrag auf. Zunächst sind Forderungen formuliert worden, die sich auf etwas beziehen, das nur der Bundesgesetzgeber ändern

kann. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, im Bundesrat aktiv zu werden.

Die Einführung einer neuen Pflegekategorie „aufwendige Pflege“ als Ergänzung zu der Grund-, Behandlungs- und Intensivpflege durch den Bundesgesetzgeber hilft vielen betroffenen Familien; denn sie erleichtert es, die notwendigen Ansprüche gegenüber den Kostenträgern geltend zu machen. Noch zu oft verweigern gesetzliche und private Krankenkassen die häusliche Pflege, widerrufen bereits erteilte Bewilligungen und kürzen scheinbar willkürlich genehmigte Pflegestunden - und dies nur, weil die Kriterien für Intensivpflege sehr eingrenzend sind.

Wir sind uns hoffentlich darin einig, dass in solchen Situationen keiner Familie ein langwieriger, zeit- und kraftzehrender Beantragungs- und Widerspruchsmarathon zuzumuten ist. An dieser Stelle muss und kann Politik kurzfristig, schnell und nachhaltig eine einheitliche Regelung schaffen.

Ähnlich verhält es sich mit unserer Forderung, die Intensivpflegebewilligung auf zwölf Monate für lebensverkürzend erkrankte Kinder zu erhöhen. Eltern sollten die verbleibende Zeit gemeinsam mit ihren Kindern verbringen können, und zwar ohne Kostendruck und Antragsflut.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie Ihnen sicherlich klar ist, bringen nicht nur die Diagnose, sondern auch die Behandlung und die Pflege betroffene Familien an ihre Grenzen. Die ambulante und auch die stationäre Betreuung in den Kinderhospizen sowie die Tätigkeit vieler Ehrenamtlicher in den Hospizvereinen schafft Entlastung für Eltern und Räume für die Zuwendung an die Geschwister, die sehr oft zu kurz kommen.

Aber auch nach dem Tod eines Kindes benötigen viele Eltern und Geschwister eine Trauerbegleitung, die über den Tag des Abschiedes, den Tag der Beisetzung hinausgeht. Dazu müssen allerdings Spenden eingeworben werden. Wir finden, auch diesbezüglich besteht dringender Handlungsbedarf. Es bedarf einer geregelten Finanzierung dieser Geschwisterbegleitung. All diese Forderungen gelten gleichermaßen für die stationäre wie für die ambulante Hospizversorgung.

Zudem unterbreiten wir in unserem Antrag auch Vorschläge, die Lösungen auf Landesebene ermöglichen. Das bestehende Angebot an Beratung, Unterstützung und Information für betroffene Familien soll auf seine Alltagstauglichkeit und Aktualität hin überprüft werden; dies ist einer unserer Vorschläge. Selbstverständlich ist uns klar, dass seit dem Jahr 2017 eine Rahmenvereinbarung mit den Kostenträgern existiert, die die medizinisch-pflegerische Leistung durch Kostensätze abdeckt und damit die Arbeit der Träger der sta

tionären und der ambulanten Hospizarbeit ermöglicht und erleichtert.

Aber einiges ist tatsächlich noch offen. Ein Mehrbedarf an Personal im Einzelfall ist nicht abgedeckt. Dies betrifft vor allem die Möglichkeit des Einsatzes pädagogisch-psychologischer Mitarbeiterinnen, die die Trauerarbeit auch über den Tag der Beisetzung hinaus gewährleisten können.

Ich möchte an dieser Stelle an die Antwort der Landesregierung auf eine von mir gestellte Kleine Anfrage erinnern. Sie ist als Drs. 7/2868 für alle zugänglich. Hierin finden wir den Satz - ich zitiere -:

„Das Kinderhospiz hat die erforderlichen Spenden für den laufenden Betrieb bisher stets einwerben können; dies sind etwa 400 000 € pro Jahr.“