Protokoll der Sitzung vom 02.09.2016

Ich weiß nicht, wie es in Bad Bibra aussieht. Vielleicht können Sie es mir genauer erklären, Frau Feußner. Dort sitzt der Landrat, und ich habe irgendwie das Gefühl, dass Asylbewerber dort nicht hinkommen.

Es ist schon richtig, dass das natürlich der Landkreis regelt. Aber wozu gibt es Stadratsbeschlüsse, die dann letztlich sowieso von oben herab hinweggemäht werden?

(Birke Bull, DIE LINKE: Weil es eine Ver- fassung gibt, Mensch! - Heiterkeit bei der LINKEN und bei der SPD - Zurufe von der AfD)

- Das mag sein. Aber warum fragen Sie die Stadträte, wenn es nicht eingehalten wird? - Das ist genau das, was in dem Antrag steht. Das ist kein Demokratieverständnis, tut mir leid.

(Beifall bei der AfD)

Herr Striegel, bevor Sie antworten, gestatten Sie mir eine Bemerkung. Ich denke, lebhafte Debatten sind schön und gut. Aber ich bedauere unsere Gäste, die auf den Tribünen sitzen und kaum etwas verstehen, weil es querbeet geht. Und noch mehr tun mir unsere Stenografen leid; denn die müssen alle Worte erfassen. Das ist sehr schwer, wenn es ständig lautstark durcheinandergeht. Deswegen bitte ich Sie: Streiten Sie vernünftig in einem vernünftigen Ton. - Bitte, Herr Striegel.

Das will ich gern tun. - Frau Kollegin, ich weiß nicht, ob Sie sich, wenn Sie eine solche Behauptung erheben oder andeuten, dass grüne Politikerinnen und Politiker nicht auf der kommunalen Ebene unterwegs wären, einmal angesehen haben, seit wann ich Politik mache und dass ich im Jahr 1999 auf der kommunalen Ebene angefangen habe, Politik zu machen, und diesbezüglich bis heute weiterhin aktiv bin.

Ich kenne die Verhältnisse vor Ort. Ich kenne sie interessanterweise auch im Burgenlandkreis. Ich glaube, dass der Burgenlandkreis einer der Landkreise in Sachsen-Anhalt ist, die in besonders vorbildlicher Weise beim Thema Flüchtlingsunterbringung unterwegs sind. Dort gibt es nämlich einen richtig fitten CDU-Landrat, der mit dem Herz auf dem rechten Fleck unterwegs ist und

(Eva Feußner, CDU: Wie alle CDU-Land- räte! - Zuruf von Marco Tullner, CDU)

und der sein christliches Menschenbild tatsächlich in praktische Politik verwandelt. Und das ist gut so. Deswegen kann ich auch im Burgenlandkreis erkennen, dass die Unterbringung von Geflüchteten vernünftig funktioniert.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Wenn Sie sich einmal anschauen, wie die Bundesrepublik organisiert ist, dann stellen Sie fest: Die kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut,

(Daniel Roi, AfD: Ach?)

sie ist auch verfassungsrechtlich geschützt, aber wir haben unterschiedliche Aufgaben. Die Unterbringung von Geflüchteten ist eine Aufgabe des sogenannten übertragenen Wirkungskreises. Ja, das ist ein technischer Begriff, und ja, damit muss man sich beschäftigen. Aber das heißt nichts anderes, als dass der Bund diese Aufgabe über die Länder an die Landkreise delegiert hat und dass die Landkreise dafür verantwortlich sind.

Reden Sie in den Kreistagen darüber, wie die konkrete Verteilung vor Ort stattfindet, und finden Sie die für Ihre Region beste Lösung. Aber hören Sie auf, sich mit scheinjuristischen Argumenten vor der Verantwortung für diese bundesgesetzliche Aufgabe zu drücken, sich in die Büsche zu schlagen und hier zu sagen: Das funktioniert nicht. Wir haben die Aufgabe zu lösen. Wir gehen sie an. Aber wir tun das nach den rechtlichen Regularien. Das ist der Punkt.

(Holger Stahlknecht, CDU: Das ist im Rechtsstaat so!)

Herr Kollege Striegel, sind Sie bereit, noch zwei weitere Anfragen zu beantworten?

