- Und in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung. Wer für die Überweisung in die genannten Ausschüsse stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Regierungskoalition und die Fraktion DIE LINKE sowie ein Abgeordneter der AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Gegenstimmen sehe ich nicht. Enthaltungen? - Das ist der Rest der AfD-Frak
tion. Damit wurde der Antrag in die entsprechenden Ausschüsse des Landtages überwiesen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 30 erledigt.
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verlängerung der Arbeitszeit von Lehrkräften ist für die Finanzminister in diesem Land schon seit jeher ein absoluter Dauerbrenner.
Die Vorstellung, dass die Lehrkräfte zu wenig arbeiten, speist sich offenbar aus einer verfestigten Fehleinschätzung über die Arbeitsbelastungen im Lehrerberuf. Zwar hat hier noch niemand öffentlich von den „faulen Säcken“ gesprochen, aber es wird jedenfalls so gedacht.
Die Arbeit von Lehrkräften ist nun einmal sehr spezifisch. Deshalb ist es auch unverzichtbar, dass in gesonderten landesrechtlichen Regelungen der Umfang der Arbeitszeit bestimmt wird, die unmittelbar mit den Schülerinnen und Schülern als Unterricht zu leisten ist. Das ist die sogenannte Regelstundenzahl, die in der Arbeitszeitverordnung für die Lehrkräfte geregelt ist.
Die Möglichkeit, den Anteil der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte landesrechtlich durch Verordnung zu regeln, ist für die Landesregierung sehr komfortabel. Es stellt für die Finanzminister offenbar immer wieder eine zu große Verführung dar, sich daran zu bedienen. Eine Unterrichtsstunde mehr bei all unseren Lehrkräften erspart dem Land immerhin etwas mehr als 500 Vollzeitstellen. Da bekommt ein Finanzminister feuchte Hände, wenn es um das Stopfen von Haushaltslöchern geht. Das ist mir klar.
(Beifall bei der LINKEN - Frank Bommers- bach, CDU, und Guido Heuer, CDU, unter- halten sich auf der Regierungsbank mit Mi- nister Michael Richter)
- Ich fände es echt gut, wenn er zuhören könnte und ihr ihn jetzt einmal kurz in Ruhe lasst. - Danke.
Ich habe sehr oft die Meinung gehört, dass eine Unterrichtsstunde oder zwei Unterrichtsstunden mehr doch wohl nicht so schlimm sein könnten. Bei 25 Unterrichtsstunden in der Woche sollten sich die Lehrkräfte und ihre Interessenvertretung nicht so haben. Das höre ich allerdings regelmäßig von Leuten, die von der Arbeit in der Schule keine Ahnung haben und davon auch keine Ahnung haben wollen.
Alle Untersuchungen über die Lehrerarbeitszeit zeigen - das sind nun wirklich nicht wenige -, dass der wöchentliche Arbeitsumfang einer Lehrkraft in einer durchschnittlichen Unterrichtswoche jenseits von 50 Zeitstunden liegt und in bestimmten Phasen bis zu 60 Zeitstunden betragen kann. Die meisten Lehrkräfte sind deshalb nicht in der Lage, ihre Arbeit so zu organisieren und zu leisten, dass die Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes überhaupt eingehalten werden, weder bezüglich der täglichen oder wöchentlichen Höchstgrenze noch bezüglich der vorgeschriebenen Pausenzeiten.
Nun lamentieren die Lehrkräfte darüber zwar nicht, sie spüren aber natürlich diese hohen Belastungen. Sie entwickeln daraus ein starkes Bedürfnis nach individueller Teilzeit oder nach einem frühestmöglichen Ausscheiden aus dem Schuldienst, auch wenn dafür inzwischen immer höhere Rentenabschläge in Kauf genommen werden müssen.
Dass Sie von Schule nichts wissen wollen, das weiß ich ja, aber ein bisschen Respekt wäre nicht schlecht.
Ich bitte die AfD-Fraktion. Es war jetzt doch viel Lautstärke. - Herr Lippmann, Sie haben wieder das Wort.
Es gibt also gute Gründe dafür, den Lehrkräften ab einem bestimmten Alter diese tägliche Mühsal durch eine Ermäßigung der Unterrichtsverpflich
tung zumindest so weit zu erleichtern, dass sie auch in fortgeschrittenem Alter diesen Belastungen physisch und psychisch noch gewachsen sind. Dazu findet sich in der Arbeitszeitverordnung der Lehrkräfte die Regelung, dass nach Vollendung des 60. Lebensjahres die Regelstundenzahl im darauffolgenden Schuljahr um zwei Unterrichtsstunden ermäßigt wird. Diese Regelung ist im Übrigen schon einmal verschlechtert worden. Davor begann die Altersermäßigung nämlich mit dem 55. Lebensjahr.
Es gehört zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die dafür sorgen, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht sehenden Auges ruiniert wird.
