Protokoll der Sitzung vom 30.08.2019

Mit der Bedeutung der freien Berufe kommen auch wichtige Aufgaben auf uns als Land zu. Dazu gehört in erster Linie, die richtige Infrastruktur für Freiberufler zu schaffen. Darunter fallen ein umfassender Bürokratieabbau und eine Anpassung an die voranschreitende Digitalisierung unseres Landes. In diesem Zusammenhang ist ein flächendeckender Breitbandausbau eben auch für die Freiberufler essentiell. Insofern ähneln die Probleme durchaus denen, die wir auch in anderen Bereichen der Wirtschaft haben.

Einen besonderen Schwerpunkt legt die Große Anfrage auf den Bereich der medizinischen Versorgung. So werden die Fragen der Weiterverfolgung der Landarztquote, aber auch des Abbaus des Investitionsstaus in den Krankenhäusern im Wege der Krankenhausfinanzierung thematisiert, die eine erhebliche Bedeutung für die Zukunft der Versorgung haben. Die Krankenhausfinanzierung ist dabei auch ein haushaltspolitisch brisantes Thema.

Diese Themen werden wir an anderer Stelle weiter zu verfolgen haben. Also habe ich zwei Botschaften: Zum einen, die Kreativwirtschaft zu stärken, und zum anderen, die medizinische Versorgung auch im ländlichen Raum zu gewährleisten.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Punktlan- dung! - Beifall bei den GRÜNEN)

- Ich habe meine Redezeit unterschritten; ich glaube es nicht.

Herr Meister, Sie waren so schnell. Es gibt aber noch eine Wortmeldung, deswegen wollte ich Ihnen eigentlich noch ein bisschen Zeit verschaffen, damit Sie vielleicht noch Ausführungen machen können. Aber Sie sind schon vorzeitig fertig. - Herr Raue, vielleicht tragen Sie trotzdem dazu bei, dass er noch etwas mehr Zeit hat.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Du kannst jetzt auch langsamer sprechen!)

Genau, ich verschaffe Ihnen noch eine Minute oder zwei Minuten; wie Sie wollen. - Die künstlerischen Berufe, die Sie ansprachen, wollen Sie umfangreich fördern und tun das auch schon.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Kreative, nicht künstlerische!)

Das nehmen wir zumindest als Erkenntnis aus dieser Antwort der Landesregierung mit. Sie sind auch ganz dringend darauf angewiesen, dass sie gefördert werden. Entweder haben die einen großen Konkurrenzkampf innerhalb ihrer Gruppe oder sie müssten ihre Leistung verbessern, sodass ihre Einnahmen steigen.

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Oh!)

Denn ausweislich der Tabelle, die die Landesregierung zur Verfügung gestellt hat zu den Einnahmen pro berufstätigem Freiberufler, muss man sagen, sind das durchgängig alle künstlerischen Berufe, bildende Künstler, Komponisten und Musiker, Schriftsteller und Bühnenkünstler, Artisten, Kameramänner,

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Wie lautet die Frage?)

Journalisten, Korrespondenz- und Nachrichtenbüros - ich will sie gar nicht alle aufzählen.

Ihnen gelingt es, länger zu fragen, als ich geredet habe.

Sie können kaum ihren Lebensunterhalt decken, weil die im Prinzip tatsächlich Jahreseinnahmen zwischen 5 000 und 8 000 € haben. Denen müssen Sie sich wirklich ganz stark widmen, sonst werden das weniger.

Herr Meister, bitte.

Ich warte noch auf die Frage, die habe ich nicht erkannt.

(Zustimmung von Guido Henke, DIE LIN- KE, und von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Ich habe auch keine herausgehört.

Dass es in den verschiedenen Branchen unterschiedliche wirtschaftliche Verhältnisse gibt, ist

klar. Dass das für bestimmte Branchen wirklich schwierig ist und dass man etwas tun muss, das ist auch klar.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Hildebrandt. Frau Hildebrandt hat sechs Minuten Redezeit. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss gestehen, ich habe recht lange vor der Großen Anfrage der CDUFraktion zur Situation und Entwicklung der freien Berufe in Sachsen-Anhalt gesessen und überlegt, worauf Sie mit Ihren Fragen hinauswollten. Dann fiel mir auf, dass ich als LINKE damit Schwierigkeiten haben muss, weil Sie die aus unserer Sicht wirklich wichtigen Fragen gerade nicht gestellt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben nicht gefragt, wie viele Freiberufler soloselbständig sind. Sie haben nicht gefragt, wie viele Freiberufler Arbeitslosengeld II als aufstockende Leistung zum Lebensunterhalt beantragen müssen. Sie haben nicht gefragt, wie viele Freiberufler sich keine Rentenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung, keine Kranken- und Pflegeversicherung leisten. Sie haben weder nach der drohenden Altersarmut der Freiberufler noch nach Überschuldungen durch Praxis- bzw. Atelierausstattungen gefragt.

