Protokoll der Sitzung vom 22.11.2019

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anpassung der Altersermäßigungen im Unterrichtsstundendeputat der Lehrkräfte folgt der Logik der Anhebung der Regelaltersgrenze bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres. Die Anhebung des sogenannten Renteneintrittsalters hat Sachsen-Anhalt nicht erfunden und kann es entsprechend auch nicht abschaffen.

Es gibt gute Gründe dafür, Lehrkräfte in den letzten Jahren ihrer Tätigkeit mit einer Altersermäßigung auszustatten.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Grundsätzlich war diese Ermäßigung für die letzten fünf Dienstjahre vorgesehen. Diese Regelung wird es auch weiterhin geben. Wir vollziehen in diesem Zusammenhang lediglich die Anhebung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre nach. Die Anpassung der Altersermäßigung an die Regelaltersgrenze ist also keine Missachtung der Lebensleistung älterer Lehrkräfte. Sie knüpft nicht an Dienstjahre, sondern schlicht an die Regelaltersgrenze und an das Lebensalter an.

Ich erkenne ausdrücklich an, dass hohe physische und psychische Anforderungen im Schulalltag bestehen, die sich im höheren Lebensalter besonders belastend auswirken können. Aus diesem Grund bieten wir im Bereich Lehrkräftegesundheit in Zusammenarbeit mit der Medical Airport Service GmbH ein umfangreiches Beratungs- und Unterstützungsangebot für Schulen und Lehrkräfte an. Auf diesem Gebiet haben wir im vergangenen Jahr eine Informationsoffensive gestartet, in deren Folge die Inanspruchnahme der Angebote deutlich gestiegen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dienstältere Kollegen verdienen allen Respekt für ihre Tätigkeit, die gerade vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden Heterogenität im Klassenzimmer in

den vergangenen Jahren sicher nicht einfacher geworden ist.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Die Anerkennung der dienstälteren Bediensteten spiegelt sich aber beispielsweise auch finanziell durch tarifvertraglich und besoldungsrechtlich etablierte Stufenaufstiege wieder. In dieser Hinsicht sind dienstältere Bedienstete bereits systematisch bessergestellt als dienstjüngere.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit einer Mär würde ich gern aufräumen: Lebensältere Lehrkräfte sind nur dann motiviert, wenn ihnen eine Altersermäßigung ab dem 60. Lebensjahr gewährt wird. Ich empfinde diese Aussage als altersdiskriminierend. Ebenso wenig nachvollziehbar ist die Aussage, dass die betroffenen Lehrkräfte mit der Anpassung der Altersermäßigung automatisch langzeiterkranken werden. Wer das heraufbeschwört, der sollte seine Haltung zu lebensälteren Beschäftigten - egal welcher Berufsgruppe - selbstkritisch hinterfragen.

An unseren Schulen arbeitet eine Vielzahl von lebensälteren Kollegen, die sich mit voller Kraft und viel Energie den täglichen Herausforderungen stellen. Diese pauschal als überlastet und überfordert darzustellen, ist mehr als respektlos.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neuen Regelungen zur Altersermäßigung fallen nicht einfach vom Himmel. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird den Lehrkräften, denen nach bisheriger Regelung noch bis zum geplanten Inkrafttreten am 1. Februar 2020 ein Anspruch auf eine Altersermäßigung ab dem zweiten Schulhalbjahr 2019/ 2020 erwächst, Bestandsschutz gewährt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich wissen wir, dass die Regelungen zur Altersermäßigung in eine Vielzahl von Regelungen eingebettet sind, die die Arbeitszeiten von Lehrkräften betreffen. Ich sage Ihnen ganz offen, es waren keine ganz einfachen Verhandlungen. Aus meiner Sicht ist es aber gelungen, ein ausgewogenes und faires Paket zu schnüren.

Besonders dankbar bin ich dafür, dass es Lehrkräften ermöglicht wird, freiwillig mehr Unterricht zu erteilen, und dass dies auch angemessen, was die Bruttostundensätze angeht, entlohnt wird. Das dadurch generierte Arbeitsvermögen ist ein wichtiger Baustein für eine verbesserte Unterrichtsversorgung.

Die versprochene Anhebung der Vergütungssätze für Zusatz- und Mehrarbeitsstunden wird endlich vorgenommen. Dadurch werden die Anreize für Mehrarbeit erhöht, wobei den Lehrkräften weiterhin die Wahlfreiheit obliegt.

Ich glaube, wir haben ein vernünftiges Paket geschnürt. Wir können und sollten es nicht aufschnüren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Minister Tullner für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die AfD hat jetzt der Abg. Herr Spiegelberg das Wort. Herr Spiegelberg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Liebe Bürger Sachsen-Anhalts! Erneut streifen wir in der heutigen Sitzung eines der größten Beispiele für das umfangreiche Versagen der aktuellen, aber auch der ehemaligen Landesregierung, nämlich den sich stetig verschärfenden Lehrermangel im Land und die verantwortungslose Gefährdung unserer aller Zukunft durch Kenia. Denn, meine Damen und Herren, in keinem anderen Zusammenhang kann die beabsichtigte Streichung der Altersermäßigung im Rahmen einer Verordnungsänderung durch die Landesregierung gesehen werden, gegen welche sich der heute vorliegende Antrag wendet.

