Protokoll der Sitzung vom 16.12.2019

Und über Schiffe konnte der Bankvorstand erzählen! Den Finanzausschussmitgliedern wurden Schiffstypen, Risikovorsorge und die Breite des Panamakanals umfassend dargestellt. Ja, auch in diesem Fall kein Zweifel: Es gab Risiken. Die hatte der Bankvorstand aber immer im Griff, so sehr im Griff, dass sich die NordLB sogar noch mehr risikobeladene Schiffsfinanzierungen in ihr Portfolio holte.

Die Pleite der Bremer Landesbank war voll von Schrottschiffen. Kein Problem. Die Aufsichtsgremien stimmten zu, vertrauten dem Bankvorstand. Kein Problem? - Sicher nicht, aber fehlendes Problembewusstsein seitens der aufsichtsführenden Minister.

Kritische Nachfragen im Finanzausschuss gab es. Doch wenn es zu kritisch wurde, berief sich der Bankvorstand auf die Geheimhaltungsverpflichtungen gegenüber seinen Aufsichtsgremien, unter anderem gegenüber dem Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, der sich wiederum auf die ihm als Aufsichtsrat obliegende Geheimhaltungspflicht berief.

Meine Fraktion hatte davon spätestens voriges Jahr die Nase voll und verlangte vertrauliche Sitzungen, in denen der Finanzminister berichten sollte. Das hat er dann auch getan. Er berichtete, dass alles gut sei, die Lage habe man im Griff und Sachsen-Anhalt sei nicht betroffen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass er nicht gelogen hat. Vertrauen oder, sagen wir einmal, Naivität war das prägende Merkmal der Bankenaufsicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Umso ungläubiger waren die Gesichter der Landesregierung, als der Bankvorstand Ende des vergangenen Jahres den Schalter umlegte und den Krisenmodus ausrief. Plötzlich waren die Risiken nicht mehr beherrschbar. Mit der Übernahme der Bremer Landesbank hatte sich die NordLB übernommen. Die Eigenkapitalausstattung war unzureichend. Die Bankenaufsicht hatte es festgestellt, nicht der Aufsichtsrat.

(Zuruf von der AfD: Aha!)

Ja, der damalige Finanzminister glaubte noch bis zum Frühjahr, dass das alles mit Sachsen-Anhalt nichts zu tun habe.

Der Bankvorstand verlangte plötzlich Geld und als Faustpfand und Erpressungspotenzial hielt er die Sparkassen in ganz Deutschland in seiner Hand. Deren Einlagensicherungssystem und damit die kommunalen Banken in ihrer Gesamtheit wären durch den Fall der NordLB infrage gestellt worden.

Um weiteren Schaden von den Sparkassen abzuwenden, war Handeln erforderlich. Das sieht

auch meine Fraktion so. Aus Schaden soll man ja klug werden.

Wie falsch diese alte Weisheit ist, konnte man am Agieren der Landesregierung in den letzten Monaten sehen. Der Preis war schnell bestimmt. 198 Millionen € müssen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes für die Aufsichtsmängel der Landesregierung bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Worin besteht die Gegenleistung? - Der vorliegende Staatsvertrag gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Risiken beherrscht werden können. Die Bank bekommt ihr Geld, um ihre Eigenkapitalquote von 6,5 % auf 14 % zu erhöhen. Risiken und Chancen der Schiffsfinanzierungen wurden zum Ramschpreis an Cerberus verkauft oder zu minimalen Buchwerten an Niedersachsen übergeben. 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen mit ihrem Job. Für die Entlassung dieser sollen Rückstellungen gebildet werden, die bereits im Jahr 2019 wieder zu Verlusten führen. Neues Geld, neues Glück für die Bankvorstände.

Aber was hat das mit Sachsen-Anhalt zu tun? - Wir werden künftig mit 6,98 % beteiligt sein statt mit 5,57 %. Zu sagen haben wir nichts. Niedersachsen bleibt mit einem Anteil von ca. 53 % der beherrschende Träger der Bank. Die Politik wird in Hannover gemacht. Nichts ist geändert worden an den Mechanismen, die in die Krise führen. Die neue NordLB ist die Fortsetzung der alten mit neuen Steuermitteln. Erwarten Sie bitte nicht, dass DIE LINKE dem zustimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stehen zum System öffentlicher Banken. Dieses setzt aber öffentliche Kontrolle voraus.

Herr Abg. Knöchel, Ihre Redezeit ist beendet. Bitte den letzten Satz.

(Frank Bommersbach, CDU: Och, wir woll- ten das noch zu Ende hören!)

Ich bin halt nicht der Finanzminister. - Also kurz und gut: Meine Fraktion wird nicht zustimmen, allein schon nicht wegen der Finanzierung; denn Sie wollen Schulden aufnehmen. Sie haben vorher stolz verkündet, niemals neue Schulden aufzunehmen,

(Zuruf von der AfD)

nicht für die Sanierung von Krankenhäusern, nicht für die Erhaltung von Infrastruktur, nicht zur Entschuldung von Kommunen

Herr Abg. Knöchel!

und schon gar nicht für das Bildungssystem. Erklären Sie das einmal den Menschen in unserem Land. Hierzu kann es keine Zustimmung von uns geben. Es ist bitter, festzustellen, wie wenig Sie im vergangenen Jahr gelernt haben.

(Beifall bei der LINKEN - Siegfried Borg- wardt, CDU: Es geht um die Überweisung!)