Ich finde es schon bezeichnend, dass die CDUFraktion in ihren ganzen drei Sätzen Vorbemerkung richtig feststellt - ich zitiere -:

„Die Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Ärzte, Ingenieure, Architekten oder Anwälte leisten einen großen Beitrag für das gesellschaftliche Allgemeinwohl“.

Sie haben aber nicht den Finger in die Wunden legt. Frei nach dem Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.“ wird das wirkliche Leben vieler Freiberufler überhaupt nicht erfragt.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich zweifele nicht an, dass es Freiberufler gibt, die sehr gut von ihrer Arbeit leben und auch ihre Familien ernähren können. Jedoch zeigt gerade die Antwort auf Frage 2 zur allgemeinen Lohnentwicklung seit 2010, dass sich auch viele Freiberufler in prekären Einkommensverhältnissen befinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich könnte die Aufzählung jetzt weglassen, weil Herr Raue sie schon gemacht hat. Aber um es

noch mal zu sagen: Das sind nicht nur große Teile der bildenden Künstler, Musiker und Schauspieler, sondern auch Restauratoren, Journalisten, Fotografen, Übersetzer, Designer, Sachverständige, Dozenten, Fahrlehrer, Heilpraktiker und Datenverarbeiter.

(Zuruf von Detlef Gürth, CDU)

Erwartungsgemäß sind das die freien Berufe, in denen es kein gesetzliches Mindesthonorar gibt und in denen Knebelverträge nach dem Motto „Friss oder stirb!“ gang und gäbe sind. Hier gibt es Handlungsbedarf, wo wir uns als Parlament ansehen müssen, welche Zeichen vom Land selbst ausgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Beispielsweise nötigen doch unsere Landesbehörden Dozenten, für 20 € pro Stunde in der Erwachsenenbildung zu unterrichten. Daran muss sich doch etwas ändern lassen!

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso lohnt es sich einmal hinzusehen, wie Freiberufler, die aufstockend Arbeitslosengeld II beziehen, von den Jobcentern behandelt werden. Laut SGB II ist vorgeschrieben, Aufstocker regelmäßig zu einem Vermittlungsgespräch einzuladen und zu überzeugen, sich einen lukrativeren Job zu suchen. Das verstößt meiner Meinung nach gegen Artikel 12 des Grundgesetzes.

Wenn eine freiberufliche Fotografin auf ihrer Homepage die Öffnungszeiten ihres Fotostudios veröffentlicht hat, reicht dann nicht gesunder Menschenverstand und ein bisschen Empathie des Jobcentermitarbeiters, diese Frau außerhalb der Öffnungszeiten ihres Fotostudios zum Vermittlungsgespräch einzuladen? - So etwas muss doch machbar sein!

(Beifall bei der LINKEN)

Was Sie, meine Damen und Herren der CDUFraktion, erstaunlicherweise auch nicht erfragt haben, ist, wie viel Lebens- bzw. Arbeitszeit Freiberufler aufwenden müssen, um die administrativen Aufgaben für ihre eigentliche Arbeit zu erfüllen. Herr Thomas, Sie sprechen vom Bürokratieabbau. Wann wollen Sie denn handeln?

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ich will an dieser Stelle nicht nur die Fragesteller auf ihre eingeschränkte Sicht aufmerksam machen. Auch die Landesregierung bekleckert sich mit ihren Antworten nicht mit Ruhm.

Ein Beispiel ist die Antwort auf die Frage 18, wie bereits erwähnt, in welchem Umfang die Anzahl der Medizinstudienplätze erhöht werden muss, um den Fachkräftemangel zu beseitigen. Schön, dass der Herr Minister eben darauf eingegangen

ist. Das ändert aber nichts an der Antwort der Landesregierung. Sachsen-Anhalt liegt bei der Anzahl der Humanmedizinstudienplätze über dem Bundesdurchschnitt; also gibt es keine Erhöhung.

Sechs Seiten weiter schreibt die Landesregierung aber als Antwort auf die Frage 22, dass von den 6 880 Human- und Zahnmedizinern im Land 1 246 Ärzte 55 Jahre und älter sind, also demnächst in Rente gehen. Wollen wir schon wieder so lange untätig zuschauen, bis es zu spät ist?

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion! Insgesamt betrachtet hätten Sie aus dieser Großen Anfrage deutlich mehr Erkenntnisse über die Lebenswirklichkeit der Freiberufler in Sachsen-Anhalt ziehen können, wenn Sie nur gewollt hätten. Das wäre dann auch dem von Ihnen erwähnten und unbezweifelten großen Beitrag der Freiberufler zum gesellschaftlichen Allgemeinwohl gerecht geworden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)