Es ist aber auch ein Gebot der ökonomischen Vernunft; denn wenn nach dem Wegfall der Ermäßigung der Krankenstand und die Fälle von Langzeiterkrankungen, Erwerbsunfähigkeit und vorzeitigem Renteneintritt steigen, dann wird der Unterrichtsversorgung, die man angeblich steigern will, ein Bärendienst erwiesen.
Es ist zu erwarten, dass am Ende mehr Arbeitsvolumen verloren geht, als durch diese Arbeitszeiterhöhung durch die Hintertür gewonnen werden kann. Deshalb ist die Gewährung von Altersermäßigungen nicht mehr und nicht weniger als ein Gebot der Vernunft.
Diesem Gebot der Vernunft konnte bis zum Jahr 2013 durch den Abschluss beschäftigungssichernder Tarifverträge Geltung verschafft werden. Darin war explizit geregelt, dass die Arbeitszeitverordnung während der Laufzeit dieser landesspezifischen Tarifverträge nicht verändert werden kann. Seit dem Schuljahr 2013/2014 sind diese Tarifverträge Geschichte. Genau seit dieser Zeit tobt der Kampf um die Lehrerarbeitszeit.
Bislang konnten die Finanzminister a. D. Bullerjahn und Schröder davon abgehalten werden, diesen unvernünftigen Schritt zu gehen und die Axt an die Lehrerarbeitszeit zu legen. Sie konnten davon überzeugt werden, dass der Schaden in den Lehrerzimmern um ein Mehrfaches größer und länger anhaltend sein würde als der nur kurzfristige Nutzen, den man sich erhofft.
Nun kommt unser neuer Finanzminister Richter wieder mit diesem alten Hut und setzt im Kabinett offenbar die Streichung der Altersermäßigung für die 60- und 61-jährigen Kolleginnen und Kollegen durch.
Heute früh haben uns die Mitglieder aus dem Landeshauptausschuss der GEW vor der Landtagstür empfangen und uns die Begeisterung der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen für diese Maßnahme sehr eindrucksvoll übermittelt.
Das Ganze auch noch als Kompensation dafür zu verlangen, dass die Landesregierung endlich die Mehrarbeit von Lehrkräften angemessen bezahlen will, ist wirklich die dümmste Idee, die man in dieser Situation haben kann;
denn sie wird bei ihrer Realisierung nur Verlierer produzieren. Ich bin mir sehr sicher, dass die Landesregierung diesen Schritt bereuen wird, wenn sie ihn geht. Sie wissen inzwischen, dass auf meine Prognosen Verlass ist.
Damit es nicht dazu kommt, fordern wir das Parlament auf, der Landesregierung in den Arm zu fallen und die Entscheidung über die Altersermäßigung an sich zu ziehen und rückgängig zu machen. Wir dürfen der Landesregierung diese Fehlentscheidung nicht zugestehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Im Angesicht des extremen Lehrermangels müssen wir über jeden froh sein, der gesund und motiviert vor seiner Klasse steht. Dazu gehören derzeit mehr als 2 500 Lehrkräfte, die 60 Jahre alt oder älter sind. Es sind überwiegend Lehrerinnen, die seit 40 Jahren vor den Klassen stehen, die in 30 Jahren Nachwendezeit die Fahne hochgehalten haben und durch alle Umbrüche und vielfache Schulwechsel gegangen sind. Diesen Kolleginnen und Kollegen, die sich um das Schulwesen wirklich verdient gemacht haben, am Ende ihrer langen Berufskarriere die notwendige Altersentlastung zu streichen, ist nicht nur kurzsichtig, sondern rücksichtslos und instinktlos, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Inzwischen gibt es auch im Bildungsministerium ein zunehmendes Interesse daran, ältere Lehrkräfte zu motivieren, über das Renten- bzw. Pensionseintrittsalter hinaus weiter zu arbeiten. Das ist ein kleiner Baustein, um die klaffenden Lücken in der Unterrichtsversorgung zu schließen. Wer soll sich denn aber bei vollem Deputat darauf einlassen, auch noch über das 66. Lebensjahr hinaus zu arbeiten, wenn er von Ihnen so behandelt wird? Sie graben sich damit selbst das Wasser ab und verschlechtern die Möglichkeiten, die Unterrichtsversorgung zu stabilisieren.
Es sind genau solche Fehlentscheidungen, die uns bei der Lehrkräfteversorgung immer weiter in das Tal der Tränen treiben.
Wir tragen hier im Parlament gemeinsam Verantwortung für unser Schulsystem. Wir dürfen nicht zulassen, dass aus billigen und kurzatmigen Überlegungen aus dem Finanzministerium heraus ein nachhaltiger Flurschaden in den Lehrerzimmern herbeigeführt wird.
Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen und diese Streichung der Altersermäßigungen nicht durchgehen zu lassen. - Vielen Dank.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Lippmann für die Einbringung des Antrags. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Tullner.