Protokoll der Sitzung vom 02.09.2016

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wo ist das Problem?)

Rassismus, Mobbing, Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit stärker bestrafen.

Angesichts derartiger Formulierungen fragen wir uns wirklich, wer eigentlich die Zielgruppe ist. Sind es Jugendliche und Kinder oder doch eher Politikwissenschaftler?

(Beifall bei der AfD)

Verehrte Abgeordnete! Ich frage Sie, welche Säuglinge, Kleinkinder oder Kinder - denn genau das sind die Bürger, die eine Kita besuchen - stellen solche Forderungen auf. Selbst von Jugendlichen, die ich kenne, konnte ich diese Forderungen noch nicht vernehmen.

Es können also nur Staatsbürgerkunde-2.0-geschulte Antifa-affine Jugendliche sein, die nur gelehrt bekommen haben, Forderungen zu stellen, Forderungen gegenüber allem und jedem, gegenüber ihrem Land und der Gesellschaft, oder solche, die sich gern aus der kostenlosen praxisorientierten Beteiligungstasche des KJR bedienen und schon einmal gern sprühen, kleben, schmieren oder Lärm ausüben, anstatt - daran stimmt mir vielleicht Herr Krull zu - den Bundeswehr- und Reservistenspruch beherzigen: Tue etwas für dein Land.

Kinder und Jugendliche können etwas für ihr Land tun. Sie können partizipieren und mitwirken, sei es durch Engagement im Jugendrotkreuz, in der DLRG, in Sportvereinen oder in der Nachbarschaft. Es gibt viele Möglichkeiten. Sie können sogar schon mit 14 Jahren in die Jugendorganisation einer Partei ihrer Wahl eintreten. Mit 16 Jahren können Jugendliche von ihrem staatsbürgerschaftlichen Recht Gebrauch machen, zur Kommunalwahl zu gehen und ihre Stimme abzugeben, aber ohne dass ihnen vorher der Sozialkundelehrer politisch korrekt erklärt, was sie zu wählen haben und was nicht.

(Beifall bei der AfD)

Lassen wir die Kinder so lange wie möglich Kinder sein und vereinnahmen wir sie nicht für staatlich gelenkte politische Projekte und Propaganda. Genau das ist es, was in Form dieses jugendpolitischen Programmes unserer Meinung nach auf rot-grünen Sohlen leise auf uns zukommt. Aus

diesem Grund lehnt die Fraktion der AfD den Antrag der Koalitionsfraktionen und den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE ab.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen aus dem Publikum an den Redner. Insofern können wir in unserer Debatte weitermachen. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Krull das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Hohes Haus! Außerhalb des Protokolls: Auch von mir ein herzliches Willkommen an meine ehemalige Schule. Ich finde es schön, dass auch Sekundarschüler einmal die Gelegenheit nutzen, hier vor Ort zu sein, gerade bei dieser Debatte.

„Jugend macht Zukunft“, so der Titel des Projektes des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt, der ein Ergebnis des Landtagsbeschlusses aus dem Jahr 2012 zur Erarbeitung eines jugendpolitischen Programms war.

Im Rahmen des Projekts wurde das politische Ziel der aktiven Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei der Erarbeitung der entsprechenden Inhalte konsequent umgesetzt. Ich kann das als aktiver Teilnehmer an entsprechenden Veranstaltungen der Projektbeteiligten nur bestätigen. Es war schon beeindruckend zu sehen, wie Kinder und Jugendliche ihre eigenen Ideen und Vorstellungen zur Gestaltung ihres Lebensumfelds eingebracht haben.

Dabei ging es bei weitem nicht nur um die Fragestellung, welche Öffnungszeiten ein Jugendklub hat, sondern es gab 900 Beiträge mit 137 Hauptforderungen. Dabei ging es genauso um den öffentlichen Personennahverkehr wie um Fragen der öffentlichen Sicherheit - ich denke, ein Thema, das uns alle interessiert.

