DIE LINKE wollte jetzt sprechen. - Da ist jetzt keine Vereinbarung gewesen, aber wenn Sie natürlich - -
(Robert Farle, AfD: Ihr habt euch verabre- det! Ach, schön! - Weiterer Zuruf von der AfD: Jetzt weiß die Regierung wieder, was sie zu tun hat! - Beifall bei der AfD)
- Meine sehr geehrten Damen und Herren der AfD-Fraktion, ich würde Sie trotzdem bitten, sich doch etwas zu mäßigen; denn wir haben ganz kurz noch eine Regie abzuklären.
- Aber ich denke, das gilt auch für jeden anderen. Das ist jetzt nicht nur für die Abgeordneten aus den Reihen der AfD.
Es gab eine kurze Absprache zur Regie. Es war zwar nicht ganz so verabredet gewesen, aber wir werden es trotzdem so machen. Frau Quade wird jetzt zu dem Antrag sprechen, weil sie nachher auf eine gesonderte Einbringung verzichten. - Frau Quade, Sie haben jetzt das Wort. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die Ermordung von Dr. Walter Lübcke hat meine Fraktion und mich wie viele andere schockiert.
Wir schließen uns der Anteilnahme an und sprechen seiner Familie unser Mitgefühl aus, wie dies viele bis hin zu antifaschistischen Gruppen in den letzten Wochen getan haben.
Die Koalitionsfraktionen haben nun einen eigenen Antrag zur Bekämpfung von rechtem Terror und rechter Gewalt vorgelegt, und dies begrüßen wir als Fraktion DIE LINKE ausdrücklich.
Ihr Antrag ist ein gutes Zeichen, und mit beiden hier zur Debatte stehenden Anträgen und der Debatte selbst senden wir das klare und das nötige Signal, dass alle demokratischen Fraktionen dieses Hauses den Kampf gegen die extreme Rechte als gemeinsame Aufgabe begreifen.
Die Hetze gegen Dr. Walter Lübcke bis hin zu seiner Ermordung zeigt exemplarisch, welche Folgen das Erstarken der extremen Rechten in den vergangenen Jahren hatte und hat, in welcher Breite sich extrem rechte Einstellungen manifestieren, wohin sie führen und dass es nicht weniger als ein politischer und moralischer Zusammenbruch in Teilen der bürgerlichen Gesellschaft ist, den wir in den letzten Jahren erleben. Das ist die Zäsur, die ich sehe.
Es war Erika Steinbach, damals Bundestagsabgeordnete der christlich-konservativ geprägten bürgerlichen CDU, die den Hass gegen Dr. Lübcke schürte, offensichtlich enthemmt, ganz auf Linie der extremen Rechten, weit entfernt vom programmatischen Anspruch ihrer ehemaligen Partei. Das zeigt ja: Es geht also nicht nur um Gewalttaten, es geht nicht nur um vermeintliche Ränder der Gesellschaft, wenn wir ernsthaft über Rechtsextremismus, Neonazismus und Faschismus
sprechen und wirksam dagegen vorgehen wollen. Es geht darum, die politische Ideologie hinter den Worten und Taten zu analysieren, sie zu benennen und sich ihr zu widersetzen.
Rechte Gewalt ist zwangsläufige Folge von rechter Ideologie. Der Widerspruch gegen sie muss dort beginnen, wo die Worte beginnen, nicht dort, wo sie ihr Ende in Taten finden. Die ehemaligen CDU-Generalsekretäre Peter Tauber und Ruprecht Polenz haben das sehr klar und deutlich getan und gezeigt, dass sie erkennen, dass der CDU und gerade der CDU aus ihrer Rolle heraus Verantwortung für diese Gesellschaft erwächst und sie eben auch bedeutet, sich klar gegen die extreme Rechte zu positionieren. Auch unter diesem Gesichtspunkt begrüßen wir den Antrag der Koalitionsfraktionen ausdrücklich;
denn die Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, die Angehörigen der mehr als 169 Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung haben die Ermordung von Dr. Lübcke eben nicht als Zäsur erlebt, sondern als fortschreitende Eskalation rechter Gewalt und rechten Terrors. Die Tatsache, meine Damen und Herren, dass erst der Mord an einem Politiker, an einem von uns, die tödliche Dimension rechter Gewalt ins Bewusstsein vieler bringt, ist Teil des Problems.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als LINKE-Fraktion sehen wir, dass Sie mit der Forderung nach einem Verbot von „Combat 18“ einen wichtigen Teil unseres Antrags übernommen und erweitert haben. In ihrem Antrag schreiben die Koalitionsfraktionen - ich zitiere -:
„Der Landtag wird alles in seiner Macht Stehende unternehmen, […] eine offene Gesellschaft zu bewahren.“
Nun, schauen wir uns den Antrag konkret an, so finden wir hierin Bitten an die Landesregierung, Behörden dazu anzuhalten, ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen. Wir finden richtige Bekenntnisse und Feststellungen, wir finden Bitten, sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen und bestehende Maßnahmen fortzusetzen, und falsch ist das alles ganz fraglos nicht. Deswegen kann man, wenn man nicht Teil der extremen Rechten ist, dem kaum nicht zustimmen.
Wenn wir uns allerdings die Beschlussfassung der letzten Jahre zu diesem Thema, die wir hier einmütig getätigt haben, anschauen, sehen wir eben auch: Die Stärke dieser Einmütigkeit ist die Gemeinsamkeit, die Schwäche sind die Inkonsequenz und die Folgenlosigkeit; denn es gibt eine Reihe von Beschlüssen mit Bitten an die Landesregierung und an Behörden, die eben nicht zu einer Veränderung in der Praxis geführt haben.
