Protokoll der Sitzung vom 21.11.2019

(Beifall bei der AfD)

Herr Krull, auch hierauf dürfen Sie noch kurz erwidern.

Wir können bei Gelegenheit gern im Ausschuss oder auch an anderer Stelle darüber diskutieren, wie die entsprechenden Beträge bei uns im Land Sachsen-Anhalt aussehen. Hier wird immer eine

gewisse Mär verbreitet, dass wir so riesige Gebühren hätten.

Ich räume ein, natürlich ist es für jemanden, der kein hohes Einkommen hat, durchaus schwierig, 200 € aufzubringen. Aber das ist ungefähr der Durchschnittsbetrag in Sachsen-Anhalt plus/minus 10 €. Die entsprechende Gebührengestaltung liegt also bei rund 80 %. Von daher versuchen wir mal, uns zu darauf konzentrieren.

Wir sind auch für Entlastungen. Aber wir sind für Entlastungen, die wir auch langfristig finanzieren können, weil wir dafür eine solide Finanzierungsbasis haben. Ihre Vorschläge sind aus meiner Sicht nicht dafür geeignet.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Krull. - Wir kommen nun zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE wird die Abg. Frau Hohmann sprechen. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach langer Zeit und unserer Auffassung nach viel zu spät liegt uns nun heute das Ausführungsgesetz zum Gute-Kita-Gesetz für Sachsen-Anhalt vor, ein Prozess, der lange gebraucht hat und von vielen Diskussionen begleitet wurde, die unter anderem auch meine Fraktion angestoßen hatte.

Wir haben uns in der Vergangenheit lang und breit darüber ausgetauscht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass DIE LINKE die Prioritäten hierbei etwas anders gesetzt hätte. Für uns wären neben einer Beitragsentlastung für Eltern eine Verbesserung des Personalschlüssels, die Berücksichtigung von Vor- und Nachbereitungszeiten sowie ein unbürokratisches Investitionsprogramm für Kitas sinnvolle Ansätze gewesen. Dies wäre unserer Meinung nach eine nachhaltige und wirkungsvolle Maßnahme gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Koalitionsfraktionen haben sich anders entschieden. Das Ergebnis ist das nun vorliegende Gesetz. Aber dieses, meine Damen und Herren, wirft erneut eine Reihe von Fragen auf. So ist es für uns sehr irritierend, dass die Landesregierung mit der Auszahlung für die weitere Entlastung der Eltern das Verfahren der Abschläge gewählt hat. Sie möchte in den Jahren 2020 und 2021 Abschläge in Höhe von 10,7 Millionen € zahlen. Das ist für uns schwer nachzuvollziehen, weil wir jetzt schon wissen, dass die Kommunen sicherlich ungehalten reagieren werden, wenn sie für zwei Jahre in Vorkasse gehen sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Des Weiteren finden wir Ihre Begründung zu § 1 - Beitragsbefreiung - recht abenteuerlich. Ich habe mir den besagten Satz herausgeschrieben. Ich zitiere:

„Soweit ein Kind nur angemeldet, aber tatsächlich nicht regelmäßig in einer Kindertagesstätte betreut wird, gilt es als nicht betreut.“

Was heißt „regelmäßig“? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit es angerechnet wird? Wer kontrolliert das? Und wie ist das Ganze mit der Tatsache zu vereinbaren, dass es eine Kita-Pflicht nicht gibt? Sie sehen, dass noch gewaltiger Klärungsbedarf besteht.

Eine weitere Frage bezieht sich auf die Ausweitung der pädagogischen Fachberatung nach § 72 Abs. 3 SGB VIII. In diesem Absatz ist geregelt, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Fortbildung und Praxisberatung der Mitarbeiter des Jugendamtes und des Landesjugendamtes sicherzustellen haben. Heißt das, dass wir Geld ausgeben, damit das Jugendamt sich selbst berät? Oder meinten Sie die Fachberatung nach § 22a Abs. 5 SGB VIII? Wenn ja, würde meines Erachtens die Subsidiarität greifen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine letzte Anmerkung: In § 23 soll nach Absatz 1 ein neuer Absatz 1a eingefügt werden. Sie möchten damit regeln, dass die zusätzlichen pädagogischen Fachkräfte für eine Verlängerung der Öffnungszeiten eingesetzt werden können. Sie wissen durchaus, dass der Bund seine Einwände hiergegen deutlich gemacht hat. Die Bedarfe für das zusätzliche Fachpersonal wurden höher priorisiert als die Bezuschussung der 24-stündigen Öffnungszeiten.