Vielen Dank, Herr Abg. Knöchel. Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird der Abg. Herr Meister sprechen. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute stehen wir vor der Frage, wie es mit der NordLB weitergehen soll. Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für das Vermögen unseres Landes, aber natürlich auch für die Sparkassen in unserem Land, ja, für den öffentlich-rechtlichen Bankensektor in Deutschland insgesamt. Ich will nicht verhehlen, dass uns die anstehende Entscheidung schwerfällt.

Die Krise der NordLB hatte ihre Ursache nicht in Sachsen-Anhalt. Wir wollten und wollen eine bodenständige Bank, die ihre Aufgaben im öffentlich-rechtlichen Bankensektor erfüllt, die die Finanzierungen stemmt, die wir für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes brauchen. Die Krise hat ihre Ursache in bis ins Absurde ausgedehnten Schiffsfinanzierungen. Mit den finanziellen und wirtschaftlichen Interessen unseres Landes hatte dieser maritime Weltherrschaftsanspruch nichts mehr zu tun.

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Vor diesem Hintergrund bestand in meiner Fraktion, aber auch bei den Koalitionspartnern und im Finanzministerium wenig Bereitschaft dazu, die Konsequenzen der Abenteuerlust Dritter nun mit unserem Landesgeld aufzufangen. Der Landtag hat auch beschlossen - dahinter stehen wir auch weiterhin -, den Landesanteil der NordLB langfristig zu reduzieren bzw. ganz auszusteigen und ihn auf andere öffentlich-rechtliche Anteilseigner zu übertragen.

(Zuruf von der AfD)

Wir hätten uns gern auch mit der Konsequenz des Ausstiegs aus der Bank dieser Rettungsaktion entzogen. Das war das ursprüngliche Ziel. Das

heute vorliegende, uns schon länger bekannte Verhandlungsergebnis spiegelt diesen Wunsch nicht wider.

Ich habe in der Vergangenheit - sowohl hier als auch im Kabinett - deutlich kritisiert, dass wir uns an der Rettung mit einem Anteil beteiligen, der oberhalb unseres ursprünglichen Anteils liegt. Es ist schwer nachzuvollziehen, wieso wir bei einer Bank, die ihr Geschäft nur zu etwa 2 % in Sachsen-Anhalt tätigt und die weniger als 1 % ihrer Arbeitsplätze in unserem Bundesland unterhält, mit 6,9 % neu einsteigen; das kann man kritisch hinterfragen. Ich bin mit diesem Verhandlungsergebnis unzufrieden, aber das Verhandlungsergebnis ist genau so, wie es vorliegt. Eine Veränderung ist völlig unrealistisch.

Daher war und ist die Frage: Was entspricht den Interessen unseres Landes besser? Sollen wir das jetzt ablehnen und canceln oder stimmen wir zu? - Die Konsequenzen einer Ablehnung sind nur schwer vollständig zu übersehen. Dass sie dramatisch wären, ist aber ziemlich offensichtlich. Wir befürchten insbesondere eine gravierende Destabilisierung der Sparkassen in unserem Land, wobei die Folgen je nach Situation des einzelnen Instituts wohl unterschiedlich wären.

Meine Befürchtung ist, dass wir bei einem Nein zwar unser Landesvermögen zunächst vor einem Verlust von 198 Millionen € bewahren - über Gewährsträgerhaftung rede ich jetzt noch nicht -, die Sparkassen binnen Kurzem aber bei ihren jeweiligen Trägern, also den Landkreisen und kreisfreien Städten, auflaufen und frisches Geld aus den kommunalen Haushalten wollen. Wir würden das Problem - dann aber nur noch schwer beherrschbar - von der Landesebene auf die Kommunen verlagern mit Konsequenzen für Schulsanierung, Straßenbahn, Kultur und all das, was Kommunen sonst zu erfüllen haben. Das kann nicht unser Ziel sein.

Die bundesweiten Auswirkungen, die schwierigen Folgen für unsere Investitionsbank und die Tatsache, dass wir hier, anders als bei anderen Bankenrettungen in der Vergangenheit, unsere eigene öffentlich-rechtliche Bank retten, seien zumindest noch erwähnt.

In der Abwägung kommen wir um eine Zustimmung nicht herum. Insofern zeigt Kenia - ich sage das vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über den Fortbestand der Koalition - in einer ausgesprochen unpopulären Angelegenheit im Interesse des Landes Verantwortung und Handlungsfähigkeit.

Vor dem Hintergrund des AfD-Beitrags eben und auch der Offenkundigkeit der Ernsthaftigkeit des Problems will ich sagen: Wer meint, mit rechten

Populisten könne man verantwortlich Politik machen, und darauf sehenden Auges Kurs nimmt,

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

der liegt in erschütternder Weise daneben.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD - Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfs in den Finanzausschuss. Es ist beabsichtigt, über die Vorlage im Finanzausschuss in einer Sondersitzung im Anschluss an die Landtagssitzung zu beraten. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. Es gibt eine Wortmeldung. - Herr Abg. Farle, Sie haben das Wort. Bitte.

(Volker Olenicak, AfD: Als wären wir schuld an der Misere! - Siegfried Borgwardt, CDU: Wir aber auch nicht!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß zwar nicht, wen Sie mit Rechtspopulisten meinen.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Da sind Sie die Einzigen, die das nicht wissen! - Olaf Meister, GRÜNE: Wer könnte das sein?)

Aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie Menschen meinen, die das zum Ausdruck bringen, was in der Bevölkerung gewollt und diskutiert wird.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ätzend! An- maßend!)