Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

„Das Kinderhospiz hat die erforderlichen Spenden für den laufenden Betrieb bisher stets einwerben können; dies sind etwa 400 000 € pro Jahr.“

(Eva von Angern, DIE LINKE: Entlarvend!)

Das macht, so finden wir, auch die Dimension deutlich, um die es hier geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es unterstreicht die von uns aufgezeigten Problemlagen, mit denen sich die Träger der stationären und der ambulanten Kinderhospize neben ihrer eigentlichen Arbeit beschäftigen müssen. Die Landesregierung soll besonders zu den Dingen, die wir hier im Land selbst regeln können, noch in diesem Jahr in dem zuständigen Ausschuss berichten. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Deswegen können wir in die Dreiminutendebatte eintreten. Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau GrimmBenne. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin Frau Zoschke sehr dankbar dafür, dass wir nach sehr langer Zeit wieder über Hospizarbeit und im Speziellen über Kinderhospizarbeit nicht nur reden werden, sondern, so denke ich, auch in dem zuständigen Ausschuss darüber debattieren und ein Fachgespräch führen werden, um uns auf den aktuellen Stand zu bringen, wie es hier im Land aussieht.

Wenn Kinder unheilbar erkranken, stellt dies die ganze Familie vor besondere Herausforderungen. Kinderhospize bieten Begleitung ab der Diagnose der unheilbaren Erkrankung bis hin zum Lebens

ende an. Dabei kann die Begleitung Wochen, Monate oder Jahre dauern. Im Vordergrund der Kinder- und Jugendhospizarbeit stehen die ambulante und die stationäre Begleitung der Familien mit dem Ziel, Kindern mit einer lebensverkürzenden Erkrankung bis zuletzt ein möglichst würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Wünsche und Bedürfnisse der erkrankten Kinder und ihrer Angehörigen stehen dabei immer im Mittelpunkt. Die Stärkung der Familie, die Vorbereitung auf das Sterben des Kindes und die Begleitung der Eltern und der Geschwister sowie die Trauerbegleitung sind Schwerpunkte der Arbeit des Kinderhospizes.

Im Land Sachsen-Anhalt gibt es gegenwärtig fünf ambulante Kinderhospizdienste, zwei weitere befinden sich in der Gründungsphase. Außerdem gibt es in Magdeburg ein stationäres Kinderhospiz. Kinder, die an einer fortschreitend verlaufenden Erkrankung leiden, bei der eine Heilung ausgeschlossen ist und eine palliativ-medizinische und eine palliativ-pflegerische Versorgung notwendig sind, haben Anspruch auf einen Zuschuss zu stationärer und teilstationärer Versorgung in Hospizen gemäß SGB V.

Nach dem Inkrafttreten des Hospiz- und Palliativgesetzes haben die Krankenkassen die bisherige Rahmenvereinbarung für die stationäre Hospizarbeit geändert und eine spezielle Rahmenvereinbarung - das hat wirklich etwas gebracht - für die stationäre Kinderhospizarbeit erarbeitet. Sie haben es schon gesagt, Frau Zoschke, beide Rahmenvereinbarungen traten am 1. Mai 2017 in Kraft. Mit der Änderung der Rahmenvereinbarung - ich denke, das haben Sie anerkannt - wurde auch die Finanzierung der stationären Einrichtungen und vor allen Dingen der ambulanten Hospizdienste verbessert.

