Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Schmidt für den Redebeitrag.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Ich konnte nicht den Vorschlag wahrnehmen, den Antrag in einen Ausschuss zu überweisen. Dann stimmen wir jetzt direkt über den Antrag Drs. 7/4457 ab. Es ist der Antrag der Fraktion der AfD. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Ein fraktionsloser Abgeordneter hat sich enthalten. Damit hat dieser Antrag nicht die Mehrheit des Hauses erhalten und wurde abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt 24 ist somit erledigt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 25

Beratung

Für eine Kehrtwende in der Währungspolitik - Stopp der Enteignung der Sparer durch die Nullzinspolitik

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/4466

Einbringer ist der Abg. Herr Farle. Herr Farle, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Für eine Kehrtwende in der Währungspolitik - Stopp der Enteignung der Sparer durch die Nullzinspolitik“. Die Einführung des Euro am 1. Januar 2002 war mit politischen und wirtschaftlichen Zielen verbunden. Es sollten die europäische Wirtschaft gestärkt, der Wohlstand vermehrt und letztlich die dynamischste und innovativste Wirtschaftszone der Welt geschaffen werden. Helmut Kohl nannte die Einführung eine fantastische Sache, durch die die europäische Einigung irreversibel geworden sei. Gerhard Schröder meinte, an der Stabilität des neuen Geldes könne überhaupt nicht gezweifelt werden.

Ich habe hier ein altes Plakat von der CDU.

(Robert Farle, AfD, hält ein Plakat hoch)

Da steht drunter: Die Euro-Teilnehmerstaaten werden daher auf Dauer ohne Probleme ihre Schuldendienste leisten können. Eine Überschuldung eines Euro-Teilnehmerstaates kann daher von vornherein ausgeschlossen werden.

Eine völlig andere Sicht hatten 62 Wissenschaftler, Professoren, die das sogenannte erste Manifest gegen den Vertrag von Maastricht vorgelegt haben, erschienen am 11. Juni 1992. Zitat:

„Die ökonomisch schwächeren europäischen Partnerländer werden bei einer gemeinsamen Währung einem verstärkten Konkurrenzdruck ausgesetzt, wodurch sie aufgrund ihrer geringeren Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit wachsende Arbeitslosigkeit erfahren werden. Hohe Transferzahlungen im Sinne eines Finanzausgleichs werden damit notwendig. Die überhastete Einführung einer europäischen Währungsunion wird Westeuropa starken ökonomischen Spannungen aussetzen, die in absehbarer Zeit zu einer politischen Zerreißprobe führen können und damit das Integrationsziel gefährden.“

Alles, was diese Wissenschaftler bereits 1992 vorausgesagt haben, ist so eingetreten. Ein Element dessen, was an Fehlentwicklungen eingetreten ist, ist genau diese Nullzinspolitik, die uns wirklich viele Probleme in der Zukunft bescheren wird.

Zum Kern des Antrages. Seit dem 16. März 2016 liegt der EZB-Leitzins bei 0 %. Gleichzeitig senkte die EZB den Einlagezins von Geschäftsbankeinlagen bei der EZB von -0,1 % auf -0,4 %. Das ist eine Perversion der Geldpolitik. Sparer zahlen Strafen, und Kreditnehmer bekommen Gutschriften. Für den deutschen Sparer ist das besonders schmerzhaft, da das Sparvermögen zu rund 90 % in Bankeinlagen und Anleihen angelegt ist. Nach Berechnungen der Comdirect Bank haben die deutschen Sparer allein im letzten Jahr - in einem einzigen Jahr - 38,9 Milliarden € durch diese Niedrigzinspolitik verloren.

Durch den für das Jahr 2018 ermittelten negativen Realzins von -1,74 % wurde das Durchschnittsvermögen um 470 € je Bundesbürger entwertet. Damit bezahlen die Deutschen für den Rechtsbruch, den die Regierung Merkel mit der Zustimmung zur Beteiligung an der sogenannten EuroRettung begangen hat.

Zu den Auswirkungen auf die Stabilität des Bankensektors. Den Banken gelingt es kaum - glücklicherweise, muss man sagen -, den negativen Einlagezins, den sie bei der EZB zahlen müssen,

an ihre Kunden weiterzugeben; denn noch haben die Sparer die Möglichkeit, sich ihre Einlagen bar auszahlen zu lassen. Auf Banken wirken die Negativzinsen allerdings wie eine Sondersteuer, die die deutschen Banken seit dem Jahr 2014 bereits rund 20 Milliarden € kostete.