Allen Unkenrufen zum Trotz sind junge Menschen sehr gern bereit, sich auf vielfältigste Art aktiv für das Gemeinwesen einzubringen. Ich habe sowohl in meiner kommunalpolitischen Arbeit als auch hier im Landtag an verschiedensten Veranstaltungen teilnehmen können. Ich habe engagierte Menschen in der DRK-Jugend erlebt. Ich habe in der Johanniter-Unfallhilfe engagierte Menschen erlebt, THW-Jugend, Leute, die sich begeistern, Leute, die in den jungen Gemeinden mitwirken und etwas tun wollen, und zwar ohne ein Entgelt zu nehmen. Wir sollten dieses Engagement auch als Landtag wertschätzen und es hier nicht negieren wollen.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mit dem vorliegenden Antrag wollen die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die bisherigen Schritte auf dem Feld der Jugendpolitik weitergehen.

Welche Bedeutung die Unterzeichner diesem Thema zukommen lassen, macht doch deutlich, wie exemplarisch gut das Thema im Koalitionsvertrag erwähnt worden ist.

Dazu gehört die Fortschreibung und Weiterentwicklung des jugendpolitischen Programms, und zwar unter Beteiligung junger Menschen und ihrer Verbände und Organisationen. Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt hat sich dabei als konstruktiver, aber auch kritischer Partner bewährt.

Eine gute Jugendpolitik sollte uns allen wichtig sein; denn damit wächst die Generation heran, die nicht nur für sich selbst, für ihre Familien und Freunde oder für ihr berufliches Umfeld Verantwortung übernehmen wird, sondern für die gesamte weitere positive Entwicklung unseres Landes.

Es wäre außerdem wünschenswert, wenn es den Kinder- und Jugendring flächendeckend als Ansprechpartner in unserem Land geben würde. Hierbei weisen wir jedoch Lücken auf. Gerade auf kommunaler Ebene besteht großes Potenzial zur Einbindung junger Menschen bei anstehenden Entscheidungen. Für mich ist beispielsweise nicht ersichtlich, warum nicht ein Kindergarten in der Nähe gefragt werden kann, wie ein Spielplatz auszusehen hat. Auch das ist eine Form der Beteiligung und nicht nur irgendwelche Diskussionsrunden.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Etablierung des beantragten Kompetenzzentrums soll der kommunalen Ebene praktische Unterstützung geben und gleichzeitig die Vernetzung vorantreiben; denn das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden. Junge Menschen sollten einen Ansprechpartner finden, falls sie vor Ort keinen solchen haben. Über das Konzept des Kompetenzzentrums ist natürlich vorab in die entsprechenden Gremien zu beraten.

Um den Wettbewerb um die beste Idee und die gelungenste Maßnahmenumsetzung zu befördern, ist die Auslobung des vorgesehenen Preises für vorbildliche Kinder- und Jugendbeteiligung zu begrüßen. Ausdrücklich begrüßen möchte ich auch die Einlassung der Ministerin bezüglich der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der Preisvergabe; denn sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Jugend ist die Gestalterin unser aller Zukunft. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung zum

vorliegenden Antrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann fahren wir in der Debatte fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Heiß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Vorbereitung meiner Rede habe ich in der vergangenen Woche einfach einmal beim Kinder- und Jugendring angerufen und einmal gefragt, wie denn die aktuelle Meinung zum jugendpolitischen Programm ist.

(Minister Marco Tullner: Das ist schon ein- mal gut!)

Ich wollte eigentlich gern die Referentin sprechen, die dafür zuständig ist. Man sagte mir aber, dass sie gar nicht da sei. Sie hat nämlich ihren auf ein Jahr befristeten Job gekündigt und sich einen unbefristeten Vertrag in einem anderen Bundesland gesichert und ist jetzt dort hingegangen. Wir haben sie also verloren. Ich dachte, dass die Intention eigentlich die war, dass das jugendpolitische Programm so wichtig ist, dass das Land dafür langfristig jemanden einsetzt.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Hat sie gekün- digt oder wurde sie gekündigt?)