Des Weiteren ist in der Verordnung über das Verfahren die Verwendung der nach § 23 Abs. 1 KiFöG zur Verfügung gestellten Mittel genau geregelt. In der Verordnung ist genau aufgelistet, wofür das Geld eingesetzt werden soll. Darin ist aber nichts zu lesen von einer Verlängerung der Öffnungszeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! An den wenigen Beispielen, die ich gerade beschrieben habe, wird deutlich, dass noch Klärungs- und Diskussionsbedarf besteht. Wenn ich mir aber vorstelle, dass dieses Gesetz im Dezember 2019 vom Parlament verabschiedet werden soll, habe ich große Bedenken dahin gehend, dass die offenen Fragen in den Ausschüssen sorgfältig und gründlich besprochen und diskutiert werden können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Hohmann. Ich sehe keine Wortmeldung. - Wir kommen nunmehr zu dem nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der Wert frühkindlicher Bildung ist in diesem Hohen Hause vielfach erörtert und betont worden. Nicht umsonst war das KiFöG in der Vergangenheit hier im Land geradezu ein Politikum. In so manchen Lebensbereichen stimmt es eben durchaus: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Das spricht überhaupt nicht gegen lebenslanges Lernen, aber es bringt die zentralen Weichenstellungen in den ersten Lebensjahren gut zum Ausdruck.

Daher ist es absolut zu begrüßen, dass jetzt auch der Bund seine Verantwortung in diesem Bereich anerkennt und mit dem Gute-Kita-Gesetz über die Länder noch stärker als bisher in diesen wichtigen Bereich, in die frühkindliche Bildung, und zwar in die Bildung unser aller Kinder und damit in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes investieren will.

Das Ausführungsgesetz des Landes setzt auf einen Dreiklang der Förderung, den wir als Landtag entsprechend beschlossen haben. Mit diesen Mitteln ermöglichen wir jetzt den Start einer Ausbildungsoffensive, den Ausbau der Förderung für Kitas mit besonderen Herausforderungen und - auch das ist wichtig - eine weitere Entlastung der Eltern.

Dass es Begehrlichkeiten des Finanzministeriums gab, die Bundesmittel in die Regelfinanzierung gemäß KiFöG zu stecken, mag aus der Eigenlogik der Finanzer nachvollziehbar sein, aber politisch und fachlich ist das natürlich klar abzulehnen. Erstens hätte man damit wohl den Anspruch auf die Bundesgelder verwirkt und zweitens gibt es eine bestmögliche frühkindliche Bildung eben nicht zum Nulltarif.

Dass wir im Land gerade bei der Qualität der Kinderbetreuung - will heißen: insbesondere beim Fachkräfteschlüssel - bundesweit mehr schlecht als recht dastehen, ist im Grunde allen hier bekannt. Da ist es unerlässlich, insbesondere Kitas mit besonderen Bedarfen weiteres Personal zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine weitere finanzielle Entlastung von Mehrkindfamilien ist ebenso unerlässlich. Frühkindliche Bildung darf eben nicht am Portemonnaie der Eltern hängen. Kurz gesagt: Wie mit unserem Kinderför

derungsgesetz zuvor gehen wir auch mit dem jetzigen Gesetzentwurf zielstrebig weiter auf unserem Weg in eine kostenfreie und hochqualitative Kinderbetreuung in unserem Land. Es liegt zwar noch ein gutes Stück Weg vor uns, aber wir haben auch schon einige Etappen erfolgreich abgeschlossen, so auch heute.

