Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

Ich könnte versucht sein, meine Rede von damals erneut zu halten, da es aus meiner Sicht noch zu keiner wesentlichen Veränderung gekommen ist, auch weil innerhalb der Koalition keine Einigkeit zu diesem Punkt erzielt werden konnte.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, benachbarte Bundesländer haben die Straßenausbaubeiträge abgeschafft. Es gehört aber auch zur Wahrheit, deutlich zu machen, dass sich die dort gewählten Lösungen erst in der Praxis bewähren bzw. ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen müssen.

Bereits an unzähligen Stellen, nicht nur hier im Hohen Hause, habe ich mich der Frage der Gerechtigkeit von Straßenausbaubeiträgen gestellt. Auch heute werde ich nicht von dem Grundsatz abweichen, dass Eigentum auch Verpflichtung mit sich bringt. Es geht um eine faire Lastenverteilung, die niemanden benachteiligt bzw. überfordert.

Der Betrag, der den Kommunen über die Straßenausbaubeiträge zufließt, beträgt derzeit pro Jahr rund 10 Millionen €. Welcher Erhebungsaufwand dafür notwendig ist, scheint in den Gemeinden sehr unterschiedlich zu sein. Diese Summe lag übrigens in anderen Jahren teilweise bei 30 Millionen €.

Für uns als Fraktion war es immer klar, dass es bei der Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht dazu kommen darf, dass die kommunale Seite einseitig belastet wird. Das heißt, das Land wäre gefordert, den Kommunen einen entsprechenden Ausgleich zu verschaffen und die Kommunen selbst auch zu entlasten - Stichwort: Konnexität. Wir sprechen hier von jährlichen Beträgen von geschätzt 20 Millionen € bis 60 Millionen €.

Im Umkehrschluss bedarf es eines flexiblen Mechanismus, um die entsprechenden Zahlungen zu leisten. Bisher liegt mir kein Vorschlag vonseiten unserer Koalitionspartner oder aus den Reihen der Opposition insbesondere zur Finanzierung vor, der mich überzeugt hätte. Fragen zum Umgang mit denjenigen, die wiederkehrende Beiträge zu zahlen haben, die Stundung beantragt oder Kredite aufgenommen haben, sowie die Frage der Stichtagsregelung wurden bisher nicht ausreichend beantwortet.

Wir als Fraktion wissen die kommunalen Spitzenverbände an unserer Seite, die genau diese Fragen geklärt haben wollen, bevor eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschlossen werden kann.

Sie werden jetzt vermutlich zu Recht fragen, warum es in den Kommunen durchaus einige Stimmen aus den Reihen der CDU für die Abschaffung gibt. Als kommunalpolitisch Aktiver gehört es sicher zu den unangenehmen Aufgaben, die Bürger vor Ort zusätzlich finanziell zu belasten. Hier ist der Ruf, dass sich das Land entsprechend finanziell beteiligen soll, sicherlich nachvollziehbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind aber hier im Landtag gefordert, verantwortungsvoll zu handeln und die finanziellen Möglichkeiten unseres Landes im Blick zu behalten.

Es gab vonseiten der CDU im Land einen entsprechenden Vorschlag, der von unseren Koalitionspartnern als nicht diskussionsfähig bewertet wurde. Derzeit arbeiten wir CDU-intern an entsprechenden Vorschlägen. Aber ich gebe es ganz offen zu, eine tragfähige Lösung kann ich Ihnen heute leider nicht präsentieren.

Von daher, die Diskussion läuft und wir werden dieses Thema mit Sicherheit nicht nur im Rahmen von Landratswahlkämpfen hier im Hohen Hause mit behandeln. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herr Krull, es gibt eine Frage.

Herr Krull, ich habe eine Nachfrage. Sie haben eingangs gesagt, Eigentum verpflichtet. Da bin ich ein bisschen hellhörig geworden, denn bei den Eigenheimbesitzern sagen Sie, Eigentum verpflichtet. Wie ist es dann zu verstehen, dass Sie zum Beispiel bei den Waldbesitzern nicht auch dieses Prinzip anwenden?