Mit dem heute nun vorliegenden Antrag werden diese und zum Teil exakt dieselben Bitten fortgeschrieben, und bei aller Einigkeit in der Motivation:
Damit tun wir gerade nicht alles, was in der Macht dieses Landtages steht, um gegen rechten Terror und die extreme Rechte vorzugehen. Genau das ist aber das, was unsere Verantwortung als Parlamentarierinnen und Parlamentarier wäre.
Die Republik lässt sich nicht allein mit freundlichen Bitten an die Landesregierung und mit Bekenntnissen verteidigen. Dazu braucht es konkrete Maßnahmen, und genau solche haben wir Ihnen mit unserem umfangreich begründeten Antrag vorgelegt. Es sind, um auch das zu sagen, beileibe nicht alle unsere Forderungen. Es sind diejenigen, hinsichtlich derer wir davon überzeugt sind, dass bei ernsthafter Würdigung und Debatte eine Mehrheit bei den demokratischen Fraktionen in diesem Haus gefunden werden könnte, insbesondere vor dem Hintergrund der Festlegungen, die der Antrag der Koalitionsfraktionen ja selbst trifft.
Ich will daher auf einige Punkte exemplarisch eingehen. Seit Jahren stehen Polizei und Justiz in Sachsen-Anhalt für ihren Umgang mit rechten, rassistischen und antisemitischen Straftaten
immer wieder und auch bundesweit in der Kritik. Einige Beispiele haben wir in der Begründung unseres Antrages ja auch genannt.
Wir haben erst jüngst im Rechtsausschuss sehen müssen, dass die Richtlinie des Justizministeriums zum Umgang mit politisch motivierten Straftätern nicht durchgehend konsequent umgesetzt wird. Das kann auch nicht im Interesse der Justizministerin sein. Deshalb ist eine externe wissenschaftliche Evaluation nicht nur nötig, sondern auch sehr naheliegend.
Erstens. Um die Verfolgung rechter Taten wirklich intensivieren zu können, braucht es neben einer ausreichenden personellen und sachlichen Ausstattung vor allem die Behebung bestehender Defizite. Die externe wissenschaftliche Evaluierung kann dazu beitragen, die Ursachen dieser Defizite festzustellen und damit Ansätze für ihre Behebung zu liefern. Effektive Strafverfolgung braucht nicht Appelle; sie braucht eine konkrete Fortentwicklung der zuständigen Behörden, und genau darum geht es mit diesem Punkt.
Zweitens. Die Bekämpfung von rechter Gewalt und der extremen Rechten hat nicht nur eine sicherheitspolitische Dimension, sondern auch eine gesellschaftspolitische; das macht die heutige Debatte ja auch sehr deutlich. Diejenigen in der Gesellschaft, die sich für Demokratie engagieren, brauchen Unterstützung und Förderung. Dazu müssen das Landesprogramm ausgebaut, die Antragstellung vereinfacht und der Beirat um die Expertise lokaler Bündnisse gegen Rechts erweitert werden, und natürlich - das wissen alle, die schon einmal in einem solchen Bündnis gearbeitet
haben - brauchen diese auch in Zukunft die Unterstützung und Beratung der regionalen Beratungsteams. Deren Finanzierung muss im kommenden Doppelhaushalt sichergestellt sein.
Drittens. Wenn wir, wie es der Antrag der Koalitionsfraktionen formuliert hat, an der Seite der Opfer rechter Gewalt stehen wollen, dann dürfen wir dort nicht nur mit warmen Worten, aber leeren Händen stehen. Es braucht daher dringend die Finanzierung der entsprechenden Bundesverbände. Brechen sie nach Ende des Jahres weg, weil der Bund keine Finanzierung auf die Reihe bekommt, werden sich die Folgen ganz konkret in den Ländern und den Kommunen und bei den Betroffenen zeigen. Dass bisher der politische Wille und das Vermögen fehlen, die wirklich bescheidenen Summen aufzuwenden und ein Modell zu finden, um wenigstens den aktuellen Stand zu halten, ist beschämend.
Meine Damen und Herren! Auf die Fraktion der AfD und ihr Geschrei zu diesem Thema will ich gar nicht eingehen. Wer Menschen entsorgen, jagen und vernichten will, hat zu dieser Debatte nichts beizutragen. Sie sind eher Teil der Gründe für diese Anträge, die wir heute hier beraten.
Deswegen fordere ich Sie, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, dazu auf, unserem Antrag heute zuzustimmen.
Lassen Sie uns unsere Verantwortung als Abgeordnete wahrnehmen, jedenfalls die ersten Schritte zu gehen, damit dieser Landtag tut, was in seiner Macht steht. Das schulden wir den Betroffenen rechter Gewalt weit mehr als unsere Worte. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Quade. - Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie es sehr sportlich sehen, dass ich Sie noch einmal zu Ihrem Platz geschickt habe. Aber Sie sind nicht umsonst Sportminister und sehen das dann auch sportlich. Sie haben jetzt für die Landesregierung das Wort. Bitte schön.
(Robert Farle, AfD: Doch, als Erster Oliver Kirchner, und als Zweiter hatte ich mich auch gemeldet!)
(Robert Farle, AfD: Ist ja nicht schlimm, wir sind ganz ruhig! Aber wir werden es uns nicht bieten lassen in diesem Land, uns zu unterstellen, dass wir dazu aufrufen, andere Menschen umzubringen! Das können Sie hier nicht stehen lassen!)