Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

(Zustimmung bei der LINKEN)

Jugendarbeit braucht Kontinuität beim Personal und Verlässlichkeit im Bestehen der Einrichtungen.

Die vorgestern gestartete Petition vieler Vereine und Verbände im Land zeigt nochmals deutlich, wie groß der Handlungsbedarf ist und wie viel in den vergangenen Legislaturperioden falsch gemacht wurde. Verschlimmert wird die Situation noch durch die ausschließlich an der Haushaltslage orientierten Politik von Koalition und Regierung.

Statt etwas zu tun, sind Sie der Meinung, weil Sie nichts von Problemen gehört haben, gäbe es sie nicht. Herr Steppuhn ist dafür ein Beispiel. Er sagte in der Maisitzung, da ihm kein Antrag eines Verbandes bekannt sei, bei dem es Probleme bei der Bewilligung gebe, sei das Land auf einem guten Weg.

Oder Frau Ministerin Grimm-Benne, die beim Festakt am 13. Juni anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Vereins Miteinander e. V. sagte, ihr sei die Zivilgesellschaft oft zu leise und abwartend.

Also, wir haben die Demonstration in Schönebeck wegen der Schließung des Jugendklubs mitbekommen; meine Kollegin Eva von Angern war vor Ort. Wir hören auch die mahnenden, besorgten und erschöpften Stimmen der Jugendarbeiter vor Ort, wie auf dem Fachtag des Kinder- und Jugendringes am 15. Mai, an dem auch Conny Lüddemann und Tobias Krull teilnahmen. Wir reden mit den Trägern, wenn sie auf uns zukommen, aber in der Tat auch von uns aus, wenn wir zu ihnen in die Einrichtungen gehen oder ihnen auf Tagungen und Veranstaltungen begegnen.

Bei der Legislative habe ich oft den Eindruck, dass sie sich bei solchen Gelegenheiten eher flüchtet und den manchmal schwierigen Gesprächen mit Verbandvertretern lieber aus dem Weg geht. Was Sie, verehrte Koalition und verehrte Regierung, momentan tun, ist lediglich verwalten und planen. Ich fürchte, damit haben Sie zu spät angefangen.

§ 31 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes wird seit Herbst 2018 evaluiert. Das Ergebnis soll im zweiten Halbjahr 2019 vorliegen.

Wir sind gespannt, was dann mit den Erkenntnissen passiert.

Der Kinder- und Jugendbericht, der sich auch mit der Fachkräftesituation im Land beschäftigt, sollte bereits zur Mitte der Legislaturperiode vorliegen, also im September 2018. Dann wurde er auf Frühjahr 2019 und dann auf Juni 2019 verschoben. Nun soll er in einer Sondersitzung des Landesjugendhilfeausschusses im September 2019 vorgestellt werden. Ich bin gespannt, ob der Bericht ziemlich genau ein Jahr später tatsächlich kommt.

Was dann genau in diesem Bericht stehen wird, können wir nur erahnen. Auch hier stellt sich die Frage: Was passiert mit den Erkenntnissen? Werden diese in den Haushalt der kommenden beiden Jahre einfließen können, in den Haushalt der letzten beiden Jahre dieser Legislaturperiode? Wird sich dadurch im Bereich der Jugendarbeit etwas ändern oder gar verbessern?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meiner Erfahrung nach beobachten junge Menschen und Fachkräfte ziemlich genau, wer sich für sie einsetzt und wer für sie streitet. Sie werden auch erfahren, wer diejenigen sind, die sich nicht für die Verbesserung der Bedingungen einsetzen.

Und noch ein Wort zu Ihrem Alternativantrag: Nein. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Heiß. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit kann jetzt für die Landesregierung die Ministerin Frau Grimm-Benne sprechen. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe mich schon als jugendpolitische Sprecherin meiner Landtagsfraktion und im Folgenden auch als parlamentarische Geschäftsführerin, als sozialpolitische Sprecherin und jetzt auch als Ministerin bereits ab dem Jahr 2002 aktiv für die offene Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt.

(Markus Kurze, CDU: Das stimmt!)

Um das richtig einordnen zu können, will ich Sie noch einmal in das Jahr 2014 zurückführen. Was hatten wir denn damals für eine Situation? - Das Land hat sich an offener Kinder- und Jugendarbeit zu 50 % bei den Landkreisen und kreisfreien Städten beteiligt. Das waren damals ausschließlich 50 %, mit denen die Jugendpauschale und das Fachkräfteprogramm finanziert worden sind. Die Kommunen haben sich damals völlig aus der Finanzierung herausgenommen.

(Markus Kurze, CDU: Richtig!)