Die Nullzinspolitik gefährdet so langfristig die Stabilität des Bankensektors. Insbesondere sind Sparkassen betroffen, da deren Haupteinnahmequelle der Zinsüberschuss ist. Weil die Zinsmargen der Banken kontinuierlich abnehmen, werden auf der anderen Seite Gebühren erhöht und der Verkaufsdruck für provisionsträchtige Produkte wächst. Die Sparkassen konnten im Jahr 2018 gute Geschäftsergebnisse präsentieren. Doch auch die Sparkassen sehen langfristig ihr Geschäftsmodell bedroht, wenn sich das Zinsniveau nicht bald wieder normalisiert. Erst im Mai sprach sich die Sparkassenfinanzgruppe für ein Ende der Nullzinspolitik aus.

Zu den Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Die niedrigen Fremdkapitalkosten bringen darüber hinaus weitere schädliche Folgen mit sich. Es steigt die Gefahr der Blasenbildung. Die Mietkostenexplosion der vergangenen Jahre ist unter anderem auch auf diese Niedrigzinspolitik zurückzuführen. In Bayern stiegen die Preise für Eigenheime in den letzten zehn Jahren sogar um 70 %. Die Gefahr der Blasenbildung auf dem Immobilien- und Aktienmarkt wird von Tag zu Tag größer.

Zombiefirmen. Die anhaltende Nullzinspolitik stellt die Marktgesetze auf den Kopf. Unrentable Unternehmen scheiden normalerweise aus dem Markt aus. Es gibt einen natürlichen Ausleseprozess, der letztlich allen zugutekommt, weil effizientere Firmen die weniger effizienten Firmen verdrängen. Dadurch scheiden normalerweise 1,5 bis 2 % der Firmen aus, eben die unrentablen Unternehmen. Wenn aber unrentable Unternehmen übrig bleiben, dann haben wir folgende Entwicklung: Es wird kaum noch Produktivitätszuwächse geben. Der technische Fortschritt verlangsamt sich und ein Wirtschaftswachstum bleibt aus.

Diese sogenannten Zombiefirmen türmen sich Jahr für Jahr auf. Sollten die Zinsen wieder steigen, gehen dann aber nicht nur 2 % der Firmen pleite, sondern wesentlich mehr. Je länger man also wartet, desto größer wird die Katastrophe, wenn diese Schuldenpolitik irgendwann überhandnimmt.

Allein Deutschlands Exportindustrie profitiert vom Euro. Sie werden mir sicher entgegenhalten, Deutschland habe nachhaltig vom Euro profitiert. Es ist auch unbestritten, dass die deutsche Exportwirtschaft hiervon profitiert hat. Allerdings ist das auch das Einzige. Die Nachteile dieser Entwicklung sind viel größer als die bisher erzielten

Vorteile. Die mühsam vom Munde abgesparten Vermögen der kleinen Leute werden enteignet. Sparpläne für die Altersvorsorge gehen nicht mehr auf. Die Kaufkraft sinkt und gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten überproportional zum Einkommen.

Insbesondere die Vermögenszuwächse werden äußerst ungleich verteilt, wie aus dem neuesten Welt-Reichtums-Report des Credit Suisse Research Institute hervorgeht. Danach ist das Vermögen insgesamt zwar deutlich gewachsen, bei der Medianverteilung zeigt sich allerdings, dass die breite Masse unserer Bevölkerung davon kaum profitiert. Im Gegenteil: Der Deutsche gehört nach den Zahlen der EZB nach Portugal und Rumänien in vermögensmäßiger Hinsicht zu den Ärmsten in Europa.

Die Wachstumseffekte des billigen Geldes sind mittlerweile erschöpft. Die Konjunktur im Euroraum schwächt sich ab. Nach der längsten Wachstumsphase in der Geschichte steht jetzt die darauffolgende Rezession an. Australien senkte bereits die Leitzinsen. Trump ruft ebenfalls nach Zinssenkungen; bei denen sind es noch 3,5 %.

