Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

„Nordgermersleber Dartfreunde planen Turnier für Kinder und Jugendliche“, „Spielplatz ist bereit für den Winter - Was fleißige Helfer beim Arbeitseinsatz in Hillersleben geleistet haben“, „Mitglieder der Interessengemeinschaft optische Telegrafie bieten Rundgang in der Telegrafenstation Neuwegersleben“, „Liederkranzmänner singen seit 160 Jahren - Chor feiert Geburtstag mit großem Konzert“, „Ältere Menschen im Straßenverkehr - Seminar der Kreisverkehrswacht in Weferlingen“, „Tag der offenen Tür bei der Feuerwehr Calvörde“, „Spezialitäten aus aller Herren Länder - Interkulturelles Treffen in Flechtingen vereint zehn Nationen“.

Das alles zeigt die Vielfalt von bürgerschaftlichem Engagement. Ich glaube, nicht nur die „Volksstimme“ ist dankbar, damit ihre Seiten zu füllen.

Auch wir sprechen allen engagierten Menschen im Land unseren Dank für ihre Arbeit aus.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unsere grundsätzliche Position zum bürgerschaftlichen Engagement hat Dr. Rosemarie Hein bereits aus Anlass der Bundestags-Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ sinngemäß folgendermaßen zusammengefasst:

Ein zentrales Merkmal von Zivilgesellschaft ist Solidarität. Bürgerschaftliches Engagement baut auf mündige Persönlichkeiten, die sich kritisch und gestaltend in die Gesellschaft einbringen. Dieses Einbringen kann auch unbequem für politische Akteure werden, wie zurzeit die Bewegung Fridays for Future zeigt.

Wir verstehen bürgerschaftliches Engagement als eine Form der politischen Teilhabe, die neben dem Staat selbstständig Gesellschaft verändert und gestaltet. Es ist für uns kein Vehikel für die Umsetzung einer Theorie vom schlanken Staat. Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge dürfen nicht aus der staatlichen Verantwortung herausgelöst werden und freiwilligen, unentgeltlichen Akteuren übertragen werden.

Das geschieht seit Jahren aber leider an vielen Stellen. Beispiele dafür sind Dorf- und Stadtbibliotheken, Schwimmbäder oder Bürgerbusse. Diese Form der Entstaatlichung, der Privatisierung der öffentlichen Aufgaben kritisieren wir auf das Schärfste.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir kritisieren aber nicht die engagierten Menschen, die angesichts des Staatsversagens hier einspringen, damit ihre Umgebung lebenswert

bleibt, sondern den Staat, der sich immer weiter zurückzieht.

Weil das leider die Realität ist, gehört das bürgerschaftliche Engagement jetzt erst recht gestärkt. Deshalb unterstützen wir auch den vorliegenden Antrag.

Die Antworten auf die Fragen 27 bis 30 und auf die Frage 33 in der Großen Anfrage der SPDFraktion zeigen, dass es zahlreiche Programme und Maßnahmen in fast allen Bereichen des Lebens nebeneinanderher gibt. Das ist nicht nur unüberschaubar, sondern folgt auch keiner Strategie.

Die Antwort auf die letzte Frage, Nr. 44, dass das Land abwartet, was der Bund mit seinen Plänen zur Engagementstiftung macht, ist für mich völlig unbefriedigend, zumal wir in Sachsen-Anhalt dann wieder die Chance liegen lassen, dass die Strukturen und die Arbeitsweisen der Zivilgesellschaft im Osten überhaupt berücksichtigt werden.

Bei uns hat sich nach 1990 das bürgerschaftliche Engagement weitgehend neu entwickelt. Ich zitiere dazu gern aus dem „Newsletter für Engagement und Partizipation in Deutschland“ 17/19 vom Bundesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement:

„Aktuelle Studien - ZiviZ Survey - verweisen auf einen rasanten Strukturwandel der ostdeutschen Vereinslandschaft: Während zahlreiche nach der Wende gegründete Vereine oder aus Westdeutschland übertragene Verbände über einen Rückgang des Ehrenamtes klagen und ihre Engagementaktivitäten teilweise ein- oder auf bezahlte Kräfte umstellen mussten, entstehen vielerorts neue, junge Vereine und Initiativen, die projekt- und themenorientiert eine wachsende Zahl freiwillig Engagierter gewinnen.“

Das könnte die gesamtdeutsche Engagementlandschaft prägen. Nur auf den Bund zu warten ist also der falsche Weg,

(Beifall bei der LINKEN)

zumal die Signale auf der Bundesebene derzeit katastrophal sind. Die geplante Engagementstiftung ist bisher nur schwammig angedeutet und das Bundesprogramm „Engagierte Stadt“, das in Naumburg, Stendal und der Hohen Börde den Aufbau von Anlaufstellen für Freiwillige ermöglicht hat, läuft zum 31. Dezember 2019 aus.