Wir haben im vergangenen Jahr - das konnten Sie auch bei den Haushaltsberatungen nachvollziehen - zumindest die Rahmenbedingungen für die Hospizlandschaft in Sachsen-Anhalt verbessert. Das sagt mir nicht nur Pfarrer Paulsen - er ist gar nicht mehr im Dienst -, sondern auch seine Nachfolgerin. Es gibt Weiterbildungen für all diejenigen, die im ehrenamtlichen Bereich tätig sind. Der Fachtag und der Tag des Ehrenamtes im Ministerium zeigen mir - an dieser Stelle möchte ich ein Danke schön an diejenigen richten, die sich ehrenamtlich in der Hospizarbeit engagieren -, dass dies ein verantwortungsvoller und ein wichtiger Job ist. Ich bin immer wieder begeistert, dass es so viele Menschen gibt, die ihn ausüben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Uns zeichnet auch aus, dass wir die ambulanten Hospizdienste, die flächendeckend arbeiten, mittlerweile immer mit einer spezialisierten ambulan

ten Palliativversorgung ausstatten und sie eng mit den stationären Hospizen zusammenarbeiten können. Das ist - wie ich am Anfang gesagt habe - tatsächlich immer davon getragen, dass die Kinder möglichst bis zuletzt in ihrem gewohnten Lebensumfeld mit ihrer Familie zusammen sein sowie würdevoll und vor allen Dingen selbstbestimmt sterben können sollen.

Ich könnte noch eine ganze Menge dazu sagen, aber drei Minuten Redezeit sind sehr knapp. Wie gesagt: Ich freue mich darüber, eine Beratung dazu durchzuführen, wie wir das, was Sie auch angesprochen haben, in unserem Land verbessern. Ich denke, es ist ein sehr wichtiger Beitrag, den wir im Land leisten können. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Ministerin. Ich sehe keine Fragen. - Deswegen können wir in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Der Tod bzw. das Sterben sind Teil des Lebens. In unserer modernen Gesellschaft wird diese Tatsache gern verdrängt, insbesondere dann, wenn Kinder und Jugendliche, die eigentlich am Anfang ihres Lebens stehen, betroffen sind.

Kinderhospize und die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Fall der Fälle dabei nicht nur Anlaufpunkt in medizinischen Fragen, sondern auch Stützen in den wohl schwierigsten Momenten, die man sich vorstellen kann.

In meinem Wahlkreis liegt das Kinderhospiz der Pfeifferschen Stiftungen. Aus meinen zahlreichen Besuchen in dieser Einrichtung, zum Beispiel im Rahmen von Spendenübergaben, kenne ich die Arbeit dort recht gut. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellvertretend für alle, die in diesem Bereich aktiv sind, ganz herzlich für ihre Arbeit zu bedanken. Ich denke, niemand hier im Saal möchte eine solche Einrichtung je in Anspruch nehmen müssen. Aber man ist froh zu wissen, dass es eine solche gibt, wenn das Schicksal zuschlägt. Der Schirmherr des Kinderhospizes der Pfeifferschen Stiftungen ist im Übrigen unser Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt zum Inhalt des vorliegenden Antrages. Der Antragsteller hat sich bei der Formulierung des Antrages ganz offensichtlich von dem Papier des

Bundesverbandes Kinderhospiz e. V. mit dem Titel „Es muss besser werden“ inspirieren lassen; das wurde schon gesagt.

(Dagmar Zoschke, DIE LINKE: Richtig!)

Dieses trägt den Untertitel „Warum lebensverkürzend erkrankte Kinder in Deutschland nicht ausreichend versorgt werden und wie die Politik das ändern kann“. Auf insgesamt zehn Seiten werden die Schwierigkeiten bei der Arbeit von Kinderhospizen aufgeführt und ein entsprechender Forderungskatalog an die politisch Verantwortlichen aufgestellt. Der Antragsteller hat einige der Forderungen mehr oder weniger abgeschrieben und daraus den vorliegenden Antrag formuliert.

(Dagmar Zoschke, DIE LINKE: Genau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, viele der in dem Papier des Bundesverbandes Kinderhospiz e. V. aufgeführten Änderungsbedarfe genießen meine persönliche Sympathie. Ist es aber deshalb ratsam und notwendig, über diese gleich hier und heute abzustimmen? - Ich denke, nicht. Zum Beispiel sehe ich die Notwendigkeit der Einwerbung von Spenden durch die Kinderhospize nicht nur unter dem Aspekt der Beschaffung benötigter Finanzmittel. Aus meiner Sicht geht es auch darum, sich zu zeigen bzw. öffentliche Aufmerksamkeit für die Arbeit der Kinderhospize zu gewinnen.