Der EZB fehlt aber diese Möglichkeit. Weiteren Zinssenkungen steht das Bargeld im Weg. Es ist zu befürchten, dass die EZB den Bargeldverkehr in nächster Zukunft weiter einschränken wird, um Negativzinsen auf die Bürger wirksam abwälzen zu können. Dies muss verhindert werden.

Die AfD-Fraktion fordert das Ende der Enteignung der Sparer. Wir sind uns dessen bewusst, dass die verfahrene Ausgangslage keine Schnellschüsse zulässt und dass die Niedrigzinsen lediglich das logische Ergebnis einer langen Kette von wirtschafts- und finanzpolitischen Fehlentscheidungen ist. Wir fordern eine Neuausrichtung der Wirtschafts- und Währungspolitik. Wir fordern die rigorose Kehrtwende zurück zur sozialen Marktwirtschaft. Die Interventionsspirale der planwirtschaftlichen Eingriffe der Politik in die freie Wirtschaft, insbesondere mit der CO2-Hysterie, ist an ihr Ende gelangt.

Unser vordringliches Ziel muss es sein, die Marktgesetze wiederherzustellen. Investitionen müssen sich betriebswirtschaftlich wieder rechnen. Wenn wir diese Währungspolitik so weiterfahren, dann erleben wir eine Epoche der Stagnation und des wirtschaftlichen Verfalls.

Ich weiß, dass einige hier im Raum das insgeheim begrüßen, um aus den Trümmern einer heruntergewirtschafteten Wirtschaft heraus ihre gesellschaftlichen Utopien verwirklichen zu können. Aber wir wollen das nicht. Wir wollen im Geiste von Ludwig Erhard die Rahmenbedingungen wiederherstellen, die überhaupt erst die Voraussetzungen für Wohlstand und Freiheit sein können.

Eine Mindestvoraussetzung dafür ist eine harte Währung und eine gewinnorientierte Wirtschaft auf einem Wachstumspfad.

Herr Farle, kommen Sie zum Schluss.

Ich bin fertig. - Kurzum: Wir wollen das genaue Gegenteil all dessen, was die LINKEN und die GRÜNEN im Auge haben. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Farle für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Webel. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich spreche in Vertretung des Finanzministers und möchte hier vortragen.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜ- NEN: Welches Finanzministers?)

Gemäß Artikel 73 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist der Bund ausschließlich für das Geld- und Währungswesen zuständig. Die Bundesrepublik Deutschland hat wiederum wesentliche Fragen der Geld- und Währungspolitik im Rahmen von Gesetzen zunächst auf die Deutsche Bundesbank und schließlich durch europäische Verträge auf die Europäische Zentralbank übertragen. Beiden Zentralbanken ist die Unabhängigkeit in Fragen der Währungs- und Geldpolitik garantiert.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Was?)

Soweit ein Diskurs zur Währungspolitik gewünscht ist, sollte dieser im Deutschen Bundestag und nicht in einem der 16 Landesparlamente geführt werden. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Daniel Szarata, CDU)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Minister Webel für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Schmidt. Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Volkswirtschaftslehre ist eine Wissenschaft der Waagschalen. Jede Handlung ist ein Tausch. Jeder Nutzen hat einen Preis. Das Gleichgewicht, das gehalten werden muss, damit Krisen vermieden werden, ist fragil.

Das gilt besonders für die Geldwirtschaft, bei der viele Akteure sehr komplex zusammenwirken, mehr als bei der Realwirtschaft. Der Holzhammer ist deswegen hier fehl am Platz. Deswegen wird nie eine oder einer aus der Holzhammerfraktion Zentralbankpräsident bei den Volkswirten.

(Zustimmung bei der SPD und von Daniel Szarata, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Holzhammer ist aber nun das Lieblingsinstrument des Chefvolkswirts der AfD-Fraktion,

(Rüdiger Erben, SPD, lacht - Zustimmung von Daniel Szarata, CDU)

dessen wirre Rede zu kommentieren ich mich jetzt hier zurückhalte. Ich werde auf den Antrag eingehen. Der Antrag allein ist ein Angriff auf die politische Unabhängigkeit der Zentralbank. Aber hallo! Ganz im südländischen Stil wird hier die bewährte deutsche Tradition der unabhängigen Notenbank zur Schlachtbank geführt. Das ist bemerkenswert für die AfD, bemerkenswert.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD, von Daniel Szarata, CDU, und von Olaf Meister, GRÜNE)