Nur zu beten, dass diese erfolgreiche Arbeit dann nicht untergeht, so wie das mit den über ABM geförderten Engagementzentren in der Vergangenheit passiert ist, wird nicht reichen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir brauchen im Land als ersten Schritt eine Strategie. Danach muss aber eine Förderung des bürgerschaftlichen Engagements folgen, damit ein flächendeckender Auf- und Ausbau von Engagementzentren und Freiwilligenagenturen erfolgen kann.

Wir werden deshalb in den Haushaltsverhandlungen darauf drängen, dass die Engagementförderung finanziell gestärkt wird, und auch nach der Verabschiedung des Haushalts an dem Thema dranbleiben.

Bürgerschaftliches Engagement verdient nicht nur Anerkennung, sondern auf allen Ebenen abgestimmte Strategien, mehr Kooperation, stabile Netzwerkstrukturen und langfristig angelegte Programme. Das sind wir allen engagierten Menschen im Land schuldig. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Es gibt keine Fragen. Ich danke Frau Hildebrandt für den Redebeitrag. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Lüddemann das Wort. Bevor ich ihr aber das Wort erteile, begrüße ich Damen und Herren vom Mehrgenerationenhaus Bernburg. Seien Sie im Hohen Hause herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der konkrete Handlungsbedarf in Sachen ehrenamtliches Engagement ergibt sich aus zwei Kennzahlen der Großen Anfrage. Es heißt darin:

„Sachsen-Anhalt kann eine Quote öffentlich gemeinschaftlich aktiver Menschen von 63,7 % verzeichnen und liegt damit im bundesweiten Vergleich an letzter Stelle.“

In die ähnliche Kerbe schlägt folgende Feststellung:

„Der Anteil der freiwillig Engagierten in Sachsen-Anhalt beträgt 37,1 % und liegt im bundesweiten Vergleich“

- immerhin -

„an vorletzter Stelle“.

Es besteht in Sachen Engagement bei uns im Land also Handlungsbedarf. Von der Landesseite aus werden wir dies mit einer Engagementstrategie begleiten und fördern. Denn ein zukunftsfestes Sachsen-Anhalt ist auf engagierte

Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Deshalb können wir uns nicht länger auf einzelne Maßnahmen und Förderrichtlinien beschränken, sondern müssen Engagementpolitik aus einem Guss entwickeln.

Aber wir fangen beileibe nicht bei null an. Etwa die Freiwilligenagenturen leisten viel in Sachen Engagementförderung im Land.

In der Antwort auf die Große Anfrage finden sich zahlreiche Landesinitiativen und Förderungstypen für freiwilliges Engagement und Selbsthilfe.

Auch meine Fraktion hat sich diesem Thema seit Langem verschrieben. In unserer Broschüre „Verborgenes Engagement“ würdigen wir beispielsweise exemplarisch zehn engagierte Menschen im Land, vom Bienenzüchter bis zu den Initiatoren einer freien Schule, vom Jugend-THW bis zur Straffälligenhilfe.

Nur wenn Menschen mitdenken und mitmachen, über den Tellerrand ihrer jeweils privaten Interessen und Nöte hinausblicken und das Allgemeinwohl in den Blick nehmen, erst dann beginnt sich eine politische, eine demokratische Gemeinschaft zu formen.

Engagement ist die Bedingung des Staates, die er selbst nicht garantieren, aber fördern kann. Das wollen wir, wie gesagt, künftig noch stärker als bisher angehen. - Vielen herzlichen Dank. Damit sind meine zwei Minuten Redezeit um.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Fragen gibt es nicht. Ich danke Frau Lüddemann für den Redebeitrag. - Frau Dr. Pähle verzichtet auf ihr Schlusswort. Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage beendet.

Wir kommen aber nun noch zum Abstimmungsverfahren, und zwar zu dem Antrag unter b) Bürgerliches Engagement stärken - Engagementstrategie auf den Weg bringen, Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drs. 7/4947. Wollen Sie das in einen Ausschuss überweisen? - Nein.

Wir stimmen direkt über diesen Antrag ab. Wer für den Antrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalition und die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Stimmenenthaltungen? - Sehe ich keine. Damit hat dieser Antrag die Mehrheit des Hauses erhalten; er ist bestätigt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 4 erledigt und wir führen noch einen Wechsel durch.

(Robert Farle, AfD: Jetzt Gas geben!)

Herr Farle, diese Bemerkung habe ich gehört und ich werde Sie daran erinnern. - So, es geht weiter.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 8

a) Zweite Beratung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften