Protokoll der Sitzung vom 27.09.2019

Leider bestätigen die seltenen Kontrollen eine hohe Bereitschaft von Barbierbetrieben, die bestehenden Vorschriften zu umgehen und eben doch widerrechtlich Friseurleistungen zu erbringen. Die Einnahmen fehlen unseren einheimischen Friseuren bei der Sicherung ihrer Arbeitgeberverantwortung für ihre Mitarbeiter und für die öffentlichen Sozialkassen.

Der AfD liegen bereits jetzt zahlreiche Beschwerden von einheimischen Friseuren vor, die sich über die unlautere Konkurrenz und Preisdrückerei seitens der Barbiersalons beschweren - Herrenhaarschnitte zu Dumpingpreisen von weniger als 10 €. Dabei wird immer wieder kritisiert, dass dort nicht genehmigte Leistungen erbracht werden, die wegen der seltenen Kontrollen aber kaum entdeckt werden.

Selbst das MDR-Fernsehen berichtete bereits über diese Problematik. Dort nannte ein Friseur Kosten von 11 000 € bis zum Erreichen der Meisterprüfung. In einem Test mit versteckter Kamera haben alle getesteten Barbiersalons, alle mit ausländischem Inhaber, widerrechtlich für 7 € bis 8 € Haare geschnitten. Nur einer davon hatte den Meisterbrief. Die Stadt Halle war zu keinem Interview bereit und teilte dem MDR dazu schriftlich mit, man habe gegen acht Barbierbetriebe Ordnungswidrigkeitsanzeigen erstellt.

Bei einer solchen Missbrauchsquote, meine Damen und Herren, können Sie sich selbst ausrechnen, wie die Gesamtlage ist. Die singulären Prüfungen und die wenigen Sanktionen sind doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Allein bei der Handwerkskammer Halle (Saale) sind 136 Betriebe mit einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO eingetragen. Entsprechende Kritik übt in dem MDR-Beitrag auch die Handwerkskammer Halle wegen der erheblichen Beiträge, die Friseurbetriebe für ihre Angestellten in die Sozialkassen zahlen.

Abschließend bleibt der Vorwurf einiger Friseure zu erwähnen, dass viele dieser Barbiersalons mit ausländischen Inhabern pro forma - ich komme zum Schluss, Herr Präsident - 200-€-Jobs für Landsleute bereitstellen, die damit als abgelehnte und geduldete Asylforderer einen Integrationsnachweis zwecks dauerhafter Duldung vortäuschen.

Stimmen Sie bitte unserem Antrag zu und zeigen Sie damit unseren betroffenen Friseurbetrieben, dass dieses Parlament an der Seite unserer Kleinunternehmer steht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Deshalb können wir jetzt in die Dreiminutendebatte eintreten. Bevor allerdings die Ministerin Frau Grimm-Benne in Vertretung für den Minister Herrn Prof. Dr. Willingmann ans Mikro kommt, begrüßen wir ganz herzlich auf unserer Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Landesschule Pforta. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Grimm-Benne, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Auch wenn ich den Beratungen im Ausschuss nicht vorgreifen möchte, habe ich allerdings meine Zweifel daran, dass das Anliegen der AfD-Fraktion so umsetzbar ist.

Einheitliche Eintragungsparameter für Barbierbetriebe sind aus meiner Sicht nicht notwendig. Neben der Handwerksordnung bestehen seit Jahren Absprachen der Bundesländer zum Umgang mit Barbierbetrieben und zur Abgrenzung zum eintragungspflichtigen Friseurhandwerk.

Jeder, der einen zulassungspflichtigen Handwerksbetrieb betreiben will, muss in der Handwerksrolle der örtlich zuständigen Handwerkskammer eingetragen sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Handwerk vollständig umfasst ist oder nur Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind.

Barbiere üben kein Handwerk im Sinne der Handwerksordnung aus. Das reine Rasieren von Haar stellt keine wesentliche Teiltätigkeit des zulassungspflichtigen Friseurhandwerks dar.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Deshalb besteht für Betriebe, die nur diese Leistung anbieten, keine Eintragungspflicht. Der Einführung einer gesonderten zweijährigen Berufsausbildung zum Barbier bedarf es daher nicht. Die handwerklichen Fertigkeiten des Barbierberufes sind Teil des Ausbildungsrahmenplanes der Friseure und Friseurinnen. Somit haben auch Friseure und Friseurinnen die Möglichkeit, sich als Barbier selbstständig zu machen. Die Handwerkskammern bieten hierzu Angebote zu Fort- und Weiterbildungen an.

Die Erteilung von Ausübungsberechtigungen nach §§ 7 a und 7 b der Handwerksordnung an Inhaber von Barbershops kommt in der Regel nicht infrage. Diese Sonderregelung der Eintragung in die Handwerksrolle gilt für Betriebsinhaber, die bereits in der Handwerksrolle eingetragen sind, und für sogenannte Altgesellen.

Ich erinnere daran, Barbiere üben im Sinne der Handwerksordnung kein Handwerk aus und sind nicht in die Rolle eingetragen. Es fehlt ihnen in der Regel auch die Ausbildung zum Friseur oder zur Friseurin. Sie können somit auch nicht auf die Altgesellenregelung zurückgreifen. Eine Änderung dieser Paragrafen im Hinblick auf eine Barbierproblematik ist somit überflüssig.

Das betrifft auch § 8 der Handwerksordnung. Eine Ausnahmebewilligung nach § 8 an Barbiere kann erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass erstens die Ablegung der Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, wenn es

also einen Ausnahmefall darstellt, und wenn zweitens die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten - der sogenannte Befähigungsnachweis - zur Ausübung des Berufes nachgewiesen werden.

Durch die sogenannten Leipziger Beschlüsse des Bund-Länder-Ausschusses Handwerksrecht wurden im November 2000 Fachkonstellationen definiert, in denen ein Ausnahmegrund als gegeben angesehen wird. Diese Regelung ist für alle eintragungspflichtigen Handwerker anwendbar. Eine Änderung des § 8 der Handwerksordnung ist also auch bei Einführung einer Meisterpflicht für Barbiere nicht notwendig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Fragen. - Dann können wir in die Debatte der Fraktionen eintreten. Es spricht für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Sturm. Herr Sturm, Sie sind auf dem Weg und haben jetzt das Wort.

Herzlichen Dank. - Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Schnipp, schnapp, Haare ab! Nach genau diesem Motto schießen immer mehr sogenannte Barbiershops wie Pilze aus dem Boden. Deren Angebot umfasst zahlreiche Dienstleistungen um und für die männliche und auch weibliche Haarpflege. Dies ärgert die ausgebildeten Friseure nachhaltig, nicht weil sie den Wettbewerb scheuen, nein, sondern weil eine nachteilige Entwicklung eines ganz speziellen Handwerks stattfindet.

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

Jeder ungelernte Barber darf sich selbstständig machen. Mit Dumpingangeboten werden dann oft all jene Dienstleistungen erbracht, die qualifizierte Friseurbetriebe anbieten, die ausbilden,

(Beifall bei der CDU)

der Meisterpflicht unterliegen, Steuern und Abgaben entrichten und Tariflöhne zahlen.

Stärker ist dieses Problem in jüngster Zeit durch den sogenannten Zuzug geworden, weil Ausländer lediglich einen Aufenthaltstitel und eine Gewerbeerlaubnis benötigen. Dieser Sachverhalt ist nicht neu. Ich empfehle Ihnen die Antworten der Landesregierung auf meine Kleinen Anfragen vom 28. November 2016 und vom 30. April 2019. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Barbier über keine Ausbildung verfügen muss, die einer deutschen Berufsausbildung gleichzusetzen ist, dass aber umgekehrt ein Friseurbetrieb, der

Barbierleistungen anbietet, sehr wohl seine Firma in der Handwerksrolle eintragen lassen muss.

(Zuruf von der AfD: Unerhört!)

Ich halte dies für eine extreme Benachteiligung. Barbiergeschäfte oder sogenannte Föhnbars dürfen ausdrücklich nur ein sehr beschränktes Angebot vorhalten; denn wer mehr anbietet, begeht Schwarzarbeit und somit eine Straftat.

Die Grenzen der erbrachten Friseurdienstleistungen sind oft fließend, sodass eine Abgrenzung der Einzelleistung nur schwer erkennbar ist.

Wünschen würde ich mir, dass der Zoll, die Ordnungs- und Gewerbeämter sowie die Finanzämter mit unangekündigten Betriebsprüfungen stärker kontrollierten. Leider erfolgt dies viel zu wenig. Das, meine Damen und Herren, ist eine verkehrte Welt, die meinem Handwerksberuf sehr schadet.

Der Antrag der AfD-Fraktion greift meine beiden Anfragen durchaus sachlich auf. Ich bin außerordentlich froh darüber, dass wir diese Problematik an den zuständigen Ausschuss überweisen und hoffentlich auch zu einem guten Ergebnis im Sinne des Schutzes der vielen qualifizierten Friseurhandwerksbetriebe kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Die vielen legalen Friseurbetriebe - das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich betonen - scheuen keinen Wettbewerb, aber er muss fair und auf Augenhöhe stattfinden.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Die Forderung nach einheitlichen Eintragungsparametern und Richtlinien für eine Barbierausbildung entspricht im Wesentlichen den Forderungen der Innung. Auch hier geht es nicht darum, jemandem die Lebensgrundlage zu entziehen, sondern darum, ihm einen legalen Weg aufzuzeigen, an dessen Ende ein qualifizierter Friseurbetrieb stehen könnte.

Mein Handwerksberuf verfügt über hervorragend ausgebildete Fachkräfte, die in der Bevölkerung einen exzellenten Ruf haben. Diesen Ruf dürfen wir nicht gefährden.

Sachsen-Anhalt hat mit seiner Meistergründungsprämie ein gutes Instrument geschaffen

Herr Sturm, kommen Sie zum Ende.

- ja, ich komme zum Schluss -, das das Friseurhandwerk nachhaltig nutzt.

Es gäbe noch viel zu erzählen, aber meine Redezeit ist nun um. Ich bitte um Überweisung an den zuständigen Wirtschaftsausschuss.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Siegmund. Herr Siegmund, bitte.

Vielen Dank. - Herr Kollege Sturm, vielen Dank dafür, dass Sie unseren Antrag inhaltlich so lobgepriesen haben. Es ist natürlich sehr gut, dass wir das richtige Thema aufgegriffen haben. Das eint uns anscheinend. Aber trotzdem meine Frage: Sie haben eben mehrfach von „legalen Friseurbetrieben“ gesprochen und es etwas differenziert dargestellt. Das würde mich doch etwas genauer interessieren. Was meinen Sie mit „legalen Friseurbetrieben“? Gibt es auch illegale? Das würde mich wirklich interessieren, was Sie damit meinen.

Bitte.

Ja, Herr Siegmund, ich habe, wie auch andere Kollegen, Angebote bekommen, und zwar sollte ich Scheinarbeitsverträge unterschreiben. Es waren Bürger bei mir, die gesagt haben, sie wollen einen Friseurladen aufmachen und ich sollte einen Scheinarbeitsvertrag bekommen. Ich hätte dafür monatlich wie auch andere Kollegen 2 500 € schwarz auf die Hand bekommen. Ich habe es natürlich nicht gemacht, das ist klar. Ich habe sogar Anzeige erstattet.

Jeder weiß, was im Friseurberuf umgesetzt wird und hängen bleibt - ich kann aus Erfahrung sprechen. Ich sage einmal, wenn jemand jeden Monat 2 500 € schwarz, nebenbei zahlen kann, dann muss ich mir schon die Frage stellen, ob die nicht nur Haare waschen, sondern auch noch andere Sachen machen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Jens Kolze, CDU: Wie jetzt? - Unruhe)