Wie bereits angesprochen wurde, würden Lehrer im Alter von 60 und 61 Jahren durch die geplante Änderung der ursprünglichen Verordnung eine höhere Belastung an abzuleistenden Unterrichtsstunden erfahren. Diese Änderung, meine werten Damen und Herren, kann nicht unser Ziel für die Zukunft sein.

Sie würde weder zu einer Lösung für die mangelnde Unterrichtsversorgung im Land führen, welche infolge der Streichung der Altersermäßigung wohl nur eine sporadische und in jeder Hinsicht unzureichende Linderung erfahren würde, noch kann von einem angemessenen und fairen Umgang mit unseren Lehrkräften die Rede sein, welche trotz der aktuell katastrophalen Missstände in unserem von einer Kenia-Koalition geführten Land weiterhin Großes für unsere Kinder und somit für unsere Zukunft leisten.

Es kann nicht sein, dass man ältere Lehrer, welche bereits jahrzehntelang aufopferungsvolle und gewissenhafte Arbeit geleistet haben, nun auf ihre alten Tage noch dazu zwingen und gängeln will, mehr Stunden als nach der alten Verordnung zu leisten. Sinnvoller wäre es, wenn die Landesregierung den sich noch im Dienst befindlichen Lehrern auf freiwilliger Basis anbietet, gegen eine angemessene Entlohnung zusätzliche Stunden zu leisten.

Darauf aufbauend könnte man dann Lehrern im Pensionsalter, welche bereits aus dem Dienst ausgeschieden sind oder in naher Zukunft ausscheiden werden, ebenfalls auf freiwilliger Basis anbieten, für ein paar Stunden pro Woche an die Schulen zurückzukehren, wie es die AfD bereits im Jahr 2017 mit einem Antrag im Landtag angeregt hat.

Mit diesen zwei Angeboten würden wir nicht nur den von Kenia geduldeten Lehrermangel effektiv abmildern, nein, wir würden jenen Lehrern, welche sich trotz ihres hohen Alters noch frisch und motiviert fühlen, die Möglichkeit bieten, sich noch etwas dazuzuverdienen. Und man würde wiederum die Lehrer in Ruhe lassen, die gesundheitlich vielleicht nicht mehr zu einer Unterrichtstätigkeit in der Lage sind oder sich zum Beispiel einfach mehr Zeit für die Familie und insbesondere für ihre Enkel wünschen. Das ist ein Wunsch, der für uns als Familienpartei absolut verständlich ist.

Wir als AfD sprechen uns jedenfalls entschieden dafür aus, den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt wieder attraktiver zu machen und Fleiß und Leistung entsprechend zu belohnen. Neben zum Beispiel mehr Sicherheit an den Schulen sowie der Steigerung des allgemeinen Ansehens von Lehrkräften in der Öffentlichkeit gehört natürlich auch die Rücksichtnahme gegenüber älteren Lehrern dazu und wird immer im Fokus unserer Politik stehen.

Meine Damen und Herren! Da meine Fraktion das Grundanliegen des vorliegenden Antrages in jedem Fall unterstützt, aber eine weitere Behandlung zur Verfeinerung dieses Antrages wünscht, beantragen wir die Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur sowie zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Spiegelberg für den Redebeitrag. - Für die Koalition hat jetzt Herr Aldag das Wort. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich habe heute die wunderbare Aufgabe, im Namen der Koalition zu einem nicht ganz einfachen Thema sprechen zu dürfen. Wir haben auch innerhalb der Koalition darüber sehr heftig diskutiert. Es geht um die Änderung der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte. Ich verzichte jetzt darauf, noch einmal den Inhalt der Entscheidung zu erläutern. Das haben der Minister und auch meine Vorredner getan.

Ich möchte nur sagen, dass Sachsen-Anhalt mit dieser Entscheidung im bundesweiten Vergleich der Stundenvolumina in der Phase vor dem Renteneintritt an viertletzter Stelle liegt. Die meisten Bundesländer erlauben ihren Lehrkräften bereits deutlich vor dem Erreichen des 60. Lebensjahres, ihre Pflichtstunden deutlich zu reduzieren.

Ich persönlich und wir als grüne Fraktion - da spreche ich jetzt mal für uns - halten die Änderung der Arbeitszeitverordnung für eine unglückliche Lösung.

Auch die bildungspolitischen Sprecherinnen der CDU und der SPD - so habe ich es wahrgenommen - halten die Entscheidung zumindest für schwierig. Wir drei sehen die Gefahr, dass diese Entscheidung durchaus demotivierend wirken könnte und dass es vielleicht derzeit auch das falsche Signal ist.