Ich bin bereit, noch zwei weitere Anfragen zu beantworten, ja.

Dann sind jetzt Herr Tillschneider und danach Herr Farle an der Reihe.

Ich möchte eigentlich keine Frage stellen, sondern nur einen Kommentar abgeben. Sie haben sehr schön erklärt, wie Sie den Bevölkerungsschwund in Sachsen-Anhalt durch Zuwanderung ausgleichen wollen. Das heißt für mich, Sie blenden vollständig aus, dass es sich bei der Zuwanderung um kulturell fremdstämmige Menschen handelt. Sie betrachten also den Menschen ohne seine kulturelle Prägung. Sie betrachten Menschen als global verschiebbares demografisches Material.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Genau diesen Ansatz halte ich für zutiefst menschenunwürdig.

(Beifall bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Genau so ist es! - Unruhe bei der LIN- KEN)

Herr Tillschneider, auch wenn Sie es als Zwischenintervention titulieren, hat der Abg. Herr Striegel das Recht, darauf zu reagieren. Bitte.

Was uns fundamental unterscheidet, ist unser Menschenbild.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

Ich glaube daran, dass jeder Mensch an Würde gleich ist, ganz unabhängig davon, welcher Herkunft er ist und in welcher Kultur er lebt.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU, und von Holger Stahlknecht, CDU)

Ich glaube auch daran, dass Menschen sich wandeln können und dass es nicht eine irgendwie geartete genetische oder kulturelle Disposition gibt, die sozusagen festgelegt ist.

Ich sage Ihnen: Mit dem jungen syrischen Mann aus Aleppo oder aus Damaskus, mit der jungen Frau aus Afghanistan, die zu uns gekommen sind, verbindet mich an manchen Stellen kulturell mehr als mit manchem Hassprediger aus der AfD.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und von der Regierungsbank)

Herr Farle hat jetzt das Wort. Danach würden wir hiermit zum Abschluss kommen, damit wir fortfahren können. - Herr Farle, Sie haben das Wort.

Ich bitte meine Ausführungen als Zwischenintervention zu werten,

(Zuruf von Katrin Budde, SPD)

weil ich in der letzten halben Stunde festgestellt habe, dass Sie den Austausch von Argumenten mit dem Verbreiten von Hassparolen gegen die AfD verwechseln.

(Beifall bei der AfD)

Auch wir haben ein Menschbild, dass man jedem - -

(Birke Bull, DIE LINKE: Ja! - Swen Knöchel, DIE LINKE: Fürchterlich!)

- Sehen Sie, Sie bestätigen meine Meinung sogar. Sie leben von Vorurteilen,

(Beifall bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Genau so ist es! - Birke Bull, DIE LIN- KE: Nein! - Unruhe)

die Sie selbst in die Bevölkerung tragen und die mit unserem Menschenbild absolut nichts zu tun haben.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE - Un- ruhe)

Die AfD hat von Anfang an klipp und klar gesagt: Wer als Flüchtling in unser Land kommt - -

(Unruhe)

- Hören Sie bitte genau zu - das steht in unserem Programm -, anstatt die Bevölkerung und sich selbst in einer Scheinwelt zu bewegen.

(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)

Wir haben von Anfang an gesagt: Wer ein Flüchtling und ein Verfolgter ist - - Ich bitte auch Sie, Herr Stahlknecht, gut zuzuhören; denn diese Arroganz, die auch Sie hier an den Tag gelegt haben, brauchen wir nicht. Wir haben gesagt: Diese Menschen sollen hier ordentlich aufgenommen werden.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Wir wissen, dass lediglich 2 % bis 3 % der Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, tatsächlich die Kriterien der Asylberechtigung erfüllen.

(Beifall der AfD)

Ich weiß genau, welche juristischen Kriterien das sind. Weitere 30 bis 40 % erfüllen in einem sehr großherzigen Sinne die Voraussetzungen für die Möglichkeit, dass man sie duldet und in unserem Land ordentlich behandelt, bis die Fluchtursachen in ihrem Zuhause weggefallen sind. Das vergessen Sie nämlich immer zu erwähnen, meine Damen und Herren.

(André Poggenburg, AfD: Richtig!)