Genau das war die Situation. Dann haben wir im Jahr 2014 erstmals evaluiert und haben einen gesetzlichen Anspruch geschaffen, nämlich mit § 31 des Ausführungsgesetzes zum Kinder und Jugendhilfegesetz, und haben einen Festbetrag für die Jugendförderung eingesetzt. Dies geschah, weil wir gesagt haben, 70 % der Aufwendungen der Landkreise trägt das Land, 30 % sind selbst zu finanzieren. Das müssen die Landkreise und kreisfreien Städte nicht abfordern, aber wenn sie eine Jugendhilfeplanung vorlegen und darstellen, wie das in ihrem Landkreis oder in ihrer kreisfreien Stadt zu gestalten ist, dann können sie das Geld abrufen.

Wir haben im Jahr 2019, im Übrigen begleitet von großem Dank des Kinder- und Jugendringes, festgelegt, dass wir diesen Festbetrag dynamisieren. Das haben wir für das Jahr 2019 in Höhe von 2,4 % für tarifliche Anpassungen gemacht. Diese Erhöhungsmittel sollen für Tarifzahlungen genutzt werden.

Die Kommunalwahlen sind ja noch nicht so lange her; die neuen Kreistage konstituieren sich. Ich bin mal gespannt, in welchen Kreisen die 30 % tatsächlich dynamisiert werden, damit das wieder ein rundes Bild wird.

Ja, wir werden das Ausführungsgesetz zum KJHG evaluieren. Im Landesjugendhilfeausschuss ist es noch nicht dort, wo wir es haben wollen. Und wir werden noch einmal offenlegen, wie es läuft.

Jetzt will ich mal zu den Fachkräften kommen. Gute Arbeit in der Jugendarbeit - ja, Frau Heiß, das macht mir auch Sorgen. Das macht mir deshalb Sorgen, weil der Bereich von tariflichen Anpassungen völlig abgehängt ist. Im Übrigen betrifft das alle freien Träger und auch die kommunalen Träger. Das ist im Prinzip ein Bereich, der sich die ganzen Jahre über mit Befristungen und zu langen Arbeitszeiten am Leben erhalten hat und nicht dem Tarif angepasst ist, im Übrigen auch nicht unbedingt bei allen freien Trägern.

Die Situation wird sich verschärfen. Deswegen ist es so wichtig, dass es auch bei mir im Salzlandkreis eine vernünftige Jugendhilfeplanung gibt. Denn wenn es wirklich so ist, dass die Bundesmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zukünftig für die Schulsozialarbeit in den Landkreisen wegfallen, werden sich die Fachkräfte in der offenen Kinder- und Jugendarbeit diese Arbeitsplätze suchen, wenn das beim Landkreis aufrechterhalten wird.

Die Ausschreibung des Landes, die darauf zielt, an Grundschulen und Sekundarschulen wieder pädagogische Mitarbeiter einzusetzen, führt auch dazu, dass sich viele Fachkräfte in der offenen Kinder- und Jugendarbeit überlegen und sagen,

ich gehe lieber in diese Bereiche, weil ich dann keine Befristung mehr habe und weil ich dann diese Arbeitsbedingungen nicht mehr habe.

Aber eines muss man mal sagen. Bei allem, was Sie hier heute in Ihrem Antrag fordern, was das Land mehr machen soll, muss ich eines sagen. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Situation in den Landkreisen und kreisfreien Städten nicht verbessern wird, weil wir Maßnahmenkataloge - da haben Sie recht - und Standards brauchen. Aber die müssen der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund mit dem Kinder- und Jugendring aushandeln. Das ist das, was ich auch fordere, dass sie eine Kooperationsvereinbarung abschließen, die besagt, wie ihre Kinder- und Jugendarbeit in den jeweiligen Landkreisen ablaufen soll. Ich glaube, dass es ohne diese Kooperationsvereinbarung nicht gehen wird.

Da Sie den Salzlandkreis angesprochen haben - dazu rede ich jetzt nur noch eine halbe Minute -, will ich deutlich machen, dass der Salzlandkreis aus drei Altlandkreisen entstanden ist, Schönebeck, Aschersleben-Staßfurt und Bernburg. Alle drei Landkreise hatten die Kinder- und Jugendarbeit jeweils sehr unterschiedlich abgebildet. Das, was in Bernburg mit langjährigen Verträgen möglich ist, die, wie mir gesagt wurde, nahezu unkündbar sind, hat der Altlandkreis Schönebeck nie geschafft, nämlich langjährige Verträge zu machen - bis auf die Verträge mit „Rückenwind“, die ich übrigens damals noch als Anwältin mit ausgehandelt habe. Ich habe immer gesagt, warum sollen die Verträge für die Kinder- und Jugendarbeit nicht genauso behandelt werden wie die Kulturverträge, nämlich langjährige Verträge. Dann sind sie nämlich auch sicher vor Kommunalaufsicht und Haushaltskonsolidierung.