(Siegfried Borgwardt, CDU: Käse!)

Wieso messen Sie dabei jetzt mit zweierlei Maß? Das habe ich nicht ganz verstanden.

Herr Krull, Sie haben das Wort.

Ich messe ja nicht mit zweierlei Maß. Es geht darum, dass es eine faire Beteiligung an den entsprechenden Kosten gibt. Auch die Waldbesitzer müssen sich entsprechend an den Maßnahmen beteiligen. Es ist keine 100%-Übernahme irgendwelcher Kosten für den Waldbereich. Wenn Sie Fragen zum Wald haben, wir haben dafür auch Experten in der Fraktion. Ich bin für anderes zuständig. Aber vielleicht haben Sie nachher die Möglichkeit, mit Herrn Heuer direkt im Dialog die Frage zu klären. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Krull für den Redebeitrag. - Für die AfD hat jetzt der Abg. Herr Rausch das Wort. Herr Rausch, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Straßenausbaubeiträge abschaffen, das ist ein Thema, das die Menschen im Land bewegt. Das bewegt auch die Fraktionen hier im Hohen Haus. Vor den Wahlen war das hier hohes Thema vonseiten der SPD, der GRÜNEN; Die LINKE hat es eingebracht. Wir haben das auch schon gespielt.

Unser Standpunkt von den vier genannten Fraktionen ist eigentlich klar. Wir wollen die Straßenausbaubeiträge abschaffen. Die CDU sträubt sich ein bisschen dagegen. Deswegen will ich jetzt den Standpunkt der AfD nicht noch einmal darlegen. Er ist hinlänglich bekannt. Herr Kohl hat auch den Ablauf dargelegt, wie das gelaufen ist.

Ich will den Kollegen der CDU vielleicht noch einmal zwei praktische Beispiele aus dem Leben nennen, warum eine Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen vielleicht doch sinnvoll wäre und die Allgemeinheit dies bezahlen würde.

Erstes Beispiel ist die Gemeinde Hecklingen. Da gibt es ein sogenanntes Umlageverfahren. Das heißt, jeder Anlieger bezahlt jedes Jahr einen gewissen Beitrag, damit die Straßen saniert werden.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das war schon seit 20 Jahren so!)

- Genau. - Auf jeden Fall ist das Problem aber, dass das voraussetzt, dass die Kommunen immer einen Eigenanteil haben. Nun ist es so, dass fast jede zweite Kommune in Sachsen-Anhalt keinen ausgeglichenen Haushalt hat. Der Salzlandkreis zum Beispiel ist in der Konsolidierung. Dem fehlen sogar 5 Millionen € im Haushaltsplan. Das heißt, das sind sehr düstere Aussichten für die Kommunen vor Ort.

In Hecklingen ist es so, dass viele Straßen noch nicht gemacht sind, teilweise noch mit Schotter befüllt sind und man diese befahren muss. Dahin kann ich Sie gern einmal einladen. Der Stadtrat in Hecklingen hat schon gefragt, ob sie sich nicht auflösen, damit sie ihre Schulden loswerden, weil sie gar nicht mehr wissen, wie das gehen soll. Der MDR hat dazu auch berichtet.

Da ist auch das Industriegebiet in Hecklingen betroffen, wo ungefähr 500 Leute beschäftigt sind, wo auch die Firma Gaensefurther sitzt, wohin die

Transportunternehmen gar nicht mehr ordentlich kommen, weil dort zig Schlaglöcher sind und es schon Achsbrüche gab und Lkw umgefallen sind, und, und, und.

Da wäre man schon in der Pflicht, dort zu unterstützen. Da kann die Kommune aber nichts machen, weil sie kein Geld hat. Der Kreis kann auch nicht helfen, weil er kein Geld hat. Also, wer könnte jetzt was machen? - Das Land. Wenn die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden - mal dieses eine Beispiel, was nur eines von vielen ist -, wäre ihnen damit sicherlich geholfen und die Bürger würden es Ihnen danken. Da könnte man vor Ort etwas bewegen.