- Sie hat gekündigt. Der Vertrag wurde einvernehmlich aufgelöst, sodass sie gehen konnte.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das Land hat ihr nicht gekündigt!)

- Nein, das Land hat nicht gekündigt, aber der Vertrag läuft zum Ende des Jahres aus und sie ist jetzt schon gegangen, weil sie sonst keine Sicherheit für das nächste Jahr gehabt hätte, Herr Borgwardt. Verständlich.

Das heißt für mich zusammengefasst: Wir überlassen also diejenigen, die für das Land gemeinsam mit jungen Menschen Visionen für die Zukunft und Ideen entwickeln sollen, einer so großen eigenen Perspektivlosigkeit, dass sie das Land verlassen müssen - klare Ansage.

(Frank Scheurell, CDU: Das ist das Recht der freien Arbeitsplatzwahl!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung wurde im Jahr 2012, wie schon gesagt, beauftragt, ein jugendpolitisches Programm zu erneuern. Der Kinder- und Jugendring hat dies im Auftrag des Landes getan und gemeinsam mit Jugendlichen 885 Forderungen an die Politik erarbeitet. Diese sind dem Sozialministerium im Jahr 2015 übergeben worden. Diejenigen, die jun

gen Menschen, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, wollen jetzt endlich etwas sehen. Sie wollen weiter einbezogen werden und nicht noch länger warten, dass sich irgendetwas irgendwie weiterentwickelt.

Die Frage ist ja, wohin man sich entwickeln will, wenn es noch gar kein richtiges neues Programm gibt. Und, verehrte Koalition, was ist eigentlich das Ziel und wie lauten die konkreten Arbeitsschritte? Das fehlt mir. Zu Ihrer Motivation beantragen wir deswegen, dass uns Ende 2017 der Stand des jugendpolitischen Programms vorgelegt wird.

Zum zweiten Punkt Ihres Antrages, ein Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendbeteiligung. Das klingt erst einmal schön und macht vielleicht auch etwas her. Nutzen Sie für das Vorhaben aber bitte die bereits vorhandenen Strukturen. Es wurden schon lange Netzwerke aufgebaut. Es gibt Kontakte zu Gemeinden und Landkreisen. Es gibt Fachkräfte, die Kommunen dabei unterstützen, junge Menschen bei ihren Entscheidungen vor Ort einzubinden.

Wir brauchen also keine neue Institution, keine neuen Räume, keine Stelle, die wieder bei null anfängt. Es ist eigentlich alles schon da, nur chronisch unterfinanziert, kaum beachtet, wenig unterstützt und nicht genutzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wurde denn zum Beispiel der KJR einmal gefragt, was er in dem Bereich macht? Machen Sie das einmal; es lohnt sich. Ich denke, es wird auch dem Finanzminister gut gefallen: Wer Synergien nutzt, spart auch Geld.

(Minister Holger Stahlknecht: Tut er!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, dass jemand eine Idee zur Beteiligung junger Menschen hatte, aber nicht so richtig weiß, wie sie umgesetzt werden soll. Ich habe einen kleinen Tipp: In der vergangenen Legislaturperiode hat meine Kollegin Monika Hohmann das Kinder- und Jugendteilhabegesetz eingebracht. Darin finden sich zahlreiche Anregungen zur Beteiligung junger Menschen, zum Beispiel die Stärkung des Landesjugendhilfeausschusses, die Freistellung für Schülerinnen und Schüler, die ein kommunales Mandat haben, die Schaffung eines Kinder- und Jugendrates und die Senkung des Wahlalters.

Apropos Wahlalter: Ich habe es im Koalitionsvertrag gar nicht gefunden. Wo ist es denn? Oder gibt es ein geheimes Zusatzprotokoll, in dem Sie das versteckt haben?

(Minister Marco Tullner: Nein! Ich kenne keines!)

Wenn ich mich recht entsinne, haben zwei der drei Koalitionsparteien vor der Wahl eine Senkung des Wahlalters gefordert.