Aber, meine Damen und Herren, - das gehört zur Wahrheit auch dazu - diese Änderung kam nicht allein. Es gab ein Maßnahmenpaket, das in der Landesregierung geschnürt wurde. Auf viele Maßnahmen warten wir schon lange. Die Stundensätze für Überstunden wurden endlich erhöht. Die Überstunden werden noch in diesem Jahr mit neuen Überstundensätzen bezahlt. Endlich gibt es erste Schritte in Richtung flexibler Arbeitszeitkonten.

Besonders wichtig und schon fast vergessen in diesem Reigen ist die Tatsache, dass Lehrkräfte weiterhin frei entschieden können, ob sie sich ihre Überstunden auszahlen lassen oder Freizeitausgleich wählen. Schon diese Lösung war ein Kraftakt. Wir sind froh, dass nicht auch an dieser Stelle härter zugeschnitten wurde.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Durch den Flexi-Erlass hätten wir ansonsten die Legitimation von jährlich bis zu vier zusätzlichen Unterrichtsstunden.

Die getroffene Einigung ist eine hart erkämpfte Vernunftlösung zwischen Finanzressort und Bildungsressort. Wir halten, wie ich es schon gesagt habe, diese Entscheidung für schwierig. Gleichzeitig haben wir aber auch ein gewisses Verständnis für die getroffene Entscheidung der Exekutive.

Wir würden gern noch einmal darüber beraten. Wir haben auch hier heute unterschiedliche Meinungen gesehen. Deswegen beantragen auch wir die Überweisung in den zuständigen Bildungsausschuss sowie in den Finanzausschuss. Dort können wir dann noch einmal darüber reden. Vielleicht bekommen wir auch im Rahmen der Haushaltsverhandlungen in diesem Punkt noch eine Wende hin. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Auch hierzu sehe ich keine Fragen. Dann danke ich Herrn Aldag für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal Herr Lippmann das Wort. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Dann will ich die wenigen Minuten noch für ein paar Bemerkungen nutzen.

Erstens. Ich hätte für die Landesregierung doch den Finanzminister hier vorn erwartet. Ich muss aber zur Kenntnis nehmen, dass der Bildungsminister das verteidigen darf, was mit Sicherheit nicht seinen Wünschen entspricht.

Zweitens. Die Argumentation, die Sie sich zurechtgelegt haben, ist verlogen, da sich die Stunden, die man sich jetzt von den Kolleginnen und Kollegen erhofft - das sind ungefähr 100 VZLE bei 14 000 VZLE Gesamtbestand, über die wir reden -, in der Unterrichtsversorgung sowieso kaum bemerkbar machen. Ich sage aber auch, diese Stunden kommen bei den Schülerinnen und Schülern nicht an. Die Stunden, bei denen Sie versuchen, sie sich bei den Älteren zu holen, werden diese mit aufs Krankenbett nehmen oder sie werden frühzeitiger ausscheiden.

Drittens. Die Argumentation, wir rutschten das ja nur nach oben, weil das Rentenalter nach oben gerutscht ist, ist verlogen, weil das Lebensalter der im Dienst befindlichen Kolleginnen und Kollegen natürlich nicht mitrutscht. Natürlich rutschen die nicht aus dem 61. oder 62. Lebensjahr, wo wir jetzt die Masse dieser Lehrkräfte haben, jetzt etwa in das 65. oder 66. und irgendwann in das 67. Lebensjahr, sondern es bricht natürlich mit dem 63. Lebensjahr ab. Sie schneiden zwei große Gruppen, nämlich die 60-Jährigen und die 61-Jährigen heraus. Das sind von den 2 500 Lehrkräften 1 300, also mehr als die Hälfte.

Es bleibt noch eine Marge übrig, nämlich die 62-Jährigen. Und dann bricht es mit dem 63. Lebensjahr radikal ab. Das wird sich noch verstärken. Es wird fast keine 63-, 64-, 65-, 66- und 67-Jährigen geben, weil diese die Rentenabschläge in Kauf nehmen, weil sie keine Kraft mehr haben. Und warum haben sie keine Kraft mehr? - Weil Sie verkennen, dass das keine Arbeit am Schreibtisch ist.

Das Alter der Kinder wächst auch nicht mit. Das ist aber der Arbeitsgegenstand in der Schule. Wenn Sie nicht wissen, dass die Generationendifferenz eine spezifische Belastungssituation bei der Arbeit in der Schule ist, dann lade ich einfach alle mal ein, die nicht aus dem Schulbereich

kommen. Dann gehen Sie mal hin und erfahren Sie, was das bedeutet. Die zu unterrichtenden Kinder bleiben nämlich sieben, acht, zehn und 14 Jahre alt, die werden nicht älter.

Das heißt, der Abstand der Kolleginnen und Kollegen, die jetzt schon mit 62 und 63 Jahren und zum geringen Teil mit 64 und 65 Jahren arbeiten müssen, erschwert die Arbeit. Es bleibt dabei, es ist immer vernünftig gewesen, diese Altersermäßigung zu geben, damit die Kolleginnen und Kollegen beim Arbeiten bleiben können.