Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Sachsen-Anhalt sind derzeit 19 618 Asylsuchende, davon 13 348 Asylbewerber, 3 700 Geduldete, 659 sogenannte „Dublin“-Fälle aufhältig. 1 964 Menschen leben in einer Erstaufnahmeeinrichtung, 7 238 Personen wurden im Laufe des Jahres registriert. In den Kommunen gibt es 10 000 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften. Aus Anfragen in der letzten Legislaturperiode haben wir einen detaillierten Überblick über die in den einzelnen Landkreisen und Städten zur Verfügung stehenden Plätze, sowohl in Gemeinschaftsunterkünften als auch in Wohnungen.
In diesem Sommer gibt es monatlich etwa 400 Zuzüge. Syrien steht mit einem Anteil von 61 % nach wie vor an der Spitze der Herkunftsländer, mit 26 % gefolgt von Afghanistan, danach wird es einstellig. Welche Daten fehlen Ihnen denn nun noch?
Es ist im Übrigen nicht besonders schwierig, an diese Zahlen zu gelangen. Sie wurden allesamt in der letzten Sitzung des Sozialausschusses er
örtert. Ich weiß nicht, was Ihre Abgeordneten da machen, aber die Zahlen, von denen Sie sagen, man brauche erst ein Erfassungs- und Meldesystem, um sie zu ermitteln, liegen längst vor.
zumal Sie das, was tatsächlich eine Änderung gegenüber der gegenwärtigen Situation wäre, nämlich dass die Kommunen selbst entscheiden sollen, wie viele Asylsuchende und Geflüchtete sie bereit sind aufzunehmen, nicht in den Text des Antrages, sondern in die Begründung schreiben. Für die Absicht, die Sie mit diesem Antrag verfolgen, ist das aber auch völlig egal.
Die Funktion dieses Antrages ist es, Ihre eigene Stimmungslage zu bedienen, und die lebt von der Erzählung über die unkontrollierte Masseneinwanderung.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von André Poggenburg, AfD)
Ihre Erzählung lebt davon, dass das arme Deutschland in schlechter Absicht überrannt werde und dass dies dazu führe, dass niemand irgendwas darüber wisse, wer seit wann und wo im Land sei. Das ist schlichtweg eine Erfindung. Wenn man mal in irgendwas anderes als das „Kompakt-Magazin“ schaut, dann ist das auch ziemlich leicht herauszufinden und zu belegen.
Wo es allerdings tatsächlich einen immensen Handlungsbedarf gibt, wo es tatsächlich Unklarheit gibt über die Frage, wie viele Menschen es sind, wo sie leben, leben, wovon sie leben, ist der Bereich der Illegalisierten und der Bereich - wir alle haben es dieser Tage gelesen - der etwa 9 000 als verschwunden geltenden Flüchtlingskinder.
Wer etwas für Überblick, für Planungssicherheit, für geregelte Verfahren und auch gegen Überforderung tun will, insbesondere vor Ort in den Kommunen, der muss hierhin schauen. Der Vorschlag von Bodo Ramelow, den schätzungsweise mindestens 200 000 illegalisiert in Deutschland lebenden Menschen einen Weg in die Legalität zu ebnen, ist völlig richtig und angezeigt.
Genauso angezeigt sind eine stärkere finanzielle Involvierung des Bundes in die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung - damit werden wir uns in diesem Jahr besonders zu beschäftigen ha
ben - sowie eine bedarfsgerechte Finanzausstattung der Kommunen. Das alles ist nicht neu. Das sind alles alte Hüte. Dafür streiten wir seit Langem. Es wäre viel gewonnen und ein wichtiger Schritt für ein menschenwürdiges Leben, für die stärkere Unterstützung der Kommunen, für den Schutz vor Menschenhandel und Ausbeutung und, ja, auch für Planungssicherheit und Überblick getan.
Wer etwas dafür tun will, dass Flüchtlingskinder nicht verschwinden, der muss ihnen Gründe geben, zu bleiben, der muss ihnen Angebote machen, schnell ein normales Leben leben können, der muss dafür sorgen, dass sie nicht ewig die Flüchtlingskinder und die anderen bleiben, sondern schnell gleichberechtigt und selbstbestimmt werden können. Das wäre angezeigt, das wären notwendige Schritte, anstatt billigen Populismus zu bedienen.
Meine Damen und Herren! Es wird niemanden überraschen, dass meine Fraktion diesen Antrag ablehnen wird.
Ich möchte abschließend an den Innenminister anknüpfen und ganz deutlich sagen: Die einzige kulturelle Bedrohung, die ich derzeit für unser Land sehe, das sind Sie.
und das ist die, die von rechten Gewalttätern ausgeht. Das hat eine Anfrage von Ihnen dieser Tage noch einmal eineindeutig belegt. - Vielen Dank.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Frau Quade. - Wir kommen nun zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Striegel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eine laute Stimme. Das passt schon.
Ihr Antrag zum Melde- und Erfassungssystem für Kapazitäten zur Flüchtlingsunterbringung enthält nämlich viel unwahres Geschwafel und drückt sich dann doch um die entscheidenden Punkte.
Erst mit Ihrer Rede, Herr Roi, haben Sie heute die Hose heruntergelassen. Geben Sie es doch einfach auch mal in Ihren Texten zu. Sie wollen wissen, wo genau im Land die Kommunen Unterbringungskapazitäten vorhalten - nicht weil Ihnen irgendetwas an kommunaler Selbstbestimmung liegt. Das ist es nicht; das ist nicht Ihr Thema.
Vielmehr wollen Sie vor Ort die Bürgerinnen und Bürger aufbringen oder bereits vorhandene Unterkünfte diskreditieren. Sie handeln - das bei Ichnen sehr gut zu sehen, Herr Roi - wie in Sandersdorf-Brehna oder in Roitzsch nach dem St.-Florians-Prinzip; Sie wollen die Unterbringung von Geflüchteten verhindern, und zwar getreu dem Motto: Niemand hat etwas gegen Asylbewerber, aber bitte nicht bei mir in meinem Ort.
Das ist unlauter, das wissen Sie, aber dieser Standortrassismus ist Ihr Ziel, und das muss man auch mal deutlich aussprechen.
Sie scheuen zur Begründung Ihres absurden Vorhabens auch nicht vor Unwahrheiten zurück. Lüge 1. Der erste Satz aus der Begründung Ihres Antrages:
Es gab im Jahr 2015 rund eine Million Menschen, die in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind. Wir reden für das gesamte Jahr 2016 vermutlich von einem Viertel davon.
hat schlicht ein Problem mit Zahlen; so einfach ist es. Sie wollen einfach nur die Herausforderungen der Integration nicht angehen; das ist Ihr Problem.