Das alles sind aber Hausaufgaben, bei denen ich hoffe, dass sie der neue Kreistag des Salzlandkreises erledigen wird, um dann tatsächlich so, wie es in der Stadt Magdeburg ist, mit allen Trägern eine Jugendhilfeplanung im Landkreis zu machen, die den Vorstellungen der Träger, den Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen entspricht und die eine Ausgewogenheit in alle Sozialräume unseres Salzlandkreises bringt.

Ich denke, dass das, was wir im Alternativantrag festgelegt haben, das Richtige ist, das wir tun müssen. Wir müssen auch, finde ich, den Landkreisen und kreisfreien Städten immer noch sagen, dass es keine freiwillige Aufgabe ist, sondern dass das Kinder- und Jugendhilfegesetz - so lesen wir es und das lesen Sie hier auch so - eine Pflichtaufgabe der Kommunen ist. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt zwei Wortmeldungen. Frau Abg. Heiß und Frau Abg. Zoschke haben sich zu Wort gemeldet. - Frau Heiß, Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Ministerin, eine Frage. Das Land hat ja im Bereich der Kinderförderung Qualitätsstandards gesetzt und gesagt: Weil wir von euch als Landkreise, als Kommunen etwas fordern, was die Qualität angeht, werden wir als Land auch Geld geben. Warum wird das denn im Bereich der Jugendarbeit nicht gemacht?

Frau Ministerin.

Frau Heiß, damals waren Sie ja noch im Sozialministerium. Es hat sehr lange gedauert, bis wir es überhaupt hinbekommen haben, die Kinder- und Jugendarbeit im Land von einer Jugendhilfeplanung abhängig zu machen und daran die Förderung zu knüpfen.

Wir haben extra gesagt, dass wir dazu auch eine Evaluierung machen, weil wir genau sehen wollen, welche Qualitätskriterien wir darstellen müssen.

Ich konnte es vorhin in meinen Ausführungen nicht mehr darstellen. Die Forderungen, die Petition des Kinder- und Jugendrings gehen in einen Bereich hinein, über den wir uns in den letzten Beratungen zum Ausführungsgesetz noch nicht verständigen konnten, nämlich den sogenannten Flächenfaktor.

Auch dazu soll die Evaluierung Auskünfte geben, ob das die Kinder- und Jugendarbeit gerade im ländlichen Raum verbessern helfen kann.

Frau Heiß, Sie haben eine Nachfrage, wie ich sehe?

Ja, eine Nachfrage zur Jugendhilfeplanung. - Frau Ministerin, ist es richtig, dass die Jugendhilfeplanungen der Kreise zwar im Ministerium eingehen, aber nicht auf Qualität geprüft werden?

Frau Ministerin.

Wir hatten uns damals darauf verständigt, dass es erst einmal überhaupt ein Wert ist, vernünftigerweise eine Kinder- und Jugendhilfeplanung zu machen. Zum Zeitpunkt 2014 hatten überhaupt noch nicht alle Landkreise und kreisfreien Städte eine Jugendhilfeplanung. Die sollte erst einmal aufgebaut werden.

Ich denke, die Evaluierung wird auch zeigen, ob wir daraus dann auch im zukünftigen Ausführungsgesetz Qualitätskriterien machen können.

Vielen Dank. - Frau Abg. Zoschke, Sie haben jetzt das Wort.

Ich habe einen schlechten Daumen. - Frau Ministerin, ich bin ganz bei Ihnen, wenn es um die Sozialraumplanung geht. Die Landkreise müssen nach dem Familienfördergesetz seit geraumer Zeit diese Sozialraumplanung für die zu fördernden Stellen und darüber hinaus einreichen. Ein Bestandteil ist ja auch die Jugendhilfeplanung.

Ich frage Sie: Warum macht das Ministerium bei Kenntnisnahme der Jugendhilfeplanung der Landkreise nicht einfach ein bisschen mehr Druck, damit genau die Finanzierungsteile, die Sie und wir uns wünschen, von den Landkreisen auch tatsächlich eingestellt werden?

Frau Ministerin.

Weil ich möchte, dass die Landkreise und kreisfreien Städte die notwendigen Mittel in ihre Haushalte einstellen und nicht das Land. Wir finanzieren zwar zu bei einer Pflichtaufgabe der Kommunen, ich möchte die Finanzierung durch die Kommunen aber nicht ersetzen.

Wenn ich die Qualitätsstandards in einem Gesetz festlege, dann greift die Konnexität und wir haben die Finanzierung sicherzustellen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt keine weiteren Fragen. - Wir steigen nunmehr in die Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als erster Debattenredner wird für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Krull sprechen. Sie haben das Wort.