Wie ich bereits am Anfang gesagt habe, hat die moderne Gesellschaft das Thema Sterben und Tod zur Seite gedrängt - aus meiner Sicht eine gesellschaftliche Fehlentwicklung. Darüber hinaus erleben wir auf der Bundesebene zahlreiche politische Initiativen im Bereich der Pflege. Hierbei sollte auch das Thema der Verbesserung der Versorgungssituation bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, kurz SAPV, mit behandelt werden. Gerade die Anbieter der SAPV beklagen die Unterfinanzierung ihrer Arbeit durch die Kostenträger.

Zur weiteren Beratung und Qualifizierung des Antrages bitte ich um seine Überweisung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Danke, Herr Krull. Ich sehe hierzu keine Fragen an den Redner. - Deswegen können wir als Nächsten den Redner für die AfD-Fraktion aufrufen. Das ist der Abg. Herr Kirchner.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Für Kinder ohne Zukunft bleibt die Familie der letzte Anker und der letzte Halt.

Die Schaffung einer bundesweit einheitlichen gesetzlichen Regelung zur Sicherung einer stabilen und verlässlichen Finanzierung von Kinderhospizen und die vorbehaltlose Unterstützung der betroffenen Familien sollten unser aller gemeinsames Ziel sein. Schwerstkranke Menschen und Sterbende brauchen die Gewissheit, dass sie in der letzten Phase ihres Lebens nicht allein sind. Sie brauchen das Gefühl, in jeder Hinsicht bestmöglich begleitet und versorgt zu werden.

DIE LINKE behauptet im ersten Satz ihres Antrages, dass die Situation der Kinderhospize in Sachsen-Anhalt und im gesamten Bundesgebiet seit Jahren prekär sei. Da kommt bei mir schon die Frage auf, wie Sie zu dieser Erkenntnis kommen. Denn erst unter Punkt 2 Ihres Antrages bitten Sie die Landesregierung „zu prüfen, welche Bedarfe nach Information, Beratung und Unterstützung bei Familien mit lebensverkürzend erkrankten oder schwer chronisch kranken Kindern in Sachsen-Anhalt bestehen und ob die existierende Beratungsstellenlandschaft diesen Bedarfen gerecht wird.“

Sie nennen Probleme, bei denen Sie selbst nicht sicher sind, ob die Problemlage tatsächlich besteht. Für mich sieht eine lösungsorientierte Politik etwas anders aus. Ich hätte einen Selbstbefassungsantrag auf ein Fachgespräch im zuständigen Ausschuss für verlässlicher erachtet. Denn wenn es um eine tatsächliche Problemlösung geht, hätten man so alle notwendigen Informationen erhalten können.

Werte LINKE! Wer Feuer ruft und danach die Feuerwehr bittet zu prüfen, ob es überhaupt brennt, hat die Sachlage vermutlich nicht richtig im Blick. Sollte sich aber anhand der Datenlage zeigen, dass im Bereich der Betreuung von Kindern in Hospizen ein Handlungsbedarf besteht, steht die AfD-Fraktion im Landtag von SachsenAnhalt selbstverständlich hinter jeder zweckdienlichen Initiative zur Beseitigung dieser Mängel. Denn das ist nicht weniger als ein Gebot des Humanismus und der Nächstenliebe.

Kommen wir zum Kinderhospiz Magdeburg der Pfeifferschen Stiftungen. Wir als AfD-Fraktion und als Kreisverband Magdeburg haben immer Spenden für dieses Hospiz in Magdeburg gesammelt. Im ersten Jahr gab es noch eine Scheckübergabe mit einem Foto und einer Besichtigung der Station gemeinsam mit der Leiterin. Im zweiten Jahr gab es dann nur noch eine Scheckübergabe. Fotos durften dort von uns nicht mehr gemacht werden. In diesem Jahr gab es überhaupt keine Scheckübergabe mehr, sondern nur noch eine Überweisung, keinen Besuch der Station mehr und natürlich auch kein Foto mehr, weil man das angeblich mit politischen Parteien überhaupt nicht mehr durchführe.