Ich bitte um Zustimmung zu der Überweisung des Gesetzentwurfes, damit wir in den Ausschüssen darüber beraten können und damit wir tatsächlich noch im Jahr 2019 gemeinsam entsprechend tätig werden können. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Striegel. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Abg. Frau Dr. Späthe das Wort. Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.

(Unruhe)

- Ich denke, auch der Fraktionsvorsitzende wird zuhören. Ich weiß, dass er auch zuhören kann, wenn er kurz etwas bereden muss. - Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Ursprünglich hatte ich nicht vor, noch einmal ans Pult zu treten, aber die Wortbeiträge geben mir doch Anlass dafür. Ich habe mich heute besonders über die Wortbeiträge der beiden Oppositionsparteien gefreut, und zwar deshalb, weil die von diesen aufgeworfenen Argumente und die von ihnen konstruierten Problemlagen zeigen, wie schwierig es der Opposition gefallen ist, an dem Gesetz noch etwas zum Meckern zu finden.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD)

Die Regelungen zur Beitragserhebung werden wir im Ausschuss sicherlich noch einmal besprechen können. Dort werden wir hoffentlich diese Unklarheiten beseitigen können.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen, die Frau Hohmann dargelegt hat. Sie bemängelte, das Gesetz komme viel zu spät. Wenn man bedenkt, dass die letzte Unterschrift taufrisch ist, nämlich von gestern, und dass das Gesetz überhaupt erst bundesweit in Kraft tritt, wenn alle Unterschriften da sind, dann frage ich mich, was hieran zu spät ist. - Das ist das eine.

(Beifall bei der SPD)

Das, was mich besonders verwundert hat, war die Tatsache, dass es erstmals gelungen ist - erstmals, meine Damen und Herren -, bei solchen Dingen wie Spitzabrechnung in Sachen Beitrags

befreiung für die Kommunen, die sonst in der Tat in Vorleistung gehen mussten, Abschläge im Gesetz zu verankern, die dazu führen, dass die Vorfinanzierung für die Kommunen eben gerade nicht so eintritt, wie es bisher üblich war. Doch genau das kritisieren Sie. Das ist wirklich schon sehr verwunderlich.

Die zusätzlichen Fachkräfte für erweiterte Öffnungszeiten stehen im Gesetz im Sinne von besonderen Bedarfslagen und Randzeiten. Das heißt nicht per se 24-Stunden-Kitas. So ist es nicht gemeint und so haben wir es auch nicht verankert.

Das Letzte, was ich noch erwähnen möchte, ist: Natürlich gab es Begehrlichkeiten des Finanzministers - das ist sein Job -, möglichst zusätzliche Bundesgelder einzusetzen. Aber gerade deshalb haben wir doch in den letzten Monaten eine Änderung zum KiFöG verabschiedet, damit das zu den Gesetzlichkeiten in Sachsen-Anhalt gehört und somit das Bundesgeld wirklich für zusätzliche Maßnahmen eingesetzt werden kann. - Das zu erwähnen war mir wichtig.

Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. Ich denke, weitere Fragen oder Diskussionen können wir gern im Ausschuss aufgreifen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. Ich unternehme dennoch den Versuch. Frau Hohmann hat eine Frage angemeldet. - Frau Dr. Späthe hat Nein gesagt. Sie können trotzdem eine Kurzintervention vorbringen.

Ich gehe davon aus, dass es die Koalition so eingeplant hat, dass wir bei einem so wesentlichen Gesetz zumindest eine Anhörung der Experten durchführen werden, damit die ungeklärten Fragen, die noch im Raume stehen, ein wenig deutlicher werden bzw. ausgeräumt werden können.

Vielen Dank, Frau Hohmann. Ich denke, das wird Sache des Ausschusses sein. Der Ausschuss wird sich voraussichtlich heute in der Mittagspause zum ersten Mal mit dem Gesetzentwurf befassen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es! - Zu- rufe)

- Mein lieber Kollege Herr Krull, ich bin mir aus der Erfahrung der letzten 17 Jahre heraus ganz sicher, dass sich für jeden oder jede Abgeordnete auf jeden Fall die Gelegenheit finden wird, den