Jetzt Punkt zwei. Wo das Land sinnlos das Geld ausgibt bei den Straßenausbaubeiträgen, ist zum Beispiel in der Kommune Brumby. Da ist für viel Geld eine Ortsumgehung gebaut worden. Da hat durch die Ortschaft eine Landesstraße geführt.

Nun hat das Land gesagt, wir wollen sie an die Kommune abgeben. Die Kommune hat gesagt, nein, wir wollen die Straße, so wie sie ist, nicht haben, obwohl sie nicht älter als 15 Jahre ist, wir wollen die, wenn wir sie übernehmen sollen, neu instand gesetzt haben. Jetzt wird eine ganze Straße einfach noch einmal komplett neu gemacht, damit dann die Kommune diese Straße von dem Land übernimmt.

Das ist ein Beispiel dafür, wie sinnlos Geld auch verschwendet wird. Deswegen müssen die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden, damit die Infrastruktur und alles zusammen sinnvoller genutzt wird.

Den Bürgern ist es egal, ob sie auf der Kreisstraße, Stadt- oder Landstraße fahren. Den Bürgern ist wichtig, dass sie ordentliche Straßen und Verhältnisse haben. Genauso ist es den Mitarbeitern im Industriegebiet Hecklingen wichtig, dass sie weiterhin dort arbeiten können und die Firma nicht schließen muss, weil irgendwann die ganze Ware nicht mehr abgeholt werden kann.

So einfach ist es. Der Geschäftsführer von Gaensefurther hat gesagt: Was sollen wir machen? - Wenn es so weitergeht, müssen wir irgendwann den Stecker ziehen, wenn wir unsere Ware nicht mehr zum Kunden bekommen.

Das sind große Probleme im Land. Darum muss man sich kümmern.

Herr Rausch, Frau Brakebusch hat sich zu Wort gemeldet. - Frau Brakebusch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Rausch, das, was Sie uns eben vorgetragen haben, ist doch in sich überhaupt nicht stimmig.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Sie haben uns einerseits erst einmal erzählt, wie gut es ist, wenn die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden und sie keine Straßenausbaubeiträge mehr zahlen müssen.

Ja, das ist - -

Lassen Sie mich bitte erst einmal eine Bemerkung machen. - Das ist erstens nicht korrekt, denn es geht nicht um alle Bürgerinnen und Bürger, die entlastet werden. Vielmehr müssen diejenigen, die schon jetzt Kredite aufgenommen haben, weiter zahlen. Es geht tatsächlich nur dann, wenn neu gebaut wird. Das sind alles so Dinge, die noch nicht ausgesprochen worden sind.

Dann haben Sie uns eben noch einmal erzählt, wie schlimm das aber auch mit den Kommunen ist. Sie wollen die Bürger entlasten, aber die Kommunen nicht. Also müssen die Kommunen den Teil der Bürger noch mit übernehmen. Wie sollen die Kommunen es denn machen?

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Wollen Sie denn tatsächlich, dass das Land die gesamten Kosten übernimmt? - Das ist meine Frage.

Herr Rausch, Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank für die Frage. - Also, Sie haben meinen Teil mit den Kommunen nicht verstanden. Ich habe dargelegt, dass viele Kommunen gar nicht mehr in der Lage sind, den Eigenanteil zu erbringen, damit Straßen überhaupt saniert werden können, auch wenn die Anlieger ihren Anteil bezahlen würden. Es gibt ja Kappungsgrenzen, wie hoch etwas ist. Das ist erst einmal ein Punkt.

Der zweite Punkt ist: Ja, das Land muss mehr Geld in die Hand nehmen, damit das gemacht werden kann. Ja, die Allgemeinheit muss das durch das allgemeine Steueraufkommen machen. Das ist nun einmal so. Alles wird von allen genutzt, also muss das Land auch dafür Sorge tragen.

Wir geben in Deutschland zig Milliarden Euro für irgendwelche Sachen aus. Wir wollen jetzt für den Brexit Großbritanniens mehr Milliarden Euro nach Brüssel überweisen. Wenn wir die für die Infrastruktur in Deutschland nutzen würden, wäre uns sehr geholfen.

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE - Unruhe bei den GRÜNEN)