So hat es mich schon verwundert, die CDU dort bei einer Scheckübergabe zu sehen. Herr Krull war daran auch beteiligt. Ich sage es einmal so: Wer politischen Druck oder überhaupt Druck auf ein Kinderhospiz ausübt, keine Spenden der AfD mehr anzunehmen, der ist für das ideologische Sterben von Kindern und somit unredlich und erbärmlich. Ich finde das wirklich traurig. Das muss man so sagen. Man kann das nur verachten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Oh! bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Tobias Krull, CDU)

Ich sehe keine Fragen an den Redner. Deswegen können wir in der Debatte fortfahren, und zwar spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Lüddemann.

(Robert Farle, AfD: Sie linken alle anderen! Kein Anstand, keine Ehre, keine Mensch- lichkeit! Ihr müsst euch alle schämen!)

Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sein eigenes Kind beim Sterben zu begleiten ist sicherlich das schwerste, was einem Vater oder einer Mutter im Leben widerfahren kann. In dieser existenziellen Ausnahmesituation verdient eine betroffene Familie die bestmögliche Unterstützung, gelebte Solidarität und Menschlichkeit. Etwa sollte die Übernahme der Übernachtungskosten der Eltern geregelt werden. Es ist das Mindeste, dass eine Familie in diesen letzten Stunden oder Tagen zusammen sein kann. Das darf nicht vom Geldbeutel abhängen.

Die Hospizlandschaft sollte nicht davon abhängig sein, ob Spenden eingehen. Das sollte tatsächlich überregional geregelt werden. Die im Antrag unter Punkt 2 genannten Prüfungen sollten wir also schleunigst angehen.

Um eine fachliche Einschätzung zu den unter Punkt 1 genannten Forderungen zu erhalten, erscheint mir allerdings eine Überweisung als sinnvoll. Wir sollten uns im Ausschuss einmal ausführlich damit beschäftigen, in welcher Hinsicht wir diesbezüglich aktiv werden sollten. Ob etwa eine neue Pflegekategorie „aufwendige Pflege“ wirklich sinnvoll und praktikabel ist, weiß ich noch nicht; das muss ich ganz ehrlich sagen. Dazu müsste man sich jemanden einladen, um zu erfahren, was das denn tatsächlich bedeutet.

Wir wissen, dass das Gesundheitswesen ist schon sehr reglementiert ist. Vielleicht kann man auch eher im Rahmen der bestehenden SAPV bei

den Rahmenverträgen aktiv werden. Ich bin einfach noch voller Fragen. Deswegen bin ich an dieser Stelle wirklich für eine Überweisung. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Was die Intention des Antrages angeht, bin ich - das will ganz offen sagen - bei Ihnen. Aber mit diesen Fragen würde ich mich gern noch näher beschäftigen.

Ich sehe auch noch Diskussionsbedarf hinsichtlich der geforderten Aktivitäten im Bundesrat. Dafür wäre es gut zu wissen, was denn tatsächlich schon getan wird. Das konnte ich in der Kürze der Zeit noch nicht eruieren. Dazu kann man sich vielleicht auch mit anderen Ländern abstimmen. Vielleicht bekommt man so etwas zur Unterstützung der Kinderhospize hin.

Ich meine, das ist ein Thema, unter dem sich tatsächlich viele sollten versammeln können. Daher bin ich an dieser Stelle für eine Überweisung in den Sozialausschuss, und dort sollten wir auch zusehen, dass wir uns der Dinge zügig annehmen. In diesem Sinne: weiter gute Beratungen!

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Silke